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2. Eine Kindheit in den Achtzigern Oder: Vom Ernstnehmen und Ernstgenommenwerden

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Deutschland 1979. Eine Sammeltüte Panini-Bilder kostet 25 Pfennige. Wenn Papa nach Hause kommt, ist er entweder sehr müde oder er verschwindet in seinem Hobbykeller. In den Innenstädten von Hamburg, Berlin oder München leben viele türkische Gastarbeiterfamilien. Deutsche Familien wohnen am Stadtrand, überall entstehen in dieser Zeit Neubausiedlungen, viel Wohnraum, viel Grün, kaum Verkehr.

In so einem Milieu werde auch ich groß. Wenn ich auf die Straße gehe, muss ich nicht nach links und rechts schauen, denn pro Stunde kommt maximal ein Auto vorbei. Stattdessen treffe ich auf andere Kinder: Ecki mit der Brille, die seine Augen wie durch eine Lupe vergrößert, Dierk, der von seinem Alter her in die dritte Klasse gehen müsste, aber noch immer in der Ersten sitzt. Franky, unser König, weil sein Vater bei Yps arbeitet. Und manchmal auch Udo, der wegen des Hobbys seiner Mutter oft nach angebranntem Plastik riecht. Sie macht Makramees, und ich kenne sie nur mit orangefarbenen Kunststoffschnüren in der Hand, links das Feuerzeug, im Mund eine HB.

Gehen wir Kinder gemeinsam die Straße rechts hoch, kommen wir an einen braunen Bach, passieren mehrere Pferdekoppeln und landen zum Schluss an der Autobahn, die man bei Westwind schon von Weitem hört. Gehen wir die Straße nach links hoch, kommen erst mal ein paar sehr tiefe Baugruben, Zementmischer, leere Sammelgaragen und am Ende, bevor der Birkenwald beginnt, der Lottoladen von Herrn Paschke, unserem Bonsche-Dealer und einzigem Treffpunkt, wo ein bisschen was los ist.

Deutschland vierzig Jahre später. Eine Sammeltüte Panini-Bilder kostet neunzig Cent. Wenn ich nach Hause komme, bin ich entweder sehr müde oder ich stelle mich noch an den Herd und mache Abendessen. In den Innenstädten von Hamburg, Berlin oder München leben nur noch wenige türkische Gastarbeiterfamilien, die jetzt Türken der dritten Generation genannt werden, denn sie sind an den günstigeren Stadtrand gezogen. Deutsche Familien leben dort ebenfalls, haben allerdings oft keine Kinder mehr. Die sind erwachsen geworden und in die Innenstädte gezogen, wo es jetzt teure Fabriklofts zum Wohnen gibt und Altbauten, die wie neu aussehen.

In diesem Milieu wird mein Sohn groß. Wenn er auf die Straße geht, dann nur mit Begleitung, denn in jeder Stunde gibt es gefühlt nur eine Sekunde, in der mal kein Auto am Haus vorbeirauscht. Dafür trifft mein Sohn kaum Kinder. Wenn, dann nur morgens Früh Hannah aus dem ersten Stock und Sybil, ein Haus weiter. Sybils Mutter ist Lehrerin an der Montessori-Schule und trägt kein Leder, Hannahs Mutter grüßt uns nicht. Geht mein Sohn mit mir an der Hand die Straße nach rechts hoch, kommen wir erst an einem linksautonomen Kulturzentrum vorbei, dann an einigen Drogendealern, zum Schluss an einem tibetanisch-buddhistischen Gemeindehaus. Gehen wir die Straße links hoch, kommen wir zur Kita meines Sohnes mit der pädagogischen Holzwerkstatt, passieren das vegane Drei-Sterne-Restaurant und landen zum Schluss beim Bioladen, wo die Bonsches ausschließlich mit Kokosblütensirup gesüßt sind und die Kassiererin fassungslos den Kopf schüttelt, wenn man nach Thunfisch fragt.

Die Welt hat sich in vierzig Jahren so verändert, wie sie das früher in vierhundert Jahren nicht geschafft hat. Wer sich heute als Mittvierziger an seine Kindheit erinnert, den überkommt manchmal das Gefühl, als ob er in einem anderen Universum groß geworden sei. Um zu verstehen, warum ich als Vater mit meinem Sohn ganz anders umzugehen versuche, als Eltern das früher für gewöhnlich mit ihren Kindern machten, muss ich also ein wenig zurückgehen.

Die Siebziger- und Achtzigerjahre gelten noch heute als eine sehr gemütliche Epoche. Eine Zeit, in der sich nur wenige beschwerten, keine Zeit zu haben. Samstag um zwölf Uhr machten die Einkaufsläden Feierabend. Dann wurde es auf den Straßen schlagartig noch stiller, als es sowieso schon war. Was machte man da? Keine sozialen Medien, kein Netflix; E-Mails vom Chef verdarben einem auch nicht das Wochenende. Freizeit war freie Zeit. Dennoch verbrachten Eltern damals viel weniger Zeit mit ihren Kindern als heute.3 Die Väter arbeiteten in der Woche viel, oft über Jahrzehnte bis zur Rente, in der Regel für denselben Arbeitgeber, am Wochenende brauchten sie Ruhe. Es gab weder die Idee der Elternteilzeit noch gab es Mütter, die arbeiteten, während der Vater sich allein um die Kinder kümmerte. Kinder zu kriegen war sehr normal, vielleicht sogar banal, es gehörte dazu und war nicht der Mittelpunkt der Lebensplanung.

Wo alles planbarer und unaufgeregter war, ohne Mütterblogs und zwanzig verschiedene Elternzeitschriften, war auch der Umgang mit Kindern unbekümmerter. Es gab noch keine Diskussionen über überlastete Mütter, die zwischen Karriere und Familie zugrunde gehen. Man beschwerte sich einfach nicht darüber, dass Kinder der eigenen Selbstverwirklichung zuwiderliefen. Vielleicht gab es solche Befürchtungen, aber sie wurden nicht offen artikuliert. Müttern, die über ihr Schicksal als Mutter reflektierten, hätte damals keiner zugehört.

Viele haben diese Jahre als sichere und sorgenfreie Zeit in Erinnerung, wo ein Ernährer ausreichte, und das war eben der Papa. Die Verhältnisse waren hübsch ordentlich zementiert, die Männer beruhigt, weibliche Konkurrenz im Job gab es viel zu selten. Die Weltlage: auch hübsch ordentlich zementiert. Zwischen den USA und dem Ostblock herrschte ein verlässliches Machtgleichgewicht. Gut, 1982 flehte Nicole um ein Bisschen Frieden und Hans Harz sang von den müden weißen Tauben, was zumindest ein Indiz dafür ist, dass die Zeiten so unbesorgt auch nicht waren. Aber während sich heute in der Weltpolitik täglich alles zu ändern scheint (und wir im Fünf-Sekunden-Takt darüber informiert werden), hatten anno 1980 Mann, Frau, Kind ihre klaren und festen Rollen auszufüllen, und sie taten das mit Selbstverständlichkeit. Wer als Kind in der Schule seinen Berufswunsch äußerte, konnte davon ausgehen, genau diesen Beruf später auszuüben. Wer heute in der Schule seinen Berufswunsch äußert, kann davon ausgehen, dass es diesen Beruf nicht mehr gibt, wenn er mit der Schule fertig ist. Angesichts von Digitalisierung und Globalisierung findet die Lebensplanung heute in einer Schneekugel statt, die ständig geschüttelt wird. Alles ändert sich dauernd, und das verunsichert.

