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DER CRASH

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Der Nebel kroch langsam den Hügel hinauf. Dort angekommen sah man, wie er sich über die ganze Stadt ausbreitete. Ben und Claire fuhren mit ihrem BMW die vom Regen nasse Straße entlang.

Links und rechts von ihnen vernahm man hin und wieder ein paar Waldbewohner, die vor dem Unwetter fliehend in der Dunkelheit Schutz suchten. Hier ein Reh und da ein Hirsch. Durch den immer stärker werdenden Regen, der sich nun voll ins Zeug zu legen schien, wurde die Sicht auf die Fahrbahn zunehmend beschränkter.

»So ein Scheißwetter!«, fluchte Ben den Himmel an.

»Ist man mal im Auto unterwegs, regnet es und kommt gleich so dicke runter. Einfach unfassbar.«

»Schatz, im Radio haben sie vorhin erwähnt, der Regen würde nicht lange anhalten. Nur bis zum Gewitter. Nach diesem würde es an unserer Stadt vorbeiziehen!«

Claire versuchte mit ihrer sanften Stimme besänftigend auf ihn einzuwirken. »Ich weiß, du fährst nicht gern selbst mit dem Auto. Und ja, bevor du mir ins Wort fällst, auch ich weiß, unser Zeitrahmen sorgt nicht für einen grenzenlosen Begeisterungssturm.« »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! So ist es nun mal! Auch wenn jeder weiß, dass wir allein den Vorzug haben müssten. Wir sind die Talentiertesten. Nicht nur in unserem Block, in der gesamten Forschungsebene.« Immer noch leicht verärgert schien Ben sich allmählich zu beruhigen. »Es wird schon seinen Grund haben, warum der Vorstand dem Gelingen des Experiments BLC (Better Life Chip) eine so hohe Priorität beimisst. Mit wir meine ich nicht nur uns beide, die gesamte Forschungsabteilung braucht diese Finanzspritze.«

»Ach, ist das so?«, widersprach Claire beiläufig. Keiner, behauptet, sie forschten ohne Gelder. Natürlich entstehen bei den geliebten Kollegen auch Kosten, welche bestimmt vergleichbar sind mit dem Aufladen eines Prepaid-Handys. Der Druck, welcher auf unseren Schultern lastet, gleicht doch dem Bau eines Hochhauses. Preisvergleich ist hier wohl unnötig. Die Erfolge des Kollegiums reißen mit Sicherheit unsere Fehlversuche wieder raus. Dies erkenne ich an und das ist selbstredend. Ich bin nicht so arrogant, dies nicht im selben Atemzug auszulassen. Unsere Erfolge haben den Forschungszweig neu definiert. Scheiß die Wand an. Die gesamte Anlage würde es ohne unseren Forschungszweig, nicht geben!«

»Richtig. Ja, so sieht es aus«, warf Claire spöttisch in den Raum. Sie wartete auf eine Reaktion von Ben, um ihm darauf albern die Zunge rausstrecken zu können. Genau in diesem Moment schlug auch schon der Blitz geschätzte 800 Meter vor ihnen in einem Baum ein, schnitt sich ein Stück aus ihm heraus. Der Regen spülte ihn vor sich zur Straße her. Jetzt ging alles recht fix.

So ungestüm, dass Ben die sintflutartige Welle von Geröll und Matsch nicht kommen sah. Seitlich von ihr gerammt, schob sie den BMW auf die Gegenfahrbahn. Die rasend schnell entgegenkommenden weißen Lichter nahm er kaum wahr.

Keiner der beiden, weder Ben noch Claire vernahmen den Aufprall. Metall stieß an Metall. Verbog sich. Aus zwei Autos wurde eines. Glassplitter flogen durch die Luft. Plastik rammte sich in Fleisch.

Blut ergoss sich im gesamten Innenraum.

Der Fahrer des kollidierenden Pkws schlug sich erst die Nase am Airbag blutig und brach sich dann das Genick an der falsch eingestellten Kopfstütze. Dabei riss der Hals auf und der Kehlkopf poppte im hohen Bogen heraus, um schlussendlich auf dem Armaturenbrett liegen zu bleiben. Alsdann war es still.

Der Regen hatte aufgehört. Stattdessen tauchte Schnee den Unfallort in ein weihnachtliches Weiß. Es war so kalt geworden, dass der Regen rasch eine spiegelglatte Fahrbahn hinterließ.

