Читать книгу TRIP IN DIE HÖLLE (Z Burbia 2) - Jake Bible - Страница 8

Kapitel 3

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Das Stirnrunzeln in Stellas Gesicht drückt eher Verzweiflung als Wut aus. Sie ist es leid, die beiden Teenager aufspüren zu müssen und sie wieder zur Arbeit zu motivieren. Ihr Sohn Charlie ist jetzt sechzehn und er sollte es inzwischen doch langsam wissen. Wenn man ihn dazu auffordert, etwas zu tun, dann muss er es tun, ohne ein weiteres Mal darum gebeten zu werden. Selbst wenn ein nettes Mädchen ihn gerade ablenkt.

Und das ist das Problem hier. Die süße Jennifer Patel. Dunkel und sehr attraktiv. Sie hat Charlie um den Finger gewickelt. Stella glaubt nicht, dass sie mit ihm spielt. Nein, sie ist sich sicher, dass Jennifer Charlie aufrichtig mag, aber nachdem sie selbst einst ein Teenagermädchen gewesen ist, weiß Stella, dass Jennifer Charlie nur auf die Probe stellt. Sie möchte sehen, wie viel er für sie tut, bevor er entweder damit aufhört oder sie Ärger kriegen.

Stella will gar nicht wissen, wo in Jennifers Kopf die Grenze ist. Gesellschaftliche Moral und Grenzen gehören für die Generation, die nun mitten während der Apokalypse aufwächst, der Vergangenheit an. Überleben ist der Schlüssel und dadurch neigt man leider oft dazu, den gesunden Menschenverstand einfach über Bord zu werfen.

Darum ist sie nicht allzu überrascht, als sie Jennifer und Charlie halb angezogen in einem Schuppen hinter der Hauptscheune findet.

»Oh scheiße! Mom! Was machst du denn hier?«, schreit Charlie.

»Ich bewahre dich vor einem großen Fehler, junger Mann«, antwortet Stella ruhig, während sie ihren Sohn aus dem Schuppen zieht. »Das Gespräch hatten wir doch schon, Charlie. Wir hatten es sogar bereits mehr als ein paar Mal. Du bist zu jung, hörst du mich? Zu jung, um so mit dem Feuer zu spielen.«

Sie wirbelt herum. Charlie kämpft damit, sich das Shirt anzuziehen. Sie geht nun zu Jennifer hinüber, die damit beschäftigt ist, das Gleiche zu tun. Stella hält ihren Finger direkt unter Jennifers Nase. Das Mädchen erstarrt.

»Und du, junge Dame«, blafft Stella, »du hältst dich gefälligst von meinem Sohn fern. Es ist mir egal, wie sehr du ihn magst. Denn keiner von euch versteht auch nur ansatzweise die Konsequenzen eures Handelns.«

»Aber wir haben uns geschützt«, murmelt Jennifer leise.

Das überrascht Stella nun wirklich und sie legt ihre Stirn in Falten. »Ihr habt … was? Verzeihung?«

»Wir haben Kondome«, sagt Jennifer, »und dieses Gel-Zeug. Ich möchte nicht schwanger werden, Mrs. Stanford. Ich will keine Kinder.«

»Zumindest jetzt noch nicht«, mischt sich Charlie lächelnd ein.

»Niemals«, widerspricht Jennifer und zieht ihr Shirt über den Kopf. »Wer würde das denn jetzt wollen? Die Welt ist tot, Mrs. Stanford. Ich kann doch kein Baby in diese Welt setzen.«

»Ernsthaft?«, fragt Charlie. »Niemals? Und was ist, wenn wir älter sind?«

»Wir werden gar nicht so lange leben«, erwidert Jennifer. Sie drückt sich an Stella und Charlie vorbei. »Du bist ein Idiot, wenn du das denkst. Selbst auf der Farm.«

Die beiden Stanfords stehen nur da und schauen zu, wie sie geht und hinter einer Ecke des massiven Farmhauses verschwindet.

