Читать книгу Dämonenweib - Jasmin Koch - Страница 4
1
ОглавлениеIrgendwo
Ihr ist kalt. Langsam erfasst Gänsehaut ihren ausgemergelten Körper, der vor Anspannung sowieso schon die ganze Zeit kribbelt. Ihr Augen wollen sich nur einen Spaltbreit öffnen, zu groß die Angst vor dem, was dort in der Dunkelheit auf sie lauert.
Er wollte sie treffen, hat sie angebettelt mit ihm zu kommen; sie hätte auf das erste Gefühl vertrauen sollen. Warum sollte sie ihm vertrauen? Sie kannte ihn ja kaum. Hatte ihn nur eine einziges mal vorher gesehen, als er mit Gideon zusammen war. Sie mochte ihn gleich nicht, irgendwas war falsch an ihm…
„Prinzessin….“ platze er ins Zimmer, welches nur sehr spärlich eingerichtet war. Überall hingen Tapetenfetzten von den moderigen Wänden. Die Liege auf der sie lag hatte auch schon bessere Tage gesehen. Unfähig zu sprechen, starrte sie auf die monströs große Gestallt in der Tür.
Seine bleichblaue Haut war übersät von kleinen Narben die sich über den halben Körper ersteckten, gezeichnet vieler Kämpfe. Er war muskulös, breitschultrig. Aber nicht auf anziehende Weise, zumindest für Michelle.
„Jetzt sie dich nur an… welch ein Jammer, dass dein geliebter Gideon keine Zeit hatte sich mit dir zu vergnügen. Das bleibt ja dann wohl an mir hängen!“ schnurrte das Wesen mit den ungewöhnlich rund geformten Hörnern über den Ohren.
„Was meinst du damit?“ flüsterte die völlig verängstigte Michelle aus der dunklen Ecke des Zimmers. Langsam versuchte sie sich auf der Liege in eine sitzende Position zu verlagern, doch ihr Körper wollte irgendwie nicht so richtig mitmachen. Sie erinnerte sich an den merkwürdigen Geschmack des Tees den dieser Mistkerl ihr angeboten hatte, während er versprach das Gideon bald zu ihnen stoßen würde. Er hätte sich nur verspätet, weswegen der Walddämon gekommen sei, um gemeinsam mit Michelle auf dessen Erscheinen zu warten.
Als Antwort bekam sie nur ein leises Grummeln aus seiner Kehle und ein dümmliches Grinsen, welches ihre Naivität verspottete.
„Aber du hast gesagt er kommt nach. Ich soll mit dir schon mal hierher und auf ihn warten…“
„Wie dämlich ihr Menschen doch immer seit. Ihr haltet euch für so klug und überlegen, dass ihr die Wahrheit nicht hören wollt, wenn sie euch anschreit!“ blaffte sie der Dämon an. Blitzschnell stürmte er auf die Liege zu und packte Michelle unsanft an Arm und Hüfte. Dass er vollkommen nackt gewesen war, wollte ihr Verstand gar nicht wahrnehmen, sodass sie zu spät merkte, wie er sein großes pulsierendes Glied an ihrem Oberschenkel rieb. Sie schrie augenblicklich auf und versuchte sich zu wehren, als er seinen viel größeren Körper auf sie wälzte und versuchte ihr das hellblaue Shirt hochzuziehen.
Sie trug dazu den grauen Rock, den sie extra für dieses Treffen mit Gideon aus dem Schrank ihrer Mutter stibitzt hatte. Er gefiel ihr so gut, weil er bis kurz über die Knie reichte. Das hatte im Spiegel ihres rein weißen Kleiderschrankes der in ihrem rein weißen Zimmer stand weder verboten noch zu aufreizend ausgesehen. Vor drei Stunden…Jetzt war sie sich dessen nicht mehr sicher.
Der Geruch seiner Haare ließen sie würgen, da sie sich nicht bändigen ließen und ihr immer wieder ins Gesicht fielen, während er weiterhin damit beschäftigt war Ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Sie wehrte sich mit Leibes Kräften dagegen, als er ihr den vormals schönen Rock beiseite schob und unwirsch zwischen die Beine griff.
Tränen liefen über ihre Wangen. Unfähig zu Atmen zog sich ihr Brustkorb zusammen.
Da erwischte sie mit dem kleinen Fingernagel seine Lippe und ritzte diese schräg auf. Er brüllte ihr vor Wut ins Gesicht, packte ihr Höschen und zog. Es landete auf dem Boden. Und wieder versuchte sie sich zu wehren indem sie ihm das Gesicht zerkratzen wollte. Doch er hob nur seine widerlich große Pranke und schlug ihr mitten ins Gesicht. Blut strömte aus Lippe und Nase, die er allein bei dem Schlag doppelt Gebrochen hatte. Die Welt begann sich für Michelle zu drehen…
Sie merkte nicht mehr, wie er keuchend auf ihr lang. Spürte nicht, wie sein viel zu großer Schaft ihr inneres aufspießte….
Michelle atmete noch, als er sich davonstahl, in dem Glauben sie würde weder gefunden noch überleben. Menschenfrauen und Dämonen passten nicht gut zusammen.
Sie schreckte blutüberströmt zusammen, als sie erwachte. Ihr gesamter Unterkörper brannte wie Feuer, mal zu schweigen von dem Schmerz im Gesicht. Dieses Mistvieh hatte sie nicht nur aufgerissen und fast zerschmettert liegen lassen; er ließ sie sterbend zurück. Doch das wollte sie nicht zulassen.
Auch wenn ihr Körper noch so vernichtet worden wahr, wie sie glaubte, wollte sie diesem Scheusal nicht die Genugtuung geben einfach zu verrecken. Sie brauchte Stunden um aufzustehen. Aber sie schaffte es mit großer Anstrengung aus diesem Raum raus.
Sie musste feststellen, dass sie sich in einem bunkerähnlichen Loft befand, welches über einen Aufzug zu verlassen war; der auf sie zu warten schien um sie in die Freiheit zu entlassen.
Vor dem Haus angekommen traute die blutende und weinende Michelle nicht ihren Augen. Sie stand mitten in der nobelsten Gegend der Stadt auf dem Gehweg und brach zusammen...
Später…
Es regnete in Strömen. Blitze erhellten die kleine Holzhütte mitten im Wald. Besonders gut hatten die Bauherren nicht ihr Objekt behandelt. Als kurzer Unterschlupf geplant, diente dieser Bau nun schon viel zu lange als Herberge für die drei Dämonen in ihm.
Grölend und fluchend hockten diese Wesen an einem wackeligen Tisch in der Mitte des Raumes und spielten Karten. Was sollten Dämonen auch sonst bei diesem Gewitter mit ihrer Zeit anfangen? Eigentlich hatten sich die Drei mit einer Vampirin namens Viktoria treffen wollen. Es sollte zu einem Übergabetreffen werden, da beide Parteien stark verstrickt waren in das organisierte Verbrechnen. Sie dealten mit Blut.
