Читать книгу Der Duft des Mangobaums - Jan Winter - Страница 6

Die Plantage

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Alma langweilte sich nicht eine Minute der dreieinhalbstündigen Fahrt. Nachdem sie mit der Fähre von Penang aufs Festland übergesetzt hatten, fuhren sie auf schmalen, von Schlaglöchern übersäten Schotterwegen immer tiefer ins Hinterland der malaiischen Halbinsel, vorbei an Reisfeldern, Teichen und malerischen, oft nur aus wenigen Hütten bestehenden Weilern. Howard erklärte ihr, dass Dörfer wie diese in der Landessprache Kampung genannt wurden. Der ohnehin geringe Verkehr auf den Straßen nahm mit jedem Kilometer weiter ab, bis ihnen nur noch vereinzelte Fußgänger, Fahrradfahrer oder gelegentlich ein von einem Wasserbüffel gezogener Karren begegneten.

„Was ist das?“, fragte sie Howard, als sie einen Wald aus schlanken, in schnurgeraden Reihen stehenden Bäumen durchquerten. „Es sieht aus wie künstlich angelegt.“

„An diesen Anblick solltest du dich besser gewöhnen“, sagte er. „Das ist eine Gummiplantage.“

Alma zog die Augenbrauen zusammen. So düster und eintönig hatte sie sich ihre zukünftige Umgebung nicht vorgestellt.

„Nicht gerade ein fröhlicher Anblick“, murmelte sie.

„Nein, Alma. Das Leben auf den Plantagen ist weder fröhlich noch romantisch. Wir sind dort, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Aus keinem anderen Grund.“

„Bist du nicht zufrieden?“

„Zufrieden?“, lachte er. „Nun, bin ich mein eigener Herr und werde geachtet. Wir haben Angestellte und können uns einige Dinge leisten, die in der Heimat unerschwinglich wären. Das ist der einzige Fortschritt gegenüber England.“

„Würdest du lieber zurückgehen?“

„Die Frage stellt sich nicht. England bietet mir keine Perspektive, also muss ich mich hier durchbeißen. Im Leben bekommt man nichts geschenkt, wie du wissen solltest.“

Howards Worte trafen Alma unvorbereitet wie eine Ohrfeige. Er hatte in seinen Briefen keine Andeutungen gemacht, dass ihm das Plantagenleben nicht gefiel. Von der Hitze abgesehen hatte er sich nie negativ über Malaya geäußert, und nun dies. Alma war verärgert. Warum musste er immer alles mit sich allein ausmachen? Schon damals in England hatte er sie erst um ihre Meinung gefragt, als die Verhandlungen zum Kauf der Plantage schon weit gediehen waren. Nahm er sie nicht ernst genug, um sich mit Problemen an sie zu wenden?

„Was stört dich? Ist es die Arbeit? Die Einsamkeit?“

„Ach Alma, du stellst vielleicht Fragen. Warte es einfach ab, und du wirst sehen, wie es dort draußen zugeht.“

Sein Tonfall ließ sie verstummen. Jedes weitere Wort hätte zu einem Streit geführt, den sie unbedingt vermeiden wollte; stattdessen sah sie aus dem Fenster und dachte über das Gesagte nach. Selbst wenn sie sich falsche Vorstellungen vom Alltag auf der Plantage machte, würde sie sich nicht einschüchtern lassen. Schwierigkeiten existieren, um aus dem Weg geräumt zu werden, hatte ihr Vater oft gesagt.

Nach einer Weile wurde die Landschaft hügeliger. Bäche durchzogen die dichten Wälder. Am Himmel zogen Wolken auf, und die Luft kühlte allmählich ab. Kurz nachdem sie auf einer Holzbrücke einen Fluss überquert hatten, drosselte Howard in einer Kurve die Geschwindigkeit des Wagens und wies auf einen hölzernen Torbogen, von dem ein Schild mit der Aufschrift „Gloria Estate“ hing.

„Das ist die Einfahrt zu Francis‘ Plantage. Noch sechs Kilometer, dann haben wir es geschafft.“

„Woher stammt der Name?“

„Die Plantage ist nach unserer Großmutter benannt. Onkel William, der sie Francis vererbt hat, blieb Zeit seines Lebens Junggeselle, und so fiel ihm wohl kein besserer Name als der seiner Mutter ein. Er hätte sie schließlich kaum „Sharifah Estate“ taufen können.“

„Wer ist Sharifah?“

„Sein kleines Geheimnis“, erklärte Howard. „Sie lebt noch. Vielleicht wirst du sie eines Tages kennenlernen.“

„Gibt es viele Plantagen in der Gegend?“

„Einige, wenn auch nicht mehr so viele wie früher. In den letzten Jahren haben Firmen wie Guthrie, Dunlop oder Harrisons & Crosfield die meisten aufgekauft und zu großen, von angestellten Managern geleiteten Estates zusammengefügt. Nur Clarke, Francis und ich führen in dieser Region noch unseren eigenen Besitz.“

Bald darauf bogen sie von der Straße in einen Feldweg. Kein Torbogen schmückte die Einfahrt, nur ein verwittertes, an einen Baum gelehntes Schild wies darauf hin, dass sie sich auf dem Gelände der „Sungai Tiga Estate“ befanden. Insgeheim hatte Alma gehofft, dass Howard die Plantage nach ihr oder Albert umbenennen würde, aber möglicherweise brachte es Unglück, den etablierten Namen einer Plantage zu ändern.

„Bedeutet ,Sungai Tiga‘ nicht drei Flüsse?“

„Allerdings. Woher weißt du das?“, fragte Howard.

„Tja“, lachte sie. „Ich habe auf dem Schiff meine Hausaufgaben gemacht.“

„Braves Mädchen“, lächelte er, und die Welt schien wieder in Ordnung zu sein.

Sie fuhren nicht schnell, dennoch wunderte Alma sich, wie lange sie unterwegs waren, ohne ihr Haus zu erreichen oder auch nur einen Menschen zu sehen.

„Gehört das alles zur Plantage?“, fragte sie.

„Ja, sie ist nicht klein. Ungefähr tausendachthundert Acres.“

„Mein Gott! Das ist riesig.“

„Es geht“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Francis‘ Estate erstreckt sich über viertausend und die von Clarke über beinahe sechstausend Acres.“

„Ich hätte nie gedacht, dass du für unser bescheidenes Geld so viel Land erwerben könntest.“

„Na ja, der Preissturz für Kautschuk 1930 hat viele Pflanzer in den Bankrott getrieben, und sie mussten ihr Land praktisch verschleudern. Außerdem gehört mir die Plantage nicht allein“, sagte er und sah starr geradeaus, als müsste er sich aufs Fahren konzentrieren.

„Was hast du gesagt?“, rief Alma entgeistert. „Die Plantage gehört überhaupt nicht dir?“

„Natürlich gehört sie mir. Mir und Francis, um genau zu sein.“

„Warum hast du mir nie gesagt, dass ihr sie gemeinsam gekauft habt?“

„Ich habe es dir gesagt, Alma“, knurrte er. „Von Anfang an. Wahrscheinlich hast du wieder einmal nicht richtig zugehört. Und nun höre endlich auf, herumzunörgeln. Was macht es schon für einen Unterschied, ob mir die Estate allein oder zum größten Teil gehört?“

Es war Alma gleichgültig, ob ihm eine kleine Plantage oder die Hälfte einer großen gehörte, erst recht mit seinem Bruder als Partner, aber ihr zu unterstellen, dass sie nicht zugehört hätte, empfand sie als Frechheit. Obwohl Howard in England eine Zeitlang in einer Anwaltskanzlei gearbeitet hatte, verstand sie mit Sicherheit nicht weniger von Verträgen als er und hätte diesen gravierenden Unterschied niemals übersehen. Sie begriff nur nicht, warum er ihn verschwiegen hatte. Wenn er andere beeindrucken wollte, hätte sie es womöglich noch verstehen können, aber sie war seine Ehefrau.

„Dieser Weg führt zu den Quartieren der Arbeiter, dem Gebäude mit den Büros, den Räucherkammern und der Fabrik, in der wir den Rohkautschuk bearbeiten und pressen“, sagte Howard mit Blick auf eine Abzweigung. „Zu uns geht es geradeaus weiter.“

Alma nickte stumm. Als sie jedoch kurz darauf eine weite Lichtung erreichten und Howard den Wagen stoppte, ließ sie der Anblick ihres neuen Zuhauses jeden Groll vergessen. Der einstöckige, im malaiischen Stil auf Stelzen errichtete Bungalow krönte eine leichte Anhöhe, gleich dahinter begann der Dschungel. Das Gebäude war weitaus größer, als Alma erwartet hatte, mit einem Dach aus geflochtenen Palmzweigen und einer breiten, rund um das Gebäude laufenden Veranda.

„Ist das schön“, flüsterte sie. Alma wusste sofort, dass sie sich in diesem Haus wohlfühlen würde.

„Findest du? Na, umso besser“, sagte Howard. „Um ehrlich zu sein: Der Bungalow ist nicht besonders gut in Schuss. Ich war auf der Plantage zu eingespannt, um mich auch noch darum zu kümmern.“

„Keine Sorge, mein Lieber. Nun bin ich da und werde unser Heim so herrichten, dass wir es für keinen Palast der Welt eintauschen wollten.“

Howard drückte mehrmals auf die Hupe. Sofort erschien ein junger Malaie im Sarong, dem landesüblichen Wickelrock, und eilte zu ihnen, um das Gepäck ins Haus zu tragen.

Selamat datang, Mem“, hieß er Alma willkommen und beugte respektvoll den Kopf, bevor er sich zu Albert wandte, der auf dem Rücksitz saß und sich müde die Augen rieb: „Selamat datang, Tuan Kecil.“

Terimah kasih“, bedankte Alma sich, wie sie es im Lehrbuch gelesen hatte.

Während sie die Anhöhe zum Haus hinaufschritt, versammelte sich der Rest der Dienerschaft, allesamt Männer, auf der Veranda.

„Das ist Boon Siew, unser Koch“, stellte Howard einen älteren Chinesen vor. Sein Anblick irritierte Alma, weil der arme Kerl so fürchterlich schielte, dass sie nicht sagen konnte, ob er sie ansah oder eine Eidechse an der Decke beobachtete. Möglicherweise beides. Und wenn schon, dachte sie erheitert, solange er Kochtopf und Nachttopf auseinanderhalten kann, soll es mir egal sein. „Die anderen sind Chun Wee, der Kebun, Vethooshan, der Dhobi und Hanesh, der Tukan ayer. Unseren Boy Ahmad hast du bereits kennengelernt.“

„So viele Leute“, staunte Alma, nachdem sie jedem die Hand geschüttelt hatte. „Was sind ihre Aufgaben?“

„Der Kebun ist der Gärtner, der Dhobi kümmert sich um unsere Wäsche und der Tukan Ayer versorgt uns mit Wasser. Der Boy macht sauber und erledigt alle anderen im Haus anfallenden Arbeiten“, erklärte Howard und sah sich dabei suchend um, als vermisste er noch jemanden.

„Vieles davon könnte ich selbst machen“, schlug sie vor. „Auf diese Weise würden wir Geld sparen.“

„Diese Leute kosten nicht viel, und was sollten die Einheimischen denken? Du bist eine Mem und kannst unmöglich arbeiten, ohne unser Ansehen zu gefährden.“

„Was soll ich den ganzen Tag über tun, wenn ich nicht einmal den Haushalt führen darf? Kann ich dir bei der Buchführung der Plantage helfen?“

„Dafür habe ich Angestellte. Deine Aufgabe besteht darin, die Diener zu überwachen und für Ordnung im Haus zu sorgen. Außerdem musst du Besucher empfangen und sie unterhalten. Gerade von einem verheirateten Pflanzer wird erwartet, dass er am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, sonst wird er schnell als Einsiedler oder Snob abgestempelt. Ah, da kommt Aziza.“

Alma drehte sich um und sah eine Malaiin in einem weiten, bis zum Boden reichenden Gewand aus dem Haus kommen. Sie musste etwa dreißig sein, hatte bis zu den Hüften fallendes schwarzes Haar und ein rundes Gesicht.

