Читать книгу Mansfield Park - Джейн Остин, Сет Грэм-Смит, Jane Austen - Страница 8

6. Kapitel

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Mr. Bertram reiste ab, und Miss Crawford machte sich darauf gefaßt, eine große Lücke in ihrem Kreis zu finden und ihn bei den jetzt fast täglich stattfindenden Begegnungen der beiden Familien schmerzlich zu vermissen. Als sie kurz nach seiner Abreise alle zum Essen nach Mansfield Park geladen waren, nahm sie ihren gewohnten Platz am unteren Ende der Tafel mit recht melancholischen Erwartungen ein. Sie war sicher, daß die Mahlzeit äußerst langweilig verlaufen würde. Edmund, der an Stelle seines Bruders den Hausherrn spielte, würde im Gegensatz zu diesem nichts zu sagen haben. Er würde die Suppe ganz temperamentlos austeilen, den Wein ohne Lachen und nette Scherze einschenken und die Rehkeule tranchieren, ohne eine einzige lustige Anekdote über einen früheren Wildbraten oder eine unterhaltsame Geschichte über «meinen Freund Soundso» zum besten zu geben. Ihr einziges Amüsement würde wohl darin bestehen, aufzupassen, was am oberen Ende der Tafel vor sich ging, und Mr. Rushworth zu beobachten, der heute zum erstenmal seit dem Eintreffen der Crawfords in Erscheinung trat. Er war bei einem Freund in der benachbarten Grafschaft zu Besuch gewesen, und da dieser Freund kürzlich seine Parkanlagen von einem Fachmann hatte umgestalten lassen, war Mr. Rushworth jetzt ganz von diesem Gegenstand erfüllt und höchst begierig, seine eigene Besitzung auf die gleiche Weise zu verschönern. Obwohl er nicht viel Zweckmäßiges vorbrachte, konnte er von nichts anderem reden. Das Thema war bereits im Salon abgehandelt worden und wurde nun im Eßzimmer wieder aufgegriffen. Mr. Rushworth wünschte offensichtlich vor allem, Miss Bertram dafür zu interessieren und ihre Meinung zu hören; und obwohl sich in ihrer Haltung eher das Bewußtsein ihrer Überlegenheit als Anteilnahme an seinen Bestrebungen verriet, erfüllten sie die Erwähnung von Sotherton Court und die damit zusammenhängenden Aussichten mit einer Selbstzufriedenheit, die sie davor bewahrte, ausgesprochen ungnädig zu wirken.

«Ich wollte, Sie könnten Compton sehen», sagte Mr. Rushworth. «Es ist wirklich vollkommen. Ich habe nie im Leben eine solche Veränderung gesehen. Ich habe zu Smith gesagt, ich wüßte gar nicht, wo ich wäre. Die jetzige Zufahrt ist etwas Großartiges. Das Haus präsentiert sich ganz überraschend. Ich muß sagen, wie ich gestern nach Sotherton zurückkam, sah es aus wie ein Gefängnis – ein düsteres, altes Gefängnis.»

«Oh, schämen Sie sich!» rief Mrs. Norris.

«Wahrhaftig, ein Gefängnis! Sotherton Court ist der vornehmste alte Landsitz der Welt.»

«Aber es muß verschönert werden, gnädige Frau, es muß unbedingt verschönert werden. Ich habe nie im Leben einen Platz gesehen, der so dringend eine Verschönerung gebraucht hätte. Und es sieht so hoffnungslos aus, daß ich gar nicht weiß, was man damit anfangen kann.»

«Kein Wunder, daß Mr. Rushworth gegenwärtig so denkt», bemerkte Mrs. Grant lächelnd zu Mrs. Norris. «Aber keine Sorge – Sotherton wird bald in jeder Beziehung verschönert sein, wie es seinem Herzenswunsch entspricht.»

«Ich muß versuchen, etwas daraus zu machen, aber ich weiß nicht was», erklärte Mr. Rushworth. «Ich hoffe, daß meine Freunde mir dabei helfen werden.»

«Ich stelle mir vor, daß in diesem Fall Ihr bester Freund Mr. Repton wäre», bemerkte Miss Bertram ruhig.