Die Dämonen gaben es und bekamen eine angemessen hohe Entschädigung für ihre Umstände.
Mittlerweile war es nicht mehr so einfach für Vampire an Blut zu gelangen, welches freiwillig gespendet wurde und garantierte, dass die Konsumenten nicht aufflogen. Und da Dämonenblut dem Vampirvolk genauso mit dem Nötigen versorgte wie menschliches, besorgten sich viele diese freiangebotene Ware.
Viktoria ließ auf sich warten, weshalb so langsam Wut die vorher gute Laune der drei trübte.
“ Meinst du dieses Weib kommt überhaupt noch? Wir warten hier schon seit fast einer beschissenen Stunde und dieses Scheisswetter geht mir auch gegen den Strich.“ maulte der kleinste der Drei.
„Meine Fresse, Altonas regt dich ab und teil aus!“grunzte der hässlichste der Drei mit den größten Pranken, der kaum die Karten halten konnte.
Altonas schmiss den ganzen Tisch um beim Aufspringen.
„Meinst du eigentlich, ich habe nichts Besseres zu tun, als der Schickse mit den langen Zähnen mein Blut zu spenden?“
„Du hast das ganze doch erst eingefädelt. Nur etwas Blut und schon seit ihr ein paar hunderter Reicher..Waren deine Worte, du Made!“
Der ruhigste der Drei sprang vom Stuhl auf, trat an die Tür und öffnete sie einen winzigen Spalt breit, während die anderen zwei mittlerweile versuchten sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Wutdämonen hatten eine äußerst geringe Geduld.
„Eh, ihr Idioten, habt ihr das eben gehört? Klang seltsam.“
„Was meinst du? Kommt sie?“ fragte Altonas im Schwitzkasten des anderen.
„Ich sehe kein Auto oder sowas, aber hey da blitzt was!“
„Is ja auch ein Gewitter da draußen, du Kretin!“
„Nein, seht doch selbst, dass es Blitzte nur so regnet, weiß ich.“
Altonas kam an die Tür und spähte an ihm vorbei.
„Da soll was sein?“
„JA!“ war die dunkle und verführerische Antwort der Gestalt vor ihnen. Noch während die zwei überlegten was es war, dass dort geantwortet hatte, fiel durch einen schnellen Schlag des Schwertes der Gestalt Altonas Kopf zu Füßen seines Weggefährten. Bevor dieser reagieren konnte war auch sein Kopf durch diese scharfe Klinge von seinem Körper getrennt. Der dritte Dämon hatte unterdessen versucht die verstreuten Geldscheine aufzuheben und stopfte diese zitternd in seine ausgebleichte Hose. Er starrte fassungslos zur offenen stehenden Tür, in der die blutüberströmten Körper der beiden anderen lagen.
Ein weiterer Blitz zuckte über den Himmel und zeichnete sich auf dem Wesen hinter den Leichen ab. Auch das Wesen gehörte zu der mystischen Welt des Dämons, er war sich aber in keinster Weise sicher, ob dieses Geschöpf auch zu den Dämonen zählte. Es war unübersehbar weiblicher Natur, kurvenreich erleuchtet. Nasse lange Haare klebten an dem anziehenden Körper, welcher von Oben bis Unten von dem Dämon gemustert wurde.
„W-was willst d-d-du?“ krächzte dieser.
Die Gestalt machte einen großen Schritt über die Überreste hinweg und schwang dabei bedrohlich ihr Schwert. Die Klinge war recht kurz, mehr ein zu lang geratener Dolch. Es war sehr schön gearbeitet mit zahlreichen Verzierungen auf der blutigen Klinge. Vor Angst erstarrt und schwer atmend flehte der Dämon um eine Antwort, die nicht furchteinflößender sein konnte, da dieses doch bildschöne Geschöpf ihn rasend vor Wut mit leuchtend grünen Augen anstarrte; Pupillen wie die einer Katze.
„Du hast Informationen. Und die werde ich von dir bekommen, bevor auch du dort liegst.“ Flüsterte das Wesen und deutete mit dem Schwert auf die Leichen.
Als es näher kam, faselte der Dämon wild vor sich her, weil er nicht wisse, um welche Informationen es ginge. Wagte es aber nicht dieses Weib aus den Augen zu lassen, fasziniert und verängstigt zugleich.
Ihr Haar war zwar nass, glitzerte leicht golden bei jedem weiteren Blitz. Ihre üppigen Brüste waren eingeschnürt in ein eng sitzendes schwarzes Mieder, während ihr Unterkörper in einer schwarzen Lederhose steckte, die an den Seiten der Beine geschnürt war. Das merkwürdigste waren ihre Füße, wenn man sie so nennen konnte. Er kannte nur sehr wenige andere Dämonen, die solche Gliedmaßen besaßen, da nur wenige existierten. Sie stand nur auf ihren zu langen Zehen, der Fuß war langezogen und lief an der Ferse spitz zusammen, als wär es ein Sporn.
Sie packte ihn grob am Hals und zog ihn zu sich heran, die Klinge in seine Seite gedrückt.
„Du weißt, was ich bin, stimmts?“grummelte das amazonengleiche Weib. Er schluckte hörbar.
„Sag mir, welcher Art ich angehöre! Ich habe schon soviele getötet, aber keiner von euch widerlichen Kreaturen konnte mir meine Herkunft bezeugen. Was ist mit dir?“
„I-Ich bin nicht g-ganz sicher, aber ich g-glaube du g-gehörst zu einem sehr alten und f-fast ausgerotteten Stamm. I-Ich habe noch nie selbst einen deiner Art gesehen, aber mir wurde von ihnen berichtet. Ihr seid gefürchtet wie keine andere Art.“
„Warum? Du und deine Freunde wart Wutdämonen, richtig?“
„Ja… wir sind ... na ja erklärt sich von selbst...aber Ihr?!“
„Was ? Wo könnte ich welche finden?“
„D-Das weiß ich n-nicht!“ jammerte der Dämon.
„Du enttäuscht mich.“ Flüsterte sie und stieß mit aller Kraft das Schwert in seine Seite hinein. Er schrie verzweifelt auf und versuchte sich zu wehren, doch er war zu langsam. Während er sich wand, zog sie schon wieder die Klinge heraus, sprang zurück und ließ das Schwert durch die Luft sausen. Auch ihm trennte sie mühelos den Kopf vom Körper, da das Metall so überaus scharf war.
„So enttäuschend….“ murmelte sie vor sich hin und kletterte über die leblosen Körper aus der Hütte. Der Regen war herrlich warm auf der leicht rosa schimmernden Haut und spülte ihr das Blut der Dämonen vom Leib. Mit einer raschen Bewegung steckte sie ihr Schwert in die Scheide auf ihrem Rücken. Es war zu leicht gewesen diese Ungeheuer zu töten, zu unbedeutend für sie.
