Читать книгу TRIP IN DIE HÖLLE (Z Burbia 2) - Jake Bible - Страница 7

Kapitel 2

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»Links von dir«, ruft Julio, während er sich zur Seite dreht und einen Speer in die Augenhöhle eines Zs rammt, der gerade auf ihn zustolpert. Er dreht den Speer und schleudert den Z damit auf einen stetig größer werdenden Leichenhaufen, der mittlerweile den Eingang von Whispering Pines füllt.

Julio ist ein kleiner Mann spanischer Herkunft. Der Teil seines Körpers, der nicht durch sein schwarzes Shirt bedeckt ist, ist voller schwarzer und blauer Tätowierungen. Sie reichen über seine kompletten Arme bis hoch zu seinem Hals. Sein Kopf ist bis auf einen dünnen, kurzen Irokesenschnitt rasiert. An seinem Gürtel und an seinem rechten Bein festgebunden, befindet sich ein übel aussehendes Kurzschwert. Aber der Speer war nun mal besser dazu geeignet, die Zs niederzustrecken, die in Reichweite waren.

Die Person, mit der er gerade spricht, ist Elsbeth. Sie hält nicht inne, um zu antworten, sondern wirbelt herum und köpft einen Z mit einem der zwei geschwungenen Langschwerter, die sie in den Händen hält. Sie tritt den Kopf und den fallenden Körper daraufhin in Richtung des Haufens, ist dabei aber nicht so präzise wie Julio. Sie ist eine große, junge Frau und äußerst schön. Ihr Haar ist kurz geschnitten und unter dem Hello-Kitty-Basecap versteckt. Das ärmellose Tank-Top, das sie trägt, zeigt ihre muskulösen Arme und sie bewegt sich mit der Anmut einer Katze. Einer sehr tödlichen Katze.

»Versuchst du überhaupt, den Haufen zu treffen?«, fragt Julio amüsiert, während er einen weiteren Z aufspießt und ihn auf dem Haufen entsorgt.

Elsbeth zuckt mit den Schultern, als sie sich unter den ausgestreckten Armen eines Zs hinwegduckt. Als sie wieder hochkommt, dringt ihre Klinge in das Kinn des Zs ein und durchsticht danach seinen Schädel. Der Kiefer des Dings kann sich so nicht mehr öffnen und es wird still, als sie die Klinge wieder herauszieht und den Z wegtritt. Er geht abermals knapp an dem Stapel vorbei. Elsbeth schaut über ihre Schulter zu Julio und lächelt. Der Zustand ihrer Zähne ist alles, was ihre Schönheit trübt, aber als Kannibale großgezogen zu werden, widerspricht nun mal leider der richtigen Mundpflege.

»Ich töte sie schon«, erklärt Elsbeth. »Lass die anderen dann wenigstens aufräumen.«

»Es sei denn, wir werden später diejenigen sein, die hier aufräumen müssen, weil die Hälfte des Lagers heute zurück zur Farm gegangen ist«, meint Julio. »Wir haben nicht mehr viele Leute, bis die neue Mannschaft in zwei Tagen erscheint.«

»Warum müssen wir denn dann die ganze Arbeit machen?«, fragt Elsbeth und jammert dabei ein wenig herum. Die meisten würden es wahrscheinlich gar nicht bemerken, aber seit genau zwei Monaten kämpfte Julio nun schon mit ihr Schulter an Schulter. Deshalb nahm er es sofort wahr.

»Weil wir es richtig machen!«, antwortet Julio. »Besser wir als einige dieser faulen Ärsche, für die wir das tun. Wir hätten sowieso zurückkommen müssen, um den Job richtig zu beenden.«

»Ich mag keine faulen Ärsche«, sagt Elsbeth, schlägt mit beiden Schwertern um sich und trennt mühelos Z-Köpfe von Z-Körpern ab. Sie bemüht sich nicht einmal sonderlich, die Körper und Köpfe in Richtung des Haufens zu schieben. »Sie sollten härter arbeiten. Nicht wir … sie. Diese beschissenen, rotznäsigen Furzgesichter.«

»Du hängst echt zu viel mit den Kindern herum«, meint Julio lachend, während er einem Z den Speer in den Bauch rammt. Dann dreht er diesen etwas zur Seite, um zwei Zs abzublocken, die sich ihm gerade von links nähern. Elsbeth rückt sofort an und trennt allen Dreien die Köpfe ab. Julio reißt danach den Speer wieder heraus und sticht jedem noch einmal in den Schädel. Dadurch beendet er ihr knirschendes Wühlen. Auch wenn sie schon von ihren Körpern getrennt sind, versuchen die Zs immer noch, etwas Menschenfleisch zu erwischen. Der einzige Weg, sie vollkommen zu stoppen, ist, das Gehirn zu zerstören. Das ist die normale Vorgehensweise bei einer Zombie-Apokalypse.

»Na und?«, fragt Elsbeth. »Die Kinder sind wenigstens unterhaltsam.«

»Nicht so unterhaltsam wie ich«, erwidert Julio grinsend und sieht Elsbeth intensiv von oben bis unten an. Er liebt es, wie sich ihr Shirt zwischen ihren Brüsten und am Bauch mit Schweiß vollsaugt.

»Nein«, sagt sie grinsend zurück. »Lange nicht so unterhaltsam wie du. Heute Abend werden wir aber Spaß haben, nicht wahr? Letzte Nacht bist du ja einfach eingeschlafen.«

»Ich war müde, El«, rechtfertigt sich Julio. »Wir haben den ganzen Tag damit verbracht, Zs zu töten. Ein Mann braucht eben auch einmal seine Ruhe.«

»Und ein Mädchen braucht ihren Spaß«, kontert Elsbeth. »Heute Abend wird nicht geschlafen!«

»Du bist so grausam«, entgegnet Julio lachend, »aber ich denke, ich kann damit umgehen.«

»Versprochen?«

»Ich verspreche es. Heute Abend wird nicht geschlafen!«

Elsbeth weicht vom Eingang von Whispering Pines zurück und schaltet erst einen und dann insgesamt fünf Zs aus, bevor sie sich wieder zurückzieht. Julio gesellt sich zu ihr und tötet ebenfalls drei. Einen Moment lang stehen sie da und blicken auf all die Z-Leichen hinab, die den Highway 251 mittlerweile übersäen. Die Sonne geht gerade unter und der French Road River gegenüber des Highways, der fast zwanzig Meter vom Eingang entfernt ist, beginnt, das orange-rote Glühen des Himmels zu reflektieren.

»Hübsch«, meint Elsbeth.

»Ich kann nicht glauben, dass du die Special Forces Ausbildung abgelehnt hast, um ein Teil dieser Mannschaft zu werden«, sagt Julio. »Du bist echt verrückt.«

»Verrückt nach dir«, erwidert Elsbeth und packt nun seinen Arsch. »Mmmmm. Und außerdem schreit Platt ganz schön viel, und ich mag diese Schreierei nun mal nicht.«

»Wie wäre es stattdessen mit etwas Gebrüll?«, fragt er mit einem Augenzwinkern. »Ich weiß, dass du es magst zu brüllen.«

Julio nimmt sie hoch in seine Arme und küsst sie fest. Ihre Hände kneifen ihm fester in den Arsch und Julio springt hoch. Sie drückt sich an ihn und umschlingt mit einem Bein seine Hüfte. Ihre Münder kleben aneinander, hungrig vor Leidenschaft.