«Ja, daran denke ich auch. Nachdem er sich bei Smith so bewährt hat, sollte ich ihn vielleicht sofort engagieren. Sein Honorar beträgt fünf Guineen täglich.»

«Und wenn es zehn wären, bedeutet das für Sie kein Hindernis!» rief Mrs. Norris. «Die Kosten spielen keine Rolle. Ich an Ihrer Stelle würde nicht an die Kosten denken, sondern alles im besten Stil und so gut wie möglich ausführen lassen. Ein Platz wie Sotherton Court ist des Besten würdig, was Geld und Geschmack zu leisten vermögen. Sie haben Raum für alle erdenklichen Anlagen und ein Grundstück, aus dem sich etwas machen läßt. Ich für mein Teil, wenn ich nur ein Fünfzigstel eines solchen Besitzes hätte, würde ihn ständig umgestalten und verschönern, denn das tue ich für mein Leben gerne. Mit dem winzigen Stückchen Land, das ich jetzt habe, wäre es lächerlich, etwas Derartiges anzustreben – die reine Farce. Aber wenn ich mehr Platz hätte, wäre es mein höchstes Vergnügen, ihn zu verschönern und zu bepflanzen. Im Pfarrhof haben wir ja in dieser Hinsicht allerlei vollbracht, wir haben den Platz zur Unkenntlichkeit umgewandelt. Ihr jungen Leute erinnert euch nicht, wie es früher war; sofern unser lieber Sir Thomas hier wäre, könnte er euch erzählen, welche Verbesserungen uns zu verdanken sind. Wir hätten noch viel mehr getan, wenn mein armer Norris nicht so leidend gewesen wäre. Der Arme, er war ja kaum jemals imstande, vor die Tür zu gehen, um sich daran zu erfreuen, und das hat mir natürlich auch die Lust genommen, die verschiedenen Pläne auszuführen, die Sir Thomas und ich besprochen hatten. Wäre das nicht gewesen, hätten wir die Gartenmauer weitergeführt und die Sträucher angepflanzt, die den Blick auf den Friedhof ausschließen, wie Dr. Grant es getan hat. Trotzdem haben wir ständig etwas verbessert. Ein Jahr vor dem Tod meines armen Norris haben wir noch den Aprikosenbaum an der Stallmauer gepflanzt, der jetzt zu einem so prächtigen Baum herangewachsen ist und immer noch schöner wird, Sir», schloß sie, zu Dr. Grant gewandt.

«Der Baum gedeiht, das ist nicht zu leugnen, Madam», versetzte Dr. Grant. «Der Boden ist gut. Und ich gehe nie vorbei, ohne zu bedauern, daß die Früchte von so schlechter Qualität sind, daß sie kaum das Einernten lohnen.»

«Aber, Sir, es ist ein Moorpark, wir haben ihn als Moorpark gekauft, und gekostet hat er uns – das heißt, es war ein Geschenk von Sir Thomas, aber ich habe die Rechnung gesehen und weiß, daß er sieben Shilling gekostet hat, weil es ein echter Moorpark ist.»

«Da hat man Sie angeschmiert, Madam», erwiderte Dr. Grant. «Diese Kartoffel hier besitzt eher das Aroma einer Moorpark-Aprikose als die Früchte von jenem Baum. Es ist im besten Fall ein fades Obst, aber eine gute Aprikose ist zumindest genießbar, was man von denjenigen in meinem Garten nicht behaupten kann.»

«Die Wahrheit ist nämlich», flüsterte Mrs. Grant über den Tisch hinweg Mrs. Norris angelegentlich zu, «daß Dr. Grant gar nicht weiß, wie unsere Aprikosen schmecken. Er bekommt sie kaum jemals zu kosten. Die Früchte sind so gut verwendbar, und die unsrigen werden so besonders groß und schön, daß die Köchin sie sich sämtlich für ihre Obstkuchen und Marmeladen aneignet.»

Mrs. Norris, die schon im Begriff stand, einen roten Kopf zu bekommen, war besänftigt, und eine kleine Weile lang redete man von anderen Dingen als von der Verschönerung von Sotherton. Dr. Grant und Mrs. Norris waren selten gut Freund. Ihre Bekanntschaft hatte mit Auseinandersetzungen über die Baufälligkeit des Pfarrhauses begonnen, und sie waren kaum jemals einer Meinung.

