Читать книгу School of the elect - Janine Heimburg - Страница 8

Die Erstklässler

Оглавление

Ich war gerade auf den Weg zu den neuen Erstklässlern, als mein Patenkind Oswin aufgeregt auf mich zugestürmt kam: „Jessy, ich muss dir was Unglaubliches erzählen!“

„Ich habe keine Zeit, ich muss zu den neuen Erstklässlern“, winkte ich ab.

Diese sogenannten Erstklässler waren nämlich keine gewöhnlichen Kinder, sie waren erst fünf Jahre alt und wie wir alle auf der School of the Elect, die Schule der Auserwählten. Manche der Kinder, die unsere Schule besuchen, haben seit ihrer Geburt besondere Kräfte, die aber erst an ihrem fünften Geburtstag erkennbar werden. Diese Kinder werden dann, wenn das neue Schuljahr startet, von ihren Mentoren zu Hause abgeholt und hierhergebracht. In unserer Schule lernen sie, mit ihren Fähigkeiten umzugehen und sie zu kontrollieren. Natürlich führen sie außerhalb dieser Schule ihr normales Leben weiter. Fünf- bis Siebenjährige werden mit einen Vergessenszauber belegt, damit sie ihren Eltern nichts von unserer Lehranstalt erzählen können, sie erinnern sich erst dann wieder an die Schule, wenn sie von ihren Mentoren erneut abgeholt werden. Unsere Unterricht findet einmal in der Woche statt, und wenn wir hier sind, steht die Zeit quasi still. Oswin war mein Patenkind und hatte wie ich besonders große Fähigkeiten. Über Oswin wurde überall in der Schule gerätselt, denn er entstammte einer besonderen Familie. Normalerweise ist es bei den Elects nämlich so, dass sie keine Kinder bekommen können, die ebenfalls Elects, also Auserwählte, sind – es sei denn, sie gaben ihre Macht ab. Oswins Mutter aber war auch ein Elect, aber nicht irgendeine Auserwählte, sie war die Schulleiterin der School of the Elect. Als Oswin geboren wurde, ahnten jedoch bereits alle, dass er ein Elect war, da er bereits zu diesem Zeitpunkt besondere Fähigkeiten hatte. Außerdem lebte er vom ersten Tag an in der Schule, da auch sein Vater hier unterrichtete.

Unsere Schule war riesig, sie hatte über 25 Stockwerke, einen großen Außen-Campus, kleinere Wohnhäuser und lag in Miami. Für die normalen Menschen in unserer Umgebung war das alles jedoch nicht sichtbar. Ich wohnte mit meiner Familie in Frankfurt in Deutschland. Aber dank der vielen Fähigkeiten der Elects, die natürlich auch ich besaß, wie zum Beispiel Teleportation, konnten wir uns in Sekundenschnelle von Frankfurt nach Miami bringen und umgekehrt. Mein kleiner Bruder Edwin war ebenfalls ein Elect, und das war tatsächlich echt ungewöhnlich, immerhin waren wir bis dato das einzig existierende Elect-Geschwisterpärchen.

Da Oswin sich nicht abwimmeln ließ, nahm ich ihn einfach mit zu den Erstklässlern. Oswin redete aufgeregt über irgendwelche Lehrer, die einen Schwertkampf vorgeführt hatten. Ich hörte kaum zu, denn wir waren im Foyer angekommen und was ich dort sah, faszinierte mich: Die kleinen Erstklässler standen alle in einem Halbkreis hinter den Kindern ihre Mentoren und Paten, die ihnen gleich zugeteilt werden würden. Da ich später ebenfalls Mentorin werden würde, musste ich bei jeder Sitzung dabei sein. Das war manchmal ziemlich ätzend und langweilig, aber bei der Einteilung der Erstklässler wollte ich auf jeden Fall dabei sein, weil mich das immer wieder eine Art Glück spüren ließ.

Oswin und ich setzten uns also auf eine der Bänke und schauten Oswins Mutter zu, die gerade auf die kleine Empore stieg und ihre Zettel sortierte.

