Читать книгу Der unerwünschte Zusammenhang von Sex und Liebe - J. D. Möckli - Страница 6

Kapitel 3:

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Stöhnend versucht Darius mit geschlossenen Augen, auf dem Nachttisch das brutal scheppernde Handy zu ertasten. Aber da ist es nicht und so schlägt er trotz seines dröhnenden Kopfes die Augen auf. »Was zum Teufel …«, murmelt er mit unangenehm trockener Zunge vor sich hin, als er in den Flur schlurft, wo seine Kleidung auf dem Boden liegt. Sich wegen des plötzlichen Schwindelgefühls vorsichtig vorbeugend, fischt er das lärmende Handy aus der Hosentasche und stellt den Wecker aus. Endlich herrscht wieder Ruhe.

Dann fällt ihm der Grund für seinen Absturz ein und er krächzt: »Scheiße!« Nur um nach einem Blick auf die Uhr gleich wieder zu fluchen, als er realisiert, wie spät es ist.

Er braucht jetzt erst mal eine kalte und dann eine heiße Dusche, und wankt ins Bad.

Es dauert eine halbe Stunde, bis er nur mit einem Handtuch um die Hüften das Badezimmer wieder verlässt und sich einen Kaffee macht, der selbst Tote wieder zum Leben erwecken würde. Nach ein paar Schlucken fühlt er sich wieder wie ein Mensch und schiebt zwei Scheiben Toast in den Toaster.

Er deckt den Tisch, der gerade mal genug Platz für zwei Personen bietet und nur dank der kleinen Größe hier einen Platz gefunden hat. Dabei überlegt er, was er tun soll. Sich für heute krank melden und blau machen? Nein, auf keinen Fall. So schnell wird er sich von Jones nicht unterkriegen lassen! Wenn heute die Kündigung kommen sollte, dann würde er höchstpersönlich zu diesem Mitchell ins Büro stürmen und Gerechtigkeit verlangen. Jawohl! Na ja, oder so ähnlich.

In die Vorstellung eines energischen Auftritts vertieft, überhört Darius fast das Klappern des Toasters. Sein Kopf hämmert immer noch wie verrückt, weshalb er trotz seines knurrenden Magens mit wenig Appetit frühstückt. Dafür trinkt er noch zwei Tassen Kaffee, bevor er alles aufräumt und zurück ins Schlafzimmer geht, um sich fertigzumachen. Heute zieht er ein einfaches weißes Kurzarmhemd an, das nicht seinem üblichen Stil entspricht, aber er will kleidungstechnisch gewappnet sein, falls ihn Mitchell zu sich ins Büro zitieren sollte.

***

Obwohl er eigentlich zu spät die Wohnung verlassen hat, betritt Darius auf die Minute pünktlich das Büro und fährt seinen Rechner hoch. Währenddessen holt er aus dem Postfach die neu eingetroffenen Dokumente und Skizzen. Dabei fragt er sich wie immer, warum im Zeitalter der E-Mails immer noch alles in Papierform verschickt wird.

Mit einem frischen Kaffee setzt sich Darius nach einem Abstecher in die Kantine wieder an seinen Schreibtisch. Als er das Mailprogramm öffnet, zieht er die Augenbrauen nach oben. »Gibt es hier etwa Nachtschichten?«, murmelt er vor sich hin, als er die über zwanzig Mails sieht, die gelesen und beantwortet werden wollen. Gestern Abend ist sein E-Mail-Eingang leer gewesen. Da ist er sich ganz sicher.

Sich mit einem Schluck Kaffee stärkend, macht sich Darius an die Arbeit. Sorgfältig liest und beantwortet er mithilfe der Unterlagen eine Mail nach der anderen. Um kurz vor halb zehn hat er es endlich geschafft und widmet sich der letzten Mail. Die ist erst vor zwanzig Minuten reingekommen, wie er nach einem Blick auf die Uhr feststellt, und von CEO S. Mitchell höchstpersönlich. Mit einem unguten Gefühl im Magen öffnet er sie und schluckt. »Mist!«

Harold sieht fragend zu ihm rüber. »Was ist denn los?«

»Ich habe in einer Stunde einen Termin mit Mitchell. Wegen meiner Bewertung. Wie soll ich mich denn in so kurzer Zeit darauf vorbereiten? Das ist doch unmöglich!«

Harold kommt zu Darius an den Schreibtisch und beugt sich über dessen Schulter, um besser auf den Bildschirm sehen zu können. »Du speicherst deine Leistungsbewertungen doch immer ab. Druck sie aus und nimm sie zusammen mit der aktuellen Bewertung mit. Das sollte doch schon reichen, damit Mitchell sehen kann, dass da was faul ist«, schlägt er vor.