»Nun, das war wirklich scheiße«, meint Charlie schließlich. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie niemals Kinder haben will.«

»Du solltest überhaupt nicht über so etwas nachdenken, Charlie«, sagt Stella. »Du musst stets vorsichtig und konzentriert sein. Du musst deinen großen Kopf benutzen, nicht deinen kleinen.«

»Mom!«, erwidert Charlie stöhnend. »Komm schon, das ist einfach ekelhaft. Sag das nie wieder.«

»Ich werde mit ihrem Vater reden müssen«, sagt Stella. »Ich würde auch wollen, dass er mit mir spricht, wenn es umgekehrt wäre.«

»Woher denkst du denn, hat Jenny die Kondome?«, erkundigt sich Charlie. »Er weiß es bereits. Er hat mir gedroht. Sollte ich sie schwängern, würde er mich ausweiden und meine Gedärme außerhalb der Zäune für die Zs zurücklassen.«

»Oh mein Gott«, schreit Stella. »Wie kann er es wagen, so etwas zu meinem Sohn zu sagen?«

»Es ist seine Tochter«, meint Charlie und zuckt mit den Schultern. »Ich bin sicher, Dad würde auch jeden ausweiden, der Greta schwängern würde.«

»Nimm das sofort zurück, Charlie Stanford!«, knurrt Stella. »Sag so etwas nicht!«

»Glaubst du nicht, dass Dad das tun würde?«

»Oh. Ich weiß, dass er es würde«, erwidert Stella. »Ich meine, dass mit deiner Schwester, falls man sie schwängert. Sie ist erst dreizehn und hat gerade erst angefangen, ihre Periode zu bekommen. Dieses schlechte Karma brauchen wir in unserer Familie wirklich nicht.«

»Jesus, Mom«, ruft Charlie und guckt böse. »Ich muss das wirklich nicht hören. Igitt.«

»Oh, werd endlich erwachsen.«

»Ich habe es versucht, bevor du reingeplatzt bist und meinen Moment des Erwachsenwerdens ruiniert hast.«

Stella und Charlie schauen einander an; ihre Blicke sind eisig, doch dann bricht das Eis, als sie lauthals loslachen müssen.

Stella nimmt ihn in die Arme und küsst seinen Kopf wieder und wieder.

»Ich liebe dich«, sagt sie.

»Ich liebe dich auch«, erwidert er. »Also können wir das bitte vor Dad verheimlichen?«

»Keine Chance, Kind«, antwortet Stella. »Dein Vater und ich haben es nicht so lange geschafft, in dem wir uns gegenseitig angelogen haben. Erwarte ein langes Gespräch mit ihm, wenn er zurückkommt.«

»Und wann ist das?«, fragt Charlie. »Sollte er nicht morgen zurück sein?«

»Vielleicht«, sagt Stella, »das hängt davon ab, wie viel Arbeit er in Whispering Pines zu erledigen hat, um die Gasleitungen wieder zum Laufen zu bringen. Aber du kennst ja deinen Dad, er wird garantiert den schnellsten und effizientesten Weg suchen, um es herauszufinden.«

»Großartig«, meint Charlie, während sie zum Farmhaus hinübergehen. »Ich werde mir nur die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrechen müssen, bis er wieder hier ist. Fantastisch.«

»Oh, mach dir keine Sorgen«, entgegnet Stella lächelnd. »Du hast noch viel Arbeit zu erledigen. Also wirst du so sehr beschäftigt sein, dass du gar keine Zeit hast, um darüber nachzudenken.«

»Das ist ja doppelt fantastisch.« Charlie klettert gerade die Veranda hoch, die sich an der gesamten Vorderseite des Farmhauses erstreckt, als er plötzlich innehält. »Was ist das für ein Rauch?«

Stella schirmt ihre Augen ab und sieht in die Ferne. Sie hatte letzte Nacht etwas gehört, kurz, nachdem sie ins Bett gegangen war, aber sie hatte gedacht, es sei Donner. In den Bergen weiß man schließlich nie, wann ein heftiger Sturm aufzieht. Heute Morgen hat sie allerdings keinen Gedanken mehr daran verschwendet.

»Ich weiß es nicht«, antwortet sie.

»Es gab einige Explosionen letzte Nacht«, erklärt eine tiefe Stimme von der Türschwelle des Farmhauses aus. Big Daddy Fitzpatrick. Ein riesiges Mannsbild. Farmer durch und durch.

»Ich denke, dein Mann könnte es geschafft haben, das Gas wieder anzustellen. Aber ich fürchte, das Ergebnis war nicht das, was er sich erhofft hat.«

»Sollen wir ein Team hinschicken, um das zu überprüfen?«, fragt Stella nervös.

»Ich werde mal sehen, ob meine Sweetie Mel gehen möchte«, antwortet Big Daddy. »Nicht, dass ich allzu besorgt wäre. Stuart, Julio, Leeds und der Rest passen schon gut auf deinen Mann und dessen Gehirn auf. Mach dir keine Sorgen.«

»Aber du wirst Melissa schicken?«, fragt Stella.