„Herzlich willkommen in der School of the Elect. Ihr braucht keine Angst zu haben, ihr seid auserwählt worden, ab heute einmal in der Woche diese Schule zu besuchen. Jeder von euch hat Fähigkeiten, die normale Kinder nicht haben. Ihr lernt hier, mit euren Fähigkeiten umzugehen und sie zu kontrollieren. Wir alle wissen natürlich auch, wie es ist, als Erstklässler hier vorne zu stehen und dabei meistens ziemlich verwirrt oder ängstlich zu sein. Aber keine Angst, ihr werdet euch daran gewöhnen“, sagte die Schulleiterin und lächelte uns zu. „Ich bin die Schulleiterin, ihr könnt bei Problemen jederzeit zu mir, euren Paten oder Mentoren gehen. Als Elect gibt es gewisse Regeln, die ihr in der ersten Schulstunde lernt. Ich werde jetzt einzeln eure Namen aufrufen und euch Paten und Mentoren zuteilen. Eure Paten sind die Kinder der siebten Klasse. Sie werden euch die Schule zeigen und Fragen beantworten. So, ich wünsche euch viel Glück bei eurem ersten Tag, bis dann beim Mittagessen.“ Anschließend teilte sie jedem Kind einen Paten und einen Mentor zu. Es waren wie jedes Jahr zu Schuljahresbeginn genau 20 Kinder, nur im vergangenen Jahr waren es wegen Oswin 21 gewesen.

Walesa Ragin, Oswins Mutter, kam nach der Einteilung zu uns. „Oswin! Warum bist du nicht im Unterricht?“, fragte sie streng.

„Mann, Mama! Zweite Klasse, Telepathie 1, das kann ich schon! Das ist so langweilig! Ich kann das, seit ich drei war“, motzte er.

„Ich kann dich nicht in eine höhere Klasse stecken. Hier gibt es bestimmte Regeln, die selbst ich einhalten muss, so wie schon die vielen Schulleiterinnen vor mir auch“, erklärte Walesa.

„Ich weiß ...“, seufzte Oswin.

„Ach Jessica, könntest du diesen Brief Mister Joke geben? Ich habe gerade keine Zeit dafür. Es ist sehr wichtig, und da du eh vom Unterricht befreit bist ...“, bat sie mich.

„Klar, mach ich.“ Ich nahm den Brief entgegen. Mister Joke war ein Krieger, nicht der Hauptkrieger aber trotzdem ein wichtiger.

„Du kannst Oswin ruhig mitnehmen.“ Sie zwinkerte mir zu und Oswin lächelte mich glücklich an.

Die Krieger, die die Aufgabe hatte, unsere Schule zu beschützen, wohnten nicht weit weg. Wir verließen das große Schulgebäude und gingen, wie die meisten es nannten, ins Elect-Dorf. Dort gab es ziemlich viele kleine Häuschen. Allein 300 Häuser davon waren an Krieger vergeben. Joke wohnte in einem der ersten Häuser, so mussten wir nicht weit laufen. Wir klingelten an der Tür. Joke war, wie sein Name schon sagte, immer gut drauf.

Gut gelaunt öffnete er also auch dieses Mal die Tür. „Ach, die zwei Wunderkinder, obwohl ... Jessica, du bist nicht mehr wirklich ein Kind. Was führt euch zu mir?“

Ich gab ihm den Brief. „Von Walesa, er ist anscheinend ziemlich wichtig.“

Joke nahm das Kuvert mit ernstem Blick, den man nur selten bei ihm sah, entgegen. „Danke ... ich hätte euch auf ein Tässchen Tee eingeladen, aber ihr müsst bestimmt zurück in den Unterricht“, zwitscherte er gespielt fröhlich, um sich nichts anmerken zu lassen.

„Nein, wir sind die ersten drei Stunden freigestellt, aber wir werden trotzdem zurück zur Schule gehen. Wir sehen uns.“ Ich stapfte mit Oswin zurück zur Schule. Irgendwas stimmte hier nicht, das spürte ich instinktiv.

An der Schule angekommen, hörten wir Schritte hinter uns. „Jessica, warte!“, schrie eine Stimme hinter mir. Wir drehten uns um. Es war Jan. Jan Dagwin war mein bester Freund, außerdem war er in der normalen Welt mein Nachbar und ging in meine Klasse, und zwar in beide, in die sterbliche und die Elect-Klasse. Ich schaute auf meine Uhr. Die zweite Stunde hatte bereits angefangen und wir hatten Sport. Zum Glück war ich die ersten drei Stunden freigestellt. „Was ist?“, fragte ich.