Da träumt man sich gern zurück in die heile Welt, wo sich kollektive Bestürzung auf den Serientod von Bobby aus Dallas beschränkte und die Nation die Sorge umtrieb, dass Viktor Worms mit der Nachfolge von Dieter Thomas Heck in der ZDF-Hitparade überfordert sein könnte.

Allerdings vergisst man dabei leicht, dass diese Zeit nicht für alle Menschen so harmlos und unbekümmert war. Diskussionen über politische Korrektheit, Integration und Gleichberechtigung von Minderheiten gab es praktisch nicht. Ich kann mich noch gut an die Türkenwitze erinnern, die nicht nur auf dem Schulhof gerissen wurden. Zuwanderer lebten ghettoisiert in Stadtteilen, in die kein Deutscher ziehen wollte, die Fußballnationalmannschaft bestand ausschließlich aus Biodeutschen. In einer Kinderserie, ich glaube es war die Sesamstraße, ging es in einer Folge um die Frage, ob Gastarbeiterkinder stinken würden (sie stanken nicht, wie ein deutsches Mädchen durch beherztes Schnuppern an ausländischen Kindern auf einem Spielplatz herausfand). Wenn ich vergleiche, in welchem offenen Klima mein Sohn heute aufwächst, wie selbstverständlich es ist, mit Kindern, deren Eltern nicht hier geboren wurden, in der Kita oder auf dem Hinterhof zu spielen, wenn ich sehe, dass zwei Freunde meines Sohnes bei zwei Müttern aufwachsen und dass Pippi Langstrumpfs Vater sich vom Neger- zum Südseekönig entwickelt hat, dann wird mir die oft ausgrenzende gesellschaftliche Kälte bewusst, die mir in der Kindheit zwar nie selbst entgegenschlug, die ich aber sehr wohl mitbekam.

Es ist ein großes Glück, dass viele der Wahrheiten, die ich als Kind noch kannte, heute keine mehr sind. Damals gab es nicht nur ein Deutschland, sondern noch ein zweites, rechts daneben, etwas kleiner und auf der Karte der Tagesschau immer grau eingefärbt. Ein schlechtes, ein trauriges Deutschland, wo die Menschen ins Gefängnis kamen, wenn sie lediglich verreisen wollten. Wir konnten einen Fernsehsender aus diesem Land empfangen, nur schwarzweiß, und ich verstand nicht, warum die Menschen sogar dort manchmal lachten.

Meine Oma kam ebenfalls aus einem fremden Land. Es war über Nacht ein anderes geworden. Es hieß plötzlich Polen und nicht mehr Schlesien, und obwohl den Polen das Land nicht gehörte und sie meiner Oma das Haus wegnahmen, war es unsere eigene Schuld. Ich brachte das nicht zusammen. Waren wir vielleicht auch Ausländer? Das Rätsel blieb lange ungelöst, auch weil meine Oma nie über ihre Heimat sprechen wollte.

Alles, was hinter Lauenburg an der Elbe begann, war damals ein riesiger dunkler Fleck mit dem bedrohlichen Namen Ostblock. Und es gab noch vieles andere, das mindestens genauso beunruhigend war: die übel gelaunten Menschen auf den Fahndungsbildern, die »RAF-Terroristen« hießen und deren Fotos am Postschalter klebten, an dem wir gerade das Geburtstagsgeschenk an Tante Dita verschicken wollten. Böse und gut, das war früher noch ganz einfach verteilt, ein bisschen wie im Märchen, und es passierte auch nicht ständig etwas Neues und genauso wenig wurde man permanent darüber informiert, dass irgendwo etwas Neues passiert war. Tagsüber brauchte niemand den Fernseher einzuschalten, denn da lief nur Testbild. »Piiiiiiiiiiep. Norddeutscher Rundfunk Hamburg Fernsehen. Drittes Programm.« In Endlosschleife, bis um 18 Uhr die Sesamstraße begann. Das war der Sound meiner Kindheit.

Was wir heute bei all der herzerwärmenden Nostalgie vergessen: In genau dieser als so geordnet und geruhsam empfundenen Zeit herrschten für den Einzelnen viel größere Lebensrisiken als in der oft von Ängsten dominierten Gegenwart. Statistisch war die Gefahr, Opfer einer Straftat4 oder eines Unfalls5 zu werden, um ein Vielfaches höher. Es starben früher auch viel mehr Menschen aufgrund ihrer ungesunden Lebensführung als heute.6 Wir leben heute in nie zuvor gekannter Sicherheit. Wir hatten noch nie so viel Kaufkraft, so günstige Flugpreise, so viele Möglichkeiten. Aber auch noch nie so viel Angst, das alles zu verlieren.

Ich bin ein Mittelstandskind, und in meiner Wahrnehmung als Kind gab es nur diese Mittelschicht. Nur wenige Eltern meiner Freunde hatten damals studiert, denn ein Hochschulabschluss war für ein Leben im Wohlstand nicht zwingend. Konkurrenzdruck und Wettbewerb kamen im Berufsleben seltener vor, in der Schule erst recht. Meine ersten Hausaufgaben bekam ich in der dritten Klasse, und zwar erst, nachdem wir unserer Lehrerin so lange in den Ohren gelegen hatten, bis sie irgendwann aufgab und wir zu Hause ein Bild ausmalen sollten. Ich fühlte mich sehr erwachsen damals.

»Kinder sollen so viel Zeit wie möglich haben«, sagte unsere Lieblingslehrerin. Und die Frage nach der richtigen Schulform raubte damaligen Eltern nicht den Schlaf. Heidi Kabel sang in den Siebzigerjahren: »Mit die höhere Schule is dat nix – da kommt mein Kind nich rein – inne Seilerstraße [das war eine Volksschule in Hamburg] lern sie auch ganz fix – und wat soll dat mit Latein.« Elternabende waren früher eher unverbindliche Treffen vorrangig der Mütter (Väter arbeiteten oder saßen, wie eingangs ja schon erwähnt, in ihren Hobbykellern), und ich habe immer wieder Momenten bei Freunden und Mitschülern beigewohnt (Lagerfeuer im Gemüsebeet, Krümelmonster mit Fahrradspeichen foltern, Einkaufswagen in den Natursee schieben), bei denen ich mich bereits als Kind fragte, ob es nicht besser wäre, wenn sich die Eltern interessieren würden für das, was ihr Kind gerade machte.

Dierk Knüllenstedt war so ein Fall. Ein Schlüsselkind, wie es damals kein Zweites gab, ein Kind, das sich quasi selbst erzogen hat. Dierk hatte immer eine rote Murmel in der Tasche, seine kleine Wahrsagekugel. In Momenten unerträglicher Langeweile sah er kurz hindurch und bekam dann eine Eingebung, was zu tun sei.