Nach dieser kurzen Unterbrechung begann Mr. Rushworth von neuem: «Smith’s Besitzung wird jetzt weit und breit bewundert. Dabei war gar nichts daran, bevor Repton die Sache in die Hand genommen hat. Ich glaube, ich werde doch Repton heranziehen.»

«Mr. Rushworth», sagte Lady Bertram, «an Ihrer Stelle würde ich ein hübsches Boskett anlegen. Bei schönem Wetter hält man sich gern in einem hübschen Boskett auf.»

Mr. Rushworth beeilte sich, Ihrer Ladyship zuzustimmen, und bemühte sich, ein feines Kompliment zu drechseln; doch zwischen seiner Begeisterung für ihre Idee, seiner Versicherung, daß er selber das gleiche im Sinn gehabt hätte, seinen Beteuerungen, daß ihm vor allem daran läge, es den Damen allesamt recht angenehm zu machen, und seinen Andeutungen, daß es nur eine einzige gäbe, deren Wünsche ihm Befehl seien, verhaspelte er sich, und Edmund beeilte sich, ihm aus der Verlegenheit zu helfen, indem er ihn aufforderte, mit ihm ein Glas zu leeren. Doch obwohl Mr. Rushworth sonst kein großer Redner war, konnte er sich von dem Gegenstand, der ihm am Herzen lag, noch nicht losreißen. «Smith hat im ganzen nicht mehr als hundert Morgen Land, was herzlich wenig ist. Gerade darum ist es so erstaunlich, was daraus gemacht wurde. In Sotherton haben wir gut siebenhundert Morgen, die Wiesen am Fluß nicht mitgerechnet, und ich denke, wenn man aus Compton so viel machen konnte, brauchen wir die Hoffnung nicht aufzugeben. Man hat dort zwei oder drei hohe, alte Bäume gefällt, die vor dem Haus standen, und es ist unglaublich, wie der Prospekt dadurch gewinnt. Ich nehme an, daß Repton, oder wer sonst den Plan entwirft, wohl auch in Sotherton die Allee umlegen würde. Wissen Sie, die Allee, die von der Westfront zum Gipfel des kleinen Hügels führt», fügte er eigens für Maria hinzu. Doch Maria fand es passend, zu antworten:

«Die Allee? Ach – ich erinnere mich nicht. Ich kenne ja Sotherton so wenig.»

Fanny, die an Edmunds anderer Seite Miss Crawford gegenüber saß und aufmerksam zugehört hatte, blickte ihren Cousin an und sagte leise:

«Eine ganze Allee fällen! Wie traurig! Erinnert es dich nicht an Cowper? ‹Ihr hingesunkenen Alleen, noch einmal beklag’ ich euer unverdientes Los …›»

Edmund antwortete lächelnd: «Ich fürchte, um die Allee steht es schlecht, Fanny.»

«Ich würde Sotherton so gern sehen, ehe sie verschwindet, so, wie es jetzt ist, bevor es ganz verändert wird. Aber ich werde wohl nie hinkommen.»

«Warst du denn niemals dort? Nein – für einen Ritt ist es wohl zu weit. Ich wollte, ich könnte dir deinen Wunsch erfüllen.»

«Ach, es ist nicht wichtig. Wenn ich es jemals zu sehen bekomme, wirst du mir beschreiben, wie es früher war.»

«Ich entnehme dem allem», sagte Miss Crawford, «daß Sotherton ein alter Landsitz ist und recht großartig sein muß. Ist es in einem besonderen Stil gebaut?»

«Das Haus stammt aus der Zeit von Königin Elisabeth – ein großes, regelmäßiges Ziegelgebäude, etwas schwerfällig, aber von imponierendem Aussehen, mit vielen, wohldimensionierten Räumen. Unvorteilhaft ist seine Lage, an einer der tiefsten Stellen des Parks, wogegen sich nicht viel machen läßt. Aber der Wald ist prächtig, und es gibt auch einen kleinen Fluß, der sicher sehr günstige Möglichkeiten für die Gestaltung des Landschaftsbildes bietet. Mr. Rushworth hat ganz recht, wenn er dem Ganzen ein modernes Gewand zu geben gedenkt, und ich bin überzeugt, daß es ausgezeichnet gelingen wird.»