„Kommt mit, das müsst ihr euch anhören!“ Er nahm unsere Hände und zog uns zum Aufzug. Wir fuhren in den 16. Stock, wo die Lehrerabteilungen lagen. Jan gab uns ein Zeichen, dass wir leise sein sollten. Zu dritt gingen wir den langen Flur entlang und bogen um die Ecke, wo sich das Beratungszimmer befand. Die Tür war angelehnt und von drinnen kamen die Stimmen von Walesa und ein paar Lehrern.

„Wir müssen das beenden, sie auslöschen! Was, wenn sie einen unserer Schüler angreifen?“ Ich erkannte die Stimme meiner Mentorin Alsuna.

„Wer sind diese Elects, die Menschen ermorden?“, fragte Brian Ering, mein Kampflehrer.

„Erwachsene, Kinder, sie haben sich mit anderen Wesen verbündet, die black whisper genannt werden“, erklärte Walesa.

„Wir müssen sie töten, wenn sie unsere Schule angreifen ... Aber wir können nicht angreifen, wenn die kleinsten Elects dabei sind!“, sagte Brian.

„Wer würde denn von der Schule hier alles kämpfen müssen?“, fragte Alsuna.

„Die Krieger, die Lehrer, ältere Schüler und unsere acht Sonderfälle“, zählte Walesa auf.

„Du willst unsere acht Kinder kämpfen lassen?“ Alsuna war geschockt.

„Damals, bei dem Kampf gegen die Geisterker, haben auch Kinder mitgekämpft, weil sie besondere Fähigkeiten hatten! Und drei der acht sind 16 und 17 Jahre alt, sie werden auf jeden Fall kämpfen!“, schrie Walesa.

„Ja, und damals sind zwei Siebenjährige ums Leben gekommen!“ Brian schrie ebenfalls.

Ich blinzelte Tränen weg. Eine der beiden Mädchen, die damals mit in den Krieg mussten, war in meiner Klasse gewesen, sie war meine Freundin gewesen. Ich musste damals noch nicht mit, weil ich meine Fähigkeiten erst bekam, als mein Bruder ebenfalls ein Elect wurde. Mein Bruder ... er gehörte wie Jan, Oswin und ich zu den acht Sonderfällen! Ich schaute Oswin und Jan an.

„Wann werden wir ihnen sagen, dass sie kämpfen müssen, um die Gefahr abzuwehren?“, fragte Brian leise.

„Erst kurz vorher, nur sorg dafür, dass sie sich im Fach Kämpfen Mühe geben, und gib ihnen vielleicht ein paar Extrastunden!“, meinte Walesa zu Brian. Wir drehten uns um und rannten leise zurück zum Fahrstuhl. Jan und ich starrten Oswin an.

„Was ist?“, fragte er.

„Hallo? Hast du eben nicht zugehört? Wir sollen in den Krieg!“, rief ich entsetzt.

„Ja und? Ich meine, wir sind ja nicht die Einzigen“, sagte er gelassen. Ich rollte mit den Augen. Typisch Oswin!

Es gongte. Die dritte Stunde war vorbei. „Wir haben jetzt Mittagspause und du musst zurück in deine Klasse. Ihr habt Deutsch 2, oder?“, fragte ich Oswin, als wir im Fahrstuhl waren. Er nickte. Wir ließen ihn im fünften Stock raus und fuhren in den dritten, wo die Cafeteria lag. In unserer Schule hatten wir immer versetzt Unterricht.

„Ich werde Edwin nicht kämpfen lassen, er ist erst acht!“, gab ich Jan zu verstehen.

„Deine Macht wäre mit ihm aber stärker, außerdem kämpft Oswin auch“, versuchte er mich zu überzeugen. „Und du weißt, eine der wichtigsten Regeln ist, dass jeder für sich selbst entscheidet. Edwin würde selbstverständlich für seine Schule kämpfen.“

„Nicht, wenn er es erst gar nicht erfährt“, fauchte ich Jan an. Er lachte. „Jan! Das ist nicht witzig!“

„Sorry, aber dein Bruder kann Gedanken lesen wie wir auch. Wie willst du es dann vor ihm geheim halten?“, fragte er lachend.

Ich drehte mich um und stapfte, ohne auf Jan zu warten, zur Cafeteria. Die meisten Klassen hatten jetzt Mittagspause. Ich nahm mir einen Teller und stellte mich an der Theke an. Es gab Nudeln mit Tomatensoße, Salate und Suppe. Die Pausen dauerten immer genau eine ganze Schulstunde. Ich setzte mich zu meiner Freundin Elly an den Tisch, die mich erstaunt ansah. Elly hieß eigentlich Elisabeth, aber keiner nannte sie so – außer Walesa. „Wo ist Jan?“, fragte sie.

