Читать книгу Fußball für Frauen - Jasmin Schneider - Страница 12

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Für die kurze Strecke bis zu seiner Bleibe machte Charlie sich nicht die Mühe, die verrutschte Autoscheibe wieder in Position zu bringen. Stattdessen öffnete er auch das Fenster auf Frings Seite, damit der Hund seinen Kopf hinausstrecken konnte. Ganz langsam fuhren sie auf das menschenleere Areal.

Hinten stand schon Bogdan, ein vierschrötiger Rumäne, vor seiner Kfz-Werkstatt und hob die ständig ölverschmierte Pranke zum Gruß. Der Riese restaurierte alte Mini Cooper. Wie er es schaffte, an so kleinen Schrauben herumzufingern, ohne sie zu zerstören, war sein besonderes Geheimnis. Wie sein unwesentlich älterer Bruder Valentin einen Wagenverleih für Luxuskarossen am Flughafen unterhalten konnte, konnte sich auch niemand erklären.

Neben seiner massigen Gestalt stand ein Kasten Bier, auf dem wiederum Sarotti Platz genommen hatte. Er schaute in eine andere Richtung, auffällig, aber Charlie war trotzdem erleichtert.

Auf einer Bank unter dem Carport warteten Bobby und Tomàs Ortega. Bobby war wahrscheinlich der einzige Mensch, auf dessen Kopf eine Fedora nicht total beknackt aussah. Es musste an seiner Hautfarbe liegen, denn im Gegensatz zu Sarotti war Bobby wirklich schwarz.

Trotzdem redete er perfektes Norddeutsch. Bobby war in Hamburg aufgewachsen, was auch das schwarze Hoodie mit dem weißen Totenkopf über seiner dunklen Anzugshose erklärte. Wooo, Superfly… und St. Pauli Fan.

Tomàs Ortega daneben erinnerte Charlie an Antonio Banderas in Desperado. Allerdings war der Krankenpfleger kein Mexikaner, sondern Argentinier. Er spielte auch nicht Gitarre, überhaupt hasste er den Vergleich mit Banderas, weshalb er sich seit einiger Zeit einen dichten, schwarzen Bart wachsen ließ. Er frisierte ihn ebenso pfleglich wie seine schulterlangen, zu einem Zopf gekämmten Haare. Tomàs tanzte in seiner Freizeit Tango. Ziemlich gut, wie es hieß.

Von Lucci fehlte noch jede Spur. Der Italiener kam wahrscheinlich erst zum Top-Spiel.

Frings kläffte den Männern entgegen. Dabei schlug er seinen Schwanz munter in Charlies Gesicht.

Charlie krähte ausgelassen, parkte und stieg aus.

»Ausbutzer, alles prächtig?« Bogdan klatschte ihn ab, wofür Charlie mächtig dankbar war, denn Bogdans Händedruck ließ die Knochen eines jeden im Geiste trümmerbrechen. »Hab gehört, du hast Nazischwein umgehauen!?« Dabei lachte Bogdan so singend wie er Deutsch sprach.

»Hab ihn bloß abgewehrt«, zwinkerte Charlie.

»Hey Fußball-Star!«, fädelte sich Ortega in den Begrüßungsreigen ein. Er sah müde aus, hätte drei Tage Nachtschicht hinter sich, sagte er.

Während sich Sarotti weiterhin an seiner augenfälligen Absonderung labte, zog Bobby sich breit grinsend weiße Stöpsel aus den Ohren und reichte Charlie die sehnige Hand. »Schon alles aufgebaut, das nenn ich Einsatz!«

»Fehlen noch Leinwand und Beamer.« Charlie entriegelte das schwere Metalltor. Ortega und Bogdan folgten ihm.

»Aufgeräumt«, stellte Bogdan anerkennend fest und bleckte beim Grinsen die Lücke zwischen seinen im Verhältnis zu seinem Löwenkopf winzigen Schneidezähnen. »Erwartest du Damenbesuch?«

Ortega schüttelte amüsiert den Kopf. »Der Fußballstar und Damenbesuch? Der lässt sich lieber einladen, dann kommt er nach der Nummer schneller nach Hause!«

Die Männer lachten dreckig.

»Was ist heute mit langem Mann? Hat er nichts gesprochen, seit er hier ist!« Bogdan hatte sich bereits den Beamer unter einen Arm geklemmt, man konnte das Ding kaum noch sehen.

Charlie zuckte die Schultern. »Vielleicht verknallt oder so. Hatte letztens so ne Kleine bei sich.«

Ortega nickte. »Hat er mir von erzählt. Du sollst nicht besonders nett zu ihr gewesen sein?«

Bogdan fand das witzig, er lachte noch beim Rausgehen.

