Читать книгу Heißes Blut - J. L Browning - Страница 6

3

Оглавление

Es war Hope Reynolds Gewohnheit, fast die ganze Nacht in ihrem Dienstzimmer im zweiten Stockwerk zu bleiben. Da das Madelaine-Brandywine-Hospital eine private Institution und in erster Linie für die Behandlung Geistesgestörter bestimmt war, kam es nur selten vor, daß die kleine Unfallstation im ersten Stockwerk benutzt wurde. Schwester Reynolds aber wollte ständig beschäftigt sein. Für sie gab es immer ein paar Akten in Ordnung zu bringen oder nach Patienten zu sehen, obwohl es während der Nachtschicht, die von dreiundzwanzig bis sieben Uhr dauerte, im allgemeinen sehr ruhig war.

Hope Reynolds gehörte nicht — wie die meisten ihrer jüngeren Kolleginnen — zu den Leuten, die ständig auf die Uhr blickten, aber in dieser Nacht hatte sie um Punkt zwei Uhr nach der Zeit gesehen. Hope liebte es, ein geregeltes Leben zu führen. Um zwei Uhr morgens pflegte sie fast stets in den Aufenthaltsraum der Schwestern zu gehen.

An diesem Augustmorgen um zwei Uhr drängte es sie ganz besonders dazu.

Während der letzten Minuten hatten sich ihre Gedanken mit Dr. Penny beschäftigt … und das Ergebnis war wie üblich gewesen.

Mit ihren neunundzwanzig Jahren wirkte Hope Reynolds beinahe altjüngferlich. Es regte sie stets ungemein auf, wenn ihr Herz unter verbotenen Gedanken an Dr. Penny wild zu hämmern begann. Es war nicht ungewöhnlich für Hope Reynolds, an ihn zu denken, wenngleich es fast immer traurig und ein wenig bedauernd geschah. Manchmal wünschte sich Hope Reynolds, daß dieses Krankenhaus niemals in ein Nervensanatorium verwandelt worden wäre. Früher hatte es Colfax Clinic geheißen und war von Dr. Smith geleitet worden. Aber nach dem Tode von Madelaine Brandywine hatte ihr Mann das Krankenhaus in ein Behandlungszentrum für Geisteskrankheiten umgestaltet.

Nach Hopes Meinung hätte Dr. Joel Penny eigentlich die Nachfolge von Direktor Smith antreten sollen. Statt dessen aber war Dr. Brandywine Direktor geworden. Hope war zugegen gewesen, als Dr. Brandywine und sein Anwalt alles über Madelaine Colfax-Brandywines Testament erklärt hatten. Dem übrigen Personal schien es überhaupt nichts ausgemacht zu haben, daß aus dem ehemaligen Krankenhaus ein Nervensanatorium werden sollte. Alle waren nur von der ungeheuren Summe beeindruckt gewesen, die Madelaine Brandywine für diesen Zweck testamentarisch zur Verfügung gestellt hatte.

Hope dagegen bezeichnete es derb und nicht einmal unzutreffend als Verrücktenanstalt für reiche Leute, Trunkenbolde, Rauschgiftsüchtige und vor allem Hypochonder. Sie hatte Dr. Brandywine von Anfang an nicht leiden können

Während der letzten anderthalb Jahre waren einfach zu viele Dinge geschehen, die Hope Reynolds mehr und mehr davon überzeugten, daß die ganze Welt gegen sie war.

Dr. Penny hatte Sandra geheiratet, die sechs Wochen lang als Aushilfe im Krankenhaus gearbeitet hatte. Hope war im stillen der Meinung, daß Sandra es nicht einmal verdiente, Dr. Penny die Schuhsenkel zu binden.

Hope war einfach nicht imstande, dieses Herzflattern zu unterdrücken, das sie jedesmal bekam, wenn Dr. Penny in ihrer Nähe war. Als sie früher daran gedacht hatte, ihn zu heiraten, hatte es ihr überhaupt nichts ausgemacht, daß er doch viel älter war als sie. In ihrem Alter war sie schon reif. Vernünftig. Verständig. Kurzum, sie war eben das, was Sandra nicht war. Hope brauchte nur an den Doktor zu denken, dann begann sie auch schon innerlich zu erbeben.