Sie ging schnellen Schrittes in den Wald. Das Auto stand ein ganzes Stück entfernt auf einem verborgenen Waldweg. Es war ein alter verrosteter Kleinwagen, den sie unterwegs bei einem kleinen Händler besorgt hatte. Jetzt musste sie wieder den ganzen langen Weg zurückfahren bis in die nächste kleine Häuseransammlung, welche hier in der Gegend nicht allzu dicht auf einander zu finden waren. Die Dämonen mieden normalerweise solch abgelegene Städtchen, weil die Gefahr enttarnt zu werden in den Großstädten weitaus geringer war. Doch der Handel mit Dämonenblut war auch in der übernatürlichen Gemeinde nicht gern gesehen, da die Ware eine kleine Nebenwirkung auf Vampiren aufwies. Sie stärkten die Konsumenter noch schneller und intensiver als menschliches Blut. Aber hinter Dealern war sie eigentlich nicht her, reiner Zufall. Sie hatte die Vampirin Viktoria wegen den Informationen über ihre familiäre Abstammung aufgesucht und hatte dies als Bonus angesehen. Aber sie konnte sie noch ein bisschen mehr ausfragen… Normalerweise brachte sie auch einfach den einen oder anderen Blutsauger um, der ihr über den Weg lief. Doch bei ihr hatte sie eine Ausnahme gemacht und fuhr sie mit dem Vehikelchen in Kofferraum spazieren.
Von den Hexen bei denen sie aufwuchs, hatte sie so allerlei Materialien für ihre Jagd erhalten, die dafür sorgten, dass sich ihre Beute nicht befreien konnte. Verstärkte Fesseln, Amulette und einige Waffen wurden ihr zur Verfügung gestellt. Nachdem Ihre Großmutter mit der Aufzucht ihrer Enkelin überfordert gewesen war, hatte ihr Großvater beschlossen, sie in die Obhut seiner Schwestern zu geben, damit sie lernte, ihre Kräfte zu beherrschen. Ihre Mutter war ein Mensch, sowie ihre wahnsinnige Großmutter. Diese hatte sich selbst auf die Suche nach dem Übel gemacht, als die kleine Bestie erst acht Jahre alt war. Die Großmutter hatte die Schändung ihrer Tochter und dem daraus entstandenen Zögling nie verkraftet.
Ihr Großvater liebte diesen Mischling genauso sehr, wie er auch seine Tochter verehrt hatte. Die Beziehung zu ihr war eine besonders liebvolle gewesen und dies ließ er auch seiner Enkelin zuteil werden. Doch nach dem Verschwinden seiner Frau blieb ihm nichts anderes übrig, als die Erziehung dieser mystischen Kreatur der Hexengemeinde zu überlassen. Nichtsahnend, dass sie aus ihr eine Tötungsmaschine machten, die in der übernatürlichen Welt gefürchtet werden würde wie kein anderes Wesen.
An der Westküste Frankreichs
Es war Neumond. An diesem Abend jedoch hatte er kaum eine Chance durch die dichte Wolkendecke durchzukommen.
Ein Transporter schlängelte sich entlang der Küste über einen steinigen und schlecht ausgebauten Weg in Richtung Strand. Dies war ein guter Ort. Wenige Besucher, nachts beinahe niemand in der Nähe. Hier und da stand an den Klippen das ein oder andere Haus, aber keine Menschenseele würde das Strandstück besuchen, zu den der Wagen unterwegs war.
Die Insassen könnten kaum unterschiedlicher sein. Der Fahrer, ein breit gebauter Kerl mit sehr viel Körperbehaarung steuerte den Wagen nahe an die Klippen heran. Kaum zum Stillstand gekommen flog die Beifahrertür auf und eine kleine zierliche Frau mit leuchtend roten Haaren, sprang heraus. Sie hatte ein schönes, längliches Gesicht, mit großen grünen Augen. Ihr Körperbau war sehr muskulös mit straffen Schenkeln und einem runden Hinterteil. Ihre kleinen Brüste wurden im Lauf entblößt, als sie das Meer erreichte. Ohne Furcht vor dem kalten Wasser, sprang sie in die Fluten.
Währenddessen waren die Drei andern Insassen des Transportes auch ausgestiegen und lachten ausgelassen über das übermütige Verhalten. Der Fahrer schaute grimmig drein, als er sich das Terrain genauer ansah.
„Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir hier unsere Spiele abhalten sollten.“ grummelte er mit einer tiefen und beruhigenden Stimme.
Die anderen beiden sahen sich überaus ähnlich. Der größere der beiden hatte dunkelblondes langes Haar, das ihn ins Gesicht hing. Die Augen waren von strahlendem Blau. Das Gesicht kantig, aber attraktiv mit einer kleinen Narbe der rechten Schläfe. Der Körper goldig braun mit den richtigen Muskeln an den Stellen , wo sie hingehörten.
Der Zweite dagegen, war kleiner und machte einen unsportlicheren Eindruck. Er hatte blonderes kurzes Haar mit einem Lockenansatz. Sein Gesicht war runder mit blau grauen Augen und struppigen Augenbrauen, die ihn irgendwie zu jung erscheinen ließen. Er hatte ein paar Pfunde zu viel, ließen ihn aber nicht uninteressant erscheinen.
Die beiden schnappten sich einen schweren Kasten, stellten ihn in den Sand und rissen den Deckel ab. Dort drin befanden sich allerhand Werkzeuge, sowie zwei Maßbänder die sich der Große gleich unter den Nagel riss. Dann drehte er sich zu dem mürrischen Fahrer.
„Was hast du an diesem Ort auszusetzen, Tom? Hier haben wir unsere Ruhe und genügend Platz für alle. Außerdem gehört das Gelände Leon Saintcrox! Wir können froh sein, das er uns auf seinem Grund unsere Spiele austragen lässt.“
„Das weiß ich auch, du Klugscheißer“ maulte Tom in an „ ich finde nur, der Platz ist zu ungeschützt.“
„Tja…hier können wir aber nicht so viel kaputt machen.“ grimmte der kleinere der Beiden. „Blake...helf mir mal mit den Markierungen und lass Tom rummaulen.“
Blake schnappte sich auch noch ein paar Fahnen und trottete in Richtung Hose der im Meer badenden Frau. Hob sie auf und warf sie Tom zu.