„Kommt gleich“, murmelte ich.

„Ok, sag mal, wo wart ihr eben eigentlich? Falls ihr es nicht gemerkt habt, wir hatten Unterricht“, sagte sie lachend.

„Hahaha, sehr witzig ...“ Ich rollte mit den Augen. „Ich war bei den neuen Erstklässlern, du weißt doch, ich muss da immer hin“, erinnerte ich sie.

„Ach so, stimmt ... Gedankenwissen 2. Oh Mann, wenn die erste Stunde schon so schwer ist, wie sollen dann die anderen erst werden?“ Sie seufzte.

Seit diesem Tag war ich offiziell in der zwölften Klasse der School of the Elect. Zwölfte! Nur noch zwei ganze Jahre ...

Jan kam zu uns und setzte sich an den Tisch. „Sorry, Jessy, das mit vorhin tut mir leid“, entschuldigte er sich.

Ich rollte mit den Augen. „Schon ok“, meinte ich knapp. Er wusste, dass ich noch sauer war, sagte aber nichts. Wir aßen, redeten aber so gut wie kein Wort. Als es klingelte, mussten wir uns beeilen, um rechtzeitig zu Kämpfen 5 zu kommen. Teleportieren war in der Schule nur auf Anweisung erlaubt, da es sonst sicherlich ein ziemliches Durcheinander geben würde, außerdem durften die Kleinen noch nicht alleine teleportieren.

Brian Ering musterte uns kritisch, als wir in seinem Unterricht saßen, sagte aber nichts. Wir stellten uns partnerweise auf. Wie immer wählte ich Jan. Wir stellten uns gegenüber und warteten auf Anweisungen von Brian. „So, guten Morgen, heute werden wir nur mit unseren natürlichen Kräften kämpfen. Das heißt, Jan und Jessica, dass ihr nur mit normalen Elect-Fähigkeiten kämpfen dürft!“, erinnerte Brian uns.

Ich seufzte. Das würde langweilig werden.

Normale Elects hatten Fähigkeiten wie Unsichtbarkeit, Telepathie, schnelles und leises Bewegen, Gedankenbeeinflussung und gute Ausdauer. Sie konnten aber keine Gedanken lesen wie Jan und ich. Wir konnten sogar gedanklich miteinander kommunizieren. Außerdem konnte ich die Vergangenheit der Menschen sehen oder das fühlen, was sie gerade fühlten. Das Beste, was ich jedoch konnte, war, meinen Bruder herbeizuwünschen, egal wo er sich gerade befand. Das war ziemlich praktisch, vor allem, wenn er mal wieder keine Lust hatte, mit nach Hause zu kommen. Ich sah zu Jan. Er sah ebenfalls nicht glücklich aus, und wie immer brachen wir die Regeln und nutzten alle Fähigkeiten.

„Jessica?“, fragte er in meine Gedanken hinein.

„Ja?“

„Jessica, was verheimlicht ihr mir?“

Das war Edwins Gedankenstimme! Ich sah Jan warnend an, jetzt bloß nicht daran zu denken!

„Nichts, Edwin“, dachte Jan.

„Jessica, Jan, nicht in Gedanken unterhalten, sondern kämpfen!“, ermahnte Brian uns.

„Wir können jetzt nicht, Edwin, wir sehen uns nach Schulschluss!“ Wir klickten die Unterhaltung aus. Ich konnte mich jedoch nicht aufs Kämpfen konzentrieren und landete immer wieder auf dem Boden.

„Was ist denn heute mit dir los, Jessica?“, fragte Brian. „Streng dich mal an. Ich weiß, dass du mehr kannst!“

Ich versuchte, mich mehr zu konzentrieren, es klappte nicht, aber Jan war nun ebenfalls nicht mehr bei der Sache. Brian gab auf und beendete den Kampf: „Jan, Jessica ihr kämpft jetzt mit all euren Fähigkeiten, ok? Los!“

Jan lächelte und ich erwiderte die Geste. So machte mir das Spaß. Mein Freund schoss einen Blitz auf mich ab, den ich mit einem Wasserschild abwerte. Es gab einen lauten Knall. Natürlich hätte der Blitz mich nicht töten können. Töten konnten unsere Gaben nur, wenn wir es wollten. Jan schoss neue Blitze auf mich, aber diesmal viele kleine auf einmal. Ich absorbierte sie mit meinem Wasserschild und schleuderte sie auf Jan zurück.