»Harold, du bist genial! Wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen!«, ruft Darius aus und öffnet den Dateiordner, in dem er alle Bewertungen abspeichert. Die Aktuelle muss er allerdings noch einscannen.

Über den plötzlichen Tatendrang seines Kollegen schmunzelnd, geht Harold wieder zurück an seinen Schreibtisch.

Schon nach ein paar Minuten liegen die Leistungsbewertungen der letzten fünf Jahre ausgedruckt vor Darius auf dem Schreibtisch. Er markiert die wichtigsten Punkte, insbesondere die Passagen, die Jones Kommentaren direkt widersprechen; das sind nicht gerade wenige.

Zehn Minuten, bevor er zu Mitchell muss, ist er mit seiner Arbeit immerhin halbwegs zufrieden. Sorgfältig heftet er die Blätter zusammen und schiebt sie fein säuberlich sortiert in eine Mappe. »Wünscht mir Glück«, murmelt er, atmet tief durch und verlässt mit der Mappe das Büro. Mit einem vor Nervosität wild klopfenden Herzen geht er zu den beiden Aufzügen.

Das Büro des CEOs ist in der obersten Etage des vierstöckigen Gebäudes untergebracht. Während der Aufzugfahrt versucht Darius, sich zu beruhigen. Für seinen Geschmack viel zu schnell öffnen sich die Türen wieder.

Seit sie von Mitchell Industries übernommen wurden, wird die Firma schrittweise renoviert, wobei natürlich zuerst die Chefetage und die öffentlichen Bereiche in den Genuss von etwas mehr Farbe gekommen sind und einen neuen Teppich erhalten haben. Hier oben durchbrechen dezente grüne Farbakzente die weiße Farbe an den Wänden und der Linoleumboden ist einem dunklen Teppich gewichen.

Je näher Darius Mitchells Büro kommt, desto mehr rumort sein Magen. Zwar haben ihm seine Kollegen von der Ansprache des CEOs erzählt, aber irgendwie hilft ihm das gerade auch nicht weiter. Schließlich steht er vor der Milchglastür, die ihn in das Reich von Samantha Grey, der privaten Sekretärin des Oberbosses führen wird. Sie hat schon für den Firmengründer Meyers gearbeitet und jeder in der STM ist froh, dass sie übernommen wurde, als dieser nach über 40 Jahren sein Lebenswerk verkauft hat, um in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen.

Noch einmal atmet er tief durch, setzt ein freundliches Lächeln auf und klopft an, bevor er die Tür aufstößt und das gemütlich eingerichtete Vorzimmer betritt. »Guten Morgen, Samantha: Laut meinem Computer habe ich gleich einen Termin mit Mister Mitchell«, begrüßt er die Fünfzigjährige mit einem Strahlen. »Du siehst einfach umwerfend aus. Warst du im Urlaub?«

Geschmeichelt lächelnd winkt Samantha ab. »Guten Morgen, du Charmeur. Du weißt doch genau, dass ich erst in einem Monat ein paar Tage Urlaub habe.« Sie streicht sich mit leicht geröteten Wangen eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrer strengen Hochsteckfrisur gelöst hat. »Er steckt noch in einer Telefonkonferenz, du musst dich also noch ein paar Minuten gedulden. Setz dich doch so lange.«

»Danke, Samantha«, erwidert Darius immer noch strahlend lächelnd und setzt sich auf das überraschend bequeme Sofa. Es ist neu und steht an der Wand, die sich direkt gegenüber ihres Schreibtisches befindet.

Die wenigen Minuten vergehen viel zu schnell. Schon nickt Samantha ihm zu: »Du kannst jetzt reingehen.«

Sich straffend, steht Darius auf und folgt ihr die paar Schritte bis zu der weiß gestrichenen Tür, an die Samantha jetzt klopft, bevor sie diese für ihn öffnet.

»Mister Mitchell? Darius Harper ist da.« Sie lässt ihn eintreten.