„Kümmer du dich um deine Freundin, wir machen das hier schon, dann sind wir im Nu wieder weg.“
„Wenn die so weiter macht, kannst du dich um sie kümmern und ich geh baden!“
„Mach du nur“ lachte Blake ihm nach „ du weißt, ich würde sie nicht ablehnen.“
Und endlich kräuselten sich auch bei Tom die Lippen „Ich weiß!“ Aber er lächelte nur weiter und machte sich auf zum Wasser. Nach wenigen Schritten war er schon mit dem halben Körper in den Wellen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht seinen massigen Körper von irgendwelchen Kleidungsstücken zu befreien. Da entdeckte er sie rechts neben sich. „Jeanine, Blake meinte ich solle mich um dich kümmern, sonst macht er das …“ „Ach das sagte er!“ kicherte Jeanine. Sie legte ihre feuchten Arme um seinen Hals und zog ihn an sich. „Als wenn er das so gut könnte wie du!“
Nachdem der Platz vermessen und verplant worden war machten sie sich auf den Weg zu Leon Saintcrox. Dieser hatte Blake anrufen lassen und verlangt, dass ihm die Pläne sobald wie möglich vorgelegt werden würden. Da Blake mit ihm durch eine gemeinsame Vergangenheit verbunden war, war dieser auch sein offizieller Ansprechpartner in der Sache. Die „Spiele“ waren eine Art Wettkampf zwischen ausgewählten Vertretern ihrer Spezies, welche komigerweise ohne Belohnungen und Preise zu einem Großereigniss geworden waren. Es ging im Großen und Ganzen einzig und allein um das Kräftemessen untereinander. Es fand nur zum Spaß zwischen den verbündeten Clans statt, um die Bande die einst in zahlreichen Kriegen entstanden waren, zu bestärken.
So war es auch nicht ungewöhnlich, dass sie diese Gruppe auf dem Weg zu einem der einflussreichsten und gleichzeitig auch grausamsten Vampir Meister war.
Wie der Zufall so wollte, war natürlich der Herrensitz dieses bedeutenden Vampirs nicht sehr weit entfernt. Einen Steinwurf später bog der dunkle Transporter in die ebenso dunkle Allee ein, die zu der einsam gelegenen Villa des Leon Saintcrox führte.
Dem äußeren Anschein nach, war das riesige Haus unbewohnt, doch das trügte. Vor dem großzügigen Eingang lag eine kreisförmige Auffahrt die dazu einlud gleich zurückzufahren. Das Grundstück war verwildert und ungepflegt. Einst einladende Blumenbeete waren verdorrt, die Obstbäume zu beide Seiten des Hauses waren beladen mit überreifen Früchten verschiedenster Sorten. Doch alles war verwahrlost.
Kaum hielt der Wagen, öffneten sich die Doppeltüren des Herrenhauses und gewährten einen Einblick in eine großzügige Vorhalle. Zu beiden Seiten standen zwei große, hagere Männer, welche definitiv Vampire waren.
Die Vier stiegen aus dem Auto und traten in den Eingang. Völlig überwältig von der makellosen Innereinrichtung blieb Jeanine vor einem wunderschönen Gemälde stehen, auf dem ein blutroter Mond in einem See gespiegelt wurde.
„Ich dachte mir, dass dies der geeignete Blickfang für diese triste Eingangshalle wäre.“ bemerkte die liebliche Gestalt Leons rechts neben einer weiteren Doppeltür.
„Ich bin Leon Saintcrox, willkommen!“ unterstreichend hob dieser seine Arme und drehte sich in Richtung Haupthalle. Behutsam schob der die schweren Holztüren auseinander. In den darauffolgenden riesigen Raum standen zwei gegenüberliegende übergroße Sofas, vor einem eindrucksvollen Kamin. Auch über dem war ein schönes Gemälde mit einem riesigen Piratenschiff. Zwischen den Möbeln stand ein alter schwerer Couchtisch mit filigran gearbeiteten Schnitzereien auf den Holzbeinen. An den Wänden standen antike Schränke die älter zu sein schien als alle Vier zusammen.
„Ich hoffe, eure Reise hierher verlief ohne Probleme.“
„Interessanter Weise ja, Leon.“ sagte Blake unverblümt.
„So… hattest du mit Schwierigkeiten gerechnet, hm. Aber sei doch nicht so unhöflich und stell mir deine reizenden Reisebegleiter vor.“ flötete der Vampir in Richtung Jeanine.
„Natürlich, verzeih! Mein Bruder Philip und seine Freunde Jeanine Morris mit ihrem Freund Tom Lancy.“ die Betonung registrierte Leon mit einer angehobenen Augenbraue; diese Front schien geklärt.
„Ich hoffe es ist nicht allzu unhöflich dich ein wenig zu drängen, aber ich möchte nur schnell die Pläne abgeben und wieder los. Wir müssen uns noch eine Unterkunft suchen und sollen morgen Abend in Paris den Flieger zurück kriegen. Das schaffen wir sonst nicht.“
„Du bist keineswegs unhöflich, mein Freund, eher ich, dass ich euch noch nichts zu essen und eine Bleibe für heute Nacht angeboten habe. Natürlich bleibt ihr hier, das ist mein Wunsch!“ und nur zu gut wusste Blake, dass es keinen Sinn ergab diesen Wunsch auszuschlagen. Der Vampir würde sie nicht gehen lassen. Er fühlte sich noch immer schuldig, dass Blake ihn davor gewarnt hatte, das Dämonenblutgeschäft einzusteigen. Eine Gruppierung namens -Die Reiniger- war dabei, die Deals platzen zu lassen, indem sie alle Beteiligten eliminierten.
„Wenn du uns gerne hier hast, damit wir euch auf die Nerven gehen können, gerne!“ schmunzelte Blake.
„Es ist doch schon alles vorbereitet! Geht, holt eure Sachen. Rainard, würdest du in der Küche Bescheid sagen, es soll gedeckt werden, für unsere Gäste.“
„Schon geschehen, Herr. Die Gemächer sind auch bereitet, ich werde sie nachher dorthin führen.“
„Sehr gut, Rainard, wenn ich dich nicht hätte…“
„Hätten Sie Jemand anderen, Sir.“ Darauf hin schenkte Leon einem sehr alten, aber nicht allzu starken Vampir ein schallendes Lachen. Der arme Kerl zuckte merklich zusammen. Er war hellblond mit einem vernarbten Gesicht. Die Augen von tiefsten Braun. Er war schmächtig gebaut, aber nicht weniger elegant angezogen wie sein Herr.
„Du bist wahrlich ehrlich, Rainard.“ Damit drehte sich Leon um und trat durch eine verborgene Tür links neben dem Kamin.
Nachdem die vier ihre Habseligkeiten aus dem Wagen geholt hatte, war es ihnen äußerst gut ergangen. Extra für sie wurde ein opulentes Mahl bereitet, welches sie sich nie erträumt hatten. Leon hatte mit Abwesenheit geglänzt. Vermutlich nahm er sein Mahl lieber allein zu sich. Danach hatte Rainard wie vorhergesagt die Vier in das obere Stockwerk geleitet und ihnen je ein eigenes Zimmer am Ende des Korridors zugewiesen. Da die Reise hierher sehr anstrengend gewesen war, vor allem da Tom über alles zu meckern hatte, waren sie ohne weitere Worte ins Bett gegangen.