„Aziza wird sich um Albert kümmern“, erklärte Howard. „Ich habe sie als seine Ajah eingestellt, sein Kindermädchen.“

Alma lächelte sie an, doch weder das finstere Gesicht der Frau noch ihr gleichgültiger Blick auf Albert verhießen Gutes. Sie mag mich nicht, dachte Alma, und ich sollte besser ein Auge darauf haben, wie sie meinen Sohn behandelt. Im nächsten Moment ließ sie ein Klopfen auf das Dach der Veranda aufhorchen. Es begann zu regnen.

„Komm, wir gehen hinein, damit du dir das Haus ansehen und dich frisch machen kannst“, schlug Howard vor und wies Ahmad an, zum Schutz vor dem Regen die Bambusblenden entlang der Veranda herunterzulassen.

Das Innere des Bungalows bestand aus einem großzügigen Wohnzimmer mit Esstisch und zwei Schlafräumen mit jeweils einem angeschlossenen Bad. In allen Zimmern hingen Ventilatoren von den Decken, und zu ihrer Freude entdeckte Alma sogar einen Kühlschrank. Howard erklärte ihr, dass ein Generator das Haus mit Strom versorgte. Die Küche befand sich in einem durch einen überdachten Gang mit dem Haus verbundenen Bau auf der Rückseite, in dem auch die Hausangestellten wohnten.

„Du solltest jetzt in dein Zimmer gehen und dich etwas hinlegen“, sagte Howard, nachdem sie das Haus inspiziert hatte. „Heute Abend sind wir zum Abendessen bei Francis und Mabel eingeladen.“

„Mein Zimmer? Schlafen wir denn nicht im selben Raum?“

„Nein. Ich habe das große Schlafzimmer für Albert und dich vorgesehen, und das kleine für mich.“

„Warum möchtest du getrennte Zimmer?“, fragte Alma, ohne ihre Enttäuschung zu verbergen. „Ich habe dich so lange vermisst, und nun soll ich wieder ohne dich schlafen?“

„Ich hätte nichts dagegen, wenn du mich gelegentlich besuchen würdest“, grinste er. „Trotzdem ist es besser, wenn ich allein schlafe. Ich muss jeden Morgen weit vor dem Morgengrauen aufstehen, um rechtzeitig beim Appell zu sein, und ich möchte euch nicht wecken. Davon abgesehen ist die Arbeit so anstrengend, dass ich nachts meine Ruhe brauche.“

„Na gut“, seufzte Alma. „Dann werde ich jetzt meine Sachen auspacken und einräumen. Sag mal, wo ist Albert überhaupt?“

„Keine Ahnung. Wahrscheinlich kümmert sich Aziza um ihn.“

Alma fand ihn allein auf der Veranda, von der Malaiin weit und breit keine Spur. Er beobachtete zwei junge Katzen beim Spielen. Da sie ihm den Spaß nicht verderben wollte, bat sie Howard, auf ihn zu achten, solange sie in ihrem Zimmer beschäftigt war. Während sie den Inhalt ihrer Koffer in den Schrank sortierte, drangen über das Trommeln des Regens hinweg Geräusche an ihr Ohr.

„Howard, kannst du bitte mal kommen?“

„Was ist denn?“

„Da ist so ein seltsames Knacken im Dach. Hörst du es auch?“

„Ja. In diesen Attap-Dächern leben eine Menge Tiere. Eichhörnchen, Schlangen, Mäuse und viele Insekten.“

„Schlangen?“, rief sie entsetzt.

„Ja, aber sie sind ungiftig und brauchen dich nicht zu beunruhigen. Im Gegenteil, sie sind nützlich, weil sie die Ratten und Mäuse fressen.“

„Warum ersetzt du es nicht durch ein Blechdach? Wäre es zu teuer?“

„Das nicht, aber bei Sonnenschein wird es darunter unerträglich heiß, und bei Regen ist es sehr laut.“

Alma nickte. Sie würde noch vieles über die Tropen lernen müssen.

Die Dunkelheit war hereingebrochen. Alma stand auf der Veranda und lauschte dem Konzert der Insekten, ihrem Zirpen, Schnarren und Fiepen. An der Decke über ihr gaben kleine, Cicaks genannte Eidechsen glucksende Laute von sich, und aus dem Dschungel drangen die weit tragenden Rufe der Gibbons herüber. Nach dem Regen war die Nacht mild und voller fremder Gerüche.

„Ein herrlicher Abend“, murmelte sie. „Die Luft ist so weich wie Samt.“

„Und warm“, sagte Albert, der neben ihr stand und hinauf zu den Sternen spähte.

„Da hast du recht. Ist es hier nicht viel schöner als in Liverpool?“

„Ja. Darf ich morgen mit den Katzen spielen?“

„Natürlich. Hier draußen darfst du so viele Katzen und Hunde haben, wie du möchtest.“

„Auch ein Eichhörnchen?“

„Wie kommst du auf ein Eichhörnchen?“

„Ich habe eins gesehen. Es war aber nicht rot, sondern grau. Darf ich eins haben?“

„Tja, ich bezweifle, dass sie sich zähmen lassen, aber wir können es versuchen.“

„Lasst uns fahren, sonst kommen wir zu spät zum Essen“, sagte Howard und trat aus dem Haus. Bevor Albert reagieren konnte, nahm er ihn hoch und trug ihn auf dem Arm zum Auto. „Jetzt wirst du den Rest deiner Familie kennenlernen, kleiner Mann.“

Die Scheinwerfer des Wagens fraßen Löcher in die Finsternis und glitten wie tastende Finger über die Stämme der Gummibäume am Straßenrand. Auch auf der „Gloria Estate“ gab es nur Schotterpisten, die sich allerdings in besserem Zustand als jene auf „Sungai Tiga“ befanden. Sie passierten ein alleinstehendes Holzhaus, auf dessen Veranda Alma im schwachen Licht einer Karbidlampe eine Frau ausmachen konnte.

„Das war Sharifah“, erklärte Howard, als sie vorüber waren.

„Sie lebt hier auf „Gloria“?“

„Ja. Die Erbschaft war an die Bedingung geknüpft, dass Francis ihr diesen Bungalow überlässt und eine monatliche Pension zahlt.“

„Dein Onkel muss sie geliebt haben, wenn er sie nach seinem Tod versorgt wissen wollte.“

„Es scheint so. Die meisten Beziehungen zu Einheimischen sind für die Europäer hier nur bedeutungslose Ablenkungen, aber offensichtlich nicht in Onkel Williams Fall.“

„Wie schön. Bestimmt war er glücklich mit ihr.“

„Mag sein“, sagte Howard gleichgültig. „Siehst du die Lichter? Wir sind gleich da.“

Aus der Dunkelheit schälte sich ein Bungalow, in ähnlichem Stil errichtet wie ihr eigener, jedoch wesentlich größer. Sobald Howard den Motor abgestellt hatte, erschien eine Frau in der Eingangstür und wartete, dass sie die Treppe hinaufstiegen.

„Herzlich willkommen in der Wildnis“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln und schüttelte Almas Hand. „Ich bin Mabel, deine Schwägerin. Kommt doch herein.“

Im Wohnzimmer saß Francis mit einem Glas Whisky am Tisch. Zwischen den Brüdern bestand eine unübersehbare Ähnlichkeit, nur war Francis größer und hagerer, mit langen Gliedern und auffallend großen Händen. Die lange Zeit in den Tropen, fast die Hälfte seines Lebens, hatte eine gutmütige Härte in sein Gesicht gebrannt, die Alma gefiel und instinktiv ihr Vertrauen weckte; gleichzeitig fiel es ihr schwer zu glauben, dass er nur fünf Jahre älter als Howard sein sollte.

„Setzt euch, damit wir essen können“, sagte er, nachdem er sie begrüßt hatte.

„Wo essen die Kinder?“, fragte Alma, als sie sah, dass nur für vier Personen gedeckt war.

„Im Nebenzimmer, mit ihrer Ajah“, erklärte Mabel. „So wird es hier gehandhabt, daran wirst du dich gewöhnen.“

Werde ich nicht, dachte Alma. Die Vorstellung missfiel ihr, aber sie behielt ihre Meinung für sich; Mabel musste schließlich selbst wissen, wie sie ihre Kinder erzog. Was ihren eigenen Sohn betraf, würde Alma sich nicht um Konventionen scheren, sondern ihn so aufziehen, wie sie es für richtig hielt. Gerald und Mildred, jeweils ein Jahr älter und jünger als Albert, kamen an den Tisch und stellten sich artig vor, dann folgten die Kinder der Ajah nach nebenan.

Zum Dinner wurde Roastbeef mit Kartoffeln und Gemüse aufgetragen, ein klassisches englisches Mahl fernab der Heimat. Eigentlich hatte Alma darauf gehofft, landestypische Kost probieren zu können, doch das Fleisch erwies sich als zu saftig und zart, um etwas daran auszusetzen. Es würde noch genug Gelegenheit geben, die Küche Asiens kennenzulernen, tröstete sie sich.

Alma nutze das Essen, um Mabel genauer zu betrachten. Von Howard wusste sie, dass Francis aufgrund des Mangels an Europäerinnen in Malaya 1929 nach England gereist war, um sich eine Frau für das Leben auf der Plantage zu suchen. Gefunden hatte er Mabel: eine kleine, etwas grobknochige Frau, mittlerweile dreißig, vom Klima und ihren Schwangerschaften gezeichnet. Trotz ihrer graublauen Augen und der ausnehmend schönen hellbraunen Haare fand Alma sie wenig attraktiv, was vor allem an der spitzen Nase und dem bitteren Zug um ihren Mund lag. Wenn Alma ehrlich war, erinnerte Mabel sie an eine wütende Maus. Sofort schämte sie sich für ihre Gedanken. Vom Äußeren eines Menschen auf sein Wesen zu schließen, zeugte weder von Klugheit noch Lebenserfahrung.