»Ich werde mal nachfragen, ob sie und ihre Plünderer zu einem Rendezvous mit dem Whispering Pines Teams gehen wollen«, sagt Big Daddy. »Falls sie will. Vielleicht werde ich sie auch ein paar ihrer Brüder mitnehmen lassen. Ich liebe meine Jungs, aber sie müssen dringend mal wieder rauskommen, auf die andere Seite des Zauns. Und nicht nur zu Critter, um zu zocken und zu trinken. Sie denken, ich wüsste nichts davon.«

»Danke Hollis«, meint Stella.

Er sieht auf sie herab und lächelt. »Natürlich Ma'am. Wir sind doch alle im selben Boot. Der Herr hat mich nicht hierher geschickt, damit ich die Wünsche einer gutgesinnten Lady, so wie du eine bist, einfach ignoriere. Ich sehe die Zeichen und folge ihnen.

***

»Sie gehen in Richtung der Explosionen?«, fragt Julio. Seine Augen inspizieren aufmerksam den Horizont und die Säulen aus schwarzem Rauch. »Warum würden sie das tun wollen? Warum gehen sie nicht einfach zurück nach Whispering Pines?«

»Weil der Captain es mag, Antworten zu bekommen«, sagt John. Sein Scharfschützengewehr ruht in der Armbeuge, während er die Kratzer im Beton studiert, die Leeds für ihn zurückgelassen hat. »Und er will wahrscheinlich, dass Long Pork ein bisschen herummarschiert.«

»Warum sollte er Long Pork marschieren lassen?«, fragt Elsbeth verwirrt. »Das ist nicht nett.«

»Genau«, sagt John. »Captain Leeds ist nicht von Natur aus ein gewalttätiger Mann, müsst ihr wissen. Stattdessen liebt er die langsame Folter. Ihr solltet mal sehen, wie der Mann eine Befragung durchführt. Verdammt brillant.«

»Also was jetzt?«, fragt Julio und sieht zu Stuart. »Folgen wir ihnen?«

»Wir können nicht alle gehen«, meint Stuart. Er schaut zu Critters Männern, die ebenfalls hinzugekommen waren. »Irgendeine Idee, wohin euer Boss gegangen sein könnte?«

»Er ist losgerannt, um die Zs abzulenken«, antwortet einer von ihnen. »Das war das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben.«

»Also haben wir Jace und Leeds irgendwo da draußen und Critter auch«, fasst Stuart die Lage zusammen. »Wie viele Männer sind denn mit Critter gegangen?«

»Drei?«, antwortet der Mann.

»Zählen ist nicht gerade deine Stärke, was?«, scherzt John. Der Mann starrt ihn nur stumm an. »Hauptfeldwebel Stuart? Wie lautet die Entscheidung?«

»Ist er hier zuständig?«, fragt Julio.

»Nein, aber er hat mehr Training und Erfahrung in seinem kleinen Finger als du in deinem volltätowierten Körper«, erwidert John ruhig. »Deshalb würde ich gerne seine Meinung hören. Und du auch. Schließlich hast du ihn vor drei Sekunden danach gefragt.«

»Ich weiß. Ich zieh dich doch nur auf, Soldat.«

»Okay Jungs. Steckt sie weg, ja?«, meint Stuart lachend.

»Was wegstecken?«, fragt Elsbeth verwirrt. »Was haben sie denn da? Ich sehe nichts.«

»Irgendwie ein Punkt für mich«, sagt Stuart. »So gerne ich mich auch in ein neues Abenteuer im Z-Land stürzen würde, ich werde in Whispering Pines gebraucht. In den nächsten Tagen bauen wir dort nämlich die Treppe und die Plattform für die Klippe. Dafür sind halt einige ernst zu nehmende Aufsichtspersonen von Nöten.«

»Ich gehe mit Elsbeth«, sagt Julio. »Wir werden ihn schon finden.«

»So sehr ich es auch hasse, euch zwei Turteltäubchen trennen zu müssen, aber ich glaube, ich brauche dich an meiner Seite, Julio«, meint Stuart. »Die Leute, die von der Farm gekommen sind, hören auf dich. Ich kann nicht auch noch gegen Egos ankommen, während ich versuche, den Zeitplan einzuhalten.« Stuart sieht Elsbeth, John und Critters Jungs an. »Ihr könnt sie aufspüren; sorgt dafür, dass sie nicht noch mehr Ärger bekommen.«

»Ich bin gut darin, Long Pork aus der Patsche zu helfen«, antwortet Elsbeth nickend. »Ich tue es schließlich die ganze Zeit.«

»Das wissen wir«, sagt Stuart. »Ist das für dich in Ordnung, Sergeant Baptiste?«

»Du sagst es, Gunny«, erwidert John. »Ich werde dafür sorgen, dass jeder seine Aufgabe erledigt.«