»Jesus«, ruft John, als er und Stuart um die Kurve kommen. »Könnt ihr nicht warten, bis ihr in eurem Zelt seid?«

»Und euch sauber gemacht habt«, fügt Stuart hinzu. »Ihr seid vollkommen mit Z-Schleim bedeckt.«

Elsbeth drückt sich von Julio weg und lächelt die beiden Männer an. »Heute Abend wird er nicht einschlafen. Ich werde stattdessen stundenlang auf ihm sein.«

Julio schüttelt den Kopf, nimmt ihre Hand und zieht sie zu dem neuen Tor, das am Eingang von Whispering Pines offen steht. Es ist nicht so groß oder sicher wie das ursprüngliche Tor, aber in den meisten Fällen hält es die Zs trotzdem draußen. Es ist gut genug, dass alle in Whispering Pines eine erholsame Nachtruhe haben können, während nur ein paar Wachen im Dienst sind.

»Du bist wirklich ein glücklicher Bastard«, sagt John zu Julio, während er ihm folgt und das Tor schließt, sobald auch Stuart drin ist. Er und Stuart legen nun verstärkte Balken über das Tor und sichern es so für die Nacht.

»Es ist kein Glück«, meint Elsbeth. »Er muss hart für mich arbeiten. Ein fauler Arsch kommt mir nicht in mein Höschen. Nein, nein, niemals.«

»Wie wäre es denn, wenn wir jetzt erst einmal ein wenig essen und dann die Zs wegräumen?«, fragt Julio. »Packt ihr beiden mit an?«

»Klar«, antwortet Stuart. »Lasst uns nur erst kurz unsere Ausrüstung verstauen und auch einen Happen essen.«

»Und ich muss zuallererst ganz schlimm scheißen«, erwidert John. »Die letzten eineinhalb Kilometer habe ich bereits angehalten.«

»Oh, ich auch«, meint Elsbeth. »Ich komm mit dir scheißen. Dann können wir direkt über deinen Tag sprechen.«

»An dem Diskretionsabstand arbeiten wir noch, was?«, antwortet John lachend.

»Ich brauche keinen«, entgegnet Elsbeth achselzuckend. »Und es ist nicht mein Problem, wenn andere es tun.« Sie sieht zu Stuart hinüber. »Mit Ausnahme von Stuart. Er braucht den Abstand oder er ist danach ein Brummbärchi. Brummbärchi Stuart macht keinen Spaß.«

»Das kannst du wohl laut sagen«, stimmt John zu.

»Hey, macht doch mal eine Pause«, erwidert Stuart. »Ich kann auch Spaß machen.«

»Ja, mit dir hat man echt jede Menge Spaß«, sagt Julio. Er zwinkert Elsbeth zu. »Viel Spaß beim Scheißen dann. Wascht aber eure Hände, bevor wir essen.«

»Richtig«, meint Elsbeth nickend, »meine Hände waschen. Du erinnerst mich daran, nicht wahr, John?«

»Darauf kannst du dich verlassen«, antwortet John lächelnd und bietet ihr seinen Arm an. Sie sieht ihn sich an und runzelt dann die Stirn. Daraufhin lässt er ihn wieder sinken und schüttelt den Kopf. »Richtig. Ab zum Scheißhaus.«

Julio und Stuart beobachten, wie die beiden weggehen und dann wendet sich Julio an Stuart. Sein Gesicht ist mehr als ernst.

»Was hast du gefunden?«, fragt er, während sie den Hügel zu dem kleinen Übergangslager hochgehen, das errichtet worden war, als man Whispering Pines wieder aufgebaut und zusammengesetzt hatte. Überall um sie herum sind ausgebrannte Häuser und verbrannte Lagerplätze zu sehen. Dort hatten Edward Vance und seine Leute Whispering Pines belagert.

»Nichts wirklich Schlüssiges«, entgegnet Stuart. »Wir wissen immer noch nicht, ob die Leute Teil von der Vance-Crew sind oder nicht. Unsere Vermutung ist allerdings, dass sie nicht dazugehören, aber mit Sicherheit können wir es nicht wissen.«

»Warum nicht?«, fragt Julio, als er den Speer auf den Boden wirft und sich den Schöpflöffel aus dem großen Wasserfass holt. Er nimmt einen Schluck und reicht Stuart dann den Löffel, der es ihm gleich tut.

»Zum einen sind sie Profis«, erwidert Stuart. »Waffen und Ausrüstung deuten auf ein privates Militärunternehmen hin. Ich habe in den letzten Jahren viele von ihnen gesehen, und sie sehen genauso aus.«

»Warum gerade das Grove Park Inn?«, fragt Julio, während er sich auf einen Holzklotz neben einem kleinen Lagerfeuer setzt.

Mehrere Männer und Frauen sind im Moment damit beschäftigt, ihr Abendessen an anderen Lagerfeuern zu kochen, die über das gesamte Viertel verteilt sind. Es wäre wahrscheinlich effizienter, wenn alle zusammen kochen würden, aber aus Sicherheitsgründen ist es besser, wenn die Crew, die für den Wiederaufbau zuständig ist, bei kleineren, separaten Gruppen bleibt. Auf diese Weise ist nicht das ganze Team eingesperrt, wenn die Zs die Grenzen dieses Bauprojekts durchdringen sollten.

Rückseitig liegt Phase Eins direkt an einem siebzehn Meter hohen Kalksteinfelsen. An der Spitze des Kliffs befindet sich eine lange, breite Wiese. Diese ist gespickt mit Stacheldrahtstahlzäunen. Eine Reihe nach der anderen steht zwischen den langen und vielfältigen Gräben. Oben auf den Felsen hat man außerdem eine Terrasse errichtet, damit die Wachen die Zs vierundzwanzig Stunden am Tag beobachten können. Aber diese war leider in der Schlacht mit Vance zerstört worden. Bei den ersten Wiederaufbauarbeiten hatte sie darum oberste Priorität.

Teile von Phase Eins und die komplette Phase Zwei, welche sich auf dem zweiten Plateau befindet, ist von beiden Seiten von einer neunzig Meter tiefen Schlucht mit riesigen Felsen und Geröll umgeben. Man muss die natürliche Erosion einfach lieben. Auch die Seiten der Schlucht sind voller Stahlzäune und Stacheldraht. Wenn die Zs in die Schlucht gelangen sollten, würden sie es niemals wieder schaffen an den Seiten hochzuklettern. Das war zumindest die Theorie, bevor alles zerstört worden war. Jetzt halten Wachen an allen Seiten Ausschau, um dafür zu sorgen, dass Nachzügler nicht durchkommen und nachts das Wiederaufbauteam fressen.

»Ich weiß nicht, warum gerade das Grove Park Inn«, antwortet Stuart, »aber etwas oder jemand Wichtiges muss dort sein. Sonst gäbe es dort nicht so eine Machtdemonstration.«

»Big Daddy wird das bestimmt nicht mögen«, meint Julio.

»Big Daddy mag gar nichts, dass das Gleichgewicht der Dinge oder seiner Pläne stört«, sagt Stuart. »Aber so ist das Leben in der toten Stadt nun einmal.«

Hollis »Big Daddy« Fitzpatrick ist das Oberhaupt der Farm. Eine riesige Parzelle drüben in Leicester etwa fünfzig Kilometer westlich. Die Bewohner von Whispering Pines haben sich auf der Farm verkrochen, während ihre Häuser hier wieder aufgebaut werden. Big Daddy ist ein frommer Mann. Er glaubt, dass der Z-Tag aus einem ganz bestimmten Grund passiert ist, und beabsichtigt deshalb sicherzustellen, dass das Gute, und nicht, wie einige sagen, das Böse der Grund dafür ist. Sein Bruder Critter ist ziemlich zwiegespalten was die Erklärung mit dem Guten gegen das Böse anbelangt, aber er stimmt Big Daddy wenigstens dahin gehend zu, dass sie durch ein neu aufgebautes Whispering Pines und Asheville überleben werden.

