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Geliebter Mörder

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wohin Liebe führen kann

Geliebter Mörder

Fußball

Tote helfen selten

Liebe und Tod

Guten Tag Jakob

Sonnenfinsternis

Katzen sterben langsam

Ein seltsamer Mord

Guten Appetit Mr. Blain

nur ein einziges Mal

wenn Riesen stürzen








Als sich die Wohnungstür öffnet, sieht Kommissar Rau zuerst nur große, erschreckte Kinderaugen - Kinderaugen in einem runden, gütigen, faltigen Frauengesicht.

Ohne ein Wort zu sagen tritt die Frau einen Schritt zur Seite. Kommissar Rau folgt nicht sofort der unausgesprochenen Aufforderung, er sieht sie an –

sieht das gut geschnittene dunkle Jackenkleid mit dem weißen Spitzenkragen – sieht gepflegte Hände, die beide den Türgriff umklammern, als suchten sie Hilfe, Schutz – vor allem - Halt.

„Guten Tag“, sagt Rau und dann: „Frau Hilmer?“

„Ja“, antwortet eine feine, helle Stimme, die Rau jetzt wiedererkennt und bei der er am Telefon an eine sehr junge Frau gedacht hatte.

Ihre Hände lassen jetzt den Türgriff los, suchen ein paar Sekunden nach neuem Halt und finden ihn sich ineinander faltend.

„Kommen Sie bitte“, sagt sie: „ich bringe Sie zu ihm“.

+++

Rau folgt ihr einen Flur entlang. Rechts und links schmücken Gemälde die Wände, Gesichter, die die Geschichte einer Familie erzählen. Viele Generationen erinnern die Lebenden an gelebtes Leben, an Tradition. Dann betreten sie ein Wohnzimmer, das Rau an die streng gehüteten Museumsräume wertvoller Parizierhäuser erinnert.

Vor ihm, in einem riesigen Ohrensessel liegt ein Mann. Schneeweißes Haar umgibt das gütige Gesicht, auf dem ein Lächeln, ein seltsam lebendiges, glückliches Lächeln liegt.

Rau betrachtet es lange ohne ein Wort zu sagen, ohne Fragen zu stellen. Er ist gefesselt, kann sich, was ihm schon lange nicht mehr passiert ist, nicht dem Toten entziehen. Endlich, als er sich nach Frau Hilmer umsieht, merkt er, daß er allein gelassen worden war.

Er sucht und findet Frau Hilmer in einer Küche, die eigentlich eingerichtet ist wie ein Wohnraum, passend zum Stil des Hauses, doch soweit er sehen kann, bestückt mit sehr modernen Geräten.

Frau Hilmer hat Kaffee aufgebrüht. Ruhig und gefaßt beginnt sie zu sprechen während sie eine dampfende Tasse vor den Kommissar stellt, ihn bittet sich zu setzen:

„Alle hatten Grund ihn zu töten. Alle hatten Angst vor dieser neuen Liebe und natürlich, daß sie enterbt werden könnten. Davor, daß dies kleine Biest alles erben könnte.“

„Das kleine Biest?“ unterbricht Rau.

„So nennen sie sie, weil sie jung ist, sehr süß ist. Sehr naiv und vor allem unendlich lieb umgeht mit Professor Rinser -- sie hat ihn verehrt, er war ihr Lehrer.“

„Und Sie, Frau Hilmer?“

„Ich? ich habe sie gemocht, ach wissen Sie, mir hat sie ja nichts weggenommen, wegnehmen können.“

„Wer sind …….“s i e“………….?“

„Die Verwandtschaft, Herr Kommissar, ein Bruder, eine Nichte, die ihr ganzes Leben lernt, studiert, wie sie sagt und eine geschiedene Ehe-Frau“

„Leben alle hier in Hamburg?“

„Ja, und sie haben ihn alle regelmäßig besucht“ Frau Hilmer lächelt jetzt sogar: „schon aus Angst, er könnte sein Testament ändern.“

„Auch die geschiedene Frau“

„Die besonders“, das Lächeln verschwindet aus dem Hilmer-Gesicht: „sie ist 50, hat nie gearbeitet und soviel ich weiß auch nichts gelernt. Sie hat das Geld wohl am meisten gebraucht“

„Und der Bruder“

„Ist Künstler, was er macht, weiß ich nicht. Hat wohl auch vom Bruder gelebt.“

Frau Hilmer schweigt, trinkt Kaffee und fährt dann fort: „Keinem hat es gepaßt als Alice für den Professor so wichtig wurde, daß er sie heiraten wollte.“

„Heiraten?“ Rau stellt seine Tasse ab: „na ja, jung ist der Professor wohl nicht mehr und … eine Studentin…………“

„Ja, Alice ist jung, 25 Jahre, aber sie hat ihm nichts getan, sie sicher nicht.“

„Wo waren Sie, Frau Hilmer, heute, bevor sie ihn gefunden haben“

„in der Stadt, einkaufen, die Quittungen habe ich noch. Kaffee trinken mit einer Bekannten und im Kino. Ich habe wenig freie Tage und nutze die Zeit.“

+++

Dr. Thalborn schiebt seine Brille hoch, saugt seine Mundwinkel ein und beginnt zu lachen. Er lacht in sich hinein, fast lautlos, unheimlich, aber eigentlich passend für seinen Beruf. Pathologen haben selten etwas zu lachen, der ständige Umgang mit Tod macht ernst.

