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DIE PARALLAXEN-LÖSUNG

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Um unseren Platz im Universum zu erkennen, müssen wir fragen, wie groß der Kosmos tatsächlich ist. Das klingt wie eine einfache Frage. Die Entfernung zwischen Orten auf der Erde zu messen ist keine große Herausforderung. Doch im Universum führt das zu den verzwicktesten Problemen der modernen Astrophysik – der kosmischen Entfernungsleiter. Wir werden darauf noch einige Male zurückkommen.

Beginnen wir damit, dass sich unser Nachthimmel als zweidimensionales Sternenbild zeigt. Wir wissen aber, dass sich diese Lichter in unterschiedlicher Entfernung von uns befinden, der Himmel also dreidimensional ist. Das Problem ist nun herauszufinden, wie weit sie von der Erde entfernt sind.

Die Methoden und Instrumente, die für nahe Objekte geeignet sind, versagen leider bei großen Entfernungen. Auf der ersten Leitersprosse muss man sozusagen den nächsten Satz an Methoden und Instrumenten einsetzen, der weiterführt. Stößt man mit diesen an ihre Grenzen, muss man wieder die nächste Sprosse erklimmen, zu einer weiteren Methode, die funktioniert. Bei diesem »Aufstieg« verstärken sich leider auch bereits bestehende Unsicherheiten in der Messung.

Die erste Stufe der Entfernungsleiter verwendet die Parallaxe. Deren Prinzip können Sie selbst ganz simpel nachvollziehen und haben es sicher schon einmal gemacht, ohne die Bedeutung zu kennen: Strecken Sie Ihren Arm aus und legen Sie mit geschlossenem linken Auge einen Finger auf ein Objekt. Nun öffnen Sie das linke Auge wieder und schließen das rechte. Sehen Sie, wie Ihr Finger sich nach links und rechts zu bewegen scheint? Der Grund ist der unterschiedliche Sichtwinkel von jedem Auge auf Ihren Finger. Wenn Sie diese Winkel und die Entfernung von Auge zu Auge kennen, lässt sich mit ein bisschen Geometrie die Entfernung zur Fingerspitze berechnen.

Um das auf den Himmel zu übertragen, messen wir von zwei verschiedenen Orten auf der Erde die Winkel der Sichtlinien zu einem entfernten Objekt, wie einem Planeten, und die Entfernung dazwischen. Wir kennen nun wieder die Winkel und die Entfernung und errechnen damit die Entfernung zum Objekt.

Der griechische Astronom Hipparchos schätzte mit dieser Methode die Entfernung zum Mond auf etwa 60-mal den Erdradius – und damit um den Faktor zwei zu groß. (Trotzdem bewundernswert, schließlich hätte er sich auch um den Faktor 10, 100 oder 1000 irren oder gar keine Methode anwenden können.)


Die Erkundung des Kosmos ist wie das Besteigen einer Leiter: Von der ersten Sprosse sieht man bestimmte Dinge. Mit neuen Instrumenten und Methoden ersteigt man die nächste und dringt so weiter in die Tiefe des Alls vor.


BEGEGNUNG MIT DER PARSEC

Winkel werden normalerweise in Grad gemessen und ein Vollkreisist in 360 Grad unterteilt. Jeder Grad ist in 60 Bogenminuten und diese sind wiederum in 60 Bogensekunden unterteilt. Ein Stern mit einer Parallaxe von einer Bogensekunde wäre 3,26 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Dieses Konzept einer Parallaxensekunde, oder kurz »Parsec«, wurde zur geläufigen Entfernungseinheit der modernen Astrophysik – und in Weltraum-Science-Fictions wie Star Trek oder Star Wars.


Sein Versuch, die Distanz zur Sonne zu errechnen, war aber nicht so erfolgreich: Die Erde wäre demnach näher an der Sonne als der Merkur.

Doch was ist, wenn man die Entfernung zu wirklich weit entfernten Objekten wie Sternen messen möchte? Denken Sie an Ihren Finger: Je weiter er von Ihrem Gesicht entfernt ist, desto weniger verschiebt er sich, wenn Sie mit den Augen zwinkern. Wenn Sie ausfahrbare Arme hätten und den Finger auf einer Fußballplatzlänge von Ihrem Gesicht entfernt hielten, würde er sich so gut wie gar nicht mehr bewegen. Die Entfernung zwischen den Augen ist verglichen mit der zum Finger winzig, genauso der Winkel, der dann nur noch schwer zu messen ist.

Zwei Lösungen bieten sich an: 1. die Entwicklung von Instrumenten wie Teleskopen, die auch kleine Winkel messen können, oder 2. die Distanz zwischen den Augen zu vergrößern.

Das Teleskop kam schließlich. Und mit der Entwicklung der Parallaxenbeobachtung wuchs die Distanz zwischen den Augen – oder zwei Orten auf der Erde – auf den vollen Durchmesser der Erdumlaufbahn: Beobachten Sie einen »nahen« Stern vor dem Hintergrund entfernterer Sterne, warten Sie dann sechs Monate, bis die Erde auf der gegenüberliegenden Seite ihres Orbits ist, und beobachten Sie den Stern erneut. Die Verschiebung der Position des Sterns am Himmel ist die kosmische Version Ihres Augenzwinkerns. Nur bildet nun der volle Durchmesser des Erdorbits die Basislinie und nicht der Augenabstand. Aber auch diese Linie musste jemand messen.


Wenn wir den Kosmos betrachten, wissen wir nicht immer, was wir alles nicht wissen. Ich sehne mich richtig nach den Fragen, die ich noch nicht stellen kann.

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