Miss Crawford hörte unterwürfig zu und dachte bei sich: Er ist ein wahrhaft wohlerzogener Mensch. Mit wieviel Takt er das Gute hervorhebt!

«Ich möchte Mr. Rushworth nicht hineinreden», fuhr Edmund fort, «aber wenn ich einen solchen Besitz umzugestalten hätte, würde ich mich nicht einem Architekten ausliefern. Lieber begnügte ich mich mit weniger glänzenden Resultaten, wenn sie dafür meinen eigenen Ideen entsprechen und ich sie mir Schritt für Schritt erarbeitet habe. Ja, ich möchte lieber meine eigenen Fehler in Kauf nehmen als die eines Fremden.»

«Sie wüßten so eine Sache natürlich richtig anzupacken, aber für mich wäre das nichts. Ich habe nicht das Auge dafür und keine Einfälle – ich sehe nur, was vor mir steht. Falls ich einen Landsitz hätte, wäre ich sehr dankbar, wenn irgendein Mr. Repton mir alles abnähme und mir für mein Geld soviel Schönheit wie möglich herausholte. Ich würde keinen einzigen Blick darauf werfen, ehe es nicht fix und fertig dastünde.»

«Mir würde es die größte Freude machen, es allmählich entstehen zu sehen», sagte Fanny.

«Ja, Sie sind dazu erzogen worden. Bei meiner Erziehung hat man diesen Punkt vernachlässigt. Und die einzige Kostprobe – die mir noch dazu von einem Mann verabreicht wurde, der mir nicht gerade der liebste auf Erden ist – hat mir nur bewiesen, daß nichts unangenehmer ist, als so einen Umbau mitzumachen. Vor drei Jahren hat der Admiral, mein hochverehrter Onkel, ein kleines Landhaus in Twickenham zum Sommeraufenthalt gekauft, und meine Tante und ich waren ganz entzückt davon. Aber gerade weil es so überaus hübsch und reizend war, fand man es unbedingt notwendig, alles umzuändern. Drei Monate lang war das Ganze nichts als ein wüstes Durcheinander, ohne einen trockenen Weg, den man betreten, oder eine Bank, auf der man sich niederlassen konnte. Nein, wenn ich auf dem Land lebe, möchte ich alles so hübsch und komplett wie möglich haben, Boskette und Blumenrabatten und lauschige Sitzplätze ohne Zahl, aber unter der Bedingung, daß ich mich um nichts zu kümmern brauche. Henry ist anders, der liebt es, sich zu betätigen.»

Es tat Edmund leid, Miss Crawford, die zu bewundern er sehr geneigt war, in so leichtfertigem Ton von ihrem Onkel sprechen zu hören. Es verletzte sein Taktgefühl, und er schwieg, bis ihr Lächeln und ihre Lebhaftigkeit ihn wieder so gefangen nahmen, daß er den unangenehmen Eindruck überwand.

«Mr. Bertram», sagte sie, «ich habe endlich Nachricht von meiner Harfe. Es wurde mir versichert, daß sie sich heil und unversehrt in Northampton befindet, und zwar seit zehn Tagen, ungeachtet der gegenteiligen Erklärungen, die wir wiederholt empfangen haben.» Edmund gab seiner Freude und seiner Überraschung Ausdruck. «Die Sache ist die, daß unsere Erkundigungen viel zu direkt waren; wir haben einen Diener hingeschickt, wir sind selbst hingefahren – siebzig Meilen von London entfernt, ist das nicht das richtige Vorgehen. Heute früh haben wir es endlich auf dem korrekten Weg erfahren. Ein Bauer hat sie gesehen und es dem Müller erzählt, der Müller hat es dem Metzger berichtet, und der Schwiegersohn des Metzgers hat Nachricht im Laden hinterlassen.»

«Ich freue mich sehr, daß Sie von ihr gehört haben, ganz gleich auf welche Weise. Hoffentlich gibt es jetzt keine weiteren Verzögerungen.»