Charlie hatte mit der Information so seine Probleme. Die plötzliche Gewissheit machte ihm zu schaffen. Sarotti war in sie verknallt. In die Piaf-Hexe! Piaf-Hexe! Piaf-Hexe! Bald zehn Mal die Woche. Der Lange hatte die Angewohnheit, seine Weiber überall hin mitzuschleifen.

Der Spandauer SC war am Sonntagmorgen ein einfacher Gegner für die Schöneberger Kickers. Sie gewannen mit einem deutlichen 3:0 Vorsprung und waren entsprechend aufgedreht. Es hatte ihn einige Nerven gekostet, die Kids davon abzuhalten, die besiegte Mannschaft auszupfeifen. Wie erklärt man einem Zwerg im Stimmbruch, dass das die mieseste aller Maschen war?

Im Kiosk gestaltete sich der Tag aufgrund des unerwarteten Sonnenscheins eher still. Ein Päckchen Zigaretten hier, ein Eis da, alles in allem nicht der Mühe wert. Gegen siebzehn Uhr beschloss Charlie, es für heute gut sein zu lassen. Am Sonntag waren die Öffnungszeiten ohnehin fließend. Er war gerade dabei, die Tagesnews in die Kiste vor der Tür zu packen, als plötzlich die Piaf-Hexe neben ihm stand. Sarotti war weit und breit nicht zu sehen.

»Tag Charlie«, grüßte sie, die viel zu große Weste trotz Sonne um sich gezurrt, eine Flasche Rotwein in der Hand. »Mein Lieblings-Merlot, hast du Bock?«

Frings kam, wie Charlie fand übertrieben erfreut, herausgelaufen und schmiegte seinen Kopf zwischen ihre Knie. Sie drückte Charlie den Wein in die Hand und beugte sich zu dem Hund hinunter.

»Es ist nicht mal fünf, etwas zu früh zum Trinken, findest du nicht?« Er musste heute einen Spießer zum Frühstück erwischt haben.

Sie, vollkommen unter der Strickjacke begraben, zuckte die Schultern. »Ansichtssache. Ich hatte Frühdienst.«

Frings grunzte genüsslich.

Dann richtete sie sich langsam auf. Die dumme Jacke hatte jetzt ordentlich Schlagseite. Sah ein bisschen aus wie Quasimodo, die Piaf-Hexe. »Hör zu, Charlie, ich bin eigentlich nur gekommen, um ein Friedensangebot zu machen. Wenn du darauf keinen Wert legst, dann kann ich auch wieder gehen.« Sie wollte sich ihren Wein zurückholen.

Charlie drehte sich mit der Flasche außer Reichweite. »Komm rein.«

Sie seufzte, offenbar unsicher, ob das eine so gute Idee war, setzte sich dann aber doch in Bewegung. Von hinten sah die Jacke noch alberner aus.

»Meine Jungs haben heute 3:0 gewonnen«, er bedeutete ihr, ihm in die Küche zu folgen, »das wollte ich eh feiern!«. Er durchsuchte die Schubladen nach einem Flaschenöffner und fand ihn auf der Fensterbank.

Die Kleine war im Türrahmen stehengeblieben, die Arme fest verschlungen.

»Ist dir kalt?«

Ertappt ließ sie die Hände sinken. Unweigerlich wurden sie unter Wollbergen begraben.

Charlie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ziemlich groß, deine Jacke, findest du nicht?«. Er hatte es nicht böse gemeint, es war so etwas, das man sagt, um nicht zu schweigen. Unter den gegebenen Umständen klang es womöglich spöttisch.

Sie wurde rot, doch statt das Weite zu suchen, zog sie es aus, das Ungetüm. Und nicht nur das, sie zog es aus und stopfte es in den Mülleimer. »Macht sie auch nicht mehr lebendig.«

Er verstand. »Die gehörte deiner Lieblingspatientin?«

Sie nickte, sich gar nicht darüber bewusst, was sie da für ihn enthüllt hatte. Kleiner fester Busen unter schwarzem Rollkragenpullover, der sich dem leichten Schwung ihrer Taille anschmiegte wie eine zweite Haut. Er endete in einer hüfthohen Blue Jeans mit einem auffälligen Gürtel, über dessen Schnalle Charlie den Bauchnabel vermutete. Etwas knochig vielleicht, aber nicht minder anziehend.