»War das etwa gerade ein Witz, Stuart?«, erkundigt sich Julio, während er einen Topf mit gehacktem Gemüse und Wasser im Lagerfeuer platziert.

»Ich hoffe nicht«, erwidert Stuart, »das würde doch meinen Ruf als Brummbärchi komplett ruinieren.«

»Das können wir natürlich nicht riskieren.«

»Nein, können wir nicht.«

Stuart sitzt mit dem Rücken gegen den Stamm gelehnt da und streckt seine Arme über seinen Kopf aus. Stuart, ein pensionierter Hauptfeldwebel der Marine, ist Mitte fünfzig, aber stärker und fähiger als die meisten Zwanzigjährigen auf der Farm. Er macht kreisende Bewegungen mit dem Kopf und lässt seine Halswirbel knacken. In der späten Herbstluft war eine leichte Kühle wahrzunehmen und Stuart sieht zum dunkler werdenden Himmel über ihnen hoch.

»Jace und der Rest sind noch nicht wieder zurück?«, fragt er.

»Nein, noch nicht«, entgegnet Julio, »aber ich habe auch nicht wirklich erwartet, dass sie es sein werden. Die Transferstation in Ordnung zu bringen, wird wohl ein paar Tage dauern, falls sie es überhaupt schaffen.«

»John wird hingehen und morgen nach ihnen sehen«, erklärt Stuart. »Er wird aber nicht den ganzen Weg dort hingehen müssen. Es reicht vollkommen, wenn er einen Aussichtspunkt findet, um sie zu erspähen und sich zu vergewissern, dass dort alles gut ist.«

»In Ordnung«, sagt Julio. »Er mag zwar eine Nervensäge sein, aber wir dürfen sein schlaues Köpfchen nicht verlieren. Und der Typ ist wirklich verdammt schlau.«

»Ja, das ist er«, stimmt Stuart zu.

»Long Pork?«, fragt Elsbeth, als sie mit John zurückkommt und sich neben Julio fallen lässt. Sie stößt ihn mit ihrer Hüfte an, damit er vom Holzklotz herunterrutscht. »Du hast von Long Pork gehört?«

»Nein, nein«, erwidert Stuart. »Wir sprechen gerade über …«

»Läufer!«, erklingt plötzlich ein Schrei unten am Tor.

»Dieser Hurensohn!«, flucht Julio. »Wie oft sollen wir ihnen noch sagen, dass sie nicht schreien sollen? Das wird doch noch mehr Zs anlocken.«

Sie stehen nun alle auf und gehen hastig zum Tor. Ein paar Leute aus der Wiederaufbaumannschaft schließen sich ihnen an. Einer der Wachposten zieht nun das Tor auf und einige von Critters Männern rennen herein. Sobald sie wieder Atem geschöpft haben, erfährt Stuart, was an der Transferstation passiert ist.

»Wir müssen sofort gehen und ihnen helfen«, beharrt Elsbeth. »Ich werde bestimmt nicht zulassen, dass die Zs Long Pork essen.«

»Ich glaube, niemand sollte Long Pork essen«, witzelt Julio. Aber dann sagt er kein Wort mehr, als er den ernsten Blick auf Elsbeths Gesicht wahrnimmt. »Sorry. Beruhig dich wieder, Mädchen. Wir werden gehen und Long Pork und Captain Leeds helfen.«

»Nicht mehr heute Abend«, meint Stuart, als die letzten Sonnenstrahlen über den Hügeln auf der anderen Seite des French Broad Rivers verblassen. »Das wird ein Job sein, den wir direkt am Morgen erledigen.«

»Wir können sie doch nicht einfach dort lassen!«, ruft Elsbeth weinend. »Nein! Nicht Long Pork!«

Sie bewegt sich zum Tor, aber Julio und John ergreifen ihre Arme. Beide waren bereit, eine eventuelle Gegenwehr der Kämpferin in Kauf zu nehmen.

»Du könntest es in der Dunkelheit dorthin schaffen, aber für alle anderen ist es zu gefährlich«, meint Stuart. »Und ich werde dich bestimmt nicht allein gehen lassen. Ende der Diskussion. In der Morgendämmerung brechen wir auf und dann werden wir uns doppelt beeilen, damit wir zur Transferstation kommen.«

»Wenn wir uns sehr beeilen, dauert es ein paar Stunden«, erwidert John.

»Erzähl uns mehr davon«, sagt einer von Critters Männern, der zusammengesunken vor dem Tor sitzt. Sein Körper ist schweißgebadet und seine Brust hebt und senkt sich noch heftig vor Anstrengung.

»Morgen«, beharrt Stuart.

»Morgendämmerung?«, fragt Elsbeth. »Direkt, wenn die Sonne aufgeht?«

»Sobald wir genug sehen können, um pissen zu gehen«, stimmt Stuart zu.

»Ich kann aber auch im Dunkeln pinkeln«, kontert Elsbeth.

»Du weißt, was ich meine.«

Einen Moment lang starrt Elsbeth mich an, aber dann nickt sie. »Morgendämmerung.«

»Morgendämmerung«, stimmt ihr Stuart zu.

»Lasst uns euch Jungs etwas zu essen besorgen«, meint nun Julio, »und dann ruht euch etwas aus. Es sieht nämlich ganz so aus, als würden wir früh aufstehen.«

Die Neuigkeit über die drohende Gefahr macht im Camp natürlich schnell die Runde. Mehr als genug Freiwillige wollen mitgehen und Stuart muss tatsächlich ein paar ablehnen, damit überhaupt noch Leute in Whispering Pines arbeiten. Einige murren zwar, aber jeder hat mittlerweile gelernt, nicht mit Stuart zu streiten.

Es ist vollkommen dunkel, als Elsbeth und Julio in ihr Zelt kriechen, um den dringend benötigten Schlaf zu bekommen. Als Elsbeth sich allerdings auszieht und auf Julio klettert, ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Sie treiben es heiß und heftig, bis plötzlich eine Explosion erfolgt.

Sie kriechen hastig aus ihrem Zelt. Julio kämpft damit eine Jeans anzuziehen, während Elsbeth einfach nur nackt da steht. Das Licht des Lagerfeuers flackert auf ihrer Haut und wirft Schatten auf die Vielzahl von Verbrennungen und Narben, die fast jeden Zentimeter ihres Körpers bedecken; Geschenke ihres toten Vaters.

»Jesus«, ruft Stuart, als er Elsbeth erblickt, »zieh doch wenigstens eine Unterhose an.«

Sie ignoriert ihn, weil sie alle nach Osten und zum glühenden Licht des Feuers schauen.

»Was zum Teufel glaubst du, ist das?«, fragt John und taucht aus den Schatten auf. Er bewegt sich genau so lautlos, wie es ein Scharfschütze tut. Gelernt ist eben gelernt.

»Als wenn ich das wüsste«, meint Julio.

»Long Pork«, antwortet Elsbeth und nickt so eindringlich, als ob es damit entschieden wäre.

Alle schauen sie an. Dann sehen sie wieder einander an. Stuart reibt sich das Gesicht.

»Wahrscheinlich hat sie recht«, erwidert er. »Was zum Teufel denkst du, hat er jetzt schon wieder angestellt?«

»Sieht ganz so aus, als hätte er das Gas wieder anbekommen«, sagt Julio, »und herausgefunden, warum es ursprünglich ausgeschaltet gewesen war.«

»Großartig«, meint Stuart.