„Du ahnst nicht, wie froh ich über deine Ankunft bin“, strahlte Mabel sie über den Tisch hinweg an. „Das Leben ist so trostlos hier draußen, dass ich manchmal verzweifeln könnte. Nun, da du angekommen bist, wird es weniger einsam sein.“

„Gibt es denn sonst keine Frauen hier?“

„Kaum. Die meisten Plantagenmanager und ihre Assistenten sind unverheiratet. Außer mir leben nur vier Engländerinnen in der näheren Umgebung, von denen zwei alte Schachteln und die anderen, sagen wir mal, nicht nach meinem Geschmack sind“, kicherte sie. „Natürlich sieht man sich regelmäßig bei gegenseitigen Besuchen, auf Hauspartys oder Gesellschaften, doch wenn ich die Wahl hätte, würde ich mir einen anderen Umgang suchen.“

„Und wie steht es mit den Einheimischen?“

„Machst du Witze? Was sollte ich mit denen zu schaffen haben? Sie leben in einer anderen Welt und haben nichts mit uns gemein“, sagte sie. „Aus Erfahrung kann ich dir nur raten, Abstand zu ihnen zu halten, sonst nutzen sie dich aus oder bestehlen dich.“

„Howard hat mir von Sharifah erzählt. Kommt sie euch denn nicht besuchen?“

„Der Herr möge verhüten, dass sie unsere Türschwelle überschreitet“, rief Mabel und hob abwehrend die Hände. „Ich brauche ihr nur in die Augen zu schauen, und es läuft mir kalt über den Rücken. Um die Wahrheit zu sagen, halte ich sie für eine Hexe und möchte nicht, dass sie meinen Kindern zu nahe kommt.“

„Was redest du da?“, sagte Francis. „Sie ist eine nette alte Dame und hat niemandem etwas getan.“

„Sag, was du willst“, beharrte Mabel und machte dem Boy ein Zeichen, den Tisch abzuräumen. „Mir ist sie unheimlich, und es wäre mir lieber, sie würde nicht auf der Estate leben.“

„Onkel William wollte es so. Wir werden seinen Wunsch respektieren, ob es dir passt oder nicht.“

„Ich habe nichts dagegen einzuwenden, dass wir sie versorgen. Nur hätte sie den Anstand besitzen sollen, nach seinem Tod in ihr Dorf zurückzukehren, statt uns mit ihrer Anwesenheit zu beschämen. Immerhin muss ich deinem Onkel zugute halten, dass er, im Gegensatz zu anderen, nicht verheiratet war, als er sich eine einheimische Geliebte hielt.“

„Verschone uns mit deinem Tratsch“, fuhr Francis sie an. „Wirst du nie lernen, wann es angebracht ist, den Mund zu halten?“

Eisige Stille legte sich über die Tafel, nur das Plappern der Kinder drang aus dem Nebenraum herüber. Alma betrachtete angestrengt ihre Fingernägel, überrascht von der plötzlichen Wendung des Gesprächs. Ganz offensichtlich hegte Mabel den Verdacht, dass Francis ein Verhältnis hatte.

„Nun gut, sprechen wir von etwas Erfreulicherem“, durchbrach Mabel das Schweigen, und ihr Gesicht hellte sich auf. „Hat Howard dir schon gesagt, dass wir am Samstag ein Fest veranstalten werden, Alma?“

„Nein, hat er nicht.“

„Zu deiner Begrüßung. Damit sie dich kennenlernen können, habe ich alle Europäer der Gegend zu uns eingeladen. Ich dachte mir, deine Ankunft in unserem kleinen Kreis muss gebührend gefeiert werden.“

„Das ist aber lieb von dir. Vielen Dank.“

„Keine Ursache. Wir sind doch alle froh über jede Ablenkung, und wenn ich dir eine Freude machen kann, will ich es gern tun. Ich möchte, dass wir Freundinnen werden“, sagte Mabel. „Wenn du Hilfe oder Rat brauchst, kannst du dich jederzeit an mich wenden.“

„Ich werde bestimmt darauf zurückkommen“, sagte Alma, gerührt von Mabels Herzlichkeit.

Gegen Mitternacht machten sie sich auf den Heimweg. Francis war zu müde, um sie zu chauffieren, und da er den Rover am nächsten Tag nicht brauchte, konnte Howard ihn mitnehmen. Schweigsam fuhren sie in Richtung der Hauptstraße, vorbei an Sharifahs mittlerweile unbeleuchtetem Haus. Mabels Worte hatten Alma nicht abgeschreckt, sondern nur neugieriger auf die alte Malaiin gemacht. Wann hatte man schon die Gelegenheit, eine Frau zu treffen, die im Ruf stand, eine Hexe zu sein?

„Es war ein schöner Abend, oder?“

„Na ja. Das Essen war gut“, sagte Howard lahm.

„Ich mag die beiden, auch wenn ich mir bei Mabel zuerst nicht sicher war.“

Diesmal gab Howard überhaupt keine Antwort.

„Was ist los mit dir? Du wirkst bedrückt und hast den ganzen Abend kaum ein Wort gesagt.“

„Ich finde es einfach ungerecht, in welchem Luxus die beiden leben. Schau dir mal unser Haus an und vergleiche es mit ihrem.“

„Ganz ehrlich, mir gefällt unser Bungalow besser. Er ist ausreichend groß für uns und viel schöner gelegen. Wir haben eine Lichtung vor dem Haus, einige Palmen und schöne alte Bäume, während ihres dicht von Gummibäumen umstanden ist. Empfindest du es nicht auch als düster und bedrohlich, wie sie ihre Äste dem Haus entgegenstrecken?“

„Es geht mir nicht nur um das Haus, Alma. Hast du ihre Teppiche gesehen, die Kronleuchter und das Porzellan? Warum hat er es so viel besser als ich? Nur weil ich damals zu jung war, sonst hätte ich auch ein Kriegsheld sein können.“

„Das ist doch Unsinn. Sei froh, dass du nicht in diesen schrecklichen Krieg ziehen musstest. Ja, du hättest ein Held sein können, aber ebenso gut tot“, rief sie und dachte dabei an ihren Bruder Heinrich. Begriff er nicht, dass es Wichtigeres gab als Wohlstand? Natürlich wusste sie, dass die Ursache für seinen Neid tiefer lag. Howard hatte schon als Kind im Schatten seines Bruders gestanden und es nie verwunden, dass Francis nach Onkel Williams Tod als Anerkennung für seine Tapferkeit im Krieg die Plantage erbte, während er selbst leer ausging. Zum Ausgleich hatte sein Vater ihn als Alleinerben eingesetzt, doch die Wirtschaftskrise vernichtete sein nicht unerhebliches Aktienvermögen. Als er verstarb, hinterließ er Howard nur einen Bruchteil des Wertes, den Francis in Form der Plantage erhalten hatte.

Aufgrund der Erbschaft hätte der Lebensweg der Brüder kaum unterschiedlicher verlaufen können: Während sich Francis in Malaya ein Vermögen erarbeitete, hatte Howard als kleiner Angestellter in einer Bank angefangen. Wie so viele war er 1930 entlassen worden und hatte gerade erst schlechtbezahlte Arbeit in einer Anwaltskanzlei gefunden, als Alma und er sich kennenlernten und im Jahr darauf heirateten. Ihr war bewusst, wie sehr ihn die Sorge um materielle Sicherheit plagte, weshalb sie ihm nie erzählt hatte, wie ärmlich Albert und sie in Liverpool gelebt hatten.

„Ich fand es jedenfalls großherzig von Francis, dass er dir dazu verholfen hat, „Sungai Tiga“ zu übernehmen“, sagte sie in die Stille.

„Oh ja, sehr großherzig. Mein Bruder ist ein wahrer Heiliger.“

Die Erfahrung hatte Alma gelehrt, dass jede weitere Unterhaltung sinnlos war, wenn Howard sich in übler Stimmung befand, also schwieg sie.

Im Bungalow angekommen, verabschiedete er sich mit knappen Worten in sein Schlafzimmer und ließ sie stehen. Kopfschüttelnd wandte sie sich ab, um Albert ins Bett zu bringen. Bevor sie sich selbst für die Nacht bereit machte, trat sie noch einmal auf die Veranda und atmete tief durch. Ein süßlicher Duft lag in der Luft, eine Mischung aus Jasmin und anderen, ihr unbekannten Blüten. Was für eine wunderbare Nacht, dachte sie, und was für ein seltsamer Tag.

Da Howard das Haus längst verlassen hatte, nahm Alma das Frühstück allein mit Albert ein. Zum Nachtisch brachte Ahmad ihnen eine Schale mit Bananen, die sie aus ihrer Jugend in Bremen kannte, und einer weiteren, nie zuvor gesehenen Frucht. Der Boy sprach nicht sonderlich gut Englisch, verstand aber ihre Frage und erklärte, dass es sich um eine Papaya handelte. Das orangefarbene Fruchtfleisch war saftig und schmeckte wunderbar, Almas erste kulinarische Entdeckung in Malaya. Als er zurückkam, um den Tisch abzudecken, bat sie Ahmad, ihr den Koch zu schicken. Zwei Minuten später stand er vor ihr, ein Auge auf sie gerichtet, während das andere den Himmel nach Wolken absuchte.

„Mem?“

„Sprichst du Englisch, Boon Siew?“

„Ja, Mem.“

„Wie schön. Was gibt es heute Abend zum Dinner?“

„Ich weiß noch nicht, Mem. Haben Sie einen besonderen Wunsch?“

„Ja, ich möchte etwas Asiatisches essen.“

„Asiatisch, Mem?“, fragte er ungläubig und kratzte sich am Kopf. „Ich fürchte, der Tuan mag unser Essen nicht.“

„Hat er es jemals probiert?“

„Nicht, dass ich wüsste, Mem.“

„Das dachte ich mir. Also gibt es heute asiatisches Essen.“

„Sicher, Mem?“

„Ganz sicher. Auf der Plantage gibt der Tuan die Befehle, im Haus aber hat die Mem das Sagen. Richtig?“

„Richtig, Mem“, stimmte er grinsend zu. „Möchten Sie Fisch oder Fleisch? Malaiisch oder chinesisch? Ich kenne auch einige indische und siamesische Gerichte.“

„Das überlasse ich dir. Du besitzt mein volles Vertrauen.“

„Danke, Mem.“

„Und höre bitte auf, mich ständig Mem zu nennen.“

„Ja, Mem.“

Alma bat ihn zu warten, als sie Aziza durch den gedeckten Gang zum Haus schlurfen sah. Die Malaiin reckte sich wie eine aus dem Schlaf gerissene Katze, und ihre Augen wirkten trübe, als Alma ihr entgegentrat.

„Guten Morgen, Aziza. Bist du gerade erst aufgestanden? Es ist bereits nach zehn.“

„Ich hatte eine schlechte Nacht.“

„Na gut. Ich möchte mich etwas umsehen. Passt du solange auf Albert auf? Wenn er spielen möchte, lass ihn ruhig, aber achte darauf, dass er nicht zu lange der Sonne ausgesetzt ist.“

„Mach ich“, sagte Aziza mit gelangweiltem Gesicht. „Noch was?“

„Nein, das wäre es fürs Erste“, sagte Alma und rief Boon Siew zu sich.

„Mem?“

„Ich möchte mir die Küche ansehen.“

„Warum, Mem?“, fragte er misstrauisch.

„Keine Sorge, ich werde mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen“, versicherte sie. „Ich bin nur neugierig, wie eine Küche in Malaya aussieht. Danach kannst du mir zeigen, welche Bäume in der Nähe des Hauses wachsen und welche Früchte sie tragen. Als neue Herrscherin muss ich doch über mein Reich Bescheid wissen.“

Am nächsten Morgen stand Alma mit Howard auf, um den Appell der Arbeiter mitzuerleben. Er begriff nicht, welches Interesse sie daran hatte, aber wenn sie auf einer Plantage lebte, wollte sie auch deren Abläufe und Organisation verstehen. Sie verließen das Haus im Stockdunklen und fuhren mit Howards verbeultem Morris Minor zum Verwaltungsgebäude, wo sein Assistent Donald, ein junger Waliser, sie bereits erwartete.

Auf dem Appellplatz erwartete Alma ein gespenstischer Anblick: Mehrere Hundert Männer und Frauen standen schweigsam in langen Reihen, ausdrucklose dunkle Gesichter im Halbschatten rußender Fackeln. Howard erklärte ihr, dass sie aus Südindien stammende Tamilen waren, für die Arbeit auf den Plantagen nach Malaya gebracht, weil sie sich im Vergleich zu Chinesen als genügsamere und billigere Arbeitskräfte erwiesen hatten.