In einem kleinen Motel
„Du hast sie alle enthauptet?“ erschrocken ließ der gefesselte Vampir seine Gesichtszüge entgleisen. Konnten Vampire schwitzen, fragte sich das Dämonenweib. Sie kratzte sich beiläufig den Arm.
„Warum sollte ich das nicht? Sie sind nur bedeutungslose Parasiten. Ich muss mich vor dir auch nicht rechtfertigen, Blutsauger!“ schnauzte sie.
„Warum hast du mich dann nicht getötet, nachdem ich dir unseren Treffpunkt verraten habe? Nur deswegen habe ich dir doch geantwortet. Ich dachte, das wars…“
„Das kann auch noch werden.“ Fauchte sie die Vampirin an und biss genüsslich in ihren Burger.
„Wie kann man diesen Fraß eigentlich essen?“
„Mit den Zähnen! Wie kann man anderen das Blut aussaugen und seine Beute verrecken lassen?“
„Das tue ich nicht… habe ich noch nie, deswegen deale ich, du Wahnsinnige!“
„Hm, das ergibt sogar irgendwie Sinn… Ernähren sich viele deiner Freunde von Tetra Pack Blut?“
Die Vampirin schnaufte hörbar. Sie war eine Schönheit. Blonde lange Haare, geflochten zu einem Zopf, aus welchem einzelne Strähnen heraushingen. Ein herzförmiges Gesicht mit kleinen Grübchen. Männer konnten ihrem Körper nur sehr selten widerstehen. Lange Beine endeten an einem großen runden Po und ihre schönen Brüste wurden auch nicht durch die arg mitgenommene Kleidung in schlechtes Licht gerückt.
„Ist jedenfalls sicherer, als durch die Gegend zu laufen und jeden Abend einen Menschen anzusaugen. Die mögen das nicht so besonders, jedenfalls die meisten.“
„Kann ich mir denken. Mal im Ernst, ich weiß nicht, warum ich dich in meiner Handtasche mit mir rumtrage, aber du kommst mir wichtig vor.“
„Bin ich aber eigentlich nicht.“
„Ihr habt doch alle eure Clans mit deren Meister? Wo ist deiner?“
„Ehrlich ? Hab keinen. Mein Erzeuger wurde von den Irren gepfählt vor einigen Jahren, drei glaube ich. Seit dem bin ich auf mich allein gestellt.“
„Du hast keinen Meister? Glaube ich nicht…“ sie packte Viktoria am Hals und zog sie an ihr Gesicht heran. „Nochmal… “
„W-wirklich… Bin allein…“
Schnell ließ sie den Vampir los. Gibt’s nicht, dachte sie sich. Es gibt immer einen der die Fäden in den Klauen hält, hatten ihre Tanten gesagt. Wieder biss sie in ihren Burger und leckte sich über einen ihrer kleinen Fänge. Ihr Haar war beinahe trocken, weshalb jetzt überall kleine Löckchen die Oberhand gewannen. Sie atmete schnaubend aus und legte den Burger beiseite. Dann ging sie an ihren kleinen Koffer und griff ein paar T-Shirts.
„Ich glaube jetzt selbst nicht, was ich hier vorhabe… Ich werde dich jetzt losbinden. Dann nimmst du eines der Shirts und verschwindest im Bad zum Duschen. Keine Angst, kein Fenster zum Abhauen für dich und ich komme dir auch nicht den Rücken schrubben. Dann kommst du hierher und wir unterhalten uns wie Schulfreundinnen auf dem ersten Klassentreffen nach hundert Jahren, oder so.“
Viktoria schluckte und überlegte nicht lange.
„Willst du nicht auch Duschen?“
„Ist das ein Angebot?“
„Nein, ich meine… wenn du nett spielen willst, kann ich das auch.“
„Klar, und kaum dreh ich mich weg, rennst du raus und klaust mir meine Luxuskarrosse, was?“
Wieder schluckte Viktoria. War sie so naiv, zu denken, sie könnte diesem Weib entkommen? Nach dem, was sie mit den anderen Dämonen angestellt hatte, wäre sie doch nur ein Schulterzucken wert.
„Ok, d-dann du zuerst. Ich warte dann hier. Was auch sonst…“
„Braver kleiner Blutsauger“ zu ihrer eigenen Überraschung tätschelte sie diesem Mädchen auch noch die Haare und ging ins Bad.
Wie konnte ich nur so blöd sein, und sie mitnehmen? dacht sie sich. Ich sollte ihr einfach ein Ende machen. Frustriert zog sie sich die engen nassen Sachen aus, was gar nicht so einfach war. Die Korsage war zwar vorne mit Haken versehen, aber auch darüber geschnürt und nasse Schnüre waren scheiße. Die Hose machte weniger Probleme. Ihre Klauenfüße waren dreckverkrustet.
Als sie in den Spiegel sah, blickte sie ein merkwürdiges Geschöpft zurück an, dessen sie am liebsten auch den Kopf abgeschlagen hätte. Aber sie hatte eine Mission zu erfüllen.
Sie drehte sich zur Dusche und stellte das Wasser an, um die Temperatur einzustellen. Dann stieg sie hinein und ließ das Wasser auf sich niederprasseln. Tränen rannen ihr ungesehen und ungebremst die Wangen hinab, doch kein Geräusch drang dabei aus ihrer Kehle. Stumm zu weinen hatte sie in all den Jahren perfektioniert.
Ein Monster…das war sie wirklich…
Nachdem sie sich abgetrocknet und ein weites rotes T-Shirt angezogen hatte, verließ sie das Bad. In dem Moment als sie sich dem auf dem Boden kauernden Geschöpf näherte, dämmerte ihr das hier etwas völlig falsch lief.
Viktoria fauchte sie bedrohlich an und wand sich in den Handschellen. Dann trat sie wie ein kleines Mädchen nach ihr aus.
„Jetzt weiß ich wer du bist…“ knurrte der gefesselte Vampir, was sie total aus der Fassung brachte.
„Du bist diese Evilin, diese Bestie vor der sich alle fürchten!“ kreischte Viktoria beinahe.
„Ja.“ War die einfache und erschreckende Antwort, die ihr immer so einfach von den Lippen kam.
„Klar, und du nennt andere Parasiten, is klar!“
Erneut packte sie grob Viktoria an beiden Schultern und zwang sie dazu ihr direkt in die leuchtend grünen Augen zu sehen. Ihre Pupillen verengten sich wieder zu kleinen Schlitzen.
„Ich bin vielleicht eine Bestie, aber nicht freiwillig!“
Dabei hielt Viktoria inne. „Was du nicht sagst…“ fauchte sie „ bring mich doch einfach um. Das kannst du doch so gut!“ sie spuckte ihr förmlich die Worte ins Gesicht.