Jetzt drückte sie sich beinahe grimmig das Schwestemhäubchen auf den Kopf und marschierte energisch zum Aufenthaltsraum der Schwestern. Hier suchte sie sofort den Waschraum mit den Toiletten auf. Dabei vermied sie es aber geflissentlich, einen Blick in den Spiegel zu werfen. Sie war entsetzt, weil sie schon wieder einmal spüren mußte, wie ihr Höschen klebrig-feucht geworden war. So erging es ihr jedesmal, wenn sie an den Doktor dachte, aber sie wußte, daß sie nichts dagegen tun konnte. Hastig schloß sich Hope in eine Toilette ein und hockte sich aufs Becken. Sie zog scharf die Luft ein, während sie auf diese dunkle, feuchte Stelle des Höschens zwischen ihren Beinen blickte. Mit einem Fingernagel versuchte sie die verräterischen Spuren wegzukratzen … diese bereits teilweise eingetrockneten Spuren ihrer sexuellen Erregung. Sie seufzte und wünschte sich, ihre körperlichen Funktionen genauso unter Kontrolle halten zu können wie ihre Gedanken. Aber nicht einmal letzteres gelang ihr heute, denn sie mußte schon wieder an Dr. Penny denken. Sofort begann ihre jungfräuliche Möse zu zucken und von neuem zu tropfen. Um sich Erleichterung zu verschaffen, rieb Hope nachdenklich mit einem Finger an ihrer Klitoris. Sie preßte die Lippen fest zusammen, und ihr Gesicht war eine Maske der Selbstverleugnung.

Es macht mir wirklich keinen Spaß! sagte sie sich im stillen, während sie gleichzeitig ihre anschwellende Klitoris immer heftiger reizte. Eigentlich nicht. Das ist genauso wie das Zähneputzen. Ich muß dies einfach tun, damit diese schreckliche Feuchtigkeit nicht durch meine Tracht sickert und mich verrät. Dann würden mich doch alle Leute auslachen.

Nur ein ganz schwacher, keuchender Laut kam über die Lippen der Krankenschwester, als sie sich beinahe grimmig mit Selbstbefriedigung zum Orgasmus brachte. Dann wischte sie den klebrigen Schlitz sorgfältig mit Toilettenpapier aus, bis ihre Vagina vollkommen trocken war. Sie stand auf, betätigte die Wasserspülung und verließ in ihrer üblichen forschen Gangart den Waschraum, nachdem sie sich die Hände gründlich gewaschen hatte.

Als Hope das leise Summen der Haussprechanlage auf ihrem Schreibtisch hörte, runzelte sie die Stirn. Kaum hörte sie jedoch Dr. Pennys Stimme, da blühte ein Lächeln um ihren Mund auf, das ihr Gesicht beinahe schön machte. Ihr Herz klopfte ungestüm, als sie sich vorstellte, daß Dr. Penny in der Unfallstation auf sie wartete.

Sofort nach Betreten des hellerleuchteten Raumes sah sich Hope nach einem Patienten um.

Bevor der Doktor überhaupt etwas sagen konnte, fiel Hopes Blick bereits auf seine verbrannten Hände.

Einen Moment lang verschwamm alles vor Hopes Augen, die sich sofort mit Tränen gefüllt hatten, dann lief sie rasch zu Dr. Penny hinüber, um ihm zu helfen. Impulsiv platzte sie dabei heraus: „Oh, mein Liebster … diese schönen Hände!“ Kaum aber hatte sie das gesagt, da biß sie sich auch schon heftig auf die Zunge und wünschte sich nichts sehnlicher, als diese Worte wieder ungesprochen machen zu können. Doch als sie ihre Fassung zurückerlangt hatte, begriff sie — oder hoffte sie zumindest —, daß Dr. Penny überhaupt nichts gemerkt zu haben schien.

