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30. November 2001

Emma hielt das Handy in ihrer klammen Hand. Der Wind pustete durch ihre Jacke und sie suchte verzweifelt Schutz in einem Hauseingang. Auf den schrägen Blick, den ihr der Mann zuwarf, der gerade aus dem Haus kam, konnte sie keine Rücksicht nehmen. Aus dem Handy tönte die Stimme ihrer Mutter.

»Emma? Hallo? Bist du noch dran?«

Emma pustete kurz auf ihre kaltgefrorene Hand und drückte das Handy an ihr Ohr.

»Ja Mama, ich bin da. Es ist nur wahnsinnig kalt und ich musste mich kurz unterstellen. Habe ich das richtig verstanden? Ihr macht gleich einen Rundflug in einem Kleinflugzeug?«

»Ja, stell Dir vor. Papa hat das organisiert. Ich wollte so etwas schon immer mal machen. Ist das nicht toll? Ich freue mich so.«

Emma hielt das Handy etwas von ihrem Ohr weg. Entweder ihre Mutter schrie ins Telefon, oder irgendetwas mit den Einstellungen stimmte nicht. Ihre Eltern hatten ihr das Handy kurz vor ihrer Reise geschenkt. Es sei doch schön, wenn man sich immer erreichen könne. Emma war sich da nicht so sicher. Dauernd piepste dieses Ding und sie bekam Textnachrichten von ihrer Mutter, die ihr begeistert erzählte, wie schön Stockholm und Umgebung im Herbst seien. Nun wollten sie sich das auch noch von oben ansehen. Emma bibberte.

»Wie ist denn das Wetter bei Euch? Ich möchte nicht, dass euch etwas passiert. Hier ist es furchtbar windig, bei dem Wetter könnte kein Kleinflugzeug starten.«

»Bei uns scheint die Sonne, es ist herrlich. Wir werden über die Schären fliegen. Ich möchte sie so gerne von oben sehen. Eine Bootstour haben wir schon gemacht, aber so ein Flug, das ist traumhaft.«

»Wie viele Leute passen denn in die Maschine?«

»Hier steht noch ein Paar, aber die beiden sind sich anscheinend noch nicht ganz sicher, ob sie mitkommen möchten. Vielleicht fliegen wir alleine, dann können wir richtig gut rausgucken, das wäre schön. Viele Leute scheinen gerade kein Interesse an Rundflügen zu haben, die sind alle in der Stadt und erledigen Weihnachtseinkäufe.«

Emma hörte ihre Mutter lachen, im Hintergrund rief ihr Vater etwas, sie konnte ihn aber nicht verstehen.

»Emma, ich muss auflegen, es geht gleich los. Ich bin schon so aufgeregt. Am Montag sehen wir uns wieder mein Schatz. Bis dann, ich habe dich lieb. Ach, und grüße Carla von mir, ich habe sie nicht erreicht.«

»Mache ich, Mama, viel Spaß, bis Montag, ich freue mich schon auf euch.«

Emma steckte ihr Handy in die Tasche, zog ihre Handschuhe an und machte sich auf den Weg nach Hause.

Dass sie die Stimme ihrer Mutter gerade zum letzten Mal gehört hatte, ahnte sie nicht.

Ein Spatz im Advent

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