Da lockerte das Wesen namens Evilin den Griff und zog sich von ihr zurück.
„Ihr nennt mich also so? Warum ? Ihr wisst doch gar nicht, wer ich bin.“
„Oh doch, du Schlauberger. Wir kennen deinen richtigen Namen nicht wirklich, deswegen nennen wir dich so. Abgeleitet von Evil, dem Bösen.“
Das war neu. Geschockt setzte sie sich auf einen Stuhl an der Wand. Ich habe ja eine tolle Fangemeinde, die meinen richtigen Namen auch noch verunstaltet. Ihr Name war der verdrehten Version erschreckend ähnlich, war sie doch unvorsichtig?
Verdutzt stellte Viktoria fest, dass die Atmung ihrer Feindin immer schneller ging. Die Pupillen waren wieder völlig rund und das Gesicht schien um Jahre gealtert. War dieses Ding gerade schockiert? Diesen Namen gab es schon seit einigen Monaten und hatte sie vollkommen aus der Fassung gebracht. War das überhaupt möglich? Monster konnten sie alle sein, aber keines war so gefährlich wie dieses Weib.
Und doch schlich sich Mitleid in ihre Gedanken.
„So lange bin ich doch noch gar nicht auf meiner Mission und habe schon einen Spitznamen…“ murmelte Evilin.
„Nein, das nicht, aber du bist berüchtigt.“
„Ihr seid doch alle Biester, alle Töten, aber ich stehe als Buhmann da?“
„Ha, der Buhmann ist ein scheiß gegen dich! Du hast schon viele Vampirclans auf dem Gewissen, weil du alleine zwei große Meister vor vier Monaten geköpft hast. Davor hast du das Dämonennest vernichtet. Da sind ein Dutzend umgekommen. Soll ich weitermachen?“
„Das waren angeordnete Exekutionen.“
„Von wem ? Du bist doch selber ein Dämon, oder? Und dann tötest du einfach so deine eigene Art?“
„Meine Tanten haben mich ausgesandt…“
„Du hast Tanten? Wen ?“
„Hexen.“
Schwer schluckte Viktoria die Galle runter. Das konnte nicht sein. Sie machte eine Kill Out in den eigenen Reihen angestiftet von Hexen. Das ergab nun gar keinen Sinn mehr, vor allem nicht, weil sie ja noch am Leben war. Ruhig bleiben.
„Du bist doch ein Dämon…ich meine…deine Füße, deine Finger mit diesen…“
Gequält schaute sie Evilin an und atmete langsam aus.
„Ja, bin ich wirklich… zumindest halb.“
„Nur halb? Das kann nicht sein… Nur halb…“ sie schüttelte sich in ihren Fesseln. „nur halb! Du bist kräftiger als ich. Du bist schneller. Du kannst doch kein halber sein…“
„Leider ja...“ knurrte Evilin. Was sollte sie jetzt tun?
„Ok, wenn du ein… was ist die andere Hälfte?“
„Mensch.“
„Geht nicht! Deine Tanten sind Hexen sagst du.“
„Ja, aber meine Mutter nicht. Die hatte keine Kräfte oder die Empfindungen der Hexenwelt, nur so ein Gefühl für die Unnatürlichen.“
„Das kann doch nicht sein. Wie geht das denn? Dämon und Hexe. Na ja… nicht ganz. Was für einer steckt den in dir? Ich habe noch nie solche Füße gesehen!“
„Das versuche ich herauszufinden. Der Dämon sagte vorhin, es wäre etwas sehr altes…“
„Vorhin….? Du hast die drei aufgesucht, um herauszufinden wer deine Dämonenhälfte ist. Du weißt es nicht? Und doch hast du sie einfach…“
„Jaaa, das war meine Aufgabe! Wir suchen schon so lange.“
„Deine Tanten…och, das ist zu viel!“ Sie schüttelte den Kopf und zog die Beine an.
„Hör zu… das weiß sonst keiner…“
„Ha, jetzt tötest du mich doch…“
Verdutzt schaute Evilin zu Viktoria.
„Das hatte ich nicht vor. I-Ich …“ Sie drehte sich weg, stand auf und stürzte ins Bad. Dort übergab sie sich ins Waschbecken.
Viktoria traute ihren Ohren nicht. „Sag mal, kotzt das Monster gerade seinen ekelhaften Burger aus?“
„Glaube schon…“ kam nur als würgende Antwort.
Nach nur drei Stunden Schlaf erwachte Blake in seiner Unterkunft. Das Zimmer war mit sehr kostspieligen Möbeln bestückt und hatte ein eigenes Badezimmer. Langsam schälte er seinen nackten Körper aus den Lacken und trottete ins Bad. Dort angekommen stellte er die Dusche an und schob seinen massigen Körper unter den zu kleinen Wasserstrahl.
Er bevorzugte diese großen Wasserverschwender, aber er war hier zu Gast und musste mit dem auskommen, was da war.
Währenddessen schaute sich Jeanine in dem riesigen Haus um. Sie hatte nicht schlafen können und schlich nun durch die vielen Gänge in diesen Haus. Überall traf sie auf Wachen, die ihr aber nur ein Zwinkern oder Lächeln zuwarfen. Die Verbindung zu Blake und Leon war gut, weshalb auch sie nicht argwöhnisch von alle beäugt wurde, sondern freundlich begrüßt. Das war keineswegs normal. Es gab viele verfeindete Clans in der verborgenen Welt des Übernatürlichen.
Ein großes Bild zu ihrer rechten Seite ließ sie inne halten. Es war von beängstigender Schönheit. Eine Jagdszene aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert.
Plötzlich stellten sich ihr die Nackenhaare auf und sie ließ ein leises Knurren vernehmen. Da war jemand.
Leon stand an Ende des Korridors.
„Meine Schöne, ich wollte dich nicht erschrecken, so wie du dort in Gedanken standst. Verzeih!“
„Schon gut.“ sagte sie schlicht. „Nicht so schlimm, aber ihr schleicht euch einfach zu gut an, ihr Vampire.“
„Das ist war. Das Bild hat dich also genauso gefesselt, wie mich einst?“
„Es ist… beeindruckend.“
„In der Tat. Hast du denn nicht vor zu schlafen? Spuckst hier durch das Haus, ganz unruhig.“
„Ich konnte nicht.“
„Fühlst du dich unwohl bei mir?“
„Das nicht, obwohl ich sonst ungern mit Vampiren zusammen bin, muss ich gestehen.“
„Das habe ich gemerkt.“ schmunzelte Leon.