«Sie soll morgen hier eintreffen. Aber wie, glauben Sie, wird sie zu mir gelangen? Nicht auf einem Wagen oder Karren – o nein, so etwas ist im ganzen Dorf nicht zu bekommen. Ich hätte ebensogut nach einer Tragbahre und Trägern herumfragen können.»

«Es dürfte schwer sein, jetzt mitten in der ohnehin sehr verspäteten Heuernte, Pferd und Wagen aufzutreiben. Das kann ich mir vorstellen.»

«Ich hätte nie gedacht, wie schwer! Daß hier auf dem Land Mangel an Fuhrwerken herrschen könnte, ist mir nicht in den Sinn gekommen, und so habe ich einfach mein Mädchen geschickt, um irgendeines zu bestellen. Da ich nicht aus dem Fenster schauen kann, ohne einen Bauernhof zu erblicken, und nicht im Garten spazieren, ohne an einem anderen vorbeizukommen, dachte ich, ich brauchte bloß ein Wort zu sagen, und war noch ganz bekümmert, daß ich nicht allen den Vorzug geben konnte. Stellen Sie sich meine Verblüffung vor, als ich erfahren mußte, daß ich das unvernünftigste, unsinnigste, unmöglichste Begehren der Welt gestellt und sämtliche Bauern, Knechte und Heuschober im Dorf tief beleidigt hatte! Was Dr. Grants Verwalter anbelangt, gehe ich ihm lieber aus dem Wege, und mein Schwager selbst, der sonst eitel Zuvorkommenheit ist, hat mich mit den düstersten Blicken gemessen, als er von meiner Untat hörte.»

«Sie hatten natürlich nie Anlaß, darüber nachzudenken, aber wenn Sie es bedenken, sehen Sie sicher ein, wie wichtig es ist, das Heu hereinzubringen. Es mag auch sonst nicht so leicht sein, wie Sie meinen, sich ein Fuhrwerk zu beschaffen; unsere Bauern sind nicht darauf eingerichtet, sie zu vermieten; aber mitten in der Heuernte ist wirklich keiner in der Lage, einen Tag lang ein Pferd zu entbehren.»

«Mit der Zeit werde ich das alles lernen. Aber da ich mit der echten Londoner Überzeugung hergekommen bin, daß für Geld alles zu haben ist, hat mich die imponierende Unerschütterlichkeit Ihrer ländlichen Sitten etwas in Verlegenheit gebracht. Trotzdem bekomme ich morgen meine Harfe. Henry, der die Gutmütigkeit selber ist, hat sich erbötig gemacht, sie in seinem Wagen abzuholen. Wird sie nicht höchst ehrenvoll befördert werden?»

Edmund sagte, die Harfe sei sein Lieblingsinstrument, und drückte die Hoffnung aus, sie bald zu hören. Fanny hatte noch niemals Harfenspiel vernommen und war darauf sehr begierig.

«Ich werde mich glücklich schätzen, Ihnen beiden vorzuspielen», sagte Miss Crawford.

«Mindestens solange Sie Lust haben, zuzuhören, und vermutlich viel länger. Ich liebe selbst Musik über alles, und der Ausübende hat immer mehr Vergnügen an der Sache, weil nicht nur sein Gehör befriedigt wird. Mr. Bertram, wenn Sie Ihrem Bruder schreiben, teilen Sie ihm bitte mit, daß meine Harfe endlich eingelangt ist – er hat mich soviel darüber jammern gehört! Wenn Sie wollen, können Sie ihm auch verraten, daß ich für seine Rückkehr meine traurigste Melodie einübe, um ihm mein Mitgefühl zu beweisen, denn ich bin sicher, daß sein Pferd verlieren wird.»

«Falls ich schreibe, werde ich ihm alles ausrichten, was Sie wünschen, aber augenblicklich sehe ich nicht, daß sich ein Anlaß ergeben könnte.»