Donald begann, mit lauter Stimme Namen zu verlesen. Die Aufgerufenen traten vor, um verschiedenen Gruppe zugeteilt zu werden, während ein Schreiber ihre Anwesenheit vermerkte. Die Prozedur nahm über eine halbe Stunde in Anspruch. Als die einzelnen Gruppen unter Führung ihrer Kangany genannten Vorarbeiter aufbrachen, verfärbte sich im Osten gerade der Himmel. Um den bestmöglichen Ertrag zu gewährleisten und das Verklumpen des Kautschuks zu verhindern, mussten die Bäume gezapft werden, bevor es zu warm wurde, und manche der Gruppen hatten einen Fußweg von mehreren Kilometern vor sich. Danach fuhren Howard und Alma zur Fabrik hinüber, vor der weitere Arbeiter warteten. Frauen und ältere Kinder wurden zum Unkrautjäten eingeteilt, eine Gruppe Chinesen rückte zum Fällen kranker Bäume aus. Nachdem Howard die tägliche Inbetriebnahme der Fabrik überwacht hatte, machten sie eine Pause, um auf der Veranda ihres Bungalows Tee zu trinken.

„Wozu ist dieser Appell gut?“, fragte Alma.

„Die Arbeiter werden pro Tag bezahlt, und wer nicht erscheint, bekommt auch kein Geld.“

„Wie viel verdienen die Arbeiter am Tag?“

„Siebenunddreißig Cents.“

„Mehr nicht?“

„Es klingt nach wenig, aber die Lebenshaltungskosten für sie sind gering. Wir garantieren ihnen Arbeit, dazu kommt freies Wohnen, medizinische Versorgung und eine kostenlose Schule für die Kinder. Du würdest nicht glauben, wie viel Geld manche der Arbeiter im Monat sparen und an ihre Angehörigen nach Indien schicken.“

„Sprichst du eigentlich ihre Sprache? Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie alle Englisch verstehen.“

„So gut wie keiner von ihnen, und ich spreche kein Tamil. Wenn es Schwierigkeiten gibt, redet Donald mit ihnen. Von den Assistenten wird erwartet, dass sie eine der hier relevanten Sprachen lernen.“

„Warum du nicht, wenn er es konnte?“

„Er hatte ein Kopfkissen-Wörterbuch. Würdest du das wollen?“

„Was ist das? Ein Buch, das man sich beim Schlafen unters Kissen legt, damit man seinen Inhalt beim Aufwachen gelernt hat?“, fragte sie und lachte. „Ich habe es als Kind versucht, aber es hat nicht funktioniert.“

„Nein, ich meine, dass man eine Frau mit ins Bett nimmt und so ihre Sprache lernt.“

„Das hätte ich wirklich nicht gewollt, aber es ist doch nicht die einzige Methode, um eine Sprache zu lernen.“

„Es gibt auch ein Lehrbuch, Wells Coolie Tamil, doch es heißt, das Bett sei effektiver“, sagte er. „Komm, es wird Zeit, die Arbeiter zu kontrollieren. Auf diese Weise kannst du die Plantage kennenlernen.“

„Sungai Tiga“ trug ihren Namen, weil sie auf drei Seiten von Wasserläufen eingerahmt wurde. An der Längsseite im Westen schmiegte sich die Plantage an das Ufer des breiten Sungai Muda, während zwei Bäche sie im Norden und Süden begrenzten. Im Osten, wo ihr Bungalow stand, schloss die natürliche Barriere des Dschungels das Gelände ab.

Nachdem er Alma anhand einer Skizze eine grobe Vorstellung der Estate gegeben hatte, nahm Howard sie mit in den südlichsten Abschnitt, um eine Gruppe Arbeiter beim Ritzen der Bäume und dem Sammeln des Kautschuks zu kontrollieren. Das Gelände dahinter, auf der anderen Seite des Bachs, gehörte zur „Gloria Estate“. Howard rief den Kangany der Gruppe herbei, damit er Alma erklärte, wie man die Gummibäume anzapfte, während er selbst den Fortschritt der Arbeit inspizierte. Der Kangany, ein dunkelhäutiger Tamile wie die anderen, schien vor Verlegenheit im Boden versinken zu wollen, als er allein mit Alma zurückblieb, doch als sie ihm die Hand schüttelte und nach seinem Namen fragte, beruhigten sich seine Nerven.

„Mein Name Maneesh. Kommen Sie, Mem, ich zeige, was wir machen“, sagte er in gebrochenem, aber verständlichem Englisch. Im Gegensatz zu Howard hatte er sich bemüht, eine fremde Sprache zu erlernen.

Maneesh führte sie zu einem der Gummibäume und wies auf einen diagonal über den Stamm verlaufenden Streifen fehlender Borke. Entlang seines unteren Randes trat eine zähe weiße Flüssigkeit aus und lief daran herab, bis sie über eine kurze Metallschiene in einen mit einer Schlinge am Baum befestigten Becher tropfte. Der Kangany führte ihr vor, wie er mit einem langstieligen, speziell für das Ritzen von Gummibäumen gemachten Messer mit U-förmiger Klinge einen feinen Streifen Borke entfernte, um die Wunde zu erneuern und die Latex-Milch zum Fließen zu bringen.

„Man muss vorsichtig ritzen. Nicht tief genug, zu wenig Milch. Zu tief, Baum krank. Guter Zapfer schafft vierhundert Bäume am Tag. Wenn fertig, kippen wir Töpfe in Eimer und bringen zur Wiegestation. Dann Feierabend“, grinste er.

Nachdem sie sich bei Maneesh bedankt und von ihm verabschiedet hatte, ging die Fahrt ins Zentrum „Sungai Tigas“, weil Alma sich ein Bild davon machen wollte, wie die Arbeiter lebten. Auf dem Weg stellte sie erneut fest, dass die gezähmte Natur der Plantage wenig Reiz auf sie ausübte; im Gegenteil, die düstere Monotonie der Baumreihen bedrückte sie. Zum Glück stand ihr Bungalow am Rand des Dschungels, der ihr trotz aller darin lauernden Gefahren einladender schien.

Unterwegs kamen sie an einem Trupp Männer vorbei, die einen Abschnitt mit alten Bäumen vom Unterholz befreiten. Alma war bereits aufgefallen, dass Unkraut und Gräser den Boden der Plantage in weiten Teilen überwucherten.

„Das Säubern der Felder ist eine wahre Sisyphusarbeit, wir kommen einfach nicht dagegen an“, erklärte Howard. „Siamkraut, die wilden Schösslinge der Gummibäume und vor allem das verfluchte Lalang-Gras wachsen schneller, als meine Chinesen es abhacken können.“

„Warum wird diese Arbeit nicht von den Tamilen erledigt?“, fragte sie. „Sagtest du nicht, sie wären billiger und einfacher zu führen?“

„Für das Ausholzen und Neupflanzen nehme ich Chinesen, weil es den Tamilen zu anstrengend ist und sie sich vor Schlangen im Dickicht fürchten. Es braucht nur einer Ular, Ular zu rufen, und schon rennen alle davon wie die Kaninchen“, lachte er. „Die Chinesen sind mutiger, dafür verdienen sie auch besser.“

Bald darauf erreichten sie die Hütten der Zapfer, aufgrund ihrer Anordnung Reihen genannt. In endloser Folge standen sie Wand an Wand, einförmig wie die Gummibaumhaine, in denen ihre Bewohner arbeiteten. Mit Maschendraht eingezäunt, ohne Strom und ausreichende Wasserversorgung, machte die Anlage den Eindruck eines heruntergekommenen Straflagers. Zwischen den Reihen stöberten Ziegen, Hühner und Hunde im herumliegenden Müll.

„Wie furchtbar. Schau dir den Dreck und die Enge an“, sagte Alma.

„Sie sind es nicht anders gewohnt. In Indien muss es ihnen schlechter ergangen sein, sonst wären sie nicht hier.“

„Kannst du trotzdem nichts unternehmen, um ihre Situation zu verbessern?“

„Wenn ich das Geld hätte, würde ich ihnen gern bessere Unterkünfte bauen“, versicherte er. „Leider sind die goldenen Zeiten des Kautschuks vorbei. Immerhin habe ich letztes Jahr einen neuen Tempel errichten lassen.“

„Einen Tempel? Was für einen Tempel?“

„Einen Hindutempel, in dem sie beten und ihre Zeremonien abhalten können.“

„Na großartig. Da werden sie sich aber mächtig gefreut haben.“

„Allerdings, das haben sie. Ihre Religion ist ihnen nämlich wichtig. Ich denke, du solltest erst eine Weile hier leben, bevor du über mich und die Zustände hier urteilst.“

„Da hast du vermutlich recht“, gab sie kleinlaut zu. „Was hältst du davon, mich am Bungalow abzusetzen? Ich glaube, ich habe für heute genug gesehen.“

„Mir reicht es eigentlich auch. Warum genehmigen wir uns nicht einen kühlen Stengah?“

„Du willst am Morgen schon Alkohol trinken?“

„Ausnahmsweise. Und außerdem ist es schon fast Mittag.“

Als sie zurückkamen, war Albert verschwunden. Nach kurzer Suche fanden sie ihn wohlbehalten unter Aufsicht des Gärtners bei den Mangobäumen; von Aziza war wieder einmal nichts zu sehen. Der Kebun erklärte, dass sie ins Dorf gegangen war, um ihre Eltern zu besuchen. Alma platzte der Kragen.

„Howard, ich möchte, dass du diese Frau noch heute entlässt“, forderte sie. „Wie konnte sie Albert allein zurücklassen? Wofür bezahlst du sie, wenn sie den ganzen Tag schläft oder sich herumtreibt?“

„Gib ihr noch eine Chance, sich zu bewähren“, bat er. „Ich werde ihr ins Gewissen reden.“

„Wozu? Raus mit ihr!“

„Beruhige dich. Ich habe Aziza eingestellt, weil sie etwas Englisch spricht, was in dieser Gegend die Ausnahme ist. Solange du kein Malaiisch kannst, sind wir auf sie angewiesen.“

„Na gut“, schnaubte sie. „Rede mit ihr, aber beim nächsten Mal ist es vorbei, das schwöre ich.“

* * *

Samad schmerzte jeder einzelne Knochen im Leib, als er seine Koffer aus dem Bus wuchtete. Der Wintermonsun hatte die Straßen in einen miserablen Zustand versetzt, in Teilen sogar fortgespült, wodurch die beschwerliche Fahrt quer über die malaiische Halbinsel weitaus länger gedauert hatte als vorausgesehen. Er hatte einen Zwischenstopp in Kuantan einlegen müssen, doch statt sich über Nacht zu erholen, hatte die Aufregung über seine bevorstehende Heimkehr ihn keinen Schlaf finden lassen. Sechs Jahre, dachte Samad, während er mit der Last seiner Koffer bepackt den Weg in Richtung seines Elternhauses einschlug, und nichts hat sich verändert. Anstelle von Autos und Bussen bevölkerten immer noch Kühe und Ziegen die Straßen. Hunde dösten in der Nachmittagshitze, und zwischen den Holzhäusern liefen Hühner und Enten umher. Obwohl der Sultan von Pahang in Pekan residierte, unterschied sich der Ort nur durch seine Größe von anderen Kampungs; verglichen mit den Steinhäusern und gepflasterten Straßenzügen Edinburghs fehlte Pekan jeglicher städtische Charakter.

Samad blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Erwachsene und Kinder aus den Häusern liefen, um ihn zu bestaunen. Ein Malaie in englischem Anzug stellte für sie ein seltenes Schauspiel dar. Fünfhundert Meter weiter passierte er die Istana des Sultans und erreichte kurz darauf sein Ziel.

„Ist jemand zu Hause?“, rief er, nachdem er die Koffer auf der Veranda abgestellt hatte.

„Wer ist da?“, drang die Stimme seiner Mutter aus dem Haus. Er hätte sie unter Hunderttausenden wiedererkannt.