»Werden wir jetzt gehen?«, fragt Elsbeth, »und nach Long Pork sehen?«

»Jace ist aber in der entgegengesetzten Richtung dieser Explosionen«, wirft Stuart ein. »Und im Augenblick torkelt jeder Z in Asheville zu diesen Geräuschen. Zumindest wird die Sache dadurch morgen viel einfacher, wenn wir zur Transferstation gehen.«

»Falls die Transferstation immer noch da ist«, wendet Julio ein. »Er könnte sie schließlich auch in die Luft gejagt haben.« Elsbeth wirft ihm einen tödlichen Blick zu.

»Was denn? Ich sage doch nur, was alle anderen denken.«

»Morgen!«, erklärt Stuart noch einmal. »Jetzt geht alle erst einmal schlafen. Heute Abend wird doppelt Wache gehalten. Diese Explosionen werden die Zs garantiert aufhetzen. Wir können rundherum immer mehr Aktivitäten ausmachen.«

Bei der Nachricht, dass es eine Extrawache geben würde, ist ein allgemeines Murren zu vernehmen, aber alle machen sich trotzdem sofort auf den Weg zu ihren Zelten oder Pflichten. Nur Stuart bleibt allein zurück.

»Verdammt Jace«, flüstert er, »was hast du jetzt schon wieder angestellt?«

***

Erschöpft sitze ich hier, während ich beobachte, wie die Morgendämmerung die Fenster erhellt. Die Explosionen dauerten fast die ganze Nacht lang. Was auch immer ich getan hatte, ich hatte anscheinend einen großen Fehler gemacht.

»Konntest du wenigstens etwas schlafen?«, fragt mich Leeds.

»Nein. Du?«, frage ich und stehe vom Stuhl auf, um mich zu strecken.

»Nicht ein bisschen«, antwortet Leeds.

»Sorry«, sage ich. »Ich dachte, ich hätte es herausgefunden.«

»Oh. Du hast es herausgefunden«, erwidert Leeds. »Du hast es nur nicht gründlich genug durchdacht.«

»Du hättest mich ja aufhalten können«, kontere ich.

»Lass uns nicht schon wieder damit anfangen«, meint Leeds. »Die Explosionen haben die Zs wenigstens weggelockt. Ich höre draußen nämlich keine mehr. Wir sollten also frei sein.«

»Nach dir«, sage ich und deute zur Tür.

»Na so was, danke«, sagt Leeds ironisch, »Long Pork.«

»Fängst du wirklich an, mich jetzt so zu nennen?«, frage ich, während er langsam die Tür öffnet. Er streckt kurz die Nase heraus und nickt mir anschließend zu. Dann tritt er hinaus in den kühlen Morgen.

»Du rehabilitierst dich und dann werde ich dich auch wieder Stanford nennen«, sagt Leeds und atmet die frische Luft tief ein. Wir werden wohl beide eine Weile brauchen, um den Gestank der Zs aus der Nase zu bekommen.

»Nicht Jace?«

»Damit ich dich so nenne, müsstest du dich wirklich extrem rehabilitieren«, meint Leeds. »Bis dahin heißt es Long Pork.«

»Na großartig«, erwidere ich, »vielen Dank auch.«

Wir beide starren nun die Rauchsäulen im Osten an.

»Nicht gut«, sagt Leeds. »Bereit für einen kleinen Ausflug?«

»Ein Ausflug?«, frage ich. »Sollten wir nicht lieber schnell nach Whispering Pines zurückkehren und uns mit den anderen treffen?«

»Dadurch verlieren wir nur Zeit, die wir nicht haben«, entgegnet Leeds. »Wir müssen den Ort der Explosionen auskundschaften und Informationen darüber sammeln. Wir müssen wissen, was genau beschädigt wurde und wie schlimm es wirklich ist. Wenn irgendwelche Flammen außer Kontrolle geraten, dann gehen wir zurück nach Whispering Pines und warnen die anderen.«

»Nur wir beide? Das klingt aber gar nicht gut.«

»Ich weiß, dass du klarkommen wirst«, meint Leeds, »und ich bin schließlich auch kein Versager auf dem Feld. Wir werden uns schnell bewegen und dabei ruhig bleiben. Spätestens heute Nachmittag sollten wir angekommen sein.«

»Aber was ist mit den anderen? Sie werden garantiert nach uns suchen.«

Leeds zieht sein Messer heraus und kniet sich hin. Es sieht so aus, als würde er zufällige Zeichen in den Beton ritzen. »John wird schon wissen, was zu tun ist, wenn er das hier sieht. Für alle anderen werden es nur einfach weitere Zeichen auf dem Boden sein.«

»Wir werden aber keine Nahrung und kein Wasser mehr haben, wenn wir dort ankommen«, entgegne ich und versuche jede nur erdenkliche Ausrede zu finden, um nicht gehen zu müssen. Ich hasse Exkursionen in das von Zs befallene Unbekannte.

»Hör zu, wenn du hierbleiben oder zurück nach Whispering Pines gehen willst, dann tu das«, sagt Leeds, während er losläuft, »aber ich werde diesen Weg gehen. Mach dein eigenes Ding oder begleite mich, Long Pork. Das ist allein deine Entscheidung. Du bist keiner meiner Männer, also kann ich dich auch nicht zwingen oder dir den Befehl dazu geben mitzukommen.«

Ich beeile mich, um aufzuholen. »Nein, natürlich nicht. Du treibst mich nur durch Schamgefühl dazu.«

»Dein Schamgefühl ist dein Problem, nicht meins«, entgegnet Leeds lächelnd. »Aber ich bin wirklich froh, dass du mitkommst. Dadurch haben wir mal die Möglichkeit miteinander zu sprechen.«

»Wir hatten die ganze Nacht Zeit, um zu reden«, werfe ich ein.

»Ja, aber letzte Nacht wollte ich dir am liebsten das Gesicht einschlagen«, meint Leeds. »Durch die frische Luft habe ich jetzt wieder einen klaren Kopf bekommen. Jetzt können wir in Ruhe reden.«

»Es ist ein wahres Wunder, welche Auswirkungen es auf das Gemüt hat, wenn man dem Fäulnisgestank entkommt.«

Dennoch gehen wir danach eine ganze Weile, ohne zu sprechen. Unsere Augen und Ohren sind damit beschäftigt, nach Zs zu suchen, die sich uns nähern, während wir den Riverside Drive und dem French Broad River entlang gehen. Dieser Weg führt uns zu dem, was man vor den Zs River Arts District genannt hat. Alte Industriebauten, die renoviert und in Ateliers, Cafés und Lofts verwandelt worden waren. Wir könnten den Weg durch Asheville abkürzen und so wahrscheinlich schneller zum Rauch kommen, aber das würde bedeuten, dass wir mitten durch die Innenstadt gehen müssen. Nicht die beste Idee bei all den Zs und Kannibalen. Also bleiben wir lieber am Flussufer. Wir sind gerade an einem alten BBQ-Restaurant namens 12 Bones vorbeigekommen, da sehen wir bereits die erste Gruppe Zs. Ich bin eigentlich überrascht, dass wir nicht früher auf eine gestoßen sind. Vielleicht hatte Leeds ja recht und die Explosionen haben sie nach Osten gelockt. Denn das ist die Richtung, in die wir gerade gehen. Insofern würden wir irgendwann unweigerlich aufholen. Oh, welche Freude.