Mein Trainingspartner erhob sich in die Luft und hob beide Arme. Die Luft sammelte sich um ihn und es entstand ein kleiner Tornado, der die Wasserblitze wegblies. Er schleuderte den Wirbelsturm auf mich. Ich löste mich ebenfalls von der Erde und sammelte das Grundwasser um mich herum, um damit auf Jan zu zielen. Tornado und Wasserstrudel prallten in der Mitte zwischen uns aneinander und lösten sich auf. Wir hörten das Klatschen und Jubeln unserer Mitschüler und landeten wieder auf dem Boden.

„Das war fantastisch!“, lobte Brian.

Jan und ich gaben uns die Hand und lächelten glücklich. Es gongte, die Stunde war vorbei. Wir gingen zu den Umkleiden und zogen uns um, nur um gleich darauf über den Campus zu hetzen. Wir hatten Geschicklichkeit 5 in der kleinen Sporthalle, die am Ende des Schulgeländes lag.

Nach Schulschluss musste ich noch eine Stunde auf Edwin warten, da er nach der zweiten und vierten Stunde jeweils eine Pause hatte, ging sein Unterricht sozusagen eine Stunde länger.

Jan und ich fuhren in den 25. Stock. Diese Etage gehörte Oswin und seiner Familie. Wir klingelten an der Haustür. Oswin machte uns auf. „Hey, kommt rein!“, sagte er und ließ uns rein.

„Jan und Jessica, schön, dass ihr hier seid. Mit euch wollte ich reden“, begrüßte uns Walesa. Jan und ich schauten uns an. „Setzt euch doch ins Wohnzimmer, ich komme gleich nach“, meinte sie.

Wir gingen den Flur entlang ins Wohnzimmer. Oswin lief schweigend neben uns her. Wir kamen in ein riesiges Wohnzimmer und setzten uns dort auf eine etwa zehn Meter lange Couch. Walesa kam ins Zimmer und schloss die Tür. Sie sah uns an. „Ich weiß, dass ihr von dem Krieg wisst“, fing sie an. Wir zuckten zusammen. „Ihr habt wohl vergessen, dass auch ich Fähigkeiten besitze, so kann ich beispielsweise Oswins Gedanken lesen oder merke, wenn er mir etwas verheimlicht.“ Oswin schaute betreten auf den Boden.

„Tut mir leid, das ist alles meine Schuld. Ich habe gehört, über was Sie mit den anderen Lehrern gesprochen haben, und habe Jessica und Oswin geholt ...“, gestand Jan.

Die Schulleiterin sah uns an. „Es gehört sich zwar nicht, Leute zu belauschen, aber ich verzeihe euch. Ich hab nicht mit euch sprechen wollen, um euch eine Standpauke zu erteilen, sondern um mit euch über den Kampf zu reden.“

„Ich werde nicht zulassen, dass Edwin kämpft, er ist erst acht!“ Ich konnte einfach nicht an mich halten.

„Alter spielt keine Rolle, Jessica, aber er hat stärkere Kräfte als die meisten Erwachsenen, genau wie ihr drei.“ Sie sah uns einzeln an. „Und du, Jessica, bist nur mit deinem Bruder am stärksten, genau wie er nur mit dir“, erklärte sie. „Ihr seid besonders. Hör zu, die wichtigste Regel an der Schule ist der freie Wille. Jeder darf über sich entscheiden. Ich will auch nicht, dass Oswin kämpft, aber da er das will, kann ich nichts dagegen machen, außer mit ihm zu trainieren. Er kämpft für sein Zuhause ... Was ist mit euch, kämpft ihr für eure Schule?“, fragte sie uns.

„Natürlich!“, sagten Jan und ich gleichzeitig.

„Gut, dann trainiert ihr beide auch zu Hause ... mit Edwin“, erklärte Walesa Ragin. Ich konnte nur widerwillig nicken. „Ok, das war’s, was ich euch zu sagen hatte. Holt Edwin ab, es klingelt in fünf Minuten, und wenn ihr noch etwas Zeit habt, könntet ihr in der Sporthalle trainieren. Ihr habt noch zwei Stunden bis zum offiziellen Schulschluss!“ Die Schule war erst dann beendet, wenn die 13. und 14. Klasse mit ihrem Unterricht fertig waren, und solange mussten alle Schüler in der Schule bleiben.