Er hatte nämlich fast gleichzeitig gesagt: „Ich glaube, Sie sollten lieber Dr. Brandywine rufen.“

Hope wollte Dr. Brandywine nicht hinzuziehen. Sie wollte ihren Dr. Penny allein behandeln. Außerdem wußte sie, daß Dr. Brandywine nicht allein oben in seiner Wohnung im obersten Stockwerk des Krankenhauses war. Sie sah jedoch ein, daß sie gar keine andere Wahl hatte. Deshalb nickte sie nur, preßte die Lippen zusammen und drückte auf den entsprechenden Knopf der Haussprechanlage. Nichts geschah. Niemand meldete sich im Appartement des Doktors. Wieder und immer wieder versuchte es Hope. Aber sie war froh, daß Dr. Penny ihre Gedanken jetzt nicht lesen konnte.

Dieser schreckliche, lüsterne, geile, schmutzige Mann! Fickt jetzt dort oben bestimmt diese rothaarige Schwester! Und keiner der beiden reagiert auf das beharrliche Läuten! Oh, diese scheußliche, gräßliche, garstige, schmutzige, dreckige Herumvögelei! Am liebsten würde ich Dr. Brandywine den Penis abschneiden und in kleine Stücke hakken! Sex, Sex, Sex … das ist alles, woran er denken kann! Er und diese schlampige, verkommene, mannstolle, rothaarige Schwester!

Laut sagte Hope jedoch nur bescheiden: „Ich fürchte, daß Dr. Brandywine sehr fest schläft, Dr. Penny. Vielleicht sollte ich rasch einmal nach oben gehen und ihn zu wekken versuchen?“

Als Dr. Penny nur stumm nickte, verließ Schwester Reynolds rasch den Raum und lief nach oben. Hier war alles sehr still, und so hörte sich das Läuten der Türglocke in Dr. Brandywines Wohnung ungewöhnlich laut an, als Hope auf den Knopf gedrückt hatte.

Wie fast alle Räume im Krankenhaus war auch Dr. Brandywines Appartement mit einer Klimaanlage ausgestattet. In der Wohnung war es im Moment allerdings nicht so still wie draußen auf den Korridoren. Aber die lustvollen Schreie, die von der rothaarigen Schwester unter Dr. Miles Brandywine während eines ungemein heftigen Orgasmus ausgestoßen wurden, machten dem stattlichen Direktor vom Mad Hospital keinerlei Sorgen, daß davon etwa ruhebedürftige Patienten gestört werden könnten. Seine Wohnung war absolut schalldicht.

Mit siebenunddreißig Jahren wirkte Dr. Brandywine wie der Prototyp eines Gentleman aus dem Süden. Als er das wiederholte Läuten hörte, zog er seinen erschlaffenden, tropfnassen Schwanz aus der Möse der rothaarigen Schwester und blickte lächelnd auf sie herab.

„Verdammt!“ sagte er leise. „Ich werde gerufen.“ Er setzte sich auf die Bettkante und rief in freundlichem Tonfall:

„Moment bitte!“ Der Klang seiner Stimme ließ nicht einmal ahnen, daß dieser Mann soeben in seiner elegant eingerichteten Wohnung einen rasanten Fick hinter sich hatte. Innerhalb von Sekunden war der Psychiater anständig angezogen und ging in einem schönen, aber ganz entschieden maskulin wirkenden Hausmantel zur Tür. Er lächelte die ziemlich grimmig dreinblickende Schwester freundlich an und fragte: „Ja, Schwester Reynolds, was gibt’s denn?“

„Dr. Penny!“ stieß Hope heraus. „Er hat schwere Verbrennungen an beiden Händen! Ein Unfall!“

„Ich komme sofort“, versprach Dr. Brandywine.

Miß Reynolds nickte. Sie verschränkte sekundenlang die Arme vor der Brust, bevor sie den Kopf in den Nacken warf und zum Fahrstuhl zurückging. Ihre Nasenflügel bebten. Sie hatte den dicken, süßlichen Geruch wahrgenommen. Wenn sie doch bloß den Mut gehabt hätte, dem Doktor zu sagen, daß er sich auch ja die Hände waschen sollte, bevor er Dr. Penny anfassen würde.

Dr. Brandywine zog sich rasch an und ging dann ins Badezimmer, um sich Hände und Gesicht sehr gründlich zu waschen.