Nur am Rande hört Darius hinter sich die Tür ins Schloss fallen, zu sehr ist sein Blick von der Silhouette des Mannes gefesselt, der mit dem Rücken zu ihm hinter dem Ebenholzschreibtisch steht und mit ineinander verschränkten Händen aus dem Panoramafenster blickt. Ein ungutes Gefühl macht sich in seiner Magengrube breit, als er die hellbraunen Haare und Statur Mitchells mustert. Irgendwie kommt ihm diese Rückenansicht verdammt bekannt vor und er spürt richtiggehend, wie der Klumpen in seinem Magen immer grösser und schwerer wird, je länger er hier steht. Das kann doch nicht …

»Mister Harper, ich nehme an, Sie wissen, weshalb Sie hier sind?« Wendet sich Mitchell langsam um, nur um mitten in der Bewegung inne zu halten, als sein Blick auf … die Person fällt, die ihn seit dem Wochenende in seinen Gedanken verfolgt.

»DU!«, rufen sie gleichzeitig aus, während sie sich geschockt anstarren und die Zeit von einer Sekunde auf die andere stehenzubleiben scheint.

Darius hat schlagartig die Bilder vor Augen, wie er Steves Handgelenke ans Kopfende seines Bettes gefesselt hat und … wird aus seinen Gedanken gerissen.

Steve räuspert sich. »Nun … setzen Sie sich. Wir müssen … über Ihre aktuelle Leistungsbewertung sprechen«, sagt er mit kratzender Stimme und lässt sich in den ledernen Chefsessel sinken. Er schlägt die Mappe auf, die vor ihm liegt und starrt den Inhalt an. Sich fragend, wie er sich mit nur einer Nacht in so einen Schlamassel manövrieren konnte.

»Ja … tun wir das!« Darius fängt sich als Erster. »Denn sie ist absolut unfair und entspricht in keinem einzigen Punkt der Wahrheit!« Er legt seine eigene Mappe auf den Tisch. »Ich habe hier meine Leistungsbewertungen der letzten fünf Jahre ausgedruckt und nicht ein einziges Mal so eine schlechte Bewertung bekommen. In keinem einzigen Punkt. Meine früheren Abteilungsleiter waren mit meiner Arbeit immer sehr zufrieden und haben mich auch zu externen Präsentationen geschickt, wenn sie selbst verhindert waren.« Er hat sich so richtig in Rage geredet und ist lauter geworden. Stößt nun aber die Luft aus und atmet so ruhig er kann durch.

Vollkommen ruhig lässt Steve Darius wüten, während er sich den Ausdruck ausführlich ansieht, obwohl er Kopien davon bereits in seiner eigenen Mappe hat, aber das muss Darius ja nicht wissen.

»Ich will niemanden schlecht machen, aber wie ist es möglich, dass ich plötzlich so hundsmiserabel bewertet werde, aber von den Kunden nie auch nur eine Klage bekommen habe?«, fragt Darius leise, als er die Stille nicht mehr aushält.

Ernst schließt Steve die Mappe und schiebt sie zur Seite. »Entweder sind Sie vorher viel zu gut bewertet worden oder Jones hat mit Ihnen ein Problem. Allerdings kann ich das so nicht beurteilen.« Er lehnt sich seufzend zurück. »Bis zur endgültigen Leistungsbewertung am Jahresende, werden Sie alle Arbeiten und Berichte nicht nur an Ihren direkten Vorgesetzten, sondern auch an mich schicken. Zusätzlich werden wir uns jeden Freitag um fünfzehn Uhr zusammensetzen und die Qualität Ihrer Arbeit und Berichte besprechen. Okay?«

Schweigend sitzt Darius da und versucht zu verstehen, was Steve ihm da gerade gesagt hat. »Heißt das, dass ich nicht entlassen bin?«, rutscht es ihm raus.

»Nein, natürlich sind Sie nicht entlassen«, bestätigt Steve und schenkt seinem Angestellten ein Lächeln, der plötzlich um Tonnen leichter zu sein scheint.

Tatsächlich fühlt sich Darius mit einem Schlag so erleichtert, dass er schweben könnte. »Ich danke Ihnen, Mister Mitchell. Ich werde Sie nicht enttäuschen«, verspricht er strahlend.