Die Zs haben sich nun hingehockt und fressen irgendetwas. Sie bemerken nicht einmal, dass wir auf sie zukommen. Als sie es dann tun, zischen sie nur ein paar Mal, bevor Leeds und ich sie ausschalten. Nur vier Stück, keine allzu schwere Aufgabe.

Wir schauen auf die Überreste des unglückseligen Opfers herab, das sie gerade angeknabbert hatten.

»Eine Kannibalin?«, fragt Leeds.

»Ich bin mir nicht sicher«, entgegne ich und stoße den Leichnam mit der Stiefelspitze an. Es ist tatsächlich eine Frau. Das können wir nun erkennen und sie ist in hässlich aussehende Lumpen gehüllt, aber etwas sticht heraus, das mich sofort beunruhigt. Ihre Stiefel! Sie sind nicht so hässlich wie ihre restliche Kleidung, sondern es sind fast neue Arbeitsstiefel mit Stahlkappen.

Leeds bemerkt sie ebenfalls und kauert sich hin, damit er sie sich näher anschauen kann. Er hebt ihren Fuß an und überprüft die Sohle, dann lässt er ihn wieder auf den Boden fallen.

»Keine Kannibalin«, vermute ich.

»Nein«, erwidert Leeds.

Ihr Oberkörper ist schon ziemlich auseinandergerissen. Ihr Kopf wird nur noch von einer oder zwei Sehnen an seinem Platz gehalten. Mehr ist nicht mehr da. Leeds lässt sich davon aber nicht aufhalten, denn er schiebt nun ihren Ärmel hoch, um ihre Arme genauer zu untersuchen. Er seufzt und kommt dann wieder auf die Beine.

»TF«, sagt er nur. »Sie hat den Strichcode auf der Innenseite ihres Arms eintätowiert.«

»TF? Was zum Teufel ist TF?«

»Tersch-Forster«, antwortet er, »ein privates militärisches Unternehmen.«

»Söldner?«, frage ich.

»Nein, nein, sie sind sauber«, widerspricht Leeds. »Nur in einigen Kreisen ist das fraglich, denn sie machen sich über die zivilen Jobs her, die wir nicht übernehmen können.«

»Also quasi Spione zum Mieten?«

»Das ist nah dran«, meint Leeds und sieht sich sorgfältig um.

»Du denkst also, sie ist auf sich allein gestellt?«, frage ich und sehe mich selbst um. Jedes Rascheln eines Busches, jedes Knarren der Äste lässt mich automatisch zusammenzucken. Ich habe gedacht, nach den Zs Ausschau zu halten wäre stressig. Es war aber nicht annähernd so stressig, wie nach hoch qualifizierten, sehr tödlichen Menschen zu suchen. Denn Menschen sind wirklich das Schlimmste.

»Sie war auf einer Mission. So viel ist sicher«, sagt Leeds. »Ihre Stiefel sind Danner, die es so nicht auf dem Markt zu kaufen gibt. Man muss einen Vertrag haben, damit man diese hier bekommt. Und sie sind noch dazu ziemlich neu.«

»Willst du etwa sagen, dass irgendein Unternehmen immer noch Militärstiefel produziert?«, frage ich lachend.

»Nein, sei nicht dumm«, erwidert Leeds. »Ich sage nur, sie hatte Zugriff auf einen frischen Vorrat. Ich bezweifle, dass sie die Stiefel nur so mit sich herumgetragen hat.«

»Also schäbige Kleidung um sich optisch anzugleichen, damit man wie eine Überlebende aussieht, aber neue Stiefel, damit man am Leben bleibt? Und irgendwo gibt es einen ganzen Vorrat an Stiefeln? Ist es das, was du mir sagen willst?«

»Oh. Ich bin mir sicher, es gibt eine Lieferung von mehr als nur einem Paar Stiefeln«, sagt Leeds. Er geht ein paar Meter weg und kniet sich hin. Als er wieder hochkommt, hat er ein kleines, schwarzes Plastikteil in der Hand. Er seufzt tief, während er es sich in sein Ohr steckt. Das normale Stirnrunzeln auf seinem Gesicht verwandelt sich nun in ein ernsthaft beunruhigtes Stirnrunzeln. Er zieht das Plastikteil wieder heraus und wirft es zum Fluss rüber. »Zeit zu joggen.«

»Was? Warum denn?«

»Der Ohrstöpsel war noch aktiv«, erwidert er, während er anfängt, die Straße hinunter zu rennen. Schnell schließe ich zu ihm auf, aber ich weiß nicht genau, wie lange ich dieses Tempo halten kann.

»Aktiv? Ohrstöpsel? Was zum Teufel soll das bedeuten, Captain?«

»Wer auch immer am anderen Ende war, hat versucht, eine Antwort von ihr zu bekommen«, sagt Leeds. »Das war ein hochmodernes Gerät. Sie werden es zu ihrem Ursprung zurückverfolgen. Das bedeutet aber, sie werden es auch zu uns zurückverfolgen, wenn wir nicht schnell etwas Abstand gewinnen. Wir müssen weg von ihrer Leiche.«

»Na großartig«, sage ich. »Genau das, was wir brauchen: Touristen.«

»Vielleicht sind das ja die Leute, nach denen Stuart und John sehen wollten«, meint Leeds. »Die im Grove Park.«

»Das kann sein«, erwidere ich. »Ich habe ihre Stiefel nicht gesehen, als wir vor Vance geflohen sind. Ich war leider viel zu sehr damit beschäftigt zu schreien und mir in die Hose zu pinkeln.«

»Zumindest kannst du es zugeben«, antwortet Leeds grinsend. Er war bis jetzt nicht einmal ins Schwitzen gekommen, während ich schon Seitenstechen bekomme. »Schaffst du es, Long Pork?«

»Wahrscheinlich nicht«, schnaube ich, »aber wenigstens werde ich elendig sterben.«

»Guter Mann.«

Ich denke, ich schaffe es vielleicht noch eineinhalb Kilometer, bevor ich zusammenbreche. Ich würde meinen Rucksack am liebsten wegwerfen, da dessen Gewicht nicht gerade hilft, aber darin befinden sich auch mein letztes bisschen Wasser und das wenige Essen, das ich noch habe. Plus einige dringend benötigte medizinische Vorräte. Nicht, dass ich erwarten würde, noch viel länger zu leben, wenn wir dieses Tempo beibehalten. Ich sollte wirklich in besserer Form sein und das war ich tatsächlich auch einmal, aber ich habe eine ziemliche Tracht Prügel kassiert, als ich vor ein paar Monaten gegen Vance gekämpft habe. Deshalb bin ich immer noch nicht wieder hundert prozentig fit. Aber ich sage kein Wort, ich renne einfach weiter vorwärts und versuche mit Leeds Schritt zu halten. Lass sie dich niemals schwitzen sehen. Lautete so nicht ein alter Werbeslogan? Oder war es eher: Lass sie dich nie weinen sehen wie ein Baby, weil deine Eingeweide in Flammen stehen und du jede Sekunde kotzen wirst? Tomayto, tomahto.

»Hier«, sagt Leeds und wendet sich einem Baumhain zu unserer Linken zu. Ich folge ihm und schaffe es kaum, meine Füße zum Laufen zu bringen, während er so aussieht, als könnte er das den ganzen Tag lang machen. Arschloch!

Wir schlagen uns durch die Bäume und laufen dann zu einem der mehreren Dutzend Betonbauten, die das Gebiet bedecken; alte Eisenbahngebäude. Leeds hält an und hebt seine Hand hoch. Ich bleibe stehen und schnappe mühsam nach Luft. Er sieht viel professioneller aus als ich, aber ich habe immerhin noch nicht gekotzt. Also Punkt für mich.

