Читать книгу Am Grunde des Flusses - Jamaica Kincaid - Страница 6

Der Hof

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Ein Berg. Ein Tal. Die Schatten. Die Sonne.

Ein Streifen Gelb, der eilig einen Streifen Grün überrollt. Es vermischt sich, es trennt sich. Kinder sind schnell dabei. Beim Lachen, Brandmarken, Verachten, schnell, ein freies Feld zu besetzen.

Der dumpfe Ton kleiner Füße, die zu rennen beginnen. Der zweigeteilte Schrei eines Mädchens. Schwindlig und taumelnd der Ton der Glocke am Mittag. Trocken? Nass? Warm? Kalt? Hier wird nicht gemessen.

Ein Kleinod rüde zerbrochen. Wie die Amberfarbe vom Rand her verblasst. Jetzt ist es die Heimstatt von etwas Dunklem und Nassem. Eine Ameise kriecht über ein Stück Silberpapier, das die Sonne sichtbar gemacht hat – alles zerfällt. Aber was ist eine Ameise? Das muss geheim gehalten werden, für immer geheim gehalten. Die Schale einer Orange – eilig entfernt, als wärs ein zierender, störender Gürtel gewesen. Eine Kröte, Warzen wie Perlen und außerordentlich faltig, langweilig und immer ein angstbebendes Herz, nicht mehr als ein einziger Sprung an einem einzigen Tag.

(Und wem wird am Ende, ganz zuletzt, dieser Aussichtsplatz hier gehören? Wird das Huhn, gerupft bis auf die Knochen und die Federn in alle vier Winde verstreut, die Füße Leim schon, alles eine taube Ähre seit Langem, wird es eines Tages die Stimme erheben? Was wird es sagen? War ich ein Huhn? Besaß ich zwölf Küken? Eines mit dem Namen Beryl, das alles ausbaden musste?)

Viele Geheimnisse sind hier lebendig. Ein scharfer Windstoß ist noch vorm Lidschlag zur Stelle. Er trifft nur auf Spatzeneier, Piratenschätze, den verjährten Fang eines Fischers. Einen Baum, der seltsame Früchte hat. Glaskugeln eines gewalttätigen Knaben. Was immer war, ist hier lebendig.

Jemand hat Steine getürmt, ein Mäuerchen, um das Beet eines Kindes zu errichten. Und hat eines Kindes Blumen gepflanzt. Blaue Glockenblumen. Aber das Kind war zu hastig, und die Glockenblumen sind schon dahin. Leben und sterben als stete Folge.

Außergewöhnlich herrliche Beeren, rot, golden und indigo aufgeschlitzt und im Dreck. Der Entenschnabel ist hart, scharf und glänzend. Die Ente selbst erweist sich als getriebenes, grausames Wesen. Die Hitze schwappt in Wellen, rollt sich aus, rollt sich ein, bis alles eine Zuflucht im Schatten verlangt.

Wenn der gefleckte Käfer plötzlich eine Gefahr spürt, so bleibt er stehen und setzt erst nach langer Zeit sein primitives Gekrieche fort. Rote flüssige Gesteine waren hier ausgesetzt, haben den Boden fruchtbar gemacht. Reich an Weinstöcken, vertrautem Gemüse.

Was bedeutet ein Käfer? Was eine Fliege? Ein einziger Tag? Was, wenn es tot und verschwunden schon ist? Ein anderer Käfer wird verharren, wenn er eine Gefahr spürt. Ein neuer Tag folgt, identisch mit diesem. Ein Regen, der die Sträucher hart schlägt, die Schildkröte anhält, den Kopf noch sorgfältiger zu verbergen. Die Stille kommt, und die Stille geht. Mal Sonne, mal Mond.

Ein paar Stimmen noch, gedämpft erst, dann klar abfallend und steigend, die fragen:

»Wie ging zum Teufel das Lied, das sie sangen, wenn sie die Fäuste ballten und vorgaben, Römer zu sein?«

Am Grunde des Flusses

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