»Gut, dann gehen Sie jetzt zurück an Ihre Arbeit. Den ersten Termin setze ich auf Freitag nächster Woche an.« Legt Steve fest und trägt den Termin als dauerhaft in seinem Kalender ein. »Ich schicke Ihnen den Termin noch per E-Mail zu. Auf Wiedersehen, Darius.« Er steht auf und reicht ihm die Hand.

Darius springt auf und schüttelt sie. »Vielen Dank und auf Wiedersehen«, sagt er, immer noch erleichtert strahlend und muss sich beherrschen, dass er vor Freude nicht aus dem Büro tanzt.

***

Bester Laune setzt sich Darius wieder hinter seinen Schreibtisch und bestätigt als erstes den Freitagstermin. Dann erklärt er kurz, dass der neue Chef sich selbst ein Bild seiner Leistung machen wird und ein prima Kerl sei.

Harold nickt ihm zufrieden zu. »Siehst du, alles halb so wild.«

Voll motiviert liest Darius sich den neuesten Auftrag durch. Dabei handelt es sich um eine Stofftierwerbung, die in einem Spielzeugkatalog abgedruckt werden soll. Er macht sich ein paar Notizen und fertigt einige einfache Bleistiftskizzen an.

Um kurz nach zwölf erhebt sich Darius und will in die Kantine. Harold und Sebastian sind schon vorgegangen. Er will das Büro gerade verlassen, da hält ihn eine innere Stimme zurück. Einer plötzlichen Eingebung folgend schließt er seine Unterlagen im Schreibtisch ein und aktiviert den Sperrbildschirm, der nur mit Passworteingabe deaktiviert werden kann. Normalerweise macht er das nicht und es fühlt sich falsch an, aber dennoch ist er nun deutlich entspannter, als er in den Flur tritt und sich auf den Weg in die Kantine macht.

Dort angekommen stellt er sich geduldig ans Ende der Schlange. Es macht ihm nichts aus, dass er warten muss, kann er doch so in aller Ruhe die beiden Tagesmenus studieren. Heute nimmt er Kartoffelauflauf mit Würstchen und einen gemischten Salat. Als Dessert gönnt er sich einen Fruchtsalat und als Getränk, einen Apfelsaft.

Mit dem vollen Tablett geht Darius durch die in warmen Farben gehaltene Kantine, bis er seinen üblichen Tisch erreicht hat, wo Harold schon auf ihn wartet. Mit hochgezogener Augenbraue registriert er, dass sein Kollege sich für das vegetarische Menu entschieden hat. »Machst du wieder eine Diät?«, fragt er ihn mit sanfter Stimme, als er sich lächelnd hinsetzt.

Betrübt nickt Harold und blickt dabei sehnsüchtig auf Darius Teller. »Ja, mein Arzt hat gesagt, dass ich mehr auf meine Ernährung achten muss. Zu viel Cholesterin und der Blutzucker ist wohl auch nicht gerade der Beste«, murrt er und wendet sich wieder seinem Gemüseauflauf mit dem Tofuschnitzel als Beilage zu. »Es ist eigentlich ganz in Ordnung, aber richtiges Fleisch kann man einfach nicht ersetzen.«

Voller Verständnis nickt Darius. »Da sagst du was. Das nachgemachte Zeugs schmeckt einfach nicht so gut, wie das Original«, stimmt er ihm aus voller Überzeugung heraus zu. Irgendwie hat er ja schon Mitleid mit seinem Kollegen. »Dennoch werde ich ab morgen auch das vegetarische Menu nehmen. Dann hast du es wenigstens etwas leichter«, schlägt er zu seiner eigenen Überraschung vor. Er will die Worte schon zurücknehmen, aber dann trifft ihn der freudig überraschte Blick von Harold.

»Wirklich? Das würdest du für mich machen?«, fragt er ungläubig nach und fällt Darius beinahe um den Hals, als dieser nickt. »Mensch, du bist einfach der beste Arbeitskollege, den man sich wünschen kann. Aber wird dir das Fleisch nicht fehlen?«

»Ach was«, winkt Darius ab, »ich kann mir ja abends immer noch ein Steak oder so in die Pfanne hauen. Das ist also kein Problem.« Lächelt er ihn ehrlich an und hofft, dass er sein Versprechen auch wirklich halten kann.

Der unerwünschte Zusammenhang von Sex und Liebe

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