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Vorwort
ОглавлениеUnsere Eltern schauten uns so entsetzt an, als hätten wir gerade verkündet, nach dem Abi in den australischen Regenwald auswandern zu wollen, um eine fünfjährige Ausbildung zum professionellen Buschtrommler zu absolvieren. Dabei hatten wir auf die Frage, was wir denn nach der Schule mit unserem Leben anfangen wollten, nur eine aus unserer Sicht völlig harmlose Antwort gegeben: Journalist werden! Doch für unsere Eltern schien eine Welt zusammenzubrechen. Sie hatten sich ihre Söhne vor ihrem inneren Auge im weißen Kittel eines Chefarztes oder der schwarzen Robe eines Anwalts vorgestellt – den sie jetzt gegen das angeranzte Sakko eines Schreiberlings eintauschen wollten. Statt als Juristen in Gerichtssälen für Recht und Ordnung zu sorgen, sahen sie uns mit Fotoapparaten bewaffnet und hinter Büschen lauernd als Paparazzi Jagd auf Prominente machen. Und statt mit einem geregelten Einkommen möglichst schnell ein Reihenhaus erarbeitend, sahen sie uns in ihrer Horrorvision als freie Journalisten unter der Brücke landen.
Wie also war unser schockierender Berufswunsch zu erklären? Was war passiert, nachdem wir uns im Anschluss an die kindlichen Berufswünsche Feuerwehrmann und Astronaut jahrelang keine Gedanken mehr um unsere Zukunftsplanung gemacht hatten? Statt im Fernsehen nur Comedy und Comics zu konsumieren, hatten wir mit gewachsenem politischen Interesse auf der Fernbedienung plötzlich auch die Taste mit der Nummer eins entdeckt. Und während wir zu Hause im Sauerland auf dem Sofa saßen und uns unsere kleine Stadt zunehmend enger erschien, entdeckten wir in der ARD einen Mann, der es in die große weite Welt hinaus geschafft hatte. Meistens stand er mit einem blauen Mikrofon in der Hand vor dem Weißen Haus und erklärte den deutschen Fernsehzuschauern, was in den USA gerade los war. Einmal interviewte er sogar den US-Präsidenten. Er kommentierte live, wie die Amerikaner ihre ersten Bomben über dem Irak abwarfen, und ließ sich bei einer Reportage über eine Naturkatastrophe selbst von einem vorbeiziehenden Hurrikan nicht aus der Ruhe bringen. Für eine Dokumentation sprach er mit den Rolling Stones – und wurde dafür anscheinend sogar noch bezahlt! Der Name dieses Mannes mit dem spannendsten Job der Welt: Tom Buhrow. Einige Zeit später stieg der Washington-Korrespondent zum Moderator des wichtigsten Nachrichtenmagazins im deutschen Fernsehen auf. Als »Mr. Tagesthemen« erklärte er jetzt jeden Abend einem Millionenpublikum die News des Tages.
Wir fragten uns: Wie genau hat er das geschafft? Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Und wie wird man überhaupt Journalist? Welche Charaktereigenschaften muss ich mitbringen, um ein guter Journalist zu werden? Wie bekomme ich mein erstes Praktikum? Welche Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten gibt es?
Deshalb sind wir durchs Land gereist und haben für Euch Deutschlands Top-Journalisten nach ihren Wegen in den Traumberuf Journalismus gefragt.
Eins können wir an dieser Stelle schon vorwegnehmen: Viele Wege führen in den Traumberuf. RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel zum Beispiel studierte Landwirtschaft und schrieb seine Diplomarbeit über das Verhalten von Zuchtschweinen, bevor er die Journalistenschule besuchte. Der stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges erzählte uns, wie er während der Studentenbewegung Steine warf, Haschisch rauchte, sein Studium abbrach – und doch in die Chefredaktion des sterns aufstieg. Auch der mächtige BILD-Chefredakteur Kai Diekmann, der mit seinen Enthüllungen sogar den Bundespräsidenten ins Wanken brachte, spricht offen darüber, welche Rückschläge er als junger Journalist hinnehmen musste.
Deutschlands Top-Journalisten erzählen in diesem Buch nicht nur von ihren Anfängen, sie geben Euch auch viele exklusive Einblicke in ihre tägliche Arbeit. Die Königin der politischen Talkshows, Anne Will, hat uns verraten, wie sie mit ihrer »Schraubstock-Technik« die Bundeskanzlerin ins Kreuzverhör nimmt. FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher erklärte, wie er auf die Ideen für seine Bestseller kommt. VOGUE-Chefredakteurin und »Mode-Päpstin« Christiane Arp hat uns erzählt, wie Karl Lagerfeld und Heidi Klum hinter den Kulissen sind und wie sie neue Trends aufspürt. Während wir mit dem ARD-Sportmoderator Gerhard Delling ein Bundesligaspiel guckten, berichtete er, wie es ist, mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein Bier zu trinken. Während Dellings Arbeitskleidung schicke Anzüge sind, trägt Frederik Pleitgen meistens eine schusssichere Weste, wenn er auf Sendung geht. Der Kriegs- und Krisenberichterstatter von CNN hat uns zwischen seinen Einsätzen in Afghanistan, Libyen und Ägypten bei unserem Besuch davon erzählt, wie er einen Luftangriff nur knapp überlebte. Und ganz nebenbei hat er noch verraten, wie er den Sprung vom Sitzenbleiber zum weltbekannten Reporter schaffte. Von NEON-Chefredakteur Michael Ebert erfahrt Ihr, wie Ihr es schafft, trotz allem Konkurrenzdruck im Journalismus kein »Arschloch« zu werden. Und SPIEGEL Online-Chef Mathias Müller von Blumencron erläutert, was man als Journalist im digitalen Zeitalter außer Schreiben noch alles können muss.
Einige der Top-Journalisten haben zusätzlich noch eine persönliche Video-Botschaft für Euch – dafür scannt einfach mit eurem Smartphone den QR-Code unter den Interviews.
Übrigens: Wir konnten unsere Eltern dann doch relativ schnell davon überzeugen, dass der Beruf des Journalisten der spannendste der Welt ist und man sogar davon leben kann. Trotzdem hier noch ein paar Argumente für Eure Eltern: Nicht alle Journalisten tragen angeranzte Sakkos (oder schusssichere Westen), sondern viele sind sogar richtig schick (vor allem diejenigen, die fürs Fernsehen arbeiten). Zu Recht und Ordnung kann man mit seinen Enthüllungen von Skandalen auch als Journalist betragen. Und nicht jeder Journalist hat Geldnot, mancher wird sogar Millionär, wenn er zum Beispiel einen Bestseller nach dem anderen schreibt.
Natürlich kann nicht jeder Fernsehmoderator, Chefredakteur oder Bestsellerautor werden. Aber was wir von fast allen Starjournalisten in unseren Gesprächen gehört haben, ist dies: Der Weg in den Traumberuf Journalismus ist oft hart und steinig. Wer aber Talent mitbringt, unbedingt Journalist werden will und überdurchschnittlich einsatzbereit ist, der findet auch seinen Platz. Und falls Ihr es am Ende nicht bis in die Chefredaktion oder vor die Kamera schafft, gibt es für Eure Eltern vielleicht trotzdem einen kleinen Trost: Immerhin wollt Ihr nicht professionelle Buschtrommler im Regenwald werden.
Viel Spaß beim Lesen!
Jan Philipp Burgard und Moritz-Marco Schröder