«Ha, das glaube ich Ihnen! Und wenn er ein Jahr lang fortbliebe, würden Sie ihm so wenig schreiben wie er Ihnen, falls es nicht unbedingt sein müßte. Der ‹Anlaß› würde sich nie ergeben. Was für merkwürdige Geschöpfe Brüder doch sind! Sie würden einander um nichts in der Welt schreiben, solange es nicht unbedingt notwendig ist, und wenn sie schon zur Feder greifen, um mitzuteilen, daß ein Pferd gestorben oder ein Familienmitglied erkrankt ist, werden sie es mit möglichst wenig Worten abtun. Ihr habt alle den gleichen Stil, ich kenne ihn auswendig. Henry, der sonst in jeder Beziehung das Ideal eines Bruders ist, der mich liebt, sich mit mir berät, mir alles anvertraut und endlos mit mir plaudern kann, ist in seinen Briefen an mich noch niemals über die erste Seite hinausgekommen. Meistens heißt es nur: ‹Liebe Mary, ich bin soeben angekommen. Bath scheint sehr voll zu sein, ansonsten gibt es nichts Neues. Dein Dich liebender Bruder.› Das ist der wahrhaft männliche Stil, das ist das Muster eines brüderlichen Briefes.»

«Wenn sie von allen ihren Lieben getrennt sind, können sie auch ausführlicher schreiben», sagte Fanny, um Williams willen errötend.

«Meine Cousine hat einen Bruder zur See, der ein vorzüglicher Korrespondent ist», erklärte Edmund. «Darum findet sie wohl, daß Sie mit uns gar zu streng ins Gericht gehen.»

«Zur See? Natürlich in königlichen Diensten?» Fanny wäre es lieber gewesen, wenn Edmund gesprochen hätte, doch sein entschiedenes Stillschweigen zwang sie, selbst von ihrem Bruder zu erzählen. Ihre Stimme belebte sich, als sie von seinem Beruf und den fremden Häfen sprach, die er besucht hatte, doch die Zahl der Jahre, die er nun schon in der Ferne verbracht hatte, vermochte sie nicht zu nennen, ohne daß ihr die Tränen in die Augen traten. Miss Crawford drückte mit ein paar höflichen Worten ihre Hoffnung auf Williams baldige Beförderung aus.

«Wissen Sie etwas Näheres von dem Kapitän meines Vetters?» fragte Edmund. «Kapitän Marshall? Ich nehme an, daß Sie in der Flotte viele Bekannte haben.»

«Ja, unter den Admiralen. Aber …», mit hochmütiger Miene, «von den unteren Rängen wissen wir sehr wenig. Kapitäne sind zweifellos sehr brave Leute, aber sie gehören nicht zu uns. Von den verschiedenen Admiralen könnte ich Ihnen eine Menge erzählen – von ihren Flaggen und Beförderungen und Eifersüchteleien und Intrigen. Ganz allgemein kann ich Ihnen versichern, daß jeder einzelne verkannt und ungerechterweise übergangen wird. Ach ja, bei meinem Onkel habe ich eine ganze Schar von Admiralen kennengelernt. Von Konter- und Vizeadmiralen habe ich mehr gesehen, als mir lieb ist.»

Edmund wurde wieder ernst und antwortete nur: «Es ist ein edler Beruf.»

«Der Beruf wäre ganz recht, unter zwei Voraussetzungen: daß man dabei ein Vermögen macht und es vernünftig auszugeben versteht. Aber kurz gesagt, er zählt nicht zu meinen bevorzugten Berufen. Mir ist er nie in liebenswerter Gestalt erschienen.»

Edmund brachte das Gespräch wieder auf die Harfe und drückte noch einmal seine Freude über die Aussicht aus, sie bald zu hören.

Inzwischen unterhielten sich die anderen noch immer eifrig über die Verschönerung von Sotherton, und Mrs. Grant konnte sich nicht enthalten, ihren Bruder anzurufen, obwohl sie damit seine Aufmerksamkeit von Julia Bertram ablenkte: «Henry, hast du gar nichts dazu zu sagen? Du hast dich doch selbst auf diesem Gebiet versucht, und nach allem, was ich von Everingham höre, kann es sich jetzt mit jedem Landsitz in England messen. Freilich, es besitzt große natürliche Schönheiten. In meinen Augen war es vollkommen, so wie ich es gekannt habe. Das liebliche Hügelland, der herrliche Wald! Ich würde viel darum geben, es wiederzusehen!»