»Rein da«, ruft er und zeigt auf eines der Gebäude.

Er joggt (noch mehr joggen!) zu einem Gebäude hinüber und öffnet gewaltsam die Tür. Dann bedeutet er mir, ihm ins Innere zu folgen. Wir sind schnell drin und er hat gerade die Tür geschlossen, als ich ein Fahrzeug höre.

»Hörst du das?«, frage ich.

»Shhh«, warnt er mich.

Es klingt wie ein Truck und ich höre das Knirschen von Kies, als er vorbeifährt. Er ist nicht auf der Straße, sondern fährt langsam neben den Gebäuden her. Hat man uns schon gesehen? Wissen sie, wo wir uns verstecken? Fuck. Nun habe ich nicht mehr das Gefühl, das ich gleich kotzen muss, sondern, dass ich mir in die Hose scheiße. Meine Eingeweide verknoten sich mehr und mehr.

Wir warten, bis das Geräusch des Trucks eine ganze Weile verklungen ist. Es sind wahrscheinlich schon mehr als zwanzig Minuten vergangen, als Leeds schließlich die Tür öffnet und nach draußen späht.

»Sauber«, sagt er nur. Ich folge ihm nach draußen und wir bleiben nahe an den Gebäuden, während wir unseren Kurs fortsetzen.

»Können wir einfach nur gehen?«, frage ich. Er wirft mir einen Blick zu. »Was denn? Ich sterbe hier gerade verdammt noch mal, Mann.«

»Wir haben doch vorhin sogar eine Pause gemacht, die wir uns gar nicht leisten können«, erwidert Leeds. »Wir müssen diese Zeit wieder gut machen.«

»Und wie viel Zeit werden wir verlieren, wenn du mich verdammt noch mal tragen musst?«, frage ich, am Ende meiner Kräfte. Ich meine es bitterernst.

Er schüttelt seinen Kopf. »Schnell gehen«, sagt er, »und ich meine wirklich schnell. Ist das Okay für dich?«

»Ich bin für eine flotte Wanderung«, antworte ich. »Nur kein Joggen mehr. Ich bitte Sie, Captain. Bitte nicht mehr, Sir.«

»Hör auf, so ein melodramatischer Schlappschwanz zu sein«, entgegnet er, lächelt dabei aber unwillkürlich.

Schneller Marsch, dass ich nicht lache. Er drängt uns wieder so schnell vorwärts, dass wir doch langsam wieder joggen. Wenn meine Arme sich hin und her bewegen müssen, damit ich vorwärtskomme, dann ist es weder ein Gehen noch ein Wandern. Wir joggen verdammt noch mal. Arschloch!

Nach einem weiteren Kilometer blicken wir auf die Straßenüberführung, die am Ufer des Flusses über eine Reihe von Eisenbahnschienen führt, die den Bereich des Hauptdepots von Asheville darstellen. Wir überqueren die Schienen und gehen unter der Überführung her. In der Dunkelheit suchen wir nach Zs und Menschen. Habe ich schon mal erwähnt, wie sehr die Menschen dazu geführt haben, dass die ganze Apokalypse stinkt? Mit Zs kann ich mittlerweile umgehen. Sie sind einfach. Du siehst einen Z und du weißt, was er will; du weißt, wo du stehst. Menschen? Wer weiß das schon?

Wir folgen den Schienen bis zur Biltmore Avenue. Wenn wir nach links abbiegen, gelangen wir in die Innenstadt hinein, biegen wir nach rechts ab, dann kommen wir zur Hendersonville Road und den ehemaligen Ausläufern von Süd-Asheville. Oder besser gesagt, was noch davon übrig ist. Aber vor uns ist erst einmal die Swannanoa River Road. Diese wird uns weiter nach Osten und damit auch zum Rauch führen.

Wir stehen im Schatten einer alten Tankstelle und lauschen. Keiner von uns will die Straße überqueren, ohne sicher zu sein, dass wir auch wirklich allein sind, denn die freie Fläche beträgt mindestens dreißig Meter. Erst dann können wir eine Deckung finden. Die Swannanoa River Road hat viele Bäume und wir können uns sogar in die Schluchten flüchten, durch die der kleine Fluss fließt, aber bis wir dorthin kommen, sind wir eine leichte Beute.

Ich werfe einen Blick über meine Schulter zu den Trucks und kann direkt hinter ihnen den Eingang zum Biltmore Estate sehen. War da gerade eine Bewegung? Ich könnte schwören, ich habe etwas gesehen. Ich tippe Leeds auf die Schulter, er folgt meinem Blick und hebt eine Augenbraue. Ich zucke mit den Achseln. Wir schauen ein paar Minuten lang dorthin, sehen aber nichts Auffälliges. Ich schüttele entschuldigend den Kopf und er nickt.

Als der Z-Tag kam, hatte das Biltmore seine Tore geschlossen, und soweit ich weiß, ist auch später niemand in dieses Herrenhaus gegangen, um es zu überprüfen. Selbst Critter schüttelt nur den Kopf, wenn jemand es zur Sprache bringt und er und seine Leute haben wirklich jeden Winkel in dem Gebiet »geplündert«. Ich übe andererseits nicht wirklich Kritik an ihm, weil er sich vom Biltmore ferngehalten hat. Der Z-Tag war an einem Sonntag. Das ist ein ziemlich anstrengender Tag für ein Herrenhaus. Meine Vermutung ist, dass mindestens ein paar Tausend Touristen auf dem Anwesen gewesen sind, als alles schließlich den Bach runter ging. Sie können die Tore also gerne geschlossen halten, danke.

Leeds läuft als Erster los und rennt geduckt über die Straße. Er erreicht die Seite eines alten Wendy's und presst sich flach gegen die Wand. Wir warten. Nach ein paar Minuten winkt er mich zu sich. Ich renne geduckt denselben Weg, bezweifle aber stark, dass ich genau so gut dabei aussehe. Ich gelange schließlich zu ihm und mein Herz schlägt rasend schnell. Wir warten beide und lauschen.

Nichts.

»Lass uns gehen«, sagt er und wir laufen um das Wendy's herum zur Swannanoa River Road.

Und rennen direkt in eine kleine Horde Zs. Ich bin wirklich überrascht, ich bin so darauf konzentriert gewesen nach paramilitärischen Typen Ausschau zu halten, dass ich fast vergessen habe, dass ich mitten in einer Zombie-Apokalypse lebe. Hallo! Fleischfressende Untote laufen herum! Dummkopf!

»Ich zähle fünfzehn«, meint Leeds. Er macht sich nicht die Mühe leise zu sein, da uns die Zs sofort entdeckt haben. »Du gehst rechts herum, ich links. Schalte so viele aus, wie du nur kannst und ich werde dann schon irgendwie mit dem Rest fertig.«

Im Grunde sagt er mir damit, ich soll wild um mich schlagen und er wird meinen Arsch schon irgendwie retten, wenn ich zahlenmäßig unterlegen und umzingelt bin. Vertrauensschub!

Aber scheiß drauf, ich habe das Miststück und ich weiß, wie man sie benutzt. Leeds kann seine Herablassungen also lassen und sie in seinen Allerwertesten …

»Jace!«, schreit Leeds nun, als fünf auf einmal auf mich zukommen. »Nimm den Schläger hoch!«

Verdammt noch mal ja.

