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Sechs Hohenzollern: von Wilhelm II. zu Georg Friedrich

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Im Folgenden wird in vier Kapiteln das Verhältnis der Hohenzollern zum Nationalsozialismus als politisches und später als historisches Phänomen beleuchtet. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit Wilhelm II. und seiner zweiten Gemahlin Hermine, einer Prinzessin Reuß aus der älteren Linie (1887-1947), die aus der Ferne, vom Exil aus, ihre Position gegenüber dem Nationalsozialismus als einer erstarkenden Bewegung und später als beherrschender Kraft bestimmen mussten. Bekannt ist, dass der Kaiser sich lange nicht mit dem Verlust des Throns abfinden wollte, und verschiedene seiner Anhänger in Deutschland unterwegs waren, um seine Interessen dort zu vertreten. Auch wissen wir, dass Hermine mehrfach nach Deutschland reiste, um sich für die Wiedereinführung der Monarchie starkzumachen. Wie sehr brachte das den Ex-Kaiser und seine »Kaiserin« in die Nähe der Nationalsozialisten, und wie reagierten sie später, nach der Machtübernahme durch Hitler, auf die Exzesse des Regimes, soweit diese damals schon erkennbar waren?

Im zweiten Kapitel wird die nachfolgende Generation in den Blick genommen, und zwar in der Person des vierten Sohnes Wilhelms, August Wilhelm (1887-1949), im Familienkreis auch »Auwi« genannt. Auwi trat schon in den 1920er Jahren mit rechtsextremen antirepublikanischen Kreisen in Kontakt und wagte danach, über die obersten Chargen der NSDAP, den Schritt hin zu den Nationalsozialisten. Seine Biographie gibt aus dem Grund auch erhellende Einblicke in das gesamte rechte politische Spektrum im Deutschland der Zwischenkriegszeit: das breite Milieu aus einander teilweise verstärkenden beziehungsweise unterstützenden, zugleich aber auch heftig miteinander rivalisierenden Gruppierungen und Parteien. Obwohl sie im Großen und Ganzen dieselben Feindbilder teilten (Juden, Marxisten, Liberale) und ein vergleichbares Ideal der einen, glorifizierten deutschen Nation pflegten, bedeutete das nicht, dass Hitlers Anspruch auf die Führerschaft von allen in diesem Milieu akzeptiert wurde. Wo stand August Wilhelm in diesem Streit, und wie ging die Sache schließlich für ihn aus?



»Führer kamen, Führer gingen …« Karikatur aus der sozialdemokratischen Tageszeitung »Het Vrije Volk«, 30. Dezember 1946. Otto von Bismarck, Wilhelm II. und Hitler werden in eine Reihe gestellt.


Das dritte Kapitel konzentriert sich dann auf seinen ältesten Bruder Kronprinz Wilhelm und dessen Gemahlin Cecilie Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954). Obwohl sie in einer unglücklichen Ehe gefangen waren, versuchten beide Eheleute, wenn auch auf jeweils eigene Weise, die Wiederherstellung der Monarchie zu befördern. Kronprinzessin Cecilie nutzte jahrelang ihre Arbeit für einen reaktionären Frauenbund als Plattform, um sich für eine Rückkehr zur Monarchie einzusetzen. Der Kronprinz entwickelte, bis 1923 noch aus der Verbannung in den Niederlanden, seine eigenen Aktivitäten, die ihn mitten in die Rivalitäten der Rechten führten und schließlich in unmittelbare Nähe zur NSDAP-Spitze brachten. Im Jahr 1932 schien er abwechselnd Rivale und Bündnispartner Hitlers gewesen zu sein. 1933 unterstützte er den soeben ernannten Reichskanzler Hitler beim propagandistischen »Tag von Potsdam«, dem Ereignis, bei dem die alte, konservativ-monarchistische Rechte sich mit dessen Machtposition zu versöhnen schien.

Im Mittelpunkt des vierten und letzten Kapitels stehen zwei Vertreter der späteren Generationen der Hohenzollern. Zunächst geht es um den zweiten Sohn Kronprinz Wilhelms, Louis Ferdinand (1907-1994), der ab 1933 als Erbfolger galt. Anders als sein Vater hielt er Distanz zu den Nationalsozialisten, obgleich auch er nicht gegen sämtliche Ausprägungen ihrer Ideologie immun war. Nach dem Krieg entwickelte Louis Ferdinand sich zu einem engagierten Paterfamilias, der, wann immer es möglich war, die Rückgabe oder eine Entschädigung für enteigneten Besitz verlangte. So erhob er gleich nach dem Tod seines Vaters Anspruch auf das vom niederländischen Staat konfiszierte Huis Doorn – vergeblich, wie sich zeigen sollte. Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 forderte er die ehemaligen, von den Sowjets beschlagnahmten Besitztümer zurück. In all diesen Jahren machte er kein Geheimnis daraus, dass sein eigentliches Ziel die Wiederherstellung der Monarchie war. Mit seinem Enkelsohn Georg Friedrich (geb. 1976) endet das Buch. Er übernahm nach dem Tod Louis Ferdinands die Funktion des Sprechers der Familie und bekräftigte deren Forderung nach Rückgabe des 1945 von der Sowjetunion beschlagnahmten Besitzes.

Zum Ende dieser Einleitung nun noch ein paar Anmerkungen, beginnend mit Namen und Adelstiteln. Mit dem Haus Hohenzollern sind im Weiteren nur Mitglieder der brandenburg-preußischen Linie dieses alten Adelsgeschlechts gemeint. Wir wissen selbstverständlich, dass es auch eine südwestdeutsche, schwäbische Linie der Familie gibt, die jedoch in diesem Buch keine Rolle spielt.

Verwirrend mag sein, dass die brandenburg-preußischen Mitglieder der hier besprochenen Familie Hohenzollern, anders als ihre fernen Verwandten aus dem schwäbischen Zweig, den Namen »Hohenzollern« heute nicht mehr als Teil ihres offiziellen Familiennamens führen. Das ist auf die Verfassung der Weimarer Republik zurückzuführen. Deren Verkündung am 14. August 1919 bedeutete zugleich auch die Abschaffung der Standesprivilegien des deutschen Adels. Obwohl Adelstitel damit ihre Funktion verloren, wurde per Gesetz bestimmt, dass sie auf Wunsch noch Teil des bürgerlichen Nachnamens sein konnten, also »Graf«, »Herzog«, »Prinz«, und so weiter für die Männer, sowie »Gräfin«, »Herzogin« und »Prinzessin« für die Frauen. Für die Mitglieder des alten, in Preußen regierenden Hauses Hohenzollern lautete der allgemeine Familienname nun »Prinz von Preußen« beziehungsweise »Prinzessin von Preußen«.

Lediglich die Hohenzollern, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung von Weimar als Erstgeborene einen Titel geführt hatten, durften diesen bis zu ihrem Tod beibehalten. Dass Wilhelm II. sich »Kaiser« und sein ältester Sohn Wilhelm »Kronprinz« nennen ließ, war also rechtmäßig. Auch andere Mitglieder des brandenburg-preußischen Zweigs der Familie Hohenzollern wurden und werden in Deutschland jedoch noch häufig mit dem Titel »Prinz« und »Prinzessin« bezeichnet und angesprochen. Diese Gewohnheit haben auch wir im Folgenden beibehalten.

Schließlich möchten wir noch darauf hinweisen, dass die Anmerkungen nahezu ausschließlich auf die Quellen der Zitate sowie auf Archivmaterial verweisen. Außerdem gibt es am Ende des Buchs eine umfangreiche Literaturliste.

Der Kaiser und das

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