Dierk: »Die rote Kugel sagt, du sollst einen Klingelstreich bei Oma Pastenkötter machen.«

Ich: »Echt, Dierk? Ich will aber nicht.«

Dierk (nachdem er noch einmal ganz ernst in die Murmel geplinst hat): »Wenn du es nicht tust, wirst du morgen um zehn Uhr einen tödlichen Unfall erleiden.«

Ich: »Nee warte, ich bin gleich wieder da.«

Es sind solche Erinnerungen, die mich als Vater zu der Erkenntnis gebracht haben, dass man einem Kind gar nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken kann.

Verglichen mit vielen meiner damaligen Freunde bin ich in einer liebevollen Atmosphäre aufgewachsen; ich erinnere mich aber auch an die klaren Grenzen, die vor allem meine Mutter in unserer Erziehung zog und die ich heute in dieser Klarheit bei meinem Sohn nicht setze, weil ich immer offen bin für seine Argumente. Denn ja, er zeigt durchaus Verhandlungsgeschick, wenn er mir auf dem Spielplatz zum Beispiel vorschlägt: »Wenn du mich auf deinen Schultern nach Hause trägst, sind wir schneller. Dann habe ich noch Zeit zum Rutschen, oder?« Wo er recht hat, hat er recht. Warum also sollte ich ihm seine Bitte abschlagen? Nur damit er lernt, dass wir nach Hause müssen, wenn Papa sagt, dass es gleich Essen gibt? Wir gehen ja und werden durch den Vorschlag meines Sohnes sogar pünktlich sein. Kann sein, dass er es beim nächsten Mal wieder probiert und es mich größere Mühe kosten wird, wenn mir mal nicht danach ist, einen 15-Kilo-Brocken nach Hause zu tragen. Aber gelernt hat mein Sohn trotzdem etwas: Argumente zu finden, um seine Bedürfnisse durchzusetzen, und Kompromisse einzugehen. Ich komme ohne zu murren mit dir mit, wenn ich noch mal rutschen darf und du mich trägst. Da er sich meinem Bedürfnis, pünktlich zum Abendessen zu Hause zu sein, unterordnet, kann ich seinem Bedürfnis nach einer allerletzten Rutschpartie und dem Getragenwerden nach einem langen Tag guten Gewissens nachgeben.

Ein scharfes »Finito« aus dem Mund meiner Mutter wurde von meinem Bruder und mir hingegen nie hinterfragt, geschweige denn mit Kompromissvorschlägen beantwortet. Wenn Schluss war, war Schluss, so schön es in diesem Moment auch gewesen wäre, noch weiterzuspielen oder auf andere Weise nicht ins Bett zu gehen. Sie konnte sich ohne Strenge und Härte durchsetzen, was ich bis heute bewundere; sie hat es geschafft, uns Respekt zu lehren, ohne uns Angst zu machen. Wenn meine Eltern am Samstagabend aus waren, legte ich die gelbe Küchenuhr auf den Wohnzimmertisch und ging wie verabredet um Punkt halb neun mit meinem Bruder ins Bett, obwohl Frank Elstner bei Wetten dass ..? noch nicht einmal die Saalwette verkündet hatte. Meine Mutter besaß diese unverhandelbare Autorität; es gab eine Stimmlage, da wurde gar nicht erst versucht, noch ein paar Gegenargumente zu finden, warum man a) noch nicht ins Bett, b) noch mehr Süßigkeiten oder c) erst später Hausaufgaben machen wollte. In besonders brenzligen Situationen zitierte sie ganz ruhig den Erlkönig (»Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!«), verbunden mit einem mild lächelnden Gesichtsausdruck. Weder mein Bruder noch ich wollten je wissen, wie sich der Erlkönig das weitere Vorgehen im Detail vorstellte. Also besser nichts wie ins Bett.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter bei dem klassischen Ich-zähle-bis-drei-Ultimatum überhaupt mal bis zur Drei zählen musste. Ich glaube, selbst die Zwei hat es nie gebraucht. Bei mir als Vater sieht es so aus, dass ich nach der Zwei die Augen sehr weit aufreiße, um dann etwas lauter auf Zweikommafünf zu erhöhen, während mein Sohn recht unbeeindruckt bleibt, auch wenn ich mich dann in Dezimalschritten bis fast zur Drei vorkämpfe, um am Ende mit ihm genau das zu tun, was er will: Noch ein bisschen mit dem Schlumpfhaus spielen statt ins Bett zu gehen. Und beim anschließenden Geschichten-Erzählen bleibe ich sogar bei der sechsten Episode noch gütig (wir haben uns vorher selbstverständlich darauf geeinigt, dass nach der ersten hundertprozentig Schluss ist). Ich muss dann sehr genau überlegen, ob diese Nachgiebigkeit, die ich genauso bei anderen Eltern erlebe, eine bewusste Erziehungsmethode ist oder ein Ausdruck von Konfliktunfähigkeit.

Ich versuche mir in solchen Momenten immer vorzustellen, wie ich mich fühlen würde, wäre ich gerade mit etwas sehr Schönem beschäftigt und jemand käme herein und verkündete: »Schluss, ab ins Bett.« Oder, mehr aufs Erwachsenenleben bezogen: Ich sitze an meinem Schreibtisch und schreibe an einem Artikel. Da kommt der Chef rein und sagt: »Jan, der Wahnke braucht mal eben jemanden, der seine Reportage Korrektur liest. Mach du das bitte.«

Ich würde antworten: »Gleich, ich schreibe nur noch rasch den Absatz zu Ende.«

»Nein, machst du nicht. Du gehst jetzt. Sofort. Abmarsch!«

Ich käme mir komisch vor, doch genau so, verlangen Erziehungsexperten, soll ich mit meinem Kind umgehen. Der Chef (Papa) macht eine Ansage, und sofern er nicht dafür sorgt, dass sie prompt befolgt wird, droht allgemeine Aufmüpfigkeit. Dabei beobachte ich mich umgekehrt genauso, wie ich meinem Sohn ein »Gleich!« zurufe, wenn er mich bittet, ihm etwas vorzulesen, und dass ich nicht sofort alles stehen und liegen lasse, nur weil er das so möchte. Natürlich muss der Erwachsene bis zu einem gewissen Grad sein Kind führen und dazu bringen, Dinge zu tun, die es nicht tun möchte, aber nicht auf Teufel komm raus. Wo Spielraum ist für Verhandlungen, darf man den getrost nutzen. Denn wie gesagt, ein Kind lernt nicht nur daraus, dass es zumindest einen Versuch wert ist, seine eigenen Bedürfnisse zu äußern, sondern auch, sich für sie einzusetzen. Wer immer nur ein Nein zu hören kriegt, fragt irgendwann nicht mehr. Wollen wir das wirklich?