„Ich bin es, Samad.“

Sie kam herausgelaufen und stürzte sich in seine Arme, hielt ihn fest, als würde sie ihn nie wieder gehen lassen.

„Mein Junge! Endlich bist du zurück.“

Ihre Haare dufteten nach Kokosöl, ein vertrauter Geruch seiner Kindheit, der Erinnerungen weckte und ihm Tränen der Rührung in die Augen trieb. Bewegt nahm er das Gesicht seiner Mutter zwischen die Hände und küsste ihre Stirn.

„Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.“

Unermüdlich schöpfte Samad kaltes Wasser aus einem gemauerten Becken und goss es sich über den Kopf, eine Kelle nach der anderen. Im tropischen Klima gab es nichts Besseres als ein Mandi, um sich zu reinigen. Nach dem Abtrocknen zog er statt des Anzugs einen Baju Melayu über, zuerst die dünne Baumwollhose, dann das weite, hüftlange Hemd. Draußen warteten bereits seine Mutter und die drei Schwestern auf ihn, begierig zu erfahren, wie es ihm im Land der Orang Inggeris ergangen war.

Der Nachmittag verging wie ein Wimpernschlag, während sie Tee tranken, scherzten und sich mühten, die verlorenen Jahre einzufangen. Mit der Dämmerung zog ein schweres Gewitter auf, nicht ungewöhnlich in der Zeit des Monsuns. Sie schenkten ihm wenig Beachtung, doch dann hörten sie über das Rauschen des Regens hinweg die Tür klappen: Sein Vater Ibrahim hatte von Samads Ankunft gehört und war ungeachtet des Wetters nach Hause geeilt.

Bapa“, rief Samad und sprang auf, um seines Vaters Hand zu küssen und an die Stirn zu führen, wie es der Respekt gebot. „Wie freue ich mich, dich zu sehen.“

„Mein Sohn“, sagte Ibrahim mit belegter Stimme und zog ihn an seine Brust. „Sei willkommen bei deiner Familie. Wir haben dich vermisst.“

Am Abend, nachdem der Regen nachgelassen hatte, gingen Vater und Sohn gemeinsam in die Moschee. Damit alle sahen, dass Samad heimgekehrt war, wählte Ibrahim nicht wie üblich das kleine Gebetshaus ein Stück die Straße hinab, sondern führte ihn zur Abdullah Moschee im Zentrum des Orts. Ibrahim sprach es nicht aus, aber der Stolz auf seinen Sohn stand ihm ins Gesicht geschrieben.

In der ersten Reihe der Betenden vollzog ein Mann in prächtigem Gewand die vorgeschriebenen Rituale: Abu Bakar, der neue Sultan von Pahang, dessen Vater und Vorgänger Abdullah al-Mutasim während Samads Aufenthalt in England verstorben war. Obwohl sie weitläufig verwandt waren, überraschte es Samad, als der Sultan ihn nach Abschluss der Gebete ansprach.

„Du bist Samad bin Ibrahim, oder irre ich mich?“

„So ist es, Tuanku“, entgegnete Samad und verneigte sich dem Protokoll entsprechend.

„Seit wann bist du zurück?“

„Erst seit heute Mittag.“

„Mein Vater hielt große Stücke auf dich“, sagte Abu Bakar mit einem gewinnenden Lächeln. „Besuche mich doch morgen Vormittag in der Istana, damit du mir von deinem Studium in England berichten kannst.“

„Es ist mir eine Ehre, Tuanku“, sagte Samad und verbeugte sich erneut, dann warteten sein Vater und er mit allen anderen, bis der Sultan die Moschee verlassen hatte. Als sie ins Freie traten, empfing sie ein milder Abend: Das Gewitter hatte die Luft gereinigt, vom Meer wehte eine kühlende Brise herüber und der Himmel stand voller Sterne. Samad und sein Vater wandten sich nach Osten und schlenderten am Ufer des Sungai Pahang entlang. Der Fluss war durch die Regenfälle angeschwollen und spülte aus dem Landesinneren Büsche, Äste und ganze Bäume heran, die mit leisem Gurgeln vorübertrieben. Kurz nachdem sie die Villa des britischen Residenten passiert hatten, wechselten sie die Straßenseite und setzten sie sich an einen mit Petroleumlampen erleuchteten Straßenstand, um Murtabak zu essen, von dem es hieß, dass es nirgendwo in Malaya so schmackhaft zubereitet wurde wie in Pekan. Samad lief buchstäblich das Wasser im Mund zusammen, als ihm der mit gehacktem Lamm, Knoblauch, Zwiebeln und Ei gefüllte Teigfladen vorgesetzt wurde, so sehr hatte er seine Leibspeise in England vermisst. Um seinen Durst zu stillen, ließ er sich eine gekühlte Kokosnuss aufschlagen und einen Halm geben, damit er die frische Milch trinken konnte. Sein Vater lächelte, als er das erste Stück Murtabak abriss, in die Schale mit dem Curry tunkte und sich in den Mund schob. Samad war angekommen.

Nach dem Frühstück schlüpfte Samad in seinen besten Baju Melayu, wand zusätzlich einen kurzen, Samping genannten Sarong um seine Hüften und setzte zum Abschluss einen von seinem Vater geliehenen Songkok, die typisch malaiische Kopfbedeckung auf. Seine Mutter schritt mit prüfendem Blick um ihn herum, bevor sie ihn mit einem zufriedenen Nicken entließ. Sie bat ihn, den Sultan von ihr zu grüßen, als er das Haus verließ und unter einem wolkenlosen Himmel hinüber zur Istana ging, um Abu Bakar seine Aufwartung zu machen.

Früher hatte der zweiflüglige, ganz aus Holz errichtete Palast einen würdigen Eindruck auf Samad gemacht, ihn sogar eingeschüchtert, doch die Jahre in Großbritannien hatten seine Wahrnehmung verändert. Verglichen mit Edinburgh Castle wirkte die Istana mehr als bescheiden. An der Tür wurde er von einem Bediensteten empfangen, der ihn hereinbat und Abu Bakar seinen Besuch meldete. Samad zog die Schuhe aus und wartete in der Halle, bis der Mann zurückkam und ihn in die Privaträume des Sultans führte.

„Komm herein“, sagte Abu Bakar und winkte ab, als Samad zu einer unterwürfigen Verbeugung ansetzte. „Keine Förmlichkeiten, wenn wir unter uns sind. Du gehörst schließlich zur Familie.“

Abu Bakar war erst einunddreißig, nur sechs Jahre älter als Samad, und sein glattrasiertes Gesicht machte einen vertrauenswürdigen Eindruck.

„Setz dich“, sagte er und wies auf einen mit bestickten Kissen bedeckten Divan. Die heruntergezogenen Bambusrollos filterten das grelle Tageslicht zu feinen Streifen im Halbdunkel des Raums. „Wie geht es deiner Mutter? Ich habe sie lange nicht gesehen.“

„Es geht ihr gut, Tuanku. Sie bat mich, Euch zu grüßen.“

„Vielen Dank. Und dir? Nachdem du die große Welt gesehen hast, muss dir Pekan hinterwäldlerisch erscheinen, vermute ich.“

„Abwarten. Noch bin ich glücklich und zufrieden, wieder in der Heimat zu sein“, sagte Samad. „Auch Großbritannien hat seine Fehler.“

„Wie jedes Land“, sagte Abu Bakar und nickte bedächtig. „Allah hat uns eine einzigartige Welt geschaffen, aber damit wir nicht übermütig werden und uns bewähren müssen, hat er das Paradies für das Leben nach dem Tod aufgehoben. Ein weiterer Beweis für seine grenzenlose Weisheit. Und nun erzähl mir von Edinburgh.“

Samad berichtete ausführlich von seinen Studien und vergaß dabei nicht, seine guten Noten zu unterstreichen. Abu Bakar hörte ihm zu und wirkte mehr als zufrieden, bis das Gespräch auf Samads Zukunftspläne zusteuerte.

„Wo wirst du praktizieren? Hier in Pekan, oder lieber in Kuantan oder Kuala Lipis?“

Samad schwieg einen Moment. Sultan Abdullah hatte ihn auf die Clifford School geschickt, eine der besten der gesamten Malaiischen Föderation, und ihm später das für Samads Eltern unerschwingliche Medizinstudium in Schottland finanziert. Nach dessen Tod hatte Abu Bakar dieses Stipendium weiterbezahlt. Sicher erwartete er, dass Samad seinen Teil zurückgab, indem er innerhalb Pahangs praktizierte und Untertanen des Sultans versorgte, statt an einem anderen Ort seine Karriere voranzutreiben. Samad steckte in einer Zwickmühle.

„Mir scheint, dass ich noch viel lernen und Erfahrung sammeln sollte, bevor ich eigenständig arbeiten kann“, begann er vorsichtig. „Das Studium besteht zu einem großen Teil aus Theorie, und mir fehlt die Praxis.“

„Und wo gedachtest du, diese Erfahrungen zu sammeln?“

„In Penang. Ich habe nach meiner Ankunft im General Hospital vorgesprochen und meine Zeugnisse präsentiert. Sie wären bereit, mir eine Anstellung zu geben.“

„Hast du zugesagt?“, fragte Abu Bakar und kniff die Augen zusammen.

„Das konnte ich nicht, bevor ich mit Euch gesprochen habe, Tuanku. Mir ist bewusst, was ich Euch zu verdanken habe.“

„Das ist gut. Wie lange würdest du in Penang bleiben wollen?“

„Zwei Jahre.“

„Zwei Jahre“, wiederholte der Sultan und betrachtete ihn nachdenklich. Samad versuchte, eine unbeteiligte Miene aufzusetzen, doch die Angst fraß sich wie ein scharfzahniges Tier durch seine Eingeweide. Die Zukunft lag in Abu Bakars Händen, denn seine Entscheidung würde für Samad bindend sein.

„Mach es“, sagte Abu Bakar schließlich. „Danach erwarte ich allerdings, dass du nach Pahang zurückkehren wirst.“

„Das werde ich, Tuanku“, sagte Samad. „Habt vielen Dank für Euer Verständnis.“

Sie plauderten noch eine Weile über Belanglosigkeiten, dann entließ ihn der Sultan. Vor der Istana beschloss Samad, nicht zurück nach Haus zu gehen, sondern Mariam und ihrer Familie einen Besuch abzustatten. Es sollte ein Zeichen der Höflichkeit sein, außerdem trieb ihn die Neugierde: Nachdem er vor Jahren ein Mädchen zurückgelassen hatte, wollte er die Frau kennenlernen, die er in wenigen Monaten heiraten würde. Durch den guten Verlauf des Gesprächs mit dem Sultan beschwingt, bog er auf einen ausgetretenen Pfad zwischen zwei Feldern und hielt auf ein unter Kokospalmen stehendes Haus zu.

Mariams Mutter saß auf der Veranda und putzte Gemüse für das Mittagessen, als sie ihn kommen sah. Sie wischte ihre Hände an einem Tuch ab und ging ihm entgegen.

„Samad! Wie schön, dass du bei uns hereinschaust. Gut siehst du aus“, sagte und sah an seiner festlichen Aufmachung herunter.

„Ich freue mich, dich bei bester Gesundheit zu sehen, Ibu mertua.“

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht; offenbar gefiel es ihr, dass er sie Schwiegermutter nannte. Sie führte ihn auf die Veranda und wies auf einen aus Rattan geflochtenen Stuhl.