Jan und ich gingen zurück zum Fahrstuhl. Oswin musste zu Hause bleiben, aber er konnte ja auch jeden Tag in der Halle üben.

Außer Oswin lebten noch andere Kinder in der Schule. Die meisten von ihnen waren Waisen oder wurden von ihren Eltern misshandelt. Sie wurden dann hierher gebracht und in der normalen Welt vergessen. Diese Kinder wurden full-time-Elects genannt, da sie wie Oswin kein sterbliches Leben führten.

Wir fuhren in den fünften Stock und holten Edwin ab. Er kam auf uns zu. „Was verschweigt ihr mir?“, fragte er wütend.

„Wie wäre es mal mit Hallo?“, lenkte Jan ab.

„Jan!“, schrie mein Bruder wütend.

„Was ist los, Edwin? Seit wann bist du so wütend?“, fragte ich sanft.

„Weil du, Jan und Oswin mir etwas sehr Wichtiges verheimlicht. Und ich weiß, dass ich es erfahren soll, du es aber nicht willst!“, schrie er wieder. Mist, dieses Gedankenlesen ging einem manchmal ganz schön auf die Nerven, deshalb dachte ich erst gar nicht daran, weil Edwin immer zuhören konnte. „Ist ja gut, Edwin, du wirst es bald erfahren, aber schrei hier nicht so rum, sonst weiß es gleich jeder.“ Ich ging Richtung Fahrstuhl und zog meinen Bruder und Jan mit mir. Wir liefen über den Campus zur großen Turnhalle, gingen hinein und schlossen die Tür ab. „So, hör zu, Edwin, wir werden jetzt einfach ein bisschen Kämpfen üben. Wir beide gegen Jan, ok?“, erklärte ich ihm.

„Da ist gleich klar, dass ich verliere!“ Jan gab sich, als wäre er traurig, hatte aber ein fieses Grinsen im Gesicht.

„Es ist wieder Krieg, stimmt’s? Deshalb sollt ihr mit mir das Kämpfen üben, weil ich dabei sein soll!“, erriet Edwin.

Ich nickte. „Ja, aber du musst nicht kämpfen, nur wenn du es willst.“ Ich wusste, dass mein Bruder nicht ablehnen würde.

„Ich kämpfe für meine Schule, mein Zuhause!“ Er legte die Faust über sein Herz.

„Darüber reden wir noch, aber jetzt lass uns erst einmal anfangen.“

Wir gingen in die Mitte der Turnhalle und stellten uns gegenüber. Ich gab das Startsignal. Im selben Moment schleuderte Edwin Hagelkörner auf Jan, der diese explodieren ließ, bevor sie bei ihm ankamen. Ich erzeugte mit Edwin eine riesige Welle, die mindestens fünf Meter hoch war und ließ sie auf Jan los. Dieser erhob sich in die Luft und sprang regelrecht über die Welle. Er ließ es blitzen und schleuderte einige Blitze auf uns. Ich ließ sie einfrieren und Edwin wich blitzschnell aus. Er jubelte, rannte vor und schickte Jan Feuerbälle. Da beide so nah beieinander waren, schickte ich Eishagel zu Jan rüber. Den Feuerbällen konnte er ausweichen, dem Hagel aber nicht. Er fiel auf den Boden und ich fror ihn fest als Zeichen, dass wir gewonnen hatten.

„Haha!“, jubelte Edwin.

„Au, das hat wehgetan.“ Jan ließ das Eis schmelzen und kam auf die Füße.

„Edwin und ich sind auch nicht nett, wenn es ums Kämpfen geht, aber sei froh, jeden anderen hätte es umgebracht, wenn ich es gewollt hätte“, lachte ich fröhlich. Edwin klatschte mich ab und wir halfen Jan auf.

„Das war ja ein kurzer Kampf, Jan, ich hätte noch so viel auf dich abschießen können!“, rief Edwin.

„Ja ja, freut euch nur, das gibt eine Revanche!“, forderte Jan.

„Ok, morgen“, rief Edwin glücklich.

Wir gingen Richtung Schulgebäude. Heute sahen wir viele Siebtklässler in Begleitung eines Erstklässlers. Wir trafen Lucy mit ihrem Patenkind. „Und wer sind die?“, fragte das Mädchen.