„Darling-Girl!“ rief er ins Schlafzimmer. „Du warst wunderbar!“ Dabei hoffte er jedoch, daß die Schwester von der dritten Station jetzt nicht wie üblich auch hierher ins Bad kommen würde, um ihn zu umgirren. An sich war er ihrer schon ziemlich überdrüssig. Er konnte sich nicht einmal an ihren Namen erinnern. Das überraschte ihn nicht sonderlich, denn so war es fast immer. Auf der anderen Seite verspürte er aber auch keine Lust, sich eine Schwester zum Feinde zu machen. Damit konnte der reibungslose Ablauf in einem Krankenhaus doch zu sehr gestört werden.

Er gab dem Mädchen noch rasch einen flüchtigen Kuß auf die Wange, dann verließ er seine Wohnung. Auf dem Wege zur kleinen Unfallstation überlegte er allerdings schon, wie er dieser rothaarigen Schwester am besten den Laufpaß geben könnte, ohne daß sie deswegen gleich die Stellung aufgab.

Erst als Dr. Brandywine im Erdgeschoß angelangt war, dachte er an den Unfall, den Dr. Penny erlitten haben sollte. Als er dann den Raum betrat, zog er doch unwillkürlich sehr scharf die Luft ein. Er unterdrückte jedoch sofort den Schock, den ihm Dr. Pennys Anblick versetzte.

Joel Penny war sein Freund. Von allen Leuten, die Dr. Brandywine je gekannt hatte, schätzte und respektierte er Dr. Penny am meisten.

„Joel …!“ sagte er leise und ungläubig. „Deine Hände! Joel, Mann Gottes!“ Dann handelte er sehr rasch und zielstrebig. Er stellte Fragen, und Dr. Penny antwortete. Miß Reynolds und Dr. Brandywine arbeiteten zusammen, ohne daß sich einer von ihnen die Abneigung dem anderen gegenüber anmerken ließ.

Als Dr. Pennys Hände behandelt und verbunden waren, sagte Dr. Brandywine: „Wie wär’s denn, wenn du dich hier ein paar Stunden ins Bett legen würdest?“

„Das kann ich nicht tun“, sagte Dr. Penny und lächelte ein wenig schief. „Sandra hat’s nicht gern, wenn sie allein im Haus sein muß. Sie hat eine geradezu unvernünftige Angst davor, allein im Dunklen zu sein.“

„Dann werde ich Sandra einfach anrufen und bitten, ebenfalls hierherzukommen“, schlug Miles vor. Er erwähnte nichts von den Hintergedanken, die er dabei hatte, als er sich im Geiste Sandras schmucken, strammen Arsch vorstellte und zugleich daran dachte, daß sie auf ihren Mann doch keinerlei Rücksicht nahm. „Ich möchte wetten, du hast ihr noch nicht mal gesagt, daß du verletzt wurdest, Joel!“

„Ich möchte sie doch nicht wegen nichts und wieder nichts aufregen“, antwortete Joel Penny. Seine Antwort war typisch.

Miles Brandywine verschränkte die Finger, um sich jetzt nicht zu einer unbedachten Bemerkung hinreißen zu lassen. Worte über Sandra blieben am besten ungesagt.

„Dann nimm wenigstens meinen Wagen, Joel“, schlug Miles vor. „Und ich werde einen der Pfleger mitschicken.“ Er lächelte sekundenlang und fügte hinzu: „Ich nehme nicht an, daß jemand auch in meinem Wagen eine Bombe untergebracht hat, aber ich überlege doch, wen wir den Wagen lieber erst einmal ausprobieren lassen könnten.“ Brandywine war nicht überrascht, als sich Hope Reynolds dafür sofort freiwillig erbot. Er zeigte ihr den üblichen Gesichtsausdruck … ein freundliches Lächeln, das Miß Reynolds nicht ahnen ließ, wie leid sie Dr. Brandywine im Grunde genommen tat.