In vielen Erziehungsratgebern liest man, wie wichtig das Austragen von Konflikten zwischen Eltern und Kindern ist, weil sie der Abgrenzung und Selbstbehauptung dienen. Gelungene Konfliktlösungen gelten als Lern- und Übungsfeld für die Entwicklung von Argumentationsfähigkeit, Selbstständigkeit, sozialer Kompetenz, Selbstverantwortung, Perspektivenübernahme und Verhandlungsgeschick. Genau das trainiere ich mit meinem Sohn, wenn ich hin und wieder nachgebe. Wenn ich dagegen an die Konflikte aus meiner Kindheit denke – auf die hätte ich gern verzichtet. Das betrifft gar nicht die Konflikte mit meinen Eltern, die der klassische Unartig-sein-und-bestrafen-Rhythmus bestimmte. Viel schlimmer war die Art und Weise, wie viele andere Erwachsene Kindern in Konflikten gegenüber auftraten. Sie nahmen sie schlicht nicht ernst.

Ich erinnere mich an Grundschullehrerinnen, die sich in einer Auseinandersetzung wie selbstverständlich über meine Sichtweise hinwegsetzten und sie mit einem Handwedeln abtaten, als könnte nichts, das ich zu sagen hatte, irgendeine Form von Relevanz besitzen. Lehrerinnen, die kritische Fragen im Unterricht durch Ausgrenzung beantworteten oder selbst im Bewusstsein, unrecht zu haben, dem Schüler die Schuld gaben. Wenn ich erlebe, wie in der Kita meines Sohnes heute Konflikte geklärt werden (nämlich durch ernsthaftes Zuhören und Kompromisse schließen), dann wünsche ich mir, ein Großteil meiner früheren Lehrer würde hier ein paar Tage hospitieren.

In den Siebziger- und Achtzigerjahren wurde Kindern von vielen Seiten nicht zugehört; das betraf neben dem pädagogischen Personal beispielsweise auch Kinderärzte, Bedienstete im Einzelhandel und, ja, auch die Polizei. Ein Erlebnis begleitet mich bis heute. Es muss Anfang der Achtzigerjahre gewesen sein. Mit einem Schulfreund hatte ich gerade das Tor der Grundschule passiert, da sahen wir, wie einige Meter vor uns ein Mann unseren Klassenkameraden Björn Finkenwalder ansprach, der daraufhin panisch reißaus nahm. Der Mann wandte sich uns zu, kam sehr nahe und begann, uns fürchterlich zu beschimpfen. Ich erinnere mich nicht mehr im Detail, was er uns entgegenschrie, aber Kinder haben eine Antenne dafür, wenn Gefahr im Verzug ist, und wir rannten angsterfüllt nach Hause. Die Situation war so bizarr, dass ich einige Zeit brauchte, bis ich mich meiner Mutter offenbarte und wir gemeinsam mit den betroffenen Klassenkameraden und deren Eltern zur Polizei gingen. Die Beamten am Tresen zeigten allerdings wenig Interesse für das, was wir schilderten. Stattdessen mahnten sie Widersprüche in den Aussagen an und rissen untereinander Witze, bis einer der anwesenden Väter laut wurde und die Polizisten aufforderte, uns Kinder endlich ernst zu nehmen.

So gesehen ist es kein Wunder, dass ich als Kind ein grundsätzliches Misstrauen Erwachsenen gegenüber pflegte und zwar dergestalt, dass sie einem sowieso nicht glaubten. Nach unserer Meinung wurden wir Kinder sowieso nicht gefragt, und wenn, dann besaß sie keine Relevanz. Einer der schönsten Momente in meiner Grundschulkarriere entpuppte sich im Nachhinein als einer der schlimmsten für mich. Wir sollten Bilder für unser neues Klassenzimmer malen und am Ende das beste auswählen, das gerahmt neben die Tafel gehängt werden sollte. Die Klassenkameraden entschieden sich für mein Bild, ich glaube, es zeigte eine Frau mit einem Hund und Blumen, jedenfalls war ich an diesem Tag der stolzeste Achtjährige der Welt, und als ich am nächsten Tag zur Schule ging, hatte ich das Gefühl, fünf Zentimeter über dem Boden zu schweben. Das änderte sich schlagartig, als ich vor dem gerahmten Bild stand. Es war nämlich nicht meins. Als ich nachfragte, erklärte die Lehrerin, dass sie ein anderes als doch passender für den Klassenraum befunden habe. Bähm! Mit ihrer Entscheidung hatte die Lehrerin nicht nur eine ganze Klasse entmündigt, sondern gleichzeitig signalisiert, dass wir unfähig waren, sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Was lernte ich daraus? An meinem Urteil zu zweifeln. Großartig.

In einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung vom Juni 2018 kritisiert die Autorin, dass viele Eltern ihre Kinder überforderten, indem sie diese in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Sie schildert mehrere Situationen, in denen sie auf der Straße erlebte, wie Eltern ihre Kinder fragten, ob sie lieber zu Fuß gehen oder den Bus nehmen, lieber diesen oder jenen Joghurt essen, lieber Mütze statt Käppi aufsetzen wollten. Ich kann den Lesern an dieser Stelle nur zurufen: Ihr könnt gar nicht früh genug anfangen, eure Kinder um ihre Meinung zu bitten! Das unterstützt sie in ihrem Selbstwertgefühl und bestärkt sie darin, ein respektiertes Mitglied der Familie zu sein. Natürlich nur so lange, wie Eltern die Entscheidung der Kinder respektieren. Es gilt der Grundsatz: Frage nie, wenn du die Antwort nicht hören willst. Denn natürlich gibt es Lebensbereiche und Entscheidungen, die Kinder nicht überblicken können. Ich würde meinem Sohn zum Beispiel nicht die Wahl seiner Schule überlassen.

»Willst du lieber mit deinen Freunden Lukas und Tom auf der Grundschule gegenüber eingeschult werden oder mit Nele und Jonas auf die Montessori-Schule gehen?«, wäre absolut keine sinnvolle Frage, weil er nicht ermessen könnte, wofür oder wogegen er sich da entscheidet (außer für diese oder jene Freunde). Was er morgens anziehen will, darf er dagegen schon bestimmen, auch wenn sein Geschmack, was Farbkombinationen anbelangt, manchmal sehr zu wünschen übrig lässt.

In die Frage, was wir zusammen kochen oder am Wochenende unternehmen wollen, beziehen wir unseren Sohn selbstverständlich ebenfalls mit ein. Warum auch nicht? Das sind Dinge, die er überblicken kann. Und es gibt für jede Altersstufe Gelegenheiten, in denen man seinen Kindern die Chance auf Mitspracherecht einräumen kann. So saß eine Bekannte von mir zum Beispiel mit ihrer eineinhalbjährigen Tochter gern an der Bushaltestelle vor ihrer Haustür und schaute dem Verkehr zu, so wie andere Kinder gern »Baggergucken« gehen. Als eines Tages einmal der nächste Bus hielt und sich die Türen öffneten, stieg die Kleine kurzerhand ein. Die Mutter hätte das Kind nun zurückreißen können, weil sie ja gerade an der Haltestelle saßen und nirgendwo hinwollten und sie vielleicht in der Zeitung gelesen hatte, dass man Kinder zu Egomanen erzieht, wenn man ihnen die Führung überlässt. Stattdessen stieg sie mit ein, und beide fuhren ein paar Haltestellen, bis das Kind wieder ausstieg, in einen wildfremden Bäckerladen spazierte und auf ein Brötchen in der Auslage zeigte. »Da-da!« Mama gab nach und kaufte das Brötchen.

