Читать книгу Die letzte Nacht Traupmanns - Иван Тургенев - Страница 2
II
ОглавлениеAn der Statue des Prinzen Eugen erwartete uns und Ducamp schon ein kleines Häuschen Personen. Unter ihnen befand sich jener C***, der bekannte Chef der Sicherheitspolizei, welchem Ducamp mich vorstellte. Die Uebrigen waren, wie ich, bevorzugte Besucher, Journalisten, Chroniqueurs 2c. Ducamp bemerkte mir voraus, daß wir wahrscheinlich die Nacht ohne Schlaf in der Wohnung des Commandanten, des Directors des Gefängnisses, würden zubringen müssen. Die Hinrichtung des Verurtheilten wird im Winter um 7 Uhr früh vollstreckt; aber man muß per Mitternacht auf dem Platze sein – weil man sonst nicht durch die Menge hindurchkommt. Von der Statue des Prinzen Eugen bis zu dem Gefängniß von La Roquette ist nicht weiter als eine Viertelstunde, aber bis jetzt wenigstens sah ich noch nichts Außerordentliches. Auf dem Boulevard war wenig mehr Volk als gewöhnlich. Nur Eins war zu bemerken: fast alle Leute gingen – bei Einigem besonders bei den Frauen, war es sogar ein kleiner Trab – in einer und derselben Richtung; dabei hatten alle Café’s und Weinschänken hell erleuchtet, was in den abgelegenen Stadttheilen von Paris, besonders zu so später Zeit, selten ist. Die Nacht war nicht neblicht, aber trübe, naß ohne Regen, kalt ohne Frost – eine richtige französische Januarnacht Herr C*** erklärte, daß es Zeit zum Gehen sei und wir brachen auf. Er bewahrte die ganze ruhige Ungezwungenheit des erfahrenen Mannes, in welchem dergleichen Vorgänge keine anderen Empfindungen hervorrufen, als etwa sich möglichst bald der verdrießlichen Pflicht zu entledigen Herr C*** ist ein Mann von fünfzig Jahren, mittlern Wuchses, gedrungen, breitschulterig, mit rundem, kurz geschorenen Kopf, mit kleinen, fast miniaturhaften Gesichtszügen. Nur die Stirn, das Kinn und der Nacken sind bei ihm bemerkenswerth breit, und unerschütterliche Energie spricht sich in seiner trockenen und gleichmäßigen Stimme, in seinen blassen grauen Augen, in den kurzen starken Fingern, in seinen muskulösen Beinen, in allen seinen nicht übereiltem aber festen Bewegungen aus. Man sagt, er sei ein Meister seines Fuchs, ein Kenner – und flöße den Herren Spitzbuben und Mördern großen Schrecken ein. Die politischen Verbrechen gehören nicht in sein Departement Sein Gehilfe, Herr J. . . . ., der gleichfalls von Ducamp sehr gelobt wird, hat das Ansehen eines weichen, fast sentimentalen Mannes und verfeinerter Manieren. Mit Ausnahme dieser beiden Herren und vielleicht Ducamp’s selbst, war es uns Allen – oder schien es mir nur so? – etwas unbehaglich und wie reumüthig – obgleich wir munter, wie zur Jagd, einer hinter dem andern herschritten.
Je mehr wir uns dem Gefängniß näherten, um so lebendiger wurde es um uns, obgleich es noch kein eigentliches Gedränge war. Man hörte weder Schreien, noch zu laute Gespräche; es war ersichtlich, daß die »Vorstellung« noch nicht angefangen hatte. Nur die Straßenjungen trieben sich schon herum; die Hände in den Hosentaschen, das Mützenschild bis auf die Nase gedrückt, schlenderten sie in jenem besonderen schlotterigen und schlenkrigen Gange, den man eben nur in Paris sehen kann und der in einem Augenblinzeln sich in den raschesten Lauf und in Sprünge eines Affen verwandelt.
»Das ist er . . . Das ist er . . . Der ist es!« ertönten einige Stimmen in unserer Nähe.
»Wissen Sie was?« sagte plötzlich Ducamp zu mir, »man hält Sie für den hiesigen Henker.«
»Ein hübscher Anfang,« dachte ich bei mir. – Der pariser Henker – Monsieur de Paris – mit dem ich in derselben Nacht bekannt wurde, ist auch grau und von derselben Figur wie ich.
Jetzt aber zeigte sich ein langer, nicht sehr breiter Raum, von beiden Seiten mit zwei kasernenähnlichen Gebäuden von schmutzigem Aussehen und trivialer Construction besetzt: das ist der Platz von La Roquette. Zur Linken ist das Gefängniß, in welchem die jugendlichen Verbrecher verwahrt werden, zur Rechten das Depot der Verurtheilten oder das Gefängniß von La Roquette.