»Wir nehmen keine Befehle von Soldaten entgegen«, sagt nun einer von Critters Männern. »Critter hat das verstanden. Sie sind nicht für uns verantwortlich.«

»Nein, das sind sie nicht«, sagt Stuart und äfft den Akzent des Mannes nach. »Aber wenn du am Leben bleiben willst, dann hörst du am besten auf John. Denn er trägt das Gewehr nicht nur mit sich herum, weil es seine Augen so schön unterstreicht. Verstanden?«

Die Männer fangen an zu protestieren, aber Elsbeth tritt vor und stellt sich ihnen entgegen. Schnell halten sie daraufhin den Mund. So sehr sie auch Johns Befehlen nicht folgen wollen, so sehr wollen sie das tödliche Ex-Kannibalenmädchen auch nicht wütend machen. Sie sehen alle weg, scharren nervös mit den Füßen, finden interessanten neuen Dreck unter den Fingernägeln oder beobachten fasziniert, wie ein imaginärer Vogel vorbeifliegt.

»Nun, dann ist das also beschlossen«, meint Stuart und schaut hinüber zu Julio. »Bereit, zurückzugehen?«

Julio hat Elsbeth bewusst nicht unterstützt, denn er weiß, dass Elsbeth gut auf sich selbst aufpassen kann, und hat sie sogar in Aktion gesehen, bevor sie sich den Leuten in Whispering Pines angeschlossen hat, aber ihre neu gewonnene Zuneigung zueinander zerrt an ihm. Bei der Apokalypse hat man schließlich nicht viele Chancen glücklich zu werden und Julio will diese Möglichkeit nicht verlieren.

»Pass gut auf dich auf«, sagt er ihr deshalb.

»Es gibt keinen sicheren Ort«, entgegnet Elsbeth. Jeder muss sich eingestehen, dass sie leider recht hat.

»Ich werde sie decken«, versichert ihm John, »und sie mich. Es wird schon alles gut gehen.«

»In Ordnung«, antwortet Stuart, als er John daraufhin auf die Schulter klopft. »Wir werden dich in Whispering Pines wiedersehen, wenn du sie gefunden hast.«

»Richtig«, sagt John und schaut nun zu Critters Männern. »Lasst uns gehen, Leute.«

Sie alle murren erneut, dass sie keine Befehle von einem Soldaten entgegennehmen, gehen dann aber trotzdem schnell in einer Reihe los.

***

Seine Männer sollten sich am liebsten verstecken und auf ihn warten, damit er schneller vorwärtskommen und nicht entdeckt werden würde. Er liebt seine Jungs, aber sie sind nicht immer die verstohlendsten oder intelligentesten. Als er den Truck sah, wusste er, dass Vorsicht der Schlüssel dazu war, diesen Tag zu überleben.

Fast den ganzen Tag lang hatte er den Truck verfolgt und sich gefragt, was all die aufgedonnerten Möchtegernsoldaten mit ihrer schicken Ausrüstung wollten. Sie schienen einfach nur im Kreis zu fahren. Eine oder zwei Minuten lang fragte er sich, ob sie vielleicht nach ihm suchten. Aber es sah so aus, als ob sie nach jemand anderem suchten.

Also ist Critter nicht überrascht nun zu sehen, wie sie schnurstracks zum Truck marschieren und Jace und Leeds hineindrängen. Die Gasexplosionen mussten schließlich Konsequenzen haben. Critter weiß zwar nicht, welche Rolle die Möchtegernsoldaten spielen, aber er weiß, dass es mit Sicherheit keine gute ist. Niemand braucht so viel Feuerkraft und solche Körperpanzerungen, wenn man einfach nur Zs ausschalten will. Nein, sie sind ganz offensichtlich für menschliche Interaktionen ausgerüstet.

Der Truck, ein langer, schwarzer, viertüriger Diesel mit einer abgedeckten Ladefläche fährt nun die Straße herunter und direkt auf den Rauch zu. Darüber ist Critter ebenfalls nicht überrascht, denn durch die Gerüchteküche hatte er gehört, dass jemand einen Shop in der Stadt aufbaute und an strategischen Punkten von Asheville seltsame Reparaturen vornahm. Wenn sein Orientierungssinn also richtig war, und er lag selten falsch, kommt der Rauch aus dem östlichen Teil von Asheville direkt in der Nähe des ehemaligen VA, des Veteranenkrankenhauses.

»Was zum Teufel ist da drüben los?«, fragt Critter. Er hatte das VA vor einiger Zeit gereinigt. Da war kein einziger Gegenstand mehr in einem der Regale gewesen.