„Nimm doch Platz. Ich werde Mariam herausschicken und Tee für uns machen.“

Samad hörte Gemurmel aus dem Haus dringen. Er vermutete, dass Mariam sich umziehen würde, um ihn mit ihren besten Kleidern zu beeindrucken, doch er täuschte sich. Keine Minute verging, bis sie in einem schlichten, mit Blumen bedruckten Baju Kurong zu ihm trat. Sie trug kein Kopftuch, ein klares Zeichen ihres Vertrauens, und ihr schwarzes Haar fiel frei bis zur Taille. Mariam war weitaus hübscher, als er zu hoffen gewagt hatte.

„Willkommen daheim“, sagte sie mit ruhiger Stimme und setzte sich neben ihn, ohne die Augen von ihm abzuwenden. In den Jahren war sie nicht nur zu einer Frau geworden, sondern hatte auch Selbstbewusstsein entwickelt. Beides gefiel Samad.

„Ich freue mich sehr, dich zu sehen“, sagte er.

Mariams Mutter kam mit dem Tee und setzte sich zu ihnen. Zu dritt sprachen sie über Edinburgh und erwogen die Folgen von Sehnsucht und Einsamkeit für Menschen in der Fremde, bis die Mittagszeit nahte und Mariam Samad zum Essen einlud.

„Leider wartet meine Mutter auf mich“, erklärte er. „Dafür könnte ich mir am Nachmittag Vaters Rad leihen und mit dir ans Meer fahren, wenn du magst.“

„Das ist ein guter Vorschlag“, sagte Mariam, nachdem sie mit einem Seitenblick die Genehmigung ihrer Mutter eingeholt hatte. „Ich freue mich darauf.“

„Dann werde ich jetzt gehen“, sagte Samad. „Gegen fünf bin ich zurück, um dich abzuholen.“

„Dann bis nachher“, sagte sie und schenkte ihm zum Abschied ein strahlendes Lächeln.

Samad tropfte der Schweiß von der Stirn, während er mit Mariam auf dem Gepäckträger über holprige Wege nach Osten radelte. Sobald sie Pekan verlassen hatten, schlang sie einen Arm um seinen Körper und schmiegte sich mit jeder Bodenwelle enger an ihn. Ihre Nähe verursachte ein angenehmes Kribbeln in seinem Bauch.

Nach sieben Kilometern erreichten sie das Meer. Sie zogen die Schuhe aus und rannten so schnell sie konnten über den heißen Sand hinunter zur Wasserkante, wo schaumgekrönte Brecher ans Ufer schlugen und entkräftet ausliefen. Die Monsunstürme hatten den Strand mit Muscheln und Treibgut übersät.

„Es ist schön hier“, sagte er.

„Sicher. Deshalb sind wir doch hier, oder?“

„Natürlich“, sagte Samad und lächelte verlegen. Mariam griff nach seiner Hand.

„Komm“, sagte sie. „Lass uns ein Stück gehen.“

Samad beobachtete seine Verlobte aus den Augenwinkeln, während sie schweigend über den Strand spazierten. Mariam erschien ihm still und ausgeglichen, aber nicht unterwürfig. Was hatte er in der Ehe von ihr zu erwarten?

„Schau mal, wie groß der ist“, rief Mariam und wies auf einen Krebs, der einige Meter vor ihnen sein unsicheres Reich, halb Land, halb Meer, nach Nahrung absuchte.

Ein Wanderer zwischen den Welten, genau wie ich, dachte Samad. Da er seine bisherigen Erwachsenenjahre ausschließlich unter Europäern verbracht hatte, wusste er wenig über malaiische Frauen, und nun heiratete er eine von ihnen. Er würde viel Zeit und gelegentlich Mut brauchen, um die Farbe ihres Herzens zu erkennen. Ohne darüber nachzudenken, blieb er stehen und nahm Mariam in die Arme. Sie leistete keinen Widerstand.

„Darf ich dich küssen?“

„Noch nicht. Erst wenn wir verheiratet sind, aber dann umso lieber“, sagte sie und lächelte. „Du wirst mich heiraten, oder?“

„Aber natürlich! Wie kannst du daran zweifeln? Es ist doch seit Jahren beschlossene Sache.“

„Ich hatte Angst, dass du es dir anders überlegen könntest. Großbritannien muss für einen Mann voller Verlockungen sein“, sagte sie und blickte ihm forschend in die Augen. „Was kann ein Mädchen wie ich dir danach noch geben? Werde ich dir ausreichen?“

Er wusste es nicht. Das Leben im Westen hatte ihm Ideen eingeflößt, die ihr fremd sein mussten, aber er hoffte darauf, dass Mariam sich mit ihm entwickelte.

„Die Engländerinnen haben mich nicht sonderlich beeindruckt“, sagte er. „Ich hatte keine Freundin dort, falls du das denkst.“

„Du bist mir darüber keine Rechenschaft schuldig.“

„Doch, das bin ich, denn bald sind wir verheiratet, und ich werde mir alle Mühe geben, dich zu lieben und dir ein guter Ehemann zu sein.“

„Ich glaube, ich liebe dich jetzt schon ein bisschen“, sagte sie und drückte zaghaft seine Hand.

„Ich dich auch.“

„Was tust du da?“, fragte sie, mehr neugierig als empört, als er ihr Kopftuch löste.

„Ich möchte dich anschauen. Deine Haare sind wunderschön. Alles an dir ist wunderschön.“

Er blickte in ihr ovales, auf seine Worte hin errötendes Gesicht und strich ihr über die Wange. Wie zart ihre Haut ist, dachte er. Mariam war zwanzig, eine voll erblühte Frau, die längst verheiratet und Mutter wäre, wenn sie nicht auf ihn gewartet hätte. Wie konnte er sie enttäuschen?

***

Alma hatte sich schon nach dem Lunch auf die „Gloria Estate“ fahren lassen, um ihrer Schwägerin bei der Vorbereitung des Festes zu helfen, doch gab es nicht viel für sie zu tun. Nachdem sie das Wohnzimmer und den Hof vor dem Haus mit Girlanden geschmückt hatte, saß sie mit einem Papayasaft untätig auf der Veranda, während Mabel die Bediensteten beim Aufbau einer Tafel fürs Buffet beaufsichtigte. Albert spielte unter den wachen Augen ihrer tamilischen Ajah mit Gerald und Mildred im Garten Fangen.

„So, nun habe ich Zeit für dich“, sagte Mabel, als sie nach einer guten Stunde aus dem Haus kam und sich zu Alma setzte. „Wie ist es dir in der ersten Woche auf „Sungai Tiga“ ergangen? Hast du dich gelangweilt?“

„Wie könnte ich mich langweilen? Alles ist neu für mich und es gibt so vieles zu entdecken. Weißt du, was ich in der Küche gefunden habe?“

„Nein. Was denn?“

„Einen Altar für den Küchengott. Unser Koch opfert ihm Früchte und zündet Räucherstäbchen an, um ihn günstig zu stimmen.“

„Und das lässt du zu?“

„Warum denn nicht? Ich sehe keinen Grund, es dem Koch auszureden, wenn es ihm wichtig ist.“

„In meinem Haushalt dulde ich keine heidnischen Bräuche. Als wäre es hier nicht schon schlimm genug.“

„Wovon sprichst du?“, fragte Alma und nahm einen Schluck von ihrem Saft.

„Ich spreche von der Hitze, dem Ungeziefer, dem ständigen Ärger mit aufsässigen Dienern, den endlosen, gleichförmigen Tagen an diesem vergessenen Ende der Welt. Ach Alma, du ahnst nicht, wie sehr ich mich nach England zurücksehne. Nach kühlem Wetter und zivilisierten Menschen.“

„Mir gefällt es bisher recht gut in Malaya.“

„Ist das wahr?“, rief Mabel. „Ich hasse das Leben auf der Plantage. Wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich einlasse, wäre ich in England geblieben.“

„Warum versuchst du nicht, das Positive zu sehen?“

„Weil es nichts Positives gibt. Ich verschwende mein Leben“

Alma konnte Mabels Verbitterung nicht nachvollziehen. Howard hatte ihr erzählt, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen stammte und über wenig Bildung verfügte. Welche Perspektive hätte sie in England gehabt, wenn sie nicht Francis geheiratet und ihm nach Malaya gefolgt wäre? Hier herrschte sie als angesehene Mem über ein großes Haus mit einem Dutzend Angestellten.

„Weißt du, wovor ich mich am meisten fürchte? In diesem gottverfluchten Land zu sterben.“

Am frühen Nachmittag kam Francis von der Arbeit heim. Bald darauf trafen auch die ersten Gäste ein: Howard und Donald, mehrere Plantagenmanager aus der Umgebung, ihre Assistenten, der für die Estates zuständige Arzt, sogar ein Verwaltungsbeamter aus dem fast zwanzig Meilen entfernten Baling. Nachdem jeder einzelne Alma begrüßt hatte, fanden sie sich in Gruppen zusammen, um bei einem Stengah die letzten Neuigkeiten auszutauschen. Alma stand daneben und langweilte sich. Sie hatte sich sehr auf das Fest gefreut, doch nun musste sie feststellen, dass sie niemanden aus der überschaubaren Gesellschaft sonderlich interessant fand.

Mabel kam zu ihr und machte sie auf einen älteren Mann im Schottenrock aufmerksam, der sich ihr zuvor als Roy Henley, Manager der einige Kilometer nördlich gelegenen „Bukit Ular Estate“ vorgestellt hatte. Neben ihm stand seine Gattin, eine der von Mabel als alte Schachteln verunglimpften Damen.

„Das ist ein richtiger Kauz, sage ich dir. Ständig trägt er diesen Kilt, dabei ist er gar kein Schotte, sondern ein Engländer aus Newcastle. Man erzählt sich, dass er nachts auf seiner Plantage Dudelsack spielt und die Arbeiter damit in den Wahnsinn treibt. Beim ersten Mal muss eine regelrechte Panik ausgebrochen sein, weil die Zapfer ihn in seinem Rock für einen Dämon und die Musik für sein teuflisches Heulen hielten“, kicherte sie.

Alma lachte mit ihr, wurde aber abgelenkt, als ein Reiter im gestreckten Galopp auf das Haus zuhielt. Erst im letzten Moment zügelte er abrupt sein Pferd und glitt aus dem Sattel. Nachdem er den Hengst einem der Boys übergeben und sich den Staub aus der Kleidung geklopft hatte, schritt er im Bewusstsein aller auf ihn gerichteten Blicke auf die Veranda zu. Ein gelungener Auftritt, dachte Alma und bewunderte unwillkürlich die Haltung des athletisch gebauten Mannes. Er musste Anfang dreißig sein und war groß, mit blonden Haaren und einem schmalen, ansprechenden Gesicht. Sobald er Alma entdeckte, kam er zu ihr herüber, um sich bei ihr mit einem Handkuss vorzustellen.

„Sie müssen Alma sein“, sagte er. „Mein Name ist Robert Courtenay. Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen.“

„Das Vergnügen ist ganz meinerseits“, lächelte sie mit einem Blick in seine tiefblauen Augen. „Wie ungewöhnlich, dass Sie mit dem Pferd gekommen sind.“

„Oh, natürlich besitze ich auch ein Auto, aber das Reiten ist meine Leidenschaft. Eine meiner Leidenschaften, um genau zu sein.“

„Guten Tag, Robert“, mischte Mabel sich in ihr Gespräch, unverkennbar verdrossen, dass er sie als Hausherrin nicht zuerst begrüßt hatte. „Schön, dass Sie uns beehren.“

„Mabel, meine Verehrteste“, sagte er und schüttelte ihre Hand. „Haben Sie vielen Dank für die Einladung. Bestimmt wird es ein schönes Fest.“

„Auch Robert ist ein Neuling in unserer Gesellschaft“, erklärte sie Alma. „Zur Abwechslung allerdings eine Bereicherung.“

„Sie sind zu gütig“, sagte er und wandte sich wieder an Alma: „Ich bin erst vor einigen Wochen aus Selangor hierher versetzt worden, um die größte Plantage weit und breit zu leiten. Keine große Sache, unter uns gesagt.“

„Kommen Sie mit mir, damit ich Ihnen zu einem Drink verhelfen kann“, sagte Mabel und fasste ihn am Arm. „Was darf es sein? Ein Stengah, ein Pahit oder vielleicht lieber ein Bier?“

„Ein kühles Bier käme mir sehr recht“, sagte er und warf Alma einen bedauernden Blick zu, bevor er sich von Mabel fortziehen ließ.

