Читать книгу Best of Interior 2020 - Janina Temmen - Страница 12
• 1. PREIS • Labvert
ОглавлениеEINE LAUDATIO VON
Bettina Billerbeck
Eine Altbauwohnung von Grund auf neu zu planen und einzurichten, ohne ein einziges vorhandenes Möbel integrieren zu müssen – vor dieser Aufgabe stehen Innenarchitekten eher selten. Üblicher ist heute ein „Mix & Match“ von Alt und Neu oder aber die Auftraggeber haben sich in einen ganz bestimmten Teppich verliebt und in einen Farbton, der unbedingt an die Wand muss. In der Wiener Wohnung, die der Gewinner des „Best of Interior Awards“ gestaltet hat, lautete die Vorgabe: Midcentury aus einem Guss und in Perfektion. Das ist gelungen. Zunächst hat der Architekt in dem Gründerzeithaus in der Josefstadt zwei Wohnungen zu einer zusammengelegt – so entstanden vier Zimmer auf 130 Quadratmetern. Neues Fischgrätparkett aus massivem Eichenholz bildet die Grundlage, auch für das natürliche Farbkonzept. In den zur Straße hin gelegenen Räumen befinden sich der Koch-, Ess- und Wohnbereich, Richtung Innenhof das Schlafzimmer und eine Bibliothek. Raumteiler aus Glas und Stahl trennen so klug wie dezent die Zonen – etwa zwischen Bett und Ankleide oder Küche und Esstisch. Im Wohnzimmer hat sich eine Gruppe Österreicher breitgemacht: die Bank „Constanze“ in schwarzem Leder und die passenden „¾-Sessel“ aus der Hand von Johannes Spalt für Wittmann. Grau gepolsterte Stühle von Fritz Hansen gruppieren sich um einen Esstisch aus hellem Holz, den das Designbüro des Architekten gezeichnet hat. Die vielen eigenen Entwürfe sind es, die das Einrichtungskonzept zusammenhalten – einfach nur Designklassiker aus den 50er- und 60er-Jahren zu arrangieren, das hätte nicht die angestrebte Perfektion ergeben. Das Interieur wird daher bestimmt von Einbauten sowie von exklusiven Kommoden und Sideboards aus Teak und vernickeltem Metall, die formal den Midcentury-Look aufnehmen, deren Fronten aber zeitgenössisch glänzen. Ein paar Spritzer Zitrone – die Platner-Hocker und ein Teppich in Gelbtönen – verleihen dem Einrichtungskonzept die moderne Frische. Im Museum wohnen wollten die Eigentümer offenbar auch nicht. Die Küche nimmt die Themen helles Holz und Glanz wieder auf. Sie ist eine Sonderanfertigung aus Teak und spiegelndem Strukturglas – mit einer Küchenarbeitsfläche aus aktuellem Terrazzo. Die Wiederholung von Farben und Materialien ist Teil des Erfolgsrezepts für diese Einrichtung, ebenso der Einsatz von Glaselementen, der Funktionalität und Struktur erreicht, ohne Blicke zu versperren und den Räumen die Großzügigkeit zu rauben. Das Sinnliche des Interieurs mit seinen Holz- und Textiloberflächen und den sanften Cremetönen lässt an einen luxuriösen, aber superdezenten Kaschmirpullover denken, in den die Bewohner genüsslich schlüpfen können, wenn sie nach Hause kommen. Ein bis ins Detail durchkomponiertes und im wahrsten Sinne ganzheitlich eingerichtetes Zuhause, in dem man sofort zur Ruhe kommt. Das ist Best of Interior – herzlichen Glückwunsch an Stephan Vary und sein Wiener Büro Labvert.