Der darauffolgende Schnee ließ auch jetzt keinen Gedanken an Besserung, sprich heiteres Fahren aufkommen.

Claire zog den ohnmächtig gewordenen Ben aus dem Auto. »Ben? Hörst du mich? Sag doch etwas!«

In Panik begann sie sofort mit Erste-Hilfe-Maßnahmen. Mund zu Mund-Beatmung.

Hustend und nach Luft schnappend kam Ben wieder zu sich.

»Wenn nicht der Unfall, dann hast mit Sicherheit du mir ein paar Rippen gebrochen!«

Erleichtert boxte sie ihm leicht auf die Schulter.

Claire atmete auf. »Ben, du hast mir eine Scheißangst eingejagt. Für einen kurzen Moment nahm ich an, du wärest tot. Und nicht nur ohnmächtig! Geht es dir wirklich gut?«

»Ja, glaub schon. Wenn du es nicht auf noch ein paar Knochen von mir abgesehen hast, überlebe ich es bestimmt«, witzelte Ben. Denkst du, du kannst laufen, Claire?«

»Was denkst du denn?! Ich habe dich doch aus dem Wagen gezogen und wiederbelebt«, sprach Claire im ernsten Ton, immer noch leicht zitternd. »Kannst du laufen?«, fügte sie hinzu.

»Ja, mir fehlt nichts. Was ist mit den anderen? Lass uns nachsehen, okay?«

Kopfnickend willigte Claire ein.

In der klirrenden Kälte und ein wenig benommen schleppte Ben sich zum zusammengecrashten Pkw.

Die Fahrertür hatte sich durch den Zusammenprall leicht verzogen. Leicht zu erkennen. Ben rüttelte am Türgriff. »Keine Chance, sie aufzukriegen. Hat sich total verzogen.«

Ben klopfte ans Fenster und hoffte so auf ein Lebenszeichen der Insassen. Vergeblich. Es blieb bei der Totenstille. Keine Reaktion. Nur ein scheinbar leiser werdendes Röcheln war auszumachen. »Hallo? können Sie mich hören? Die Tür hat sich verkeilt. Sie lässt sich nicht öffnen! Achtung, ich werde das Fenster einschlagen. Okay?!!«

Wieder kein einziges gesprochenes Wort. Jetzt hatte auch das Röcheln aufgehört. Es folgte ein kindliches Wimmern.

Claire erkannte es sofort. Es war das eines Kleinkindes.

Ungläubig spähte sie durchs Beifahrerfenster.

Auf der Rückbank saß ein kleiner Junge. Er weinte nun unaufhörlich.

Der Kindersitz hatte ihm zu seinem Glück das Leben gerettet.

Was man vom Fahrer des Pkws nicht behaupten konnte.

Claire und Bens Blicke trafen sich fragend.

Beidseitiges Kopfschütteln trieb Ben an, seinen Worten nun auch Taten folgen zu lassen. Zu seinem Glück fand er in der Nähe einen dicken Ast. Sofort griff er danach. Mit einem kurzen und harten Stoß schlug er ihn gegen das Fenster.

Die Scheibe brach gleich. Glassplitter verteilten sich überall im Innenraum. Der Fahrer saß bewegungslos da.

Nur sein Kopf gab Grund zur Beunruhigung.

Später kam raus, dass der Fahrer von der Polizei gesucht wurde und auf der Flucht war. In der Eile nahm er das Auto seiner Nachbarin, um zu fliehen, ohne seinen schlafenden Sohn auf der Rückbank zu bemerken. Was erklärt, warum die Kopfstütze auf ihn nicht richtig eingestellt gewesen war. Da das Auto am Straßenrand stand, ging man davon aus, er habe versucht, den defekten Sicherheitsgurt selbst zu reparieren.

Er musste währenddessen vom entgegenkommenden BMW überrascht worden sein. Ihm blieb keine Gelegenheit, darauf entsprechend zu reagieren.

Ohne viel Aufsehen adoptierten Ben und Claire den Kleinen. Welche Gründe auch immer sie dazu bewogen, jetzt war Familie Benner zu viert. Ben, Claire, Joshua und Cloud. Cloud hatte jetzt endlich den lang ersehnten Spielgefährten in seinem Alter.

Falsch Zeugnis

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