Ich hebe das Miststück hoch und mache mich bereit zum Abschlag. Der Z in meiner Nähe bekommt einen eingeschlagenen Schädel für seine Bemühungen. Fauliges Hirn spritzt auf die Zs neben ihm und sie fauchen und knurren mich wütend an.

»Was? Habt ihr etwa ein Problem, ihr Scheißkerle?«, schreie ich und schalte einen zweiten Z aus, indem ich ihm mit Schwung von unten gegen den Kopf schlage und ihm so die gesamte Vorderseite des Schädels herausreiße. Ich bin ein wenig erstaunt, als ich sehe, wie das Gehirn herausrutscht und direkt vor mir auf den Bürgersteig platscht.

Allerdings sind die Zs nicht erstaunt. Es braucht ziemlich viel, um einen Z zu beeindrucken. Lass dir das gesagt sein. Drei Zs nähern sich mir nun, ich hole aus, schlage einen zurück, aber die anderen beiden kann ich trotzdem nicht fernhalten. Ein harter Tritt gegen das Knie lässt einen von ihnen zu Boden gehen und ich ramme meinen Ellbogen gegen den Brustkorb des anderen. Sie sind beim besten Willen noch nicht ausgeschaltet, aber wenigstens so sehr verlangsamt, dass ich die Stirn des Ersten zertrümmern kann.

Sein Kopf erzeugt einen lauten Knall und zerplatzt einfach. Ich springe über die Leiche, drehe mich und nutze den Schwung für meinen Schlag. Das Timing ist absolut perfekt und ich sehe, wie der Kopf des Zs mit der kaputten Kniescheibe weggeschleudert wird. Er purzelt wie ein blutiger Volleyball durch die Luft. Wilson, komm zurück!

Der letzte Z packt mich an den Beinen und ich gehe hart zu Boden. Mein Kopf knallt auf den Asphalt und ich sehe Sterne vor meinen Augen. Das Ding kriecht nun auf mich zu. Seine Finger versuchen den Jeansstoff zu durchdringen, um an meine leckeren, leckeren Beine zu kommen. Ich will den Z erschlagen, aber das Miststück ist nicht mehr in meiner Hand und außerhalb meiner Reichweite. Ich strecke mich, aber es nützt nichts.

»Fick dich doch!«, brülle ich, während ich mit der Faust immer wieder gegen den Kopf des Zs schlage.

Ich höre das Knirschen von Knochen, und als der Schmerz in meiner Hand explodiert, merke ich, dass nicht nur der Schädel des Zs bricht. Fuck. Das ist echt Scheiße. Weißt du, nur einmal möchte ich mal einen Kampf überstehen, ohne mich zu verletzen. Ist das denn zu viel verlangt?

Der Z fliegt von mir herunter, als Leeds dem Ding in die Rippen tritt. Die Wucht des Tritts lässt es über den Bürgersteig rollen. Er nimmt seinen Schlagstock hoch und versenkt ihn in der Augenhöhle des Zs. Augenblicklich hört diese Abscheulichkeit auf, sich zu bewegen. Leeds zieht den Schlagstock wieder heraus und schüttelt den Glibber davon ab. Dann klappt er ihn wieder ein und reicht mir eine Hand. Ich will ihm meine Rechte geben, aber sie steht gerade in Flammen.

»Was ist passiert?«, fragt Leeds.

»Ich dachte, ich könnte ihn einfach von mir runterschlagen«, antworte ich und lache dann. »Haha. Runterschlagen.«

»Ernsthaft?«, erwidert Leeds und runzelt die Stirn. Er zieht mich nun an meiner linken Hand hoch, dann nimmt er vorsichtig meine Rechte. »Lass mich mal sehen. Könnte auch nur verstaucht sein.«

Er drückt die Knochen der Hand zusammen und ich schreie fast. Nur die Jahre, in denen ich mit den Zs zusammengelebt habe, halten mich davon ab, laut aufzuschreien.

»Nein, nicht nur verstaucht«, stellt er fest. »Sorry.«

Leeds öffnet daraufhin seinen Rucksack und zieht einen Erste-Hilfe-Kasten heraus. Er findet einen Verband und schaut mir dann in die Augen.

»Das wird verdammt wehtun«, warnt er mich. »Beiß einfach die Zähne zusammen und lass es über dich ergehen. Du wirst dich besser fühlen, wenn ich sie verbunden habe. Die Knochen werden sich dann nämlich nicht mehr verschieben und aufeinandermahlen.«

»Gut. Aufeinandermahlende Knochen sind garantiert schlecht. Es sei denn, man macht ein Brot. Und man ist ein Riese. Ich schätze mal, nur Riesen machen Brot mit aufeinandermahlenden Knochen. Aber warum sollten sie das tun? Ist Tiermehl ein traditionelles … ARSCHLOCH!«

Dieses Mal scheitere ich dabei, ruhig zu bleiben. Jesus F…ing Christ, dieser Scheiß tut wirklich verdammt weh. Kalter Schweiß bricht mir überall an meinem Körper aus und ich fange an zu zittern. Leeds schürzt die Lippen.

»Schluck es runter, Long Pork«, tadelt er mich. »Du hast dir die verdammte Hand gebrochen. Das ist alles. Du wurdest nicht erschossen oder erstochen. Halt den Schock einfach in Schach. Könntest du das bitte?«

»Sorry«, antworte ich. »Ich wollte nicht den Schwanz einziehen oder so etwas.«

»Da! Geschafft«, ruft er.

Er geht weg, holt das Miststück und reicht sie mir. Ich nehme sie mit meiner linken Hand und teste das Gewicht. Ich bin ein hoffnungsloser Rechtshänder. Also ist die Verletzung ziemlich scheiße. Meine Trefferquote wird drastisch nach unten gehen.

»Wirst du sie überhaupt benutzen können?«, fragt er und nickt zum Miststück.

»Hoffen wir es«, antworte ich. »Komm schon. Wir müssen dorthin, wo der Rauch ist, bevor es dunkel wird. Ich fühle mich nämlich nicht allzu sicher mit einer Hand. Ich möchte deshalb sicherstellen, dass wir heute Abend in Sicherheit sind.«

»Ich bin mir sicher, dass wir einen Ort finden werden, an dem wir uns verkriechen können«, meint Leeds.

Wir brechen auf und bleiben auf der flussuferzugewandten Seite der Swannanoa River Road. Meine Hand pocht widerlich und ich würde alles für ein paar Ibuprofen geben. Oder Morphin. Scheiße, ich würde jetzt sogar etwas schwarzgebrannten Schnaps nehmen. Aber das würde mich leider nur langsamer machen, und ich bin bereits langsamer als Leeds und mit einer verletzten Hand sowieso nur eine Last. Warum bin ich überhaupt hier? Warum zum Teufel habe ich zugestimmt, diese ganze Scheiße zu untersuchen? Was zum Teufel ist nur los mit mir?

»Willst du vielleicht schwimmen gehen?«, fragt mich Leeds, gerade als ich von der Straße abkomme und fast die Böschung zum Fluss herunterfalle. »Denk nicht so viel nach, Long Pork.«

»Komm schon, Captain«, erwidere ich. »Kannst du mit diesem Long Pork Mist nicht aufhören? Ich hätte nicht alles anstellen sollen, bis ich das System nicht vollständig verstanden habe. Es war meine Schuld. Noch mehr Scheiß, den man auf Jason Stanfords Liste schreiben kann.«

»Selbstmitleid steht dir nicht«, schimpft Leeds nun. »Akzeptiere deinen Fehler lieber und mach einfach weiter. Schwelge in der Vergangenheit und du wirst die Gegenwart nicht sehen.«

»So wie den Fluss zu meiner Rechten«, erwidere ich.

