Читать книгу Fragen an das Universum - James Trefil - Страница 19
GALAXIEN
ОглавлениеAnfang des 20. Jahrhunderts hatten die Astronomen eine ziemlich gute Vorstellung vom Platz der Erde in unserer Galaxie. Mit der Standardkerzenmethode von Henrietta Leavitt bestimmte der Amerikaner Harlow Shapley die Ausdehnung der Milchstraße: enorme 100 000 Lichtjahre. Das erstaunte die damaligen Astrophysiker – und alle anderen. Die Größe des Universums wuchs mit jeder neuen Messung sprunghaft an. Shapley erkannte auch, dass die Sonne sich nicht im Zentrum der Milchstraße befindet, sondern eher am Rand, im äußeren Drittel. Das war ein Ego-Killer, vergleichbar mit Kopernikus’ Erklärung, dass die Erde nicht das Zentrum des Universums sei. Aber es kam noch besser. Die Beobachter bemerkten mit ihren Teleskopen der 1920er-Jahre auch wolkige Formen und Kleckse über dem Himmel verstreut. Einige dieser nebulae (Nebel) waren eindeutig formlose, glühende Gas- und Staubmassen – und all das lag innerhalb des gebogenen Lichterbands, das wir als Milchstraße bezeichnen.
Noch eine andere Art formloser Objekte konnte man in allen Richtungen sehen – Spiralnebel, manche von der Seite, manche gekippt und manche frontal. Sie sahen aus wie Windrädchen. Aber die damaligen Teleskope konnten darin keine einzelnen Sterne unterscheiden.
Ein Lastwagen fuhr 1917 den 4,5 Tonnen schweren 2,54-Meter-Spiegel die Schotterstraße hinauf auf den Berg. Mit dem damals weltgrößten Teleskop im Mount Wilson Observatory in Kalifornien bestätigte Edwin Hubble die Existenz anderer Galaxien.
$ 500 000 | So viel ungefähr kostete das 2,54-Meter-Teleskop auf dem Mount Wilson – heute etwa 6,2 Millionen Dollar. |
Strittig war die Natur dieser Spiralnebel. Waren sie, wie Shapley behauptete, Strukturen innerhalb der Milchstraße, so wie alles andere am Himmel? Das hieße, die Milchstraße wäre das gesamte Universum. Oder waren sie ganz eigene, unglaublich weit entfernte Galaxien, also wahre »Universumsinseln«, die in der Tiefe des Weltalls verstreut lagen? Anders gesagt: War das Universum eine einzige gewaltige Ansammlung von Sternen, die von Leere umgeben war? Oder bestand es aus zahllosen Galaxien, vergleichbar der unseren? Noch in den 1920er-Jahren gelang es, diese Frage zu beantworten. Der Philanthrop Andrew Carnegie half, das damals größte Teleskop auf dem Mount Wilson bei Los Angeles zu finanzieren, und der junge Edwin Hubble durfte es benutzen. (Ihm zu Ehren erhielt später das legendäre Hubble Space Telescope der NASA seinen Namen.) Die Auflösung dieses neuen Teleskops ermöglichte es Hubble, im Spiralnebel Andromeda einzelne Cepheiden zu identifizieren, und er konnte mit der Standardkerzentechnik Henrietta Leavitts ihre Entfernung bestimmen. Sie waren über zwei Millionen Lichtjahre entfernt – viel zu weit für einen Nebel innerhalb der 100 000 Lichtjahre großen Milchstraße. Mit dieser Beobachtung wies Hubble ein für allemal die großräumige Struktur des Universums nach: Die Milchstraße ist lediglich eine Galaxie unter vielen.