Hat meine Bekannte ihre Tochter damit überfordert und verwöhnt oder ist das Kind heute deswegen aufmüpfiger als andere? Sie versichert mir, dass es nicht so ist, sondern dass das Kind im Gegenteil ein Nein, wo es notwendig ist, viel eher akzeptiert, wenn es zuvor häufiger mal ein Ja gehört hat. Und, was vielleicht noch wichtiger ist: Es fühlt sich ernst genommen.

Zurück in meine Kindheit, wo viele Erwachsene davon ausgingen, dass Kinder keine Gefühle haben, die man verletzen könnte. Eine besonders nachhaltige Demütigung war in diesem Zusammenhang das sogenannte Haltungsturnen, das genau das meinte, was es hieß: Schüler mit Schäden im Bewegungsapparat, erkennbar an ihrer krummen und schiefen Haltung, mussten zweimal in der Woche nach Schulschluss eine Sportstunde extra abhalten, angeleitet von Frau Knaufhalter, die grundsätzlich ein Gesicht machte, als sei Haltungsturnen das Letzte, was sie sich von ihrer Karriere als Turnlehrerin erträumt hatte. Für uns Schüler war allein schon das Gefühl, nur deshalb nachsitzen zu müssen, weil man ein paar körperliche Macken hatte, nicht förderlich für das Selbstwertgefühl. Zumal wir Ballerinas tragen mussten, auch die Jungs.

Noch schlimmer allerdings war das vorangegangene orthopädische Casting, das alle Kinder durchlaufen mussten. Wir wussten ja, dass die Auserwählten dieser demütigenden Fleischbeschau die Verlierer sein würden, weshalb ich inständig hoffte, keinen noch so kleinen Haltungsschaden aufzuweisen. Diese Hoffnung währte nicht lange, zumal ich aufgrund meines Nachnamens der erste Schüler war, der in das Zimmer der Schulärztin gebeten wurde. Dort saß Doktor Gnadenlos, glatte, straff zurückgekämmte Haare, stechender Blick, kein Lächeln. Unterstützt wurde sie von unserer Schulsekretärin sowie von Maria, unserer jungen Referendarin, und einigen mir unbekannten Personen, die man in solchen intimen Momenten nicht gern um sich haben mag.

»Stell dich dort an die Wand, bitte schön«, sagte Doktor Gnadenlos mitleidsfrei und drückte meinen Brustkorb mit ihren Fingerknöcheln ein. »Kielbrust«, rief sie der Schulsekretärin zu, und ich rätselte, ob das eher gut oder eher schlecht war. »Nach vorne beugen«, forderte Doktor Gnadenlos, und als ich nicht tief genug runter kam, half sie nach, indem sie mit ihrer kalten Handfläche den Hinterkopf weiter nach unten drückte. »Ausgeprägter Buckel«, urteilte sie. Ich hörte nur das laute Tippen der Schreibmaschine, weil sich mein Kopf noch immer im eisernen Griff von Doktor Gnadenlos befand. Schließlich wurden meine Füße mit einer scharfen metallenen Zange vermessen, die aussah, als könnte man damit im Handumdrehen ein Dutzend Schweine schlachten. Nachdem sie meine Füße in diesem Werkzeug des Grauens fixiert hatte, drehte sich Doktor Gnadenlos auf ihrem quietschenden Stuhl zur Schulsekretärin um und wies sie an, unter den Punkt »Gelenk- und Fußschäden« »Fehlstellung nach innen« zu notieren sowie unter den Punkt »Besondere Merkmale« »Plattfüße«.

Maria sah beschämt weg, während die Schulsekretärin beim Tippen Silbe für Silbe »Platt – fü – ße« murmelte, bevor sie den Bogen aus der Schreibmaschine zog und ihn mir halbwegs lächelnd aushändigte.

Als ich aus dem Behandlungszimmer trat, kamen viele meiner Schulkameraden auf mich zu und fragten aufgeregt, wie es gelaufen sei. »Ich glaube, ich habe es geschafft«, antwortete ich und hatte von nun an zusammen mit vier anderen Mitschülern Dienstag und Donnerstag ein verlängertes Schulprogramm, das auf einem geblümten Handtuch in der Schulsporthalle stattfand, auf dem ich Übungen machte, die bei Jane Fonda irgendwie cooler wirken.

Ich hatte als Kind aber nicht nur mit der Motorik meine Probleme, sondern fiel auch nicht als Blitzmerker auf. In meinem Abschlusszeugnis der zweiten Klasse vermerkte die Lehrerin, dass mir leider eine gewisse Zerstreutheit anhängig sei, was den Gesamteindruck trübe. Tatsächlich schaffte ich es einmal, mit einigen Klassenkameraden auf dem Heimweg von der Schule der Einzige zu sein, dem nicht auffiel, dass er keinen Schulranzen trug.

»Was lacht ihr denn immer?«, wollte ich wissen, doch keiner gab mir die richtige Antwort.

»Wo ist dein Ranzen?«, fragte meine Mutter, als ich zu Hause ankam. Da erst fiel mir auf, dass ich ihn vergessen hatte. Bei Schulaufführungen versemmelte ich alles, was wichtig ist, wenn man bei einem Theaterstück mitwirkt. Einsatz, Text, sogar das Anziehen des Kostüms. Beim Krippenspiel als Josef hatte ich mir den Umhang so über den Kopf gezogen, dass es aussah, als säßen zwei Marias um das Jesuskind. Das war aber auch egal. Sobald sich der Vorhang öffnete und die Scheinwerfer mich anstrahlten, leerte sich aufgrund der Nervosität mein gesamtes Hirn wie auf Knopfdruck. Ich hätte in solchen Momenten nicht erklären können, was ich hier tat, geschweige denn, ob ich ein Mensch, ein Tier oder eine Lampe war.

Leider gehörte ausgerechnet ein so fahriges und vergessliches Kind wie ich zu denjenigen, die damals für sämtliche Beschwerden, die ein Kinderarzt überhaupt attestieren kann, eine bestimmte Prothese benötigten. Schon bevor Helmut Kohl sie salonfähig machte, trug ich eine Brille im selben Stil wie er Jahre später als Kanzler. Meine oberen Vorderzähne begannen sich bereits frühzeitig in Bugs-Bunny-Stellung zu formieren, weshalb ich als Grundschüler eine, ach was, zwei Zahnklammern verordnet bekam; eine für oben und eine für unten. Beide mussten mit kleinen Gummibändern miteinander verbunden werden, die einem a) beständig die Zungenränder aufscheuerten und b) dazu führten, beim ruckartigen Lachen die obere Zahnklammer mit einem Knallgeräusch auf sehr schmerzhafte Weise von der Zahnreihe zu ziehen, in der sie verankert war. Beides, Brille und Klammer, waren dauernd verschollen, und bei Letzterem hielt sich meine Motivation, sie schnell wiederzufinden, stets in Grenzen. Das Gesamtpaket rundete eine Art Fessel ab, die ich nachts tragen musste, weil ich mit einer sogenannten Fehlstellung der Füße auf die Erde kam, die angeblich nur dadurch korrigiert werden konnte, dass meine Füße in orthopädisch erwünschter Position fest auf eine Art Brett geschnallt wurden, das es mir unmöglich machte, mich im Bett zu drehen, geschweige denn nachts unfallfrei aufs Klo zu gehen (was nur in konzentrierten Schlusssprüngen gelungen wäre). Man hätte mich damals nur mit Goldfarbe einsprühen müssen, um eine täuschend echte C-3PO-Kopie zu erhalten.