Er wartet, bis der Truck schon lange außer Sicht ist, und nimmt dann den Weg über den Bergrücken direkt über der Swannanoa River Road. Jedes Mal wenn er um eine Kurve biegt und den Rauch sieht, grübelt er darüber nach.

Dann trifft ihn plötzlich der Schlag.

Er weiß jetzt, was da drüben ist. Und auch um den Wert, den es mit der richtigen Planung bietet. Denn er hat es selbst ein paar Mal genutzt, wenn andere Wege nicht zur Verfügung standen.

Critter beschleunigt deshalb seine Schritte, weil er nun genau weiß, wohin der Truck fährt.

***

Die Zs stehen dicht beieinander, aber der Truck wird trotzdem nicht langsamer; wir pflügen einfach so durch sie hindurch.

»Das könnte eure Stoßdämpfer auseinanderreißen«, werfe ich ein. Leeds sitzt neben mir auf dem Rücksitz und seufzt nur. Seine Hände sind mit Kabelbinder gefesselt. Ich versuche ruhig zu sein. Das tue ich wirklich, aber es ist verdammt schwer.

»Nun, ich weiß, wir werden Tersch nicht sehen«, sagt Leeds zu dem Cowboy, der vor ihm auf dem Beifahrersitz sitzt. »Er starb nämlich zwei Jahre vor dem Z-Tag. Sag mir nicht, ich habe die Gelegenheit Mr. Foster zu treffen. Das wäre schon eine Ehre, weil niemand den Mann je getroffen hat.«

»Und das wird auch niemand«, erwidert der Cowboy grinsend. Der Fahrer nickt und lächelt ebenfalls.

»Habe ich vielleicht irgendetwas verpasst?«, fragt Leeds neugierig. »Ihr zwei habt ja offensichtlich Informationen, die meine Aussage amüsant machen.«

»Amüsiert er euch? Ist es das? Ist er ein Clown?«, frage ich.

»Jace?«

»Sorry, ich werde jetzt den Mund halten«, erwidere ich. »Mach weiter.«

»Du wirst es schon noch herausfinden, wenn wir erst einmal da sind«, meint der Cowboy. »Es wird euch bestimmt die Augen öffnen.«

»Und wo genau ist da?«, erkundigt sich Leeds. »Muss anscheinend wichtig sein, wenn wir dafür durch einen ganzen Schwarm von Zs rasen.«

Verrottende Hände und zerfallene Gesichter drücken sich nun an den Seitenfenstern des Trucks hoch. Ich habe Mitleid mit den Jungs auf der Ladefläche. Bestimmt haben sie eine Plane um sich herum, aber das ist trotzdem kein hinreichender Schutz bei einer solchen Anzahl von Zs. Schon seit langer Zeit habe ich nicht mehr so viele Zs so zusammengepfercht gesehen.

Eigentlich bin ich mir gar nicht sicher, ob ich überhaupt jemals so viele Zs gesehen habe. Na ja, das ist nicht ganz wahr. Vance hatte Tausende von ihnen in den leeren Beaver Lake gestopft. Eine Tonne Zs ohne fleischlose Ellbogenfreiheit.

»Verstanden«, sagt der Cowboy nun mit dem Finger am Ohr. Er muss offenbar einen dieser Ohrstöpsel zur Kommunikation besitzen. Die Technik funktioniert während der Apokalypse anscheinend immer noch. Der Cowboy wendet sich nun dem Fahrer zu und zeigt nach oben. »Halt hier an. Sie werden einen Weg für uns freimachen.«

Der Truck wird langsamer und stoppt schließlich. Wir warten und beobachten stumm. Ich starre aus der Windschutzscheibe auf die Massen von Zs, die uns mittlerweile eingekreist haben. Die Fahrdynamik, die wir zuvor ausnutzen konnten, ist nun für immer verschwunden. Bei all dem Gewicht dieser Zs, die sich gegen den Truck drücken, würde der Fahrer den Wagen auf gar keinen Fall wieder in Bewegung setzen können. Warum ende ich eigentlich immer in einem Truck, der von Zs umgeben ist? Erst vor zwei Monaten war ich in einem Kipplaster gefangen gewesen. Es sah nicht gerade gut aus und ich habe gedacht, ich müsse dort sterben.