„Hören Sie, Rau“ beginnt er: „so etwas habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt“…..… er schüttelt den Kopf, seine schon leicht ergrauten Haare verwirren sich noch mehr, erinnern Kommissar Rau an >Professor Unrat< die Filmlegende mit Marlene Dietrich, doch sein Gesicht ist wieder ernst und nachdenklich: „der Tote wurde vergiftet, erstochen und erschossen……“

Ungläubig wiederholt Rau: „vergiftet, erstochen und erschossen?“

Ja Rau, aber ich bin sicher, daß Ihnen etwas aufgefallen ist, es muß Ihnen etwas aufgefallen sein“ Tahlborn macht eine bedeutsame Pause.

Rau denkt an seinen Besuch in der Professor Rinser-Villa.

+++

Wenig später: „Doktor Thalborn, ich hätte Sie gerne dabei, wenn jetzt die liebe Familie versammelt ist, sollte ich einen Fehler machen so verbessern Sie mich bitte -------- aber ich werde keinen machen“

Da saßen sie nun alle, als jetzt die beiden Männer den Raum betreten

die Hausdame Hilmer

die Ex-Frau Amalia, Charlotte

der Bruder Philipp, Ludwig, Emanuel

die Nichte Elisabeth, Phillipina, Luise

und Alice.

Alle Gesichter in gespannter, ängstlicher Aufmerksamkeit auf den Kommissar gerichtet, nur Alice blickt nur kurz auf und dann wieder mit gesenktem Kopf auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Doch in ihren blauen Augen hatte Rau Tränen gesehen.

Dr. Tahlborn grüßt kurz und setzt sich in eine Ecke des Raumes die gesamte Gesellschaft vor sich, sie genau beobachtend.

Auch Rau sieht von einem zum anderen, wartet und beginnt mit ruhiger Stimme: „Wir haben hier vier Mörder unter uns, doch der, der wirklich getötet hat, ist unschuldig.“

Er wendet sich zuerst dem Bruder zu, dessen schneeweißes Gesicht nur mit äußerster Anstrengung ruhig bleibt: „Sie haben geschossen“ wie ein Schuß klingt Raus Stimme.

„Und Sie“, Rau wendet sich der Exfrau zu, die beginnt unruhig zu werden: „Sie haben ihm Gift gegeben“ er bemerkt ihr Erbleichen, war wohl nicht ganz einfach, das einzuflößen

und wendet sich der Nichte zu: „Sie würden alles tun um Stoff zu bekommen. Das ist wohl das wichtigste in ihrem augenblicklichen Leben. War es leicht das Messer in den Leib zu stoßen?“

Absolute Stille herrscht im Raum. Er bekommt keine Antwort von keinem Angesprochenen, fast liebevoll sieht Rau jetzt auf den gesenkten Kopf der jungen Geliebten des Toten: „Sie haben ihn getötet mit einem Kuß“

Alice sieht ihn an, nickt: „er hat mich gefragt ob ich für immer bei ihm bleiben möchte und ich habe ja gesagt und ihn geküßt. Er lehnte sich zurück und lächelte. Er sah so glücklich aus. Aber er sagte nichts, ich habe gewartet.

Nach einer Weile habe ich ihn angefaßt, gerüttelt. Da habe ich gemerkt, daß er nicht mehr atmet, ich bin gelaufen, wollte seinen Arzt holen. Mir fiel der Name seines Arztes nicht ein. Ich war wie gelähmt, bin durch die Straße gelaufen, ich weiß nicht wie lange. Vielleicht könnte er noch leben, wenn ich den Notarzt gerufen hätte, vielleicht …….“

„Sie alle sind Mörder, Mörder!“ betont Rau: „aber einen Toten kann man nicht mehr erschießen, erstechen, vergiften, daß ist strafbar, das ist Leichenschändung.

Sie alle wollten sichergehen und sich gegenseitig ein Alibi geben und jeder mußte schuldig sein um zu schweigen“

„Was bleibt ist unterlassene Hilfeleistung, fast ein Mord aus Liebe, Panik, Verzweiflung“.

+++++

Tahlborn streicht sich durch sein wirres Haar: „wann haben Sie das alles gewußt, Rau?“

„Die Zuordnung der einzelnen Taten war ein Versuch, geprägt durch gemachte Erfahrungen und Gespräche mit der Familie, vor allem mit Frau Hilmer.

Als ich mich an das Lächeln im Gesicht des Professors erinnerte,

- kein Mensch lächelt, wenn er vergiftet wird, das Gesicht ist meist verzerrt

- aus Schuß und Stichwunde hätte Blut austreten müssen, aber es war nichts zu sehen“

„Er sah so glücklich, so friedlich aus, wie selten ein Toter“ dann fährt Rau fort: „ich wünschte mir auch einen Mörder wie Alice wenn ich 80 bin und Herzkrank.“

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