Damalige Ärzte, und damit sind Kinderärzte nicht ausgenommen, zeichneten sich durch eine Gefühlskälte aus, die man heute nicht mehr für möglich halten würde. Als meine Mutter zum ersten Mal mit meinem gerade geborenen Brüderlein zur Kinderärztin ging, kommentierte Frau Doktor Pauke sein Erscheinungsbild mit einer zu jener Zeit wohl üblichen medizinischen Sachlichkeit, dass es sich bei ihm um ein ziemlich fettes Weib handele (was zumindest bezogen auf die Geschlechtsbestimmung angreifbar erschien). Und unser schmallippiger Orthopäde Doktor Klobingscheid, ein ehemaliger Sanitätsarzt mit Minderwertigkeitskomplexen, die in Zusammenhang mit seiner Größe (circa 1,55 Meter) stehen mussten, der Tugenden wie Verbindlichkeit und Menschenfreundlichkeit eher skeptisch gegenüberstand, erklärte tonlos, dass für den Fall, dass ich die Fußschiene nicht vernünftig trüge, mir nur eine Operation bliebe: »Die Beine einmal schräg durchsägen und die Knochen in richtiger Stellung wieder annageln.«

So ist zu erklären, dass ich monatelang ohne zu murren im Schlusssprung ins Bett hüpfte, obwohl mich zwischen den Kissen Albträume erwarteten, in denen Doktor Klobingscheid und eine Kettensäge entscheidende Rollen spielten.

Zum Glück werden heute viele der früher gängigen orthopädischen Maßnahmen bei Kindern als überflüssig angesehen. In dreißig Jahren hat sich die Kindermedizin enorm entwickelt, und zwar nicht nur zugunsten des Gesundheitszustands der heutigen Kinder, sondern auch was die Behandlungsmethoden betrifft. Die berücksichtigen heute viel stärker die Bedürfnisse von Kindern, die wiederum als Patienten viel ernster genommen werden als früher. Zahnspangen sind heute keine eisernen Masken mehr, Kassenbrillen haben Style, auf Kinderkrücken prangen SpongeBob-Motive. Und hätte es den Erdbeersaft schon gegeben, den mein Sohn bei Schmerzen und Fieber bekommt statt dieses widerlichen milchig-rosafarbenen Brechmittels aus meinen Kindertagen, wäre ich ein Fanboy von Kinderkrankheiten gewesen. Solche medizinischen Verbesserungen drücken eine Wertschätzung gegenüber Kindern aus, die es früher nicht gab.

Wenn ich heute mit meinen Eltern über Kindererziehung spreche, dann sehe ich, dass wir die gleiche Zielsetzung haben und hatten: Sie wie ich wollen, dass unsere Kinder zu empathischen, eigenständigen und verantwortungsbewussten Menschen heranwachsen. Allerdings habe ich andere Vorstellungen darüber, wie der Weg dahin aussieht; wie man also ein Kind erzieht, damit es glücklich und gleichzeitig selbstständig wird, wie viel Nähe ihm gut tut und wo man ein Kind besser mal allein etwas versuchen lassen sollte oder es auch mal scheitern lassen muss. Beide Familien, die, in der ich groß wurde, und die, in der ich ein Kind großziehe, sind sich in diesen Punkten nicht immer einig. Woran liegt das?

Meine Eltern, die dem »Glucken« eher kritisch gegenüberstehen und der Auffassung sind, Kinder sollten frühzeitig von der Leine gelassen werden, brachten ihre eigenen Biografien mit in die Familie, die sie gründeten. (So wie das bei meiner Frau und mir heute zwangsläufig ebenfalls ist.) Man kann sich gar nicht dagegen wehren, jeder ist Kind seiner Zeit, und diese Biografien prägen eben auch unsere Vorstellung von Erziehung. Meine Eltern entstammen einer Generation, die unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs aufwuchs. Es gibt heute viele Bücher und Filme über jene Kinder, die noch die Trümmerbahn durch die Stadt fahren sahen und in Bombenruinen Räuber und Gendarm spielten und ihre Eltern im Alltag eher selten zu Gesicht bekamen.

Die Fünfzigerjahre werden heute sehr ambivalent wahrgenommen. Zum einen waren es die Anfangsjahre einer Demokratie mit freiheitlicher Verfassung, die eine direkte Folge des und Antwort auf den Nationalsozialismus war. Ein befreites Land, das einen beachtlichen Wirtschaftsaufschwung erlebte, dessen Einwohner aber lange noch nicht befreit waren von den Kriegserlebnissen und von den Schuldgefühlen wegen der unfassbaren Verbrechen vieler Deutscher. Sie waren traumatisiert von den Erfahrungen einer zwölfjährigen Diktatur, die die ganze Welt in eine Katastrophe geführt hatte. Diese Jahre werden von vielen Menschen, die damals Kinder waren, als sehr brutal geschildert; mein Vater erlebte auf den damals so typischen Kinderlandverschickungen und in katholischen Kinderheimen als nicht einmal Zehnjähriger Züchtigungen, die so widerlich und verstörend sind, dass ich sie hier nicht wiedergeben mag. Meine Mutter erzählt, dass es sich damals für Kinder überhaupt nicht gehörte, Schwäche zu zeigen. Stattdessen war Härte zu sich selbst ein Wert an sich, und wer in der Schule nicht mitkam, bekam erst Prügel vom Lehrer und anschließend ging’s zu Hause rund.

Einer der auflagenstärksten Erziehungsratgeber in den Fünfzigerjahren trug den Titel Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind und stammt aus der NS-Zeit (noch bis in die Achtzigerjahre war es erhältlich, allerdings unter einem anderen Titel und »bereinigt« von NS-Propaganda). Die Autorin Johanna Haarer, eine Ärztin und glühende Verfechterin des Nationalsozialismus, empfahl Eltern, ihre Säuglinge schreien zu lassen und sie auf keinen Fall mit zu viel Liebe und Zärtlichkeit zu verwöhnen. Erst mit den gesellschaftlichen Umwälzungen durch die sogenannten 68er begann körperliche Züchtigung in der Erziehung hinterfragt zu werden; in Deutschland wurde sie im Jahr 2000 gesetzlich verboten: Durch die Verschärfung des § 1631 BGB haben Kinder das ausdrückliche »Recht auf gewaltfreie Erziehung« und »körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig«.

Es lässt sich nicht belegen, ob sich das Unvermögen vieler Eltern in der Nachkriegszeit, Liebe und Geborgenheit zu vermitteln, damit zusammenhängt, dass ihnen in einer faschistischen Diktatur lange Zeit genau diese Fähigkeiten auf das Perfideste ausgetrieben wurden; die wissenschaftliche Forschung ist an diesem Punkt uneins. Mir ist es jedenfalls fast unmöglich, meinem Kind mit Härte und Strenge zu begegnen. Ja, ich bin in dieser Hinsicht oft auch nicht konsequent. Regelmäßig sage ich zu meinem Sohn: »Wenn du jetzt nicht aufhörst, dann …« Und dann hört er nicht auf, und alles, was ich nach »dann …« angedroht habe, tritt natürlich nicht ein.