„Nichts für Ungut. Ich wollte niemanden beleidigen.“
„Das kannst du nicht, weil ich lieber ehrliche Leute um mich habe, als diejenigen, die mir bei der ersten Gelegenheit in den Rücken fallen.“
„Verstehe ich, aber ich will trotzdem…“
„Schon gut, Jeanine.“ Langsam strich er ihr über den Arm. Er drückte sich leicht an ihre Seite, legte den Arm ganz um sie und drehte sie wieder Richtung Gemälde. „Was denkst du bei dieser Szene?“
„Ich mag die Jagd nicht…“
„Aber du bist doch durch das Tier gezeichnet. Jagst du selber nicht?“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Er hatte sie durchschaut, noch ehe sie auch nur ein Wort gewechselt hatten. Natürlich hatte er erkannt was sie war. Ein Lykaner. Sie hatte versucht es zu verbergen und hatte mal wieder versagt, bei ihm.
„Du brauchst dich nicht vor mir zu verstellen, meine Liebe. Ich gestehe doch auch offen, was und wer ich bin vor euch. Ich habe nichts gegen deine Art, vielmehr suche ich die Anwesenheit geradeso.“
„Aber wieso ? Alle anderen Töten uns nur weil wir existieren.“
„Ich nicht. Ich fürchte euch nicht, wie die Anderen. Man muss doch nur wissen wie man miteinander auskommt, oder. Komm, Jeanine, ich zeige dir noch ein paar meiner gesammelten Werke und du verlierst deine Furcht vor mir.“
„Ist sie so offensichtlich?“
„Wir alle können sie schmecken! Deswegen möchte ich dich beruhigen, wenn du mich lässt...“
Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine und zog sie den Korridor in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
Zu dieser Zeit war Blake fertig angezogen. Eine enge Jeans und ein weites blaues Hemd, weiter nichts. Dann ging er zur Tür hinaus Richtung Haupthalle. Er witterte Jeanines Duft und drehte nach links ab in einen anderen Flur und folgte Ihrem Geruch. Er hatte schon vermutet, dass sich dieser Schwerenöter an sie ranmachen würde. Dieser Vampir stand auf Werwölfe, vor allem auf weibliche.
Dies hatte er ihm schnell anvertraut, nachdem die beiden um ihre gemeinsame Berufliche Verbindung gefeilscht hatten. Beide wollten ehrlich sein, so hatte er ihm von seiner Vorliebe für Lykanerinnen erzählt und dem Wunsch eine zu erobern. Dies war auch Teil der Abmachung. Blake würde eine mögliche Kandidatin mitbringen, dafür bekämen sie freies Geleit auf ihrer Reise. Kein hoher Preis, denn Blake hatte die wiederstandsfährigste Frau seines Clans mitgenommen. Angst vor Vampiren, in einer Beziehung und psychisch stabil.
Einfach wollte er es diesem Vampir nicht machen, Abmachung wurde gehalten.
„Nachdem du jetzt alles wieder hochgewürgt hast, reden wir. Ehrlich und offen!“ sagte Viktoria in einem gespielt strengen Ton zu Evilin. Ihre Angst vor diesem Wesen war allgegenwärtig, doch ihr Neugier noch größer.
„Ok, was willst du wissen? Ich sage dir etwas und du mir!“
„Gut. Warum tötest du auf Anweisung?“
„Ich darf keine Spuren hinterlassen. Du weißt, ich bin nicht normal, noch nicht mal für unsere Welt. Warum bist du sauer auf mich?“
„Weil du uns jagst. Auch wenn ich das nicht gerne sage, du gehörst mit zu dieser Welt, du stehst über niemanden. Warum meinst du darfst du andere Vernichten?“
„Klever von dir… ich wurde dazu ausgebildet, von meiner Familie, zumindest denen, die noch da sind…“
„Wieso!“
„Hey ich war dran…Meine…“
„Du redest nicht oft mit deinen Opfern, wa?“
Sie musste schmunzeln. Tat sie wirklich nicht, aber doch hier mir ihr, warum?
Was hatte dieser kleine Vampir an sich, das sie auch das Bedürfnis hatte, mit ihr zu sprechen. Sich ihr anzuvertrauen. Mittlerweile waren beide geduscht, sie hatte sie gelassen. Ohne Worte ihre Fesseln gelöst und sie unter die Dusche gestellt.
Dann hatte sie das Bad mit einem verdutzten Vampir zurückgelassen und sich auf das Bett gesetzt. Dort hatte sie gewartet. Solange, bis sich Viktoria einfach neben sie gesetzt hatte, um mir ihr zu reden, statt abzuhauen. Warum? Wusste sie auch nicht.
„Ganz schön scheiße, wa? Du hättest mich doch auch gleich töten können, ich verstehe nicht, dass du das nicht getan hast.“
„Und ich weiß nicht, wieso ich dich am Leben ließ. Wir sind so verschieden.“
„Stimmt. Ich bin hübscher.“ Beide kicherten los.
„Es ist echt nicht einfach, hier mit … ich bin eine gute Soldatin, eine gute Kämpferin…“
„Gut ?! Du bist das schlimmste, was rumläuft. Du wirst von allen gefürchtet. Und dabei gibt es dich noch gar nicht lange als offizielles Schreckgespenst…“
„Stimmt. Ich jage erst seit gut einem Jahr.“
„Wie alt bist du?“
„21.“
„Moment… ich werde hier von einem Säugling festgehalten? Ich bin 89 Jahre alt, in Vampirjahren. Gestorben bin ich mit 26. Selbst da war ich älter.“
Evilin musste lachen.
„Ich kämpfe seit meinem neunten Lebensjahr. Schwertkampf kam mit ca. 11 dazu.“
„Das kann nicht sein. Selbst Dämonen sind als Kinder zu jung für sowas, teilweise noch nicht mal vollständig entwickelt. Wie machst du das?“
„Gute Gene ?!“
„Hm, deine Gene, sind alt, was? Wie kommt dann deine Menschenmutter an einen Dämon?“
„Ich glaube sie hat nicht wirklich gewusst was er war, als er…“
„Was, sie hat nicht erkannt das er einer war. Cleverer Kerl, aber was hat er? Sie doch offensichtlich geschwängert, irgendwie. Das ist äußerst selten.“
„Er hat sie vergewaltigt!“
Leon hielt Jeanine eine Tasse entgegen. Nachdem die beiden einige Zeit durchs Haus geschlendert waren, in der Hoffnung Blake nicht über den Weg zu laufen, hatte sie es sich in der geräumigen Küche an den Tresen gesetzt. Es war eine schöne Küche mit weißen Möbeln im Landhausstil, die nicht wirklich zu den Bewohnern des Hauses passen wollte. Der Tresen zog sich, als Raumteiler durch die Mitte und bot Platz für mindestens vier lange, gemütliche Barhocker. Auf dem einen saß nun die nervöse Jeanine, völlig überwältigt davon, wie nett Leon zu ihr war. Ganz anders als andere Vampire.
„Bitte schön, ich hoffe der Kaffe ist nicht zu stark. Ich habe ihn gemacht, wie du es mir beschrieben hast.“
Vorsichtig nippte sie an der heißen Tasse und rang sich ein Lächeln ab.