»Genau.«

»Gut. Kein Selbstmitleid mehr, wenn du im Gegenzug damit aufhörst, mich Long Pork zu nennen. Denn ich hasse diesen Spitznamen wirklich abgrundtief.«

»Selbst wenn Elsbeth dich so nennt?«

»Sie kann halt nicht anders. Es ist einfach ihre Art. Aber es ist ätzend, dass sogar meine Kinder mich jetzt so nennen.«

»Was ist mit Stella?«

»Sie gibt vor, ihn zu hassen, aber ich habe sie lächeln sehen, als die Kinder wirklich dick aufgetragen haben.«

»Es ist eben lustig«, erwidert Leeds grinsend. »Sorry, aber das ist es.«

»Du kannst mich mal.«

»Nein danke. Long Pork ist nicht nach meinem Geschmack.«

»Ha ha, du bist ja so verdammt lustig … Oh …«

»Waffen auf den Boden«, sagt der Mann, der plötzlich vor uns aufgetaucht ist. »Die Rucksäcke auch.«

Er ist muskulös, groß, breitschultrig und trägt eine schwarze Panzerweste. Habe ich schon die Muskeln erwähnt? Fuck. Ich schätze mal, er muss auch muskulös sein, um dieses große Gewehr in der Hand halten zu können. Sieht fast so aus wie ein AR-15, ist aber wohl etwas Spezielleres.

»Tut mir leid«, sagt der Mann, »aber habe ich mich nicht gerade klar und deutlich ausgedrückt?«

Der Lauf des großen Gewehrs ist auf mich gerichtet, auf eine Stelle knapp unter meinem Bauch. Das mag ich überhaupt nicht.

»Waffen und Rucksäcke auf den Boden«, wiederholt Leeds. Er bewegt sich langsam und entspricht dem Wunsch. Ich folge seinem Beispiel. »Und du bist? Ich habe deinen Namen leider nicht verstanden.«

»Den musst du auch gar nicht erfahren«, antwortet der Mann. Er deutet mit dem Kopf auf unsere Ausrüstung und plötzlich kommen zwei weitere Männer, nehmen unsere Ausrüstung und gesellen sich zu dem ersten Mann. Alle tragen schwarze Panzerwesten. Hübsche, neue Panzerwesten.

»Folgt uns.«

Er dreht sich um und geht voraus. Die beiden anderen Männer sind direkt hinter ihm. Ich denke tatsächlich kurz darüber nach zu lachen, mich einfach umzudrehen und wegzurennen, aber Leeds spürt das und ergreift meinen Arm. Dann nickt er über seine Schulter. Ich drehe mich um und sehe zwei weitere Männer und eine Frau. Schwarze Panzerwesten, große Kanonen.

»Wer seid ihr überhaupt?«, frage ich. »Und was zum Teufel soll das?«

»Halt die Klappe«, antwortet der erste Mann. »Hier sind zu viele Zs. Sei ruhig und du bleibst am Leben, und dann kannst du später Fragen stellen.«

»Weißt du, ich würde aber viel lieber in die andere Richtung gehen«, entgegne ich. »Ich sollte wirklich nach Hause gehen. Meine Frau wird sich Sorgen machen. Du weißt, was ich meine?«

»Das ist nicht die Klappe halten«, sagt der Mann, während er auf dem Absatz kehrt macht und auf mich zustampft. Ich gehe rückwärts, treffe aber auf eine Wand aus Panzerwesten hinter mir.

Leeds stellt sich vor mich und blockiert den Mann, der ihn nun von oben bis unten ansieht und dann lächelt.

»Fort Bragg?«, fragt er. Leeds antwortet nicht. »Ich war eine Zeit lang dort. War aber nicht nach meinem Geschmack. Deshalb bin ich weiter gezogen«, sagt er ruhig. »Gut. Was auch immer. Dein Zivilistenkumpel wird es leider nicht zum Dinner schaffen. Und ihr beide werdet jetzt mit uns kommen. Gibt es damit ein Problem?«

»Das liegt ganz bei euch, ihr Söldnerabschaum«, sagt Leeds und ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.

Der Mann reagiert mit unverhohlener Aggression darauf. Er scheint das Wort Abschaum in seiner Wut fast überhört zu haben. Ich frage mich, ob es so eine schlimme Sache ist, jemanden einen Söldner zu nennen?

»Nenn mich noch einmal Söldner und wir werden ein Problem haben«, knurrt der Mann. »Ich löse Probleme! Auf die eine oder andere Art.«

»Hey, ich löse auch Probleme«, sage ich. »Ist deine Allzwecklösung Klebeband? Bei mir funktioniert das immer. Das und Superkleber. Wenn man es mit Klebeband oder Superkleber nicht reparieren kann, dann verdient es einfach nicht, repariert zu werden. Habe ich recht? Hä?«

Ich lächle und schaue die anderen an. Sie lächeln allerdings nicht zurück. Das habe ich auch nicht erwartet, aber man kann es ja mal versuchen.

»Wir werden kein Problem haben, solange du weißt, wo du stehst, Cowboy«, antwortet Leeds.

»Oh, ich weiß genau, wo ich stehe, Captain«, sagt der Cowboy. »Ich werde sehr gut bezahlt, um das zu wissen. Los Bewegung.«

Leeds nickt und geht weiter. Ich folge ihm.

»Du sagst, du wirst bezahlt«, erwidere ich. »Womit bezahlt? Ich hoffe wirklich, dass du kein Bargeld nimmst. Ich bin mir nicht sicher, ob du es weißt, aber das ganze Land ist jetzt irgendwie beschissen geworden. Geld ist nicht mehr viel wert. Man kann sich nur den Arsch damit abwischen. Obwohl ich das nicht empfehlen würde. Das kratzt nämlich wie Sau. Also wirklich. Ich konnte gar nicht sitzen …«

»Jace?«

»Ja?«

»Sei bitte ruhig, damit wir nicht erschossen werden.«

»Oh, das tut mir leid. Ich habe einfach vor mich hingeplappert, um sie abzulenken. Denkst du, du hast einen Plan, um uns von Kevlar und dem Rest der Gang wegzubringen?«

Einer der Jungs hinter mir schnaubt. Treffer!

»Ich habe keinen Plan, Jace. Wir werden diesen privaten Auftragnehmern folgen, bis sie uns zu dem bringen, der sie angeheuert hat.« Leeds räuspert sich. »Darf ich vielleicht fragen, ob ihr speziell nach uns gesucht habt, oder nur zufällig über uns gestolpert seid und nun improvisiert? Ich möchte einfach nur wissen, auf was wir treffen werden.«

»Ihr trefft auf jede Menge Haltet die Fresse«, erwidert Cowboy. »Letzte Warnung. Stellt mich nicht auf die Probe.«

»Notiert«, sagt Leeds und wirft mir einen Blick zu. »Verstanden, Jace?«

»Ja, verstanden«, entgegne ich nickend. »Jede Menge Haltet die Fresse. Ab jetzt.«

Hey, er nennt mich wieder Jace! Das ist wenigstens ein Pluspunkt. Natürlich tut er es wahrscheinlich nur, damit das letzte Wort, bevor ich sterbe, nicht Long Pork ist. So oder so schätze ich aber die Mühe.

Jetzt frage ich mich allerdings langsam, wo zum Teufel wir überhaupt hingehen. Und haben sie vielleicht etwas Ibuprofen? Weil meine Hand verdammt noch mal höllisch wehtut.

TRIP IN DIE HÖLLE (Z Burbia 2)

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