Alma sah den beiden nach. Auch wenn Robert unbestreitbar ein anziehender Mann war, fand sie es befremdlich, wie unverhohlen ihre Schwägerin ihn anhimmelte. Dennoch wollte sie Mabel nicht verurteilen. Nach den bitteren Klagen über das Leben auf der „Gloria Estate“ empfand Alma Mitleid mit ihr und sah ihr nach, dass sie sich mit einem harmlosen Flirt für Francis‘ Untreue revanchierte.

Robert hatte sein Gewehr mitgebracht und schlug vor, dass die Herren zum Vergnügen ein Wettschießen veranstalten sollten, womit er auf breite Zustimmung stieß. Francis ließ einen seiner Boys einen Vorrat an leeren Konservenbüchsen herbeischaffen und sie in einiger Entfernung als Ziele aufbauen.

Nach der zweiten Runde verblieben nur noch Robert, Francis, Donald und Roy, der falsche Schotte, im Wettbewerb. Howard hatte sich nach vier Fehlschüssen in Folge mit säuerlichem Gesicht ein Bier geholt und stand abseits, während Alma und Mabel das Geschehen gespannt verfolgten. Nach dem nächsten Durchgang mussten auch Francis und Roy das Feld räumen, und Robert schlug vor, die Entfernung um zehn Schritte zu vergrößern. Während alle darauf warteten, dass der Boy das Ziel neu arrangierte, fuhr auf dem Parkplatz ein imposanter Wagen vor. Alma war überrascht, als außer einem Weißen auch ein Chinese ausstieg.

„Wie kann er so dreist sein, ihn mitzubringen?“, zischte Mabel ihrem Mann zu.

„Ich habe ihn ausdrücklich eingeladen.“

„Warum hast du das getan? Sonst lädt ihn niemand ein.“

„Na und? Ich schon“, schnappte Francis und ging die Ankömmlinge begrüßen.

„Wer ist der Gentleman?“, fragte Alma.

„Sein Name ist Raymond Clarke, und er ist kein Gentleman, sondern ein ungehobelter Klotz ohne Anstand und Benehmen“, sagte Mabel. „Ein Australier eben. Was soll man von Leuten erwarten, die aus einer Strafkolonie stammen?“

„Und der Chinese?“

„Ist sein erster Assistent auf der Plantage. Es heißt, die beiden verbindet ein dunkles Geheimnis. Möglicherweise ein Mord, aber Genaues weiß man nicht. Warum sonst sollte ein Weißer einen Chinesen als engsten Vertrauten haben?“

Durch Mabels Worte neugierig geworden, betrachtete Alma ihn genauer. Er ging auf die Vierzig zu, war mittelgroß und breitschultrig, mit einer markanten Nase und starkem Kinn. Im Vergleich zu den anderen Gästen wirkte seine Kleidung nachlässig, und seine dunkelblonden Haare schrien förmlich nach einer Schere. Insgesamt machte der Mann einen unnahbaren, düsteren Eindruck auf Alma.

„Er hat eine Eingeborene als Geliebte, und man sagt, dass er es vor dieser mit ihrer Mutter getrieben hat“, flüsterte Mabel. „Man stelle sich das vor: Eine Frau vermittelt ihre Tochter an ihren ehemaligen Geliebten. Da sieht man doch, mit was für Wilden wir es hier zu tun haben.“

Alma hörte kaum zu, was sie sagte, da Francis bereits mit den beiden auf sie zukam. Der Gang des Australiers wirkte seltsam ungelenk, und ihr fiel auf, dass ein Teil seiner linken Hand fehlte.

„Ich bin Raymond Clarke“, sagte er, als er Alma erreicht hatte. Sein australischer Akzent war unüberhörbar. „Willkommen in Malaya.“

„Vielen Dank.“

„Das ist Ooi Ah Tong“, stellte er seinen Begleiter vor. Der schlanke Chinese überragte ihn um mehrere Zentimeter. Zögernd ergriff er ihre ausgestreckte Hand.

„Madam“, sagte er mit einem angedeuteten Nicken.

„Schön, Sie kennenzulernen, Ah Tong“, sagte sie. Howard hatte ihr erklärt, dass die Chinesen ihren Familiennamen voranstellten.

„Können wir jetzt vielleicht das Schießen zu Ende bringen?“, ließ sich Robert aus dem Hintergrund vernehmen.

„Warum nicht? Allerdings haben sich mit Raymonds Ankunft die Vorzeichen geändert“, sagte Francis.

„Inwiefern?“

„Jeder hier weiß, dass er der beste Schütze unter uns ist. Ein Sieg wäre nicht viel wert, solange er sich nicht beteiligt.“

„Dann würde ich vorschlagen, dass Sie mit einsteigen, Mr. Clarke“, sagte Robert.

„Lieber nicht. Ich halte nichts davon, zum Spaß in der Gegend herumzuballern“, sagte Raymond und ließ ihn stehen, um auf der Veranda ein Bier zu trinken.

Wenige Schüsse später musste Donald sich geschlagen geben, und Robert stand als Sieger fest. Alma vermutete, dass er dennoch keine Ruhe geben würde. Sie sah sich bestätigt, als er die Treppe zur Veranda hinaufstieg und einen weiteren Versuch unternahm, Raymond herauszufordern.

„Wie wäre es mit einem Einsatz, wenn Sie nicht zum Spaß schießen mögen?“

„Ist es Ihnen so wichtig, sich als Meisterschütze aufzuspielen?“

„Ganz und gar nicht. Mir geht es um sportlichen Ehrgeiz, der Ihnen völlig abzugehen scheint“, entgegnete Robert scharf.

„So ist es, mein Junge.“

Alma hielt die Luft an und erwartete einen Ausbruch Roberts, der sich jedoch beherrschte.

„Nun, dann muss ich davon ausgehen, dass Sie zu feige sind, sich mit mir zu messen.“

Raymond zog eine Augenbraue hoch und betrachtete Robert mit einem Blick, der Alma frösteln ließ. Obwohl er ungerührt auf dem Stuhl saß und an seinem Bier nippte, nahm Alma deutlich die von diesem Mann ausgehende Gefahr wahr.

„Ah Tong, würdest du mir den Gefallen tun und die Gewehre von der Estate holen?“

„Beide Gewehre?“

„Ja, beide“, antwortete Raymond und gab ihm die Schlüssel für das Auto. Sobald der Chinese sie verlassen hatte, wandte er sich wieder Robert zu. „Da Sie darauf bestehen, schlage ich zweihundert Dollar als Einsatz vor.“

Ein Raunen ging durch die Gruppe der Umstehenden, und Robert erbleichte. Zweihundert Dollar bedeuteten für ihn einen nicht unerheblichen Teil seines monatlichen Gehalts, aber ein Rückzieher hätte ihn das Gesicht verlieren lassen. Widerstrebend stimmte er zu.

„Wie wäre es, wenn Sie im Fall meiner Niederlage Ah Tong die Gelegenheit geben, um den doppelten Einsatz zu schießen?“, fragte Raymond.

„Dem Chinesen? Daran soll es nicht scheitern“, meinte er spöttisch. Alma fragte sich, was Raymond im Schilde führte.

Während die anderen auf Ah Tongs Rückkehr warteten, machte Alma sich auf die Suche nach Howard. Sie fand ihn allein hinterm Haus, wo er mit einem Bier in der Hand im Gras saß. Im Baum über ihm sang ein Vogel.

„Warum versteckst du dich hier?“

„Ich verstecke mich nicht. Ich will nur meine Ruhe haben.“

„Was ist los?“, fragte sie und setzte sich neben ihn. „Du siehst missmutig aus.“

„Dieser Schönling plustert sich auf, als hätte er die Olympischen Spiele gewonnen“, schnaubte Howard.

„Lass Robert doch seine Freude.“

„Sie wird ohnehin nur kurz währen. Verlass dich darauf, dass Clarke dem Muttersöhnchen das Fell über die Ohren ziehen wird.“

Alma schüttelte verständnislos den Kopf, aber Howard starrte stur geradeaus und beachtete sie nicht. In den wenigen Tagen auf der Plantage war ihr bereits aufgefallen, dass er sich ständig über alles und jeden ärgerte. Er hatte sich verändert.

„Was ist mit diesem Raymond?“, fragte sie, um von Robert abzulenken. „Bist du mit ihm befreundet?“

„Niemand ist mit Clarke befreundet. Er ist ein Einzelgänger. Besser, man kommt ihm nicht in die Quere.“

Sein abweisender Tonfall ließ sie verstummen. Na gut, dachte sie verärgert, dann unterhalten wir uns eben nicht. Alma streckte sich im Gras aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Im Grün des Laubes über ihr tanzten Licht und Schatten miteinander. Der Tag war viel zu schön, um ihn sich durch Howards Launen verderben zu lassen.

Nach einer halben Stunde kehrte Ah Tong mit den Gewehren zurück. Alma erhob sich.

„Ich möchte zusehen, wie das Schießen ausgeht. Kommst du mit?“

„Kein Interesse“, sagte er und winkte ab. „Ich schaue mir dann später an, was vom stolzen Reiter übrig ist.“

„Wie du meinst“, sagte sie und ließ ihn allein zurück.

Als sie zu den anderen kam, stellte sie fest, dass sie das Ziel um weitere zehn Schritte zurückverlegt hatten.

„Ist das nicht sehr weit?“, fragte sie Francis.

„Nicht zu weit für Raymond“, sagte er. „Robert wird für seinen Fehler teuer bezahlen.“

Obwohl sie Francis‘ Urteil vertraute, drückte sie Robert die Daumen. Das Schicksal schien sie zu erhören: Er besiegte Raymond mit drei zu zwei Treffern. Der Australier überreichte ihm die die zweihundert Dollar und überließ seinen Platz Ah Tong.

„So ein Schlitzohr“, murmelte Francis neben ihr vergnügt.

„Was meinst du?“

„Er hat ihn absichtlich gewinnen lassen.“

„Warum sollte er das tun?“

„Weil er Robert für seine Frechheit demütigen will. Was glaubst du wohl, wie es ihn wurmen wird, einem Chinesen zu unterliegen? Mal ganz abgesehen vom Geld.“

Alma begriff, dass Raymonds Niederlage Teil eines perfiden Plans war, um Robert in seinem Stolz zu verletzen. Vorausgesetzt, Ah Tong schoss gut genug, um ihn zu schlagen.

„Sind Sie bereit, das Ziel um weitere dreißig Schritte zu verlegen?“, fragte der Chinese. „Sieger wäre, wer zuerst fünf Dosen trifft.“

„Das kann bei der Entfernung ewig dauern, aber ganz wie du möchtest“, willigte Robert ein.

„Niemand kann auf eine solche Entfernung treffen“, sagte Alma leise zu Francis.

„Ah Tong schon. Laut Raymond hat er einmal aus über tausend Fuß eine Durian vom Baum geschossen.“

Nachdem der Engländer fünf Fehlschüsse abgegeben hatte, trat Ah Tong vor. Er schätzte die Entfernung, stellte sein Visier ein und legte an. Fünf Schüsse in schneller Folge zerrissen die Stille, fünf Dosen flogen davon, dann stellte er sein Gewehr beiseite und hielt Robert die offene Handfläche hin.