„Das war doch nur als Scherz gedacht, Miß Reynolds“, sagte er. „Sie werden natürlich nichts dergleichen tun und schon gar nicht meinen Wagen ausprobieren, um festzustellen, ob nicht vielleicht doch jemand eine Bombe darin versteckt hat.“ Er rief einen Pfleger herbei und gab dem jungen Mann genaue Anweisungen, dann begleitete er Joel Penny zum Nebenausgang des Krankenhauses. Der Pfleger wartete bereits im Wagen und ließ den Motor laufen. Miles beobachtete, wie Joel vorn neben dem Fahrer Platz nahm, dann machte er den Wagenschlag zu. „Und komme ja erst wieder zum Dienst, wenn du dich absolut wohl fühlst, Joel. Wir kommen schon zurecht.“

Joel nickte nur, dann rollte Dr. Brandywines Wagen beinahe lautlos davon.

Miles Brandywine kehrte in die kleine Unfallstation zurück, wo er Hope Reynolds gerade noch dabei antraf, wie sie sich die Augen wischte und geräuschvoll die Luft durch die Nase einzog. Er sagte kein Wort, denn obwohl er diese Schwester persönlich nicht leiden konnte, hatte er Verständnis für ihre Tränen. War ihm doch selbst wegen der Verletzungen des befreundeten Kollegen zum Heulen zumute. Die altjüngferliche Krankenschwester strahlte offene Feindseligkeit aus. Schließlich brach sie das Schweigen.

„Ich kann einfach nicht verstehen, warum irgend jemand Dr. Penny Schaden zufügen will! Er ist doch der wunderbarste …“ Sie brach ab und fügte hinzu: „Jedermann mag doch Dr. Penny!“

„Da haben Sie ganz recht“, antwortete Brandywine. „Es ist geradezu unvorstellbar, daß jemand ihn töten wollte!“ Er grinste die Schwester ziemlich schief an. „Dagegen könnte ich mir zum Beispiel eine ganze Menge Leute vorstellen, die mich liebend gern ins Jenseits befördern möchten! Oder auch Dr. Royal. Aber Dr. Penny … er ist wirklich ein wunderbarer Mann, wie Sie eben ganz richtig gesagt haben.“

„Ich wollte damit ausdrücken, daß er ein wunderbarer Arzt ist, Dr. Brandywine!“ entgegnete Miß Reynolds gereizt. „Nicht ‚Mann‘, wie Sie es eben ausgedrückt haben.“

„Herrgott, Miß Reynolds, seien Sie doch nicht immer so steif, als hätten Sie einen Ladestock verschluckt! Ich bin wegen dieser Sache, die mit Joel passiert ist, genauso aufgeregt wie Sie! Und ich kann auch Ihnen nachfühlen, wie Ihnen jetzt zumute sein muß, denn ich verstehe durchaus, was Sie für ihn empfinden.“

„Dr. Brandywine!“ Das Gesicht der neunundzwanzigjährigen Krankenschwester war jetzt wie in Glut getaucht. Ihre recht hübschen blauen Augen blickten alarmiert und erschrocken drein.

„Tut mir leid, Miß Reynolds. Entschuldigen Sie, bitte. Vergessen wir den letzten Teil unserer Unterhaltung.“ Die Schwester warf ihm einen wütenden Blick zu. Ihre weichen Lippen bebten, aber sie reckte trotzig das Kinn vor und verschränkte die Hände, während sie sagte: „Dr. Brandywine! Nur weil Sie mit Ihrem Charme alle anderen Schwestern dazu bringen können, das Höschen auszuziehen und mit Ihnen ins Bett zu gehen, bilden Sie sich ja nicht ein, daß Sie auch mich becircen können! Ich bin eine anständige Frau, und ich lasse mich von meinem Vorgesetzten nicht beleidigen! Als Krankenschwester kann ich mit einer makellosen Vergangenheit aufwarten, und ich habe auch nicht die Absicht …“

„Ich hab’ doch schon gesagt, daß es mir leid tut, Miß Reynolds“, unterbrach er ihren Redefluß. „Was wollen Sie denn jetzt noch, gottverdammt noch mal? Ich verspreche Ihnen, Sie nie wieder zu beleidigen. Und ich habe Sie doch bereits gebeten, den letzten Teil unseres Gesprächs zu vergessen. Was …“

Die Schwester rannte bereits aus dem Zimmer.