Aber ich denke nicht, dass ich heute sterben werde, zumindest nicht durch die Zs. Ein Rumpeln erschüttert den Truck und dann sehen wir es alle aus einer Straße links kommen: eine massive Planierraupe. Eines dieser riesigen Baufahrzeuge, die zehn Stockwerke hoch sind. Okay, vielleicht nicht zehn Stockwerke, aber das Ding ist mindestens zwei Stockwerke hoch und hat vorne eine riesige spitz zulaufende Schürfleiste, wie bei einem Schneepflug. Als ich sehe, wie es funktioniert, stellt sich heraus, dass es genau das ist, allerdings für die Zs und nicht für Schnee. Die Planierraupe schiebt die Zs einfach weg und macht so einen breiten Weg für unseren Truck frei.

Unser Fahrer verschwendet keine Zeit und setzt den Wagen sofort in Bewegung. Er rast zu der freigeräumten Fläche, bevor sie sich wieder füllt. Vor uns ist noch immer eine Wand aus Zs, aber die Planierraupe dreht sich langsam, führt uns die Straße hinunter und räumt den Weg perfekt für uns frei.

»Ich glaube nicht, dass das nur für die Zs ist, oder was meinst du?«, fragt Leeds.

»Ich bin nicht befugt, etwas darüber zu sagen«, antwortet der Cowboy. »Ich gehöre nämlich zum Sicherheitsdienst und nicht zum Konstruktionsteam.«

»Also wurdest du angeheuert, um das Konstruktionsteam zu beschützen?«

Der Cowboy grinst Leeds an. Ich mag dieses Grinsen nicht, denn es hat nichts Fröhliches an sich.

»Du wirst deine Antworten schon noch bekommen«, sagt der Cowboy. »Nur eben nicht von mir. Lehnt euch zurück, setzt euch gerade hin und haltet verdammt noch mal die Klappe.«

»Captain, dieser Rat, den du mir immer gibst … möchtest du ihn vielleicht auch mal befolgen?«, frage ich. »Du weißt schon, in Bezug auf das Klappe halten.«

»Das ist das erste Intelligente, was du heute gesagt hast«, meint der Cowboy, als er sich wieder umdreht und zur Windschutzscheibe sieht.

Das sind die letzten Worte, die gesprochen werden, während wir im Truck unterwegs sind. Ich lehne mich nun einfach zurück und beobachte, wie die Planierraupe die Zs aus unserem Weg pflügt. Sie stürzen und rollen überallhin. Die Eingeweide der Zs spritzen an unserer Windschutzscheibe hoch, wenn besonders saftige Gedärme unter die Reifen der Planierraupe geraten. Unser Fahrer scheint das zu mögen, denn er lacht jedes Mal, wenn er die Windschutzscheibe mit Wasser vollspritzen und die Scheibenwischer betätigen muss. Vollkommen durcheinander halte ich mir die verletzte Hand an die Brust und warte einfach ab, dass es vorbei ist.

Es dauert nur ein paar Minuten, bis die Planierraupe auf einmal zur Seite zieht, eine Rasenfläche hochfährt und dabei die Vorderseite eines Backsteinhauses fast zerschmettert. Wir fahren schnell daran vorbei und dann durch eine Barrikade, die von noch mehr Söldner offen gehalten wird. Schwarze Panzerwesten, Baseballcaps, schwarze Sonnenbrillen und alle sind schwer bewaffnet.

Ich drehe mich um, um mit Leeds zu sprechen, aber er studiert gerade aufmerksam unsere Umgebung. Ich will ihn nicht stören, darum tue ich das Gleiche. Wir sind jetzt etwa neunzig Meter von der Rampe entfernt, die zur Blue Ridge Schnellstraße führt und dort zentriert sich auch alles. Es sieht aus wie der Sammelpunkt einer Großbaustelle oder würde es zumindest, wenn dort nicht all der Rauch wäre und die verbrannten Maschinen. Ich schätze mal, das ist meine Schuld.

Auf der Straße gegenüber der Einfahrt zur Hauptschnellstraße sind mehrere Zelte errichtet worden und dorthin fährt auch unser Fahrer. Fünf weitere Söldner kommen nun heraus; ihre Gewehre im Anschlag. In ihrer Mitte befindet sich eine Frau, die ähnlich gekleidet ist, aber offensichtlich trotzdem nicht zu den Männern gehört. Ich meine nicht, weil sie Brüste hat, sondern weil es durch die Körpersprache ziemlich offensichtlich ist, dass sie hier das Sagen hat.

»Nicht bewegen«, sagt der Cowboy nun, während er heraushüpft und zu ihr geht.

Eine Sekunde lang schaut sie ihn an und sieht dann zu uns hinüber. Die Fenster sind getönt, darum weiß ich genau, dass sie nicht ins Innere des Trucks hineinsehen kann, aber als sie ihre Sonnenbrille abnimmt, hätte ich schwören können, dass ihre eisblauen Augen direkt in meine Seele blicken würden. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, ich wäre es leid, zu sagen, dass ich den Teufel getroffen habe, aber es ist wirklich erstaunlich, wie viele Teufel während einer Zombie-Apokalypse zum Spielen herauskommen.