«Nichts wäre mir lieber, als deine Meinung über seine jetzige Gestalt zu hören», erwiderte Henry. «Ich fürchte nur, es würde deinen hohen Erwartungen nicht entsprechen. An Ausdehnung ist es so gut wie nichts – du wärest enttäuscht, wie klein es dir jetzt vorkommt. Was die Verschönerung betrifft, gab es für mich sehr wenig zu tun, viel zu wenig für meinen Geschmack. Ich hätte mich gern länger damit beschäftigt.»

«Tun Sie so etwas gerne?» fragte Julia.

«Über alle Maßen. Aber dank den natürlichen Vorzügen des Geländes, die sogar einem unerfahrenen Auge die wenigen notwendigen Veränderungen geradezu aufdrängten, und dank meiner Beharrlichkeit hat es nicht drei Monate gedauert, bis Everingham so aussah, wie es sich heute präsentiert. Den Plan dazu hatte ich in Westminster entworfen – in Cambridge etwas abgeändert – und mit einundzwanzig Jahren verwirklicht. Ich könnte Mr. Rushworth beinahe beneiden, daß dieses große Vergnügen noch vor ihm liegt. Ich habe meines allzu hastig genossen.»

«Rasch erfassen, rasch entscheiden und rasch handeln sind eins», sagte Julia. «Ihnen wird es nie an Beschäftigung mangeln. Anstatt Mr. Rushworth zu beneiden, sollten Sie ihm lieber mit Ihrem Rat beistehen.»

Mrs. Grant, die den letzten Teil dieser Rede gehört hatte, stimmte lebhaft zu, fest überzeugt, daß niemand ein so richtiges Urteil habe wie ihr Bruder. Da Miss Bertram ebenfalls die Idee aufgriff und mit großer Wärme erklärte, ihrer Meinung nach sei es unvergleichlich besser, sich vorerst mit Freunden und uneigennützigen Beratern zu besprechen, als die Arbeit gleich einem berufsmäßigen Architekten hinzuwerfen, war Mr. Rushworth durchaus bereit, Mr. Crawford um seine Unterstützung zu bitten; und nachdem Mr. Crawford seine eigenen Fähigkeiten mit gebührender Bescheidenheit herabgesetzt hatte, stellte er sich natürlich Mr. Rushworth vollkommen zur Verfügung. Mr. Rushworth begann umständlich vorzuschlagen, Mr. Crawford möge ihm die Ehre erweisen, nach Sotherton zu kommen und dort Quartier zu nehmen – bis Mrs. Norris, als hätte sie das Mißfallen ihrer Nichten an einem Plan erraten, der ihnen Mr. Crawford entreißen würde, ihn mit einem Gegenvorschlag unterbrach: «Mr. Crawford ist zweifellos gern dazu bereit, aber warum sollten wir uns nicht anschließen? Warum sollten wir nicht einen kleinen Ausflug arrangieren? Hier sitzen viele, die sich für ihre Pläne interessieren, lieber Mr. Rushworth, und gern Mr. Crawfords Meinung an Ort und Stelle vernehmen möchten; vielleicht dürfte sogar unsere bescheidene Meinung Ihnen gleichfalls von Nutzen sein. Ich für mein Teil sehne mich schon längst danach, Ihrer lieben Frau Mutter wieder einmal meine Aufwartung zu machen. Nur der Umstand, daß ich keine eigenen Pferde besitze, hat mich diese angenehme Pflicht so lange versäumen lassen. Aber jetzt könnte ich mitkommen und der lieben Mrs. Rushworth ein paar Stunden lang Gesellschaft leisten, während ihr jungen Leute herumstreift und alles besprecht, und dann könnten wir allesamt zu einem späten Mittagessen hierher zurückkommen oder auch in Sotherton speisen, wie es Ihrer Mutter am angenehmsten wäre, und dann eine schöne Mondscheinfahrt nach Hause machen. Mr. Crawford wird sicher so liebenswürdig sein, meine beiden Nichten und mich in seinem Wagen mitzunehmen, Edmund kann reiten, nicht wahr, Schwester, und Fanny bleibt bei dir zu Hause.»

Lady Bertram machte keine Einwendungen, und alle Beteiligten drückten ihre volle Bereitwilligkeit aus, bis auf Edmund, der alles mit anhörte und nichts dazu sagte.

Mansfield Park

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