Mit dieser Inkonsequenz mache ich mich gemäß des seit den Fünfzigerjahren herrschenden erziehungswissenschaftlichen Diskurses schuldig. Nicht, weil es nicht möglich ist, hart durchzugreifen, sondern weil heutige Eltern nicht mehr Willens dazu seien, Grenzen zu ziehen und Regeln aufzustellen. Moderne Eltern gelten als zu nachgiebig, können angeblich nicht loslassen und als Folge daraus fehlen ihnen die Autorität und die Durchsetzungskraft.

Ich gebe zu, Konsequenzen anzudrohen und sie anschließend nicht durchzusetzen, untergräbt insofern meine eigene Glaubwürdigkeit, als dass unser Sohn dadurch lernt, dass sein Papa nicht immer zu seinem Wort steht. Andererseits kann er sich darauf verlassen, dass ich ihm nichts antun werde, das ihm wehtut oder traurig oder wütend macht. Ist das so verkehrt?

Nicht konsequent zu sein, heißt es, sei Gift bei der Erziehung. Und viele Eltern mischen dieses Gift munter bei. Nicht nur in solchen hilflosen Wenn-dann-sonst-Konstrukten, wenn mir gerade nichts Besseres einfällt, um meinen Nachwuchs zu bändigen, sondern genauso – und das ist meiner Meinung nach viel schlimmer –, wenn wir den Kindern das Tablet verbieten und uns selbst gleichzeitig die ganze Zeit unser Smartphone vors Gesicht halten. Oder wenn wir das Tablet erst verbieten, dann aber doch erlauben, damit wir uns in Ruhe noch weiter unser Smartphone vors Gesicht halten können.

In solchen Fällen stimme ich zu und halte Konsequenz für extrem wichtig, weil es um eine prinzipielle Regel geht, an die sich in einer Familie alle halten sollten. Und weil es von Respekt zeugt, wenn ich selbst nicht tue, was ich meinen Kindern verbiete. Denn: Warum wollen wir denn nicht, dass unsere Kinder auf ihren Handys und Tablets herumdaddeln? Weil es ihre ganze Aufmerksamkeit frisst, sie sich immer mehr mit den virtuellen Inhalten beschäftigen als mit anderen Dingen und weil der Griff zum Smartphone immer häufiger kommt, um ja keine Social-Media-Nachricht, keinen Post, keinen Snap zu verpassen. Mal ehrlich – sieht es bei uns etwa anders aus? Wie oft bekommen Kinder heute ein »Gleich!« oder auch nur »Hm?« zu hören, weil Papa oder Mama gerade von den Dingen, die sich auf ihrem Display abspielen, abgelenkt sind? In diesem Fall bedeutet Konsequenz also: Bildschirmfreie Zeiten gelten für Groß und Klein.

In anderen Situationen ist mir strikte Konsequenz jedoch zu diktatorisch, weil sie keine Rücksicht darauf nimmt, wie sich die Dinge entwickeln. Warum soll ich meinen Sohn zum Beispiel ins Bett schicken, wenn er plötzlich ein überzeugendes Argument hat, noch nicht ins Bett zu müssen? Hunger zum Beispiel. Kein Kind soll hungrig zu Bett gehen, also brate ich ihm um neun Uhr abends ein Schnitzel, wenn es sein muss. Auch wenn ich eine Stunde vorher am Abendbrottisch noch gesagt habe: »Wenn du jetzt nichts isst, gibt es nachher nichts mehr.« Ja, er lernt daraus, dass sein Papa nicht so streng ist, wie er tut, und ich? Ich lerne, dass man Konsequenz nur in den Raum stellen sollte, wenn man hundertprozentig sicher ist, dass man nachher auch konsequent bleiben wird. Wenn ich nicht streng sein möchte, dann muss ich es beim nächsten Mal eben andersherum probieren. Beim nächsten abendlichen Hungerstreik werde ich sagen: »Iss lieber jetzt etwas, dann muss ich dir später nicht noch ein Schnitzel braten und habe mehr Zeit zum Vorlesen.« Aus einer Bestrafung ist eine Belohnung geworden, uns beiden geht es besser damit. Win-win-Situation.

Davon abgesehen fände ich es interessant, mal die ganzen Anweisungen und Aufforderungen zu hinterfragen, die ein Kind den lieben langen Tag zu hören bekommt. »Zieh deine Schuhe an« oder »Putz dir die Zähne« mögen noch nachvollziehbar sein, wie viele Anliegen an unsere Kinder formulieren wir jedoch aus egoistischen Motiven heraus? Klar brauchen Kinder ausreichend Schlaf und sollten daher zu einer vernünftigen Zeit ins Bett gehen, aber wie oft kommt es vor, dass wir sie ein paar Minuten früher drängen als nötig und ungeduldig werden, wenn sie trödeln? Weil wir nämlich, so sehr wir unsere Kinder auch lieben, nach einem langen Tag doch unsere Papa-und-Mama-Zeit für uns allein genießen. Und der Wunsch nach einer Pause ist verständlich, wenn man den ganzen Tag das Beste für sein Kind gewollt hat. Vielleicht hilft es in solchen Situationen, wenn man sich den eigenen Wunsch bewusst macht und einen Kompromiss mit dem Kind findet. Zum Beispiel: »Ich bin sehr müde und würde mich gern für mich allein ausruhen. Wenn du dich leise in dein Bett setzt, darfst du noch ein Buch ansehen.«

Genauso könnte es funktionieren: »Wenn du mich in Ruhe meinen Kaffee austrinken lässt, dann komme ich gleich und spiele mit dir Lego.« Oder: »Wenn du mir hilfst, den Tisch abzuräumen, kann ich gleich noch mit dir malen.« Die Möglichkeiten sind grenzenlos, und in solch partnerschaftlichen Wenn-dann-Konstrukten fällt das Konsequentsein viel leichter und nimmt zugleich das Kind in seinen Bedürfnissen ernst.

Überhaupt hat sich seit den Fünfzigerjahren Erziehung vom autoritären Befehlsempfänger-Verhältnis zum partnerschaftlichen Verbund gewandelt. Die Neue Zürcher Zeitung konstatierte bereits im Jahr 2012 zu diesem Thema: »In der Tat hat sich die Beziehung zum Kind durch die Idealisierung der Elternliebe verwandelt. Das Kind ist zu einem narzisstischen Objekt geworden, das den Eltern durch seine Perfektion Wert verleiht und ihre Existenz rechtfertigt.«7 Kinder sind heute ein Schaustück der Selbstoptimierung? Wie bitte?