Ihre Augen studieren intensiv den Truck, dann nickt sie und kommt zur hinteren Beifahrertür; meiner Tür. Sie öffnet sie schnell und blendet mich förmlich mit ihren außergewöhnlichen Augen. Es ist nur ein Sekundenbruchteil, aber er dauert ewig. Dann sieht sie an mir vorbei und ihr Blick fixiert Leeds.

»Captain«, sagt sie nickend.

»Ms. Foster«, entgegnet Leeds und nickt zurück.

»Ms. Foster?«, frage ich erstaunt. »Das hier ist die Foster in Tersch und Foster?«

»Ja, das bin ich«, erwidert sie. »Allerdings nicht das Gründungsmitglied. Das war mein Vater.«

Jeder einzelne Söldner lässt nun einen Moment lang den Kopf hängen und sieht dann wieder hoch. Jesus Christus, ist das ein Söldnerkult! Aber sind das nicht andererseits alle militärischen Gruppen irgendwie? Darum habe ich in der dritten Klasse auch die Pfadfinder verlassen. Die haben mir einfach Angst eingejagt.

»Ich sehe, wir müssen uns für den Schaden, den wir angerichtet haben, entschuldigen«, sagt Leeds.

»Ich denke, dieser Kerl da muss sich entschuldigen«, antwortet Foster und sieht mich wartend an.

»Ach ja, richtig. Tut mir ehrlich leid«, erwidere ich. »Ich habe nur versucht herauszufinden, warum das Gas abgestellt gewesen ist.«

»Und dann haben Sie einfach so beschlossen, es wieder anzustellen? Klingt das rückblickend nach einer guten Idee?«

»Nicht wirklich«, antworte ich ihr und versuche dabei zu lächeln. Ich habe meine Lippen halb hochgezogen und halte dann inne. Durch die Art, wie sie mich ansieht, kann ich sagen, dass sie denkt, ich hätte gerade eine Art Anfall. Deshalb gebe ich es auf zu lächeln. »Gibt es irgendeine Chance, dass man uns wieder zurückbringt? Ich bin mir nämlich sicher, dass meine Leute mittlerweile wahrscheinlich sehr besorgt sind.«

»Jason Stanford«, sagt sie. »Redet gewöhnlich nur Bullshit und ist für nichts ein Experte. De facto sind Sie also der Leiter des Vororts Whispering Pines.«

»Eigentlich ist das Brenda Kelly«, sage ich, »denn sie ist Vorstandsvorsitzende des HOA.«

»Ja, das ist sie«, entgegnet Foster, »aber das bedeutet rein gar nichts. Nur, dass sie für die Feiglinge in eurem Vorort verantwortlich ist. Ich weiß, was Sie Vance angetan haben. Wirklich beeindruckend. Unnötigerweise destruktiv, aber beeindruckend.«

»Ich hatte etwas Hilfe«, werfe ich ein und deute mit dem Daumen zu Leeds. »Und ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich gerne wissen würde, woher Sie so viel über mich wissen.«

Sie antwortet nicht und tritt stattdessen zur Seite. »Lassen Sie uns ein Stück gehen. Nach Ihnen, Mr. Stanford.«

»Er zieht es vor, Long Pork genannt zu werden«, wendet Leeds ein.

Oh nein. Das tut er ganz sicher nicht!

»Long Pork? Jesus, wirklich?«, fragt Foster irritiert. »Was zum Teufel ist denn bloß mit euch nicht in Ordnung?«

Ich steige aus dem Truck und folge den zwei Söldnern, die zu einem großen Trümmerhaufen hinübergehen. Als ich über meine Schulter blicke, sehe ich, dass Leeds direkt hinter mir ist. Foster folgt ihm. Ich habe gesehen, dass er sich bewegt hat und weiß, dass sie leicht nach ihm hätte greifen können. Andersherum war es für Leeds aufgrund der Haltung, die Foster eingenommen hatte, aber genau so leicht nach ihr zu greifen. Leeds wirft nun einen Blick auf den Trümmerhaufen und ich tue es ihm gleich. Dann bleibe ich aber stehen.

»Haben Sie ein Problem, Mr. Stanford?«, fragt Foster.

»Sind das da Menschen? Holt sie verdammt noch mal da raus!«, schreie ich entsetzt.