„Drei von den acht Kindern mit besonderen Gaben“, erklärte Lucy.

„Hey Lucy, dein Patenkind scheint ein richtiges Energiebündel zu sein“, meinte ich und lächelte die Kleine freundlich an.

„Oh ja, die Kleine stellt so viele Fragen. Das ist Ina Kunna, und das, Ina, sind Edwin und Jessica Willington und das ist Jan Dagwin“, stellte Lucy uns vor. Wir nickten uns zu.

„Was könnt ihr alles?“, fragte Ina mit ihrer hohen Stimme neugierig.

„Unterschiedliche Sachen, jeder kann etwas anderes“, sagte ich nur.

„Wir gehen dann mal weiter. Ina will unbedingt noch die Turnhalle sehen und ich muss sie schon in zehn Minuten zurück ins Foyer bringen, also bis dann, Leute.“ Lucy nahm Inas Hand und zog sie weiter.

Als die Schule beendet war, traf ich mich mit Jan und Edwin an einem alten Baum. „Tschau, Jan, wir sehen uns heute Abend.“ Kaum hatte ich das gesagt, war ich in meinem Zimmer. Edwin landete eine Sekunde später neben mir. In Frankfurt war es jetzt Samstagmorgen, ich war den ganzen Tag in der Schule gewesen, aber es war in der realen Welt kein bisschen Zeit vergangen. Das war manchmal ziemlich nervig.

„Kinder, seid ihr schon wach?“, rief meine Mom von unten. Sie hatte von unserem Ausflug natürlich nichts mitbekommen.

„Ja, Mom“, rief Edwin.

Unsere Mutter kam ins Zimmer. „Und wie immer seid ihr schon umgezogen. Wir essen jetzt, weckt eure Schwester, ja?“ Sie ging wieder runter.

Meine Schwester, die 18 Jahre alt war, war kein Elect. Ich klopfte an ihre Zimmertür, aber sie brummelte nur etwas, was ich nicht verstand. Stefanie schloss immer ihre Zimmertür ab, damit keiner sie bei ihrem Schönheitsschlaf stören konnte. Sie war eine echte Zicke und zog sich an wie eine Schlampe. Sie ging auf Partys und kümmerte sich einen Dreck um uns.

Edwin und ich gingen zum Frühstückstisch. Mom sagte wie immer nichts und Edwin und ich unterhielten uns in Gedanken über den Krieg.

„Wer soll alles mitkämpfen und gegen wen kämpfen wir überhaupt?“, fragte Edwin.

„Lehrer, wir acht und die Krieger“, antwortete ich.

„Und gegen wen kämpfen wir?“, wiederholte er seine zweite Frage.

„Gegen böse Elects – und vor allem starke“, erklärte ich besorgt.

„Wird Oswin auch mitkämpfen?“

„Natürlich“, sagte ich.

„Du musst dir keine Sorgen um mich machen, ich bin gut im Kämpfen, ich würde mir eher Sorgen um Jan machen“, erklärte er mir.

„Sehr witzig!“ Ich rollte mit den Augen. Mom war es gewohnt, dass wir zwei nie viel redeten, da Edwin und ich uns in Gedanken unterhielten und wir oft vergaßen, dass noch andere am Tisch saßen. Meine Schwester kam die Treppe runter. Ihr langes schwarzes Haar war gewellt, eigentlich wäre sie ganz hübsch anzusehen, wenn sie nicht immer diese knappen Klamotten tragen würde. Ihr dunkelblaues Top war bauchfrei, in ihrem Bauchnabel steckte ein Piercing und ihr Minirock ging gerade so über ihren Hintern. Sie schaute mich angewidert an. „Oh man, wann kaufst du dir endlich mal neue Klamotten und deine Haare, blond ... einfach nur schrecklich!“ Sie drehte sich um und verschwand aus dem Haus.

„Ich finde dich hübsch“, meinte Edwin tröstend.

„Danke, Kleiner.“

Edwin hatte wie ich blonde Haare, nur dass seine kurz waren und meine lang. Meine Mutter schaute wie immer sehr traurig, wenn meine Schwester kam. Stefanie ging nicht mehr zur Schule, sondern nur noch auf Partys. Ich stand auf und räumte meinen Teller weg. Edwin folgte mir.

School of the elect

Подняться наверх