Mich erinnern solche Vergleiche an die typische Verurteilung der nachfolgenden Generationen durch die jeweils ältere als verweichlicht statt zupackend, als egomanisch statt solidarisch, die ja insofern angreifbar erscheint, weil mindestens seit Adam und Eva über die alten Griechen bis hin zu Martin Luther immer wieder artikuliert wurde, dass den Jüngeren in mannigfaltiger Hinsicht der Schneid fehle. Wäre diese Theorie richtig, wäre dieser Planet heute ziemlich wüst und leer. Ich behaupte: Eine Elterngeneration MUSS die nachfolgende insofern kritisieren, als dass sie sich sonst ihre eigenen Fehler eingestehen und sich damit auseinandersetzen müsste. Wir Kinder unserer Eltern machen ja gerade das in der Erziehung anders, was uns bei unseren eigenen Eltern missfiel. Wie wir mit unseren Kindern umgehen, ist in seinen Unterschieden sozusagen ein Gegenspiegel zu dem Verhalten unserer Eltern uns gegenüber. Wer also feststellt, dass wir eine gesteigerte Fürsorge und Aufmerksamkeit leben und sich dabei eingesteht, dass das den Kindern sogar gut tut, der muss mit der Schuld leben, das eigene Kind vernachlässigt zu haben. Da ist es leichter, mit dem Finger auf heutige Eltern zu zeigen und deren Methoden anzukreiden. Vielleicht spielt sogar Neid eine Rolle. Neid, weil unsere Kinder ein so gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben, wie unsere Eltern das zu ihren nie hatten.

Wenn ich heute Fotos sehe von meinen Eltern, als sie so alt waren wie ich heute, stelle ich fest, dass sie wesentlich erwachsener wirken als ich. Ich kleide mich oft noch so wie in Studententagen (und man darf sich durchaus fragen, ob Basecap, kurze Cargohosen und Turnschuhe für einen Mittvierziger mit der Menschenwürde vereinbar sind). Der Vergleich zeigt, dass wir heute unsere Jugend ausweiten. Der Trend (oder Zwang?), das Jungsein zum Lebensideal zu erklären, wird oft mit der heutigen Leistungsgesellschaft in Zusammenhang gebracht, weil man als junger Mensch angeblich leistungsfähiger sei; jedes zusätzliche Fältchen bedeutet daher einen Marktwertverlust. Zumindest auf mich bezogen hat mein – nun ja – juveniles Erscheinungsbild eher mit Bequemlichkeit zu tun. Da ich jedoch bei vielen Gleichaltrigen einen ähnlichen Kleidungsstil feststellen kann, muss es einen übergeordneten Grund geben, und da finde ich die These des Soziologen Stephan Lessenich8 überzeugend, dass wir unsere Jugend heute gar nicht ausweiten, sondern sie durch eine entsprechende Lebensführung an die längere Lebenserwartung anpassen. Das würde erklären, warum meine Oma und mein Opa früher ganz anders aussahen (nämlich klassisch mit grauen Haaren und Tabakpfeife respektive Küchenschürze) als die Großeltern, die mein Sohn heute hat. Die gehen nämlich als zehn bis 15 Jahre jünger durch und sind im Sportverein.

Es ist paradox. Obwohl wir heute stöhnen, wir hätten zu wenig Ruhe und alles werde immer stressiger, steht uns faktisch mehr Lebenszeit zur Verfügung. Während die Elterngeneration vor uns, geboren in den Vierziger- und Fünfzigerjahren, sich viel schneller mit Fragen nach dem richtigen Beruf, dem richtigen Partner und der richtigen Wohnzimmerausstattung befassen – also kurzum früher erwachsen werden – musste, hatten wir genug Zeit (und durch unsere Eltern in vielen Fällen auch die Mittel dafür), uns erst mal auszuprobieren. Ein Jahr Weltreise, viermal Studiengangwechsel, 15 Partner und unzählige WG-Zimmer und Eineinhalbzimmerwohnungen, bis irgendwann alles darauf hinauslief, mit dem richtigen Partner am richtigen Ort eine richtige Familie zu gründen. Da war man halt schon älter als dreißig.

Seit den Fünfzigerjahren steigt das Durchschnittsalter, in dem Menschen Eltern werden, jährlich an; heute liegt das Mittel bei 31,2 Jahren9, vor sechzig Jahren waren es noch 24 Jahre10. Und wenn man immer mehr Zeit hat, sich auf ein Kind vorzubereiten, will man erst recht vermeiden, am Ende als diese typischen Trottel-Eltern dazustehen, die davon ausgegangen sind, das Leben würde mit Kind weitergehen, als wäre nichts geschehen (und die es dann nicht fassen können, wenn sie mit ihrem schreienden Baby nachts mehrere Stunden durch die Stadt fahren müssen, weil der Säugling nur im Kindersitz und bei Motorgeräuschen mit dem Heulen aufhört und einschläft). Natürlich sind wir älteren Eltern auf das alles vorbereitet; wir haben ja nicht nur genug Zeit gehabt, sondern sind qua Lebenserfahrung bereits vernünftiger geworden, als es Zwanzigjährigen überhaupt möglich ist. In unserem Regal stehen alle relevanten Bücher über akute Kinderkrankheitssymptome, wir haben einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys absolviert und der Wickeltisch verfügt rundherum über ein Schutzgeländer, damit wirklich nichts passieren kann. Alles andere könnte man sich nicht verzeihen – man wusste ja um die Gefahren.

Vielleicht ist das der springende Punkt bei der Frage, warum ich der Vater wurde, der ich heute bin. Ich bin sehr aufgeklärt darüber, was gut für ein Kind ist und was nicht. Darüber hinaus bringe ich meine Biografie mit. Ich habe in der Kindheit so viele Freunde gehabt, deren Eltern in ihrem Leben keine Rolle spielten, weil es ihnen entweder an Interesse oder an Zeit mangelte (bei Dierk Knüllenstedt war es eine Kombination aus beidem). Ich habe die Kälte in vielen Familien erlebt; Väter, die nach der Arbeit von ihren Kindern nicht angesprochen werden durften (»Papi muss sich erholen, stör ihn nicht«), und Schulfreunde, mit denen zu Hause ausschließlich die Fernsehansager im Abendprogramm sprachen. Und Kinder, die mit ihrer vielen Zeit einfach nichts anzufangen wussten.

Ich will jede Minute meiner freien Zeit für meinen Sohn da sein (zumindest so lange bei ihm eine konkrete Nachfrage besteht), und ich bin mit diesem Wunsch keine neue Mutation. Die Väter in meinem Freundeskreis denken überwiegend dasselbe: Es macht Spaß, mit seinen Kindern zusammen zu sein, und sie alle haben das Gefühl, dass sich die Kinder gut entwickeln, wenn sie wissen, dass jemand da ist, der sich auf sie freut. Die Mehrheit der Väter in Deutschland wünscht sich laut des »Väter-Barometer 2016« des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mehr Zeit für ihre Kinder und dafür weniger Arbeit – bei den 18- bis 29-jährigen Vätern sind es sogar knapp siebzig Prozent. Wer sagt jetzt noch: Früher war alles besser?


Kinder wollen und dürfen in ihren Bedürfnissen und Meinungen ernst genommen werden. Ein altersgerechtes Mitspracherecht schadet ihnen nicht, sondern erzieht sie zu selbstbewussten, entscheidungsfreudigen Menschen, die sich wertgeschätzt fühlen, für ihre Belange eintreten und in der Lage sind, Kompromisse einzugehen.



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