„Gar nicht schlecht. Für Jemanden, der noch nie Kaffee gekocht hat, ist er ganz passabel.“
„Du kratzt mein Ego stark an, meine Liebe.“ Leon schmunzelte, er merkte wie er das Eis gebrochen hatte. Sie hatte so eine starke Abneigung den Vampiren dargelegt, die nun allmählich verflog. Sie lächelte schüchtern zurück. Dies war so neu für die wachsame Wölfin.
„Da du nun etwas entspannter erscheinst, zerstöre ich gleich das Bild des netten Vampirs von Nebenan. Ich möchte ehrlich zu dir sein.“ Dramatisch griff er nach ihrer Hand und streichelte über ihre langen weichen Finger. Sie wollte sie ihm entziehen. Unfähig zu sprechen, ging ihr Atem in schweren Zügen. Was würde er tun.
Leon ließ ihre Hand nicht los, während er leichthin um den Tresen schlenderte und in die ängstlichen Augen eines von Panik ergriffenen Wolfes sah.
„Ich habe darum gebeten, dass Blake dich zu mir führt, sei nicht sauer auf deinen pelzigen Freund.“
Frustriert versuchte sich Jeanine aus seinem Griff zu entziehen, was ihn dazu veranlasste sie in seine Arme zu schließen. Sie knurrte bedrohlich.
„Ruhig kleiner Wolf. Ich habe nicht vor etwas zu tun, was du nicht willst. Ich bitte dich nur um die Möglichkeit dich zu umwerben.“
Sie erstarrte in der Bewegung. Fand ihre brüchige Stimme wieder.
„Was?“ flüsterte sie „Um mich werben…Blake hat mich…verkauft?“ Zorn nahm ihr das hilflose Gefühl. Sie stellte sich wutentbrannt dem verführerischen Vampir entgegen.
„Was war denn der Einsatz? Wie viel bin ich wert?“ knurrte sie.
„Es gab kein Versprechen zum Austausch von Geldmittel, falls du das meinst. Nur einen Gefallen, der eure gefahrenlose Reise betrifft. Und ich habe es nicht nötig, Frauen egal welcher Art zu kaufen.“
„Ach nein, aber ich nenne das so!“
„Ich habe ehrlich zugegeben, was mein Bestreben ist… Ich möchte lediglich eine Chance, dies war meine Bedingung, eure Einreise zu gestatten. Eine Chance, mir eine Belohnung zu verdienen.“
Sie stutze. Ihr war schon alles an den Kopf geworfen worden. Sie war kein Kind von Traurigkeit gewesen, vor allem nach der Wandlung. Doch dies hatte noch nie ein Mann als Grund für Avancen angegeben. Sie…eine Belohnung.
In diesem Moment, unpassender konnte er nicht sein, platzte Blake in die Küche.
Auf der Burg Talons leben die letzten der Rador. Eine der ältesten Dämonenrassen. Viele der anderen Clans mieden diese Ebene und deren Bewohner, da es als Weg ohne Wiederkehr betitelt wird. Die Wut und Zerstörungslust dieser Dämonen kommt keiner anderen gleich.
Die Tore des großen Saales wurden schwungvoll aufgestoßen. Durch die Öffnung schritt ein beeindruckender Dämon. Seine perlmutartig geschwungenen Hörner glänzten schweißnass und verschwammen mit den dunkelblonden Haaren. Die strahlendblauen Augen mit der katzenartigen Iris funkelten kampfeslustig. Sein Oberkörper war eingeschlossen in Stahl, verziert mit filigranen Verzierungen. Ein langes Schwert hing an seinem Rücken und verbarg beinahe den langen peitschenden Schweif. An seinem Ende befanden sich kleine Dornen. Die Beine in Leder gehüllt endeten in klauenartigen Fußgebilden.
Schnellen Schrittes war sein Ziel der Thron, auf dem im Gegensatz ein kränkliches Geschöpf hockte. Vor langer Zeit musste dieser Dämon ein beeindruckender Krieger gewesen sein, doch nun wirkte er verloren auf seinem Posten. Das rotblonde Haar hin schlaff an seinem Gesicht herab, die Augen trüb. Das Grün darin war stumpf und abwesend. Sein Gewand wäre prunkvoll gewesen, wenn es nicht abgenutzt und dreckig wirkte. Seine ganze Körperhaltung war abweisend.
„Mein Herr, ich hörte euren Ruf und bin sogleich hergeeilt.“ Der anmutige Dämon fiel vor dem Thron auf das rechte Knie und senkte den Kopf.
Ein tiefes Knurren drang aus dem Wesen vor ihm.
„Ja ich ließ dich herholen, Naron. Ich brauche deine Hilfe.“
„Was ihr wünscht, Herr…“
„Ich möchte deine Loyalität. Ich weiß du bist einer der Besten Krieger. Ungebunden und unnachgiebig, zudem ein aufrichtiger Dämon, selten deine Art…Ein guter Spurenleser.“ Langsam erhob sich das Wesen von seinem Thron und bewegte sich auf den Krieger zu. Er packte ihn bei der Schulter und zog ihn hoch.
„Alle raus hier!“ donnerte er seinen Wachen entgegen.
„Ich benötige keine weiteren Ohren in dieser Sache!“
Keiner der anderen Dämonen wagte es zu wiedersprechen. Denn auch wenn dieser Dämon wirkte als sei er nicht in der Lage irgendwem etwas anzutun wussten es seine Krieger besser.
Als alle den Saal verlassen hatten, fuhr er fort.
„Ich habe den Verdacht, es gibt eine neue Bedrohung für uns. Eine Abtrünnige…“
„Meint ihr die Dämonin in der entfernten Ebene, welche kürzlich gesehen wurde?“
„Du weißt bereits von ihr?“
„Ja Herr, viele wissen, das sie jagt auf andere Dämonen macht und haben Angst. Selbst die Feuerdämonen halten Abstand.“
„Ich möchte, dass du rausfindest, wer sie ist. Es ist schon so lange kein Weib geboren worden auf Talon. Woher sie stammt, will ich wissen! Keiner wird geboren, ohne dass ich davon weiß.“
„Das ist war, Herr. Meint ihr, sie ist eine unsrer Art?“
„Nach den Berichten, die mir zu Ohren kamen, kann dies möglich sein. Wenn dem so ist, will ich sie hierhaben. Wir werden es bald wissen.“
„Jawohl, Herr. Ich werde auf ihre Fährte stoßen und sie herbringen!“
„Ich danke dir. Auch für deine Diskretion in dieser Sache, hoffe ich.“
„Natürlich.“
Als Besiegelung fassten sie sich an den Unterarmen und neigten die Köpfe. Dann entfernte sich Naron von seinem König, seinem Auftrag entgegenfiebernd.