»Dafür ist es zu spät«, sagt Foster ruhig. Sie geht an uns vorbei, zu den sich windenden Körpern, die unter dem Haufen Beton und Stahl feststecken. »Sie haben sich bereits vor ein paar Minuten verwandelt. Ich habe sie extra für euch aufgehoben.«

Sie nimmt eine Pistole aus dem Holster und hält sie mir mit dem Griff voran hin. Ich schaue die Pistole verwirrt an. Es ist eine 9mm Beretta. Dann sehe ich sie an.

»Nehmen Sie sie«, sagt Foster, »Bringen Sie es zu Ende.«

»Ihr nehmt uns zuerst gefangen und dann geben Sie mir eine Pistole?«, frage ich fassungslos. »Sind Sie vielleicht high?«

»Was wollen Sie denn tun, Mr. Stanford? Sich den Weg freischießen? Wenn Sie mit dieser 9 Millimeter auf etwas anderes als diese Zs zielen, wird Ihr Kopf explodieren. Puff. Ich bin deshalb nicht allzu besorgt.«

»Tu es Jace«, fordert mich Leeds auf.

»Jesus«, sage ich, während ich die 9 Millimeter mit meiner bandagierten rechten Hand entgegennehme und vor Schmerz zusammenzucke.

»Haben Sie sich verletzt?«, fragt Foster.

»Das mache ich ständig«, antworte ich, als ich die Waffe mit der linken Hand packe und zu dem Trümmerhaufen gehe.

Die Zs zischen mich an, ihre zerbrochenen Körper kämpfen gegen die Trümmer und versuchen mir auf den Pelz zu rücken. Da sie brandneu sind, gelingt es einigen von ihnen tatsächlich, etwas Beton anzuheben; sie sind immer am stärksten, kurz nachdem sie sich verwandelt haben. Ich zähle acht Zs. Vielleicht sind da noch mehr, aber ich kann nur sie sehen.

Ich zögere nicht lange. Es ist nicht notwendig, Zeit zu verschwenden. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht schon zuvor Zs umlegen müssen. Die 9 Millimeter fühlt sich in meiner linken Hand allerdings komisch an, aber ich halte sie trotzdem so ruhig wie möglich und ziele. Dann drücke ich ab.

Verdammt. Ich habe mein Ziel verfehlt.

Der zweite Schuss geht ebenfalls daneben und ich gehe nun von einem Z zum anderen, ziele sorgfältig und drücke danach erst ab. Alle acht sind in weniger als einer Minute tot. Ich werfe das Magazin aus und reiche Foster danach die leere Pistole.

»Haben Sie etwa Angst, dass ich eine der verbliebenen Patronen für Sie benutze?«, fragt sie grinsend.

»Ich dachte nur, ich würde das Ganze damit etwas verlangsamen«, antworte ich. Ich beobachte, wie sie das Magazin in einem Wimpernschlag wieder in die Pistole schiebt und den Verschluss zurückzieht. »Oder auch nicht.«

Sie nimmt die Pistole hoch und zielt damit auf meine Stirn. Ich habe nicht mal die Zeit darüber nachzudenken, bevor die ganze Scheiße vollkommen verrückt wird. Hinter mir ertönt plötzlich ein Schrei, dann ein Grunzen. Man hört eine Schlägerei und dann ist schon Leeds neben mir. In seiner Hand befindet sich auf einmal ebenfalls eine Pistole, die er auf die Stirn von Foster richtet.

Sie sieht ihn nicht einmal flüchtig an; ihr Blick ist nur auf mich gerichtet.

»Wohin soll das Ganze führen?«, fragt Leeds.

»Ich weiß es nicht, Captain«, sagt sie, »sagen Sie es mir.«

»Ich würde es vorziehen, wenn alles einfach abläuft. Niemand sonst muss verletzt werden«, sagt Leeds. »Es tut mir leid um Ihre Männer, aber in diesen Tagen passiert nun einmal jede Menge Scheiße.«

»Das waren nicht meine Männer«, erwidert Foster. »Das waren nur ein paar arme Trottel, die mein Arbeitgeber verpflichtet hat. Der Job hier ist eigentlich leichte Arbeit. Wahrscheinlich haben sie irgendwo Familie oder irgendwelche Lieben. Ich weiß es nicht und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal.«

»Also zurück zu meiner ursprünglichen Frage: Wohin führt das Ganze hier?«

Foster beobachtet mich intensiv. Sie macht eine seltsame Sache mit ihrem Mund, so als ob sie an ihren Zähnen saugen würde. Ich kann sehen, wie sich ihre Zunge unter ihrer Lippe hin und her bewegt. Was zum Teufel soll das? Menschen sind echt seltsam.

TRIP IN DIE HÖLLE (Z Burbia 2)

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