„Herrgott im Himmel!“ knurrte Dr. Brandywine vor sich hin. Dann seufzte er und ging wieder in seine Wohnung hinauf. Als er im Bett lag, versuchte er sich abzulenken, indem er an die rothaarige Schwester dachte, die ihren subtilen Duft auf den Kissen hinterlassen hatte. Während Miles zur Zimmerdecke hinaufstarrte, überlegte er wieder einmal, wie diese Schwester eigentlich hieß. Er erinnerte sich jedoch nur daran, sie stets ‚Darling-Girl’ gerufen zu haben, weil ihm einfach der Name nicht einfallen wollte. Das war nicht gerade sehr erfreulich für ihn.

Er hielt es irgendwie für unanständig, sich nicht einmal mehr an den Namen dieser rothaarigen Schwester erinnern zu können, die er während der letzten Woche jede Nacht gebumst hatte. Er stellte sich wieder ihren Anblick vor, als sie sich ausgezogen hatte. Da hatte er zwar bereits gewußt, daß er ihrer allmählich überdrüssig wurde, aber er hatte doch einen Steifen bekommen und die Rothaarige haben wollen. Doch dann hatte sie angefangen, über Dinge zu reden, die darauf schließen ließen, daß sie es auf eine permanente Bindung abgesehen hatte. Offensichtlich glaubte sie in ihrem hübschen Köpfchen bereits Hochzeitsglocken läuten zu hören. Bei dem Gedanken, sich in diesem dichten Netz aus rotem, gekräuseltem Fotzenhaar einfangen zu lassen, war Miles innerlich heftig zusammengeschaudert. Neiiiin! Du lieber Himmel … nein! dachte er jetzt, während er spürte, wie ihm der kalte Schweiß auf der Stirn ausbrach. Statt sich noch länger mit dem Gedanken an eine Wiederverheiratung herumzuschlagen, hielt er es doch für besser, erneut an das tragische Geschehen um Dr. Joel Penny zu denken.

Gut versteckt im tiefen Schatten der alten Weidenbäume, die rund um die Penny-Residenz wuchsen, stand Alfred Turner, die Hände in den Taschen vergraben und die Schultern weit nach vorn gebeugt. Wieder und immer wieder flüsterte er ein einziges Wort vor sich hin: „Scheiße!“ Er beobachtete, wie der große Lincoln auf die Auffahrt einbog. Seine kleinen, gemeinen Augen blickten verstohlen ins Dunkle. Es war fast fünf Uhr morgens. Alfred sah zu, wie der weißgekleidete Pfleger dem verletzten Arzt behilflich war, die Stufen hinaufzusteigen. Er beobachtete, wie die Beleuchtung auf der Veranda aufflammte. Eine schlanke, blonde Gestalt zeichnete sich sekundenlang gegen das helle Licht ab.

Alfred Turner wußte, daß dieses blonde Mädchen die Ehefrau des Arztes war. Er hatte gehofft, daß Sandra noch einmal ausgegangen wäre und irgendwo herumgefickt hätte. Alfred wußte alles über Sandra Pennys Leidenschaft für jüngere Männer. Nachdem sein Anschlag auf das Auto des Doktors fehlgeschlagen war, hatte Alfred wenigstens gehofft, jetzt das Vergnügen zu haben, beobachten zu können, wie der Arzt wegen der Abwesenheit seiner jungen, schönen Frau mißmutig oder gar wütend sein würde. Alfred drückte sich noch enger an den dicken Baumstamm, der ihn verbarg. Dabei murmelte er erneut vor sich hin: „Scheiße!“ Dann beobachtete er, wie die junge Frau ihren Mann umarmte. Verdrossen mußte Alfred zugeben, daß Sandra Penny eine ausgezeichnete Schauspielerin war, selbst wenn sie ansonsten eine Schlampe war.

Der Pfleger kam zurück und setzte sich hinter das Steuer des Lincoln, der — wie Alfred wußte — Dr. Brandywine gehörte.

Dr. Penny war inzwischen ins Haus gegangen. Die dunklen Wolken am Himmel waren westwärts gewandert. Alfred Turner wußte, daß er nun in sein kleines Zimmer in der schäbigen Pension zurückkehren mußte, um einen neuen Plan auszuarbeiten, wie Dr. Penny am besten getötet werden könnte. Ohne den geringsten Laut zu verursachen, verließ er die Penny-Besitzung.

Heißes Blut

Подняться наверх