„Vierhundert Dollar“, sagte er mit unbewegter Miene.

Roberts Anblick erinnerte Alma an einen getretenen Hund.

„Hier sind zweihundertfünfzig“, sagte er. „Ich werde sofort zur Plantage reiten und den Rest besorgen.“

„Nicht nötig. Geben Sie mir die Hundertfünfzig ein anderes Mal. Sie sind doch ein Ehrenmann, oder?“

Nachdem der Verlauf des Schießens gebührend diskutiert worden war, wandten sich die Gespräche anderen Themen zu. Die Gäste plauderten, tranken Stengahs, Pahits und naschten zwischendurch vom Makan Kecil, kleinen Leckereien wie gebratenen Erdnüssen, eingelegten Früchten oder eigens aus Penang herbeigeschaffter Peach melba. Nach dem Dinner ließ Francis ein Grammophon aufbauen, und schon bald wurde im leergeräumten Wohnzimmer ausgelassen getanzt. Alma drehte ihre Kreise und glitt mit wechselnden Partnern über den etwas zu stumpfen Holzboden, als tanzte sie in einem Ballsaal und nicht in einem Pflanzerbungalow am Rand des Dschungels. Nur Robert gab sie ungern die Ehre, nachdem sie Mabels giftige Blicke wahrgenommen hatte, wenn er sie im Arm hielt. Beim Dinner hatte ihre Schwägerin sie beiseite genommen und sich theatralisch beklagt, dass Robert sie seit Wochen ungebührlich bedrängte. Tatsächlich schien genau das Gegenteil der Fall zu sein. Mabels Augen hingen an ihm wie die eines Priesters an einer verehrten Reliquie, während Robert sie ignorierte und stattdessen Alma mehr Aufmerksamkeit schenkte als angemessen. Von diesen Albernheiten abgesehen, trübte nur eines Almas Stimmung: Howards Weigerung, mit ihr zu tanzen. Obwohl er früher leidenschaftlich gern getanzt hatte, zog er es vor, am Rand zu stehen und ihr mit einem Stengah in der Hand zuzusehen. Angesichts seines beträchtlichen Alkoholkonsums befürchtete Alma, dass er am Ende des Abends schwer betrunken sein würde.

Als sie vom pausenlosen Tanzen erhitzt vor die Tür trat, um frische Luft zu schnappen, entdeckte sie Raymond und Ah Tong. Sie saßen in Korbstühlen auf der dunklen Veranda und unterhielten sich leise. Alma hatte die beiden seit Stunden nicht gesehen und deshalb angenommen, sie wären längst heimgefahren.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen, meine Herren?“

„Nur zu“, sagte Raymond und schob ihr mit dem Fuß einen Stuhl hin, ohne dabei aufzustehen. Sie nahm Platz und zog prüfend die Luft ein. Die Nacht war vom süßlichen Duft der Frangipani erfüllt, den sie im Laufe der ersten Tage in Malaya zu lieben gelernt hatte.

„Ach, ist es schön hier“, seufzte sie, ohne jemand direkt anzusprechen. „Was für ein wunderbares Land.“

„Es gefällt Ihnen?“, fragte Raymond und zog eine Augenbraue hoch.

„Oh ja. Überrascht Sie das?“

„Allerdings. In meinen ganzen siebzehn Jahren hier habe ich aus dem Mund einer Europäerin noch nie etwas anderes als Klagen gehört. Kein Wunder, dies ist ein Land für Männer, in dem Frauen sich leicht wie überflüssige Anhängsel vorkommen.“

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht zu klagen gedenke und mich keinesfalls überflüssig fühlen werde. Auch wenn es nicht in ihr Weltbild passt, können manche Frauen durchaus auf eigenen Beinen stehen“, sagte sie. „Unterschätzen Sie mich nicht.“

„Nun unterschätzen Sie mein Weltbild“, sagte er. „Es gibt eine Menge Frauen, denen ich viel zutraue, nur landen stets die ungeeigneten in Malaya. Dumme, gierige Frauen, die sich Wohlstand und ein leichtes Leben erhoffen, bis die Realität sie eines Besseren belehrt.“

Alma lag eine scharfe Antwort auf der Zunge, doch sie hielt sich zurück. Es entsprach nicht ihrem Stil, Grobheiten mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Stattdessen wandte sie sich an Ah Tong.

„Was denken Sie? Haben Sie auch so eine schlechte Meinung von uns Europäerinnen?“

„Wie sollte ich die Mems beurteilen können? Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass sich außer Francis niemand mit mir unterhalten hat. So ist es immer.“

Alma sah ihn betreten an. Vom Schießwettbewerb abgesehen, hatten die anderen Europäer ihn tatsächlich den ganzen Abend über mit Missachtung gestraft. Dennoch hatte seine Miene keine Sekunde lang Unbehagen oder gar Anzeichen von Unterwürfigkeit ausgedrückt. Ah Tong musste ein starkes Rückgrat besitzen.

„Was halten Sie davon, mit mir zu tanzen?“, fragte sie und erhob sich.

„Tut mit leid, ich kann nicht tanzen.“

„Dann bringe ich es Ihnen bei.“

„Lieber nicht. Es warten drinnen zu viele darauf, dass ich mich blamiere. Den Gefallen möchte ich ihnen nicht tun.“

„Das kann ich verstehen“, sagte Alma. Als Antwort sah sie zum ersten Mal ein Lächeln über sein Gesicht huschen. „Wir sehen uns dann sicher später noch.“

Sie nickte den beiden Männern zu und kehrte zurück ins Haus. Natürlich hätte sie auch Raymond um einen Tanz bitten sollen, aber nach seinem unhöflichen Benehmen hatte sie keine Lust dazu. Vermutlich hätte er ihr ohnehin einen Korb gegeben.

Zum Abschluss des Abends, als die meisten Gäste bereits gegangen waren, bat Francis Alma, etwas auf der Klarinette zu spielen, die sie extra für diesen Fall mitgebracht hatte. Der Mond war aufgegangen und tauchte die Veranda in helles Licht, als sie aus Gewohnheit mit Greensleeves begann. Ihre Zuhörer lauschten mit gespannten Gesichtern, wie die Musik sich über das Orchester der Zikaden legte. Alma schloss die Augen und verlor jegliches Gefühl für Zeit und Raum, spielte ein Stück nach dem anderen, bis sie schließlich wie aus einem Traum erwachte. Mit dem letzten Ton löste sich die Gesellschaft in aller Stille auf, als würde jedes Wort den Zauber zerbrechen.

Nachdem Alma das Instrument auseinandergenommen und eingepackt hatte, fiel ihr auf, dass Howard nirgendwo zu sehen war. Sie fand ihn im Bungalow, wo er zusammengesunken auf einem Stuhl saß.

„Steh auf, wir wollen los“, sagte sie und stieß ihn an. Er reagierte nicht. Offensichtlich war er noch viel betrunkener als sie befürchtet hatte. Sie rüttelte fest an seinem Arm, doch mehr als ein ersticktes Grunzen war ihm auch damit nicht zu entlocken.

„Der macht heute keinen Schritt mehr.“

Alma brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer hinter ihr stand. Der Akzent verriet Raymond.

„Keine Sorge“, sagte er. „Wir werden Sie beide nach Haus bringen.“

„Das wird nicht nötig sein. Ich kann Francis bitten, uns zu fahren.“

„Ach was. Auf den kleinen Umweg kommt es nicht an.“

Bevor sie erneut widersprechen konnte, trat Ah Tong hinzu und hob Howard mit erstaunlicher Leichtigkeit aus dem Stuhl, als ob fünfundsiebzig Kilo kein Gewicht für ihn wären.

„Kommen Sie“, sagte er. Howards Arme und Beine baumelten schlaff herab wie die einer Leiche, als der Chinese mit ihm über der Schulter den Raum durchquerte und das Haus verließ. Raymond forderte sie mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen. Sein süffisantes Grinsen beschämte Alma, und sie verübelte es ihrem Mann zutiefst, dass er sie in diese peinliche Situation gebracht hatte.

Auf der Veranda verabschiedete sie sich von Mabel und Francis, der mit verdrossenem Gesicht beobachtete, wie Ah Tong seinen Bruder auf die Rückbank des Wagens legte.

„Trinkt er häufig so viel?“, fragte Alma.

„Manchmal, aber heute hat er es eindeutig übertrieben. Mach dir nichts draus. Morgen hat er einen mächtigen Kater und wird alles bereuen.“

„Das will ich hoffen“, sagte sie. „Die Kopfschmerzen hat er sich redlich verdient.“

Als sie auf „Sungai Tiga“ ankamen, wollte Ah Tong ihren Mann in sein Zimmer tragen, doch Alma bat ihn stattdessen, Howard in einen Korbsessel auf der Veranda zu setzen. Sollte er ruhig von Mücken zerstochen werden, während er seinen Rausch ausschlief. Er hatte es nicht besser verdient.

„Haben Sie vielen Dank für Ihre Hilfe, Ah Tong“, sagte sie, nachdem er Howard abgesetzt hatte, und schüttelte ihm zum Abschied die Hand. „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“

„Gut möglich, Madam. Schlafen Sie gut.“

Sie blickte ihm nach, als er die Treppe hinabstieg, bis sie irritiert feststellte, dass Raymond keine Anstalten machte, seinem Freund zu folgen. Er lehnte am Geländer, Mondlicht auf seinem Gesicht, und betrachtete sie. Seine offen zur Schau gestellte Gelassenheit verunsicherte Alma. Sekunden verstrichen, die nächtliche Stille nur von Howards leisem Schnarchen zerfurcht.

„Kann ich noch etwas für Sie tun?“, fragte sie schließlich, als sie das Schweigen nicht länger ertrug.

„Nein. Ich wollte mich nur noch einmal für das Konzert bedanken. Sie beherrschen Ihr Instrument wirklich ausgezeichnet.“

„Oh. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich etwas aus Musik machen.“

„Da täuschen Sie sich“, sagte er und kniff leicht die Augen zusammen, als würde er in die tiefstehende Sonne blicken. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich gelegentlich vorbeikäme, um Ihnen beim Spielen zuzuhören?“

„Nein, gar nicht“, antwortete sie, von seiner Bitte überrumpelt.

Ohne einen Abschiedsgruß ließ er sie stehen und humpelte in Richtung der Treppe davon. Er hatte bereits die ersten Stufen genommen, als Alma ihm nachrief.

„Raymond. Darf ich Sie etwas fragen?“

Er blieb stehen. Aus mehreren Metern Abstand betrachtet hob sich sein Umriss vor der Dunkelheit des Waldes ab wie der eines Felsens, hart und unerschütterlich.

„Sie können die anderen Pflanzer nicht leiden, oder?“

„Damit haben Sie recht.“

„Warum sind Sie dann auf die Party gekommen?“

„Weil Francis uns eingeladen hat und er der einzige ist, den ich schätze. Außerdem macht es mir Freude, den anderen mit meiner Anwesenheit auf die Nerven zu gehen.“

„Sie sind ein seltsamer Mensch, Raymond.“

„Mit dieser Ansicht stehen Sie nicht allein“, sagte er und lachte leise auf, bevor er wieder ernst wurde. „Es gab natürlich noch einen weiteren Grund für unser Erscheinen.“

„Und zwar?“

„Ganz einfach. Ah Tong und ich waren neugierig auf die neue Mem von „Sungai Tiga“. Gute Nacht, Alma.“

Der Duft des Mangobaums

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