Seine Fingerspitzen kribbelten. Rasch wandte er den Blick ab, dabei rutschte ihm der Flaschenöffner aus der Hand. »Jedenfalls hat der Sieg ihnen den Mut zurückgegeben. Echt wichtig bei den Zwergen!«

Er hörte sie lächeln. »Wie alt sind denn deine Zwerge?«

»C-Jugend, also dreizehn, vierzehn.« Für das Entkorken der Flasche ließ er sich übertrieben viel Zeit, ganz so als wolle er hinterher eine Studie darüber verfassen. »Ist ein wichtiges Alter in diesem Sport.«

Hinter ihm saß Nadsch breitbeinig auf dem Boden und kraulte Frings braune Ohren. »Wie alt warst du, als sie dich entdeckt haben?« Ihr Kinn berührte den Boden, als sie sich vorbeugte, um dem Hund in die Augen zu sehen. »Wie ist das eigentlich so? Ich meine, das muss doch der Knaller sein, wenn da plötzlich einer kommt und sagt: ›Hey, du da, willst du bei den Berlinern spielen?‹«

Charlie, der nicht so genau wusste, warum, grinste schief. Was hatte sie gefragt?

»Rede ich Müll?« Sie richtete sich auf, knickte erst die Beine nach hinten und drückte sich dann ohne Hilfe der Arme nach oben. Als sie ihm die Flasche aus der Hand nahm, schimmerten ihre Wangen leicht rosé. »Wollen wir nach vorn gehen?« Frings wedelte hinterher.

»Ich bringe die Gläser.« Charlie musste sich jetzt auf das Wesentliche besinnen. Was ihm fehlte, war ein Fick, nicht die Kleine da draußen! Vier, fünf Lever an der Klimmzugstange, für mehr war keine Zeit.

Sie stand neben der Anlage, wo sie die CDs durchkämmte. Ihre Entscheidung fiel auf Bowie, Hunky Dory. »Wie war das nun? Oder möchtest du nicht drüber sprechen?«

Er setzte sich und wartete, bis sie die Gläser gefüllt hatte. »Wenn es dich nicht langweilt?«

»Hätte ich sonst gefragt?«

Charlie konzentrierte seinen Blick ausschließlich auf ihre Rippen. Viel zu mager, gar nicht weiblich. Er hob sein Glas und prostete ihr zu. Nadsch trank ihres gleich halb aus.

»Das erste kannst du wohl nicht leiden, was?«, lachte er.

»Das erste?«

Er deutete auf das Glas. »Wie das letzte Mal, du hast die erste Flasche einfach weggekippt, so wie das Glas gerade.«

Wieder der Roséton und das tonlose ›Oh‹ auf den Lippen.

Charlie atmete scharf ein und nahm selbst noch einen Schluck. Schmeckte gut das Zeug. »Tut mir übrigens leid wegen deiner Lieblingspatientin.«

Sie nickte. »Danke.«

Ein Zigarettenkunde unterbrach den Anfang, den Charlie gerne gemacht hätte. Den Anfang der Fußballgeschichte.

Rote Gauloises. Immer noch im Trend. Ach, und ein Bier wolle er auch noch mitnehmen. Es war so ein dicker Nerd mit Bart – keiner der modernen Sorte –, wohnte noch nicht lange hier. Sein Gesicht war aufgedunsen, die Haare seit Tagen nicht gewaschen. Hielt ihn jedoch nicht davon ab, die Kleine anzugaffen. Auf ihrem Oberteil hingen Hundehaare, genau da, wo vermutlich ihre Brustwarzen waren. Dazu Bowies Gesang, Oh! You Pretty Things! Don’t you know you’re driving your Mamas and Papas insane…. Gleich würde ihm Speichel aus dem Mund tropfen!

Charlie verstellte ihm die Aussicht. »Noch was?« Viel zu scharf für den Anlass.

Der Nerd erschrak, wurde noch blasser. Hilflos schüttelte er den Kopf, packte alles in einen Rucksack mit Star Wars Aufdruck und zahlte. Vorn bei der Tür, drehte er sich noch einmal um, stierte lüstern auf die Hundehaare und bedachte Charlie mit einem wissenden Grinsen. Dreckschwein!

»Der arme Kerl«, meinte Nadsch im Anschluss, »sollte mal in die Sonne gehen!«

Charlie zwang sich zu lächeln. »Sport soll da auch helfen. Schau mich an«, er zog seine Show ab, Muckimann, Dandy, Charlie. »Macht aus dem letzten Freak nen Traummann!«

Sie lachte ganz zauberhaft, die Augen geschlossen, den Kopf im Nacken. Ihre Schultern bewegten sich im Takt mit den Hundehaaren und der Musik.

Charlie trank einen großen Schluck, bevor er weitersprach. »Es ist keiner gekommen und meinte, hey Du da, willste bei den Berlinern spielen. So aufregend war das nicht.« Chips würden jetzt gut passen. Er nahm eine Tüte aus der Auslage und riss sie auf. »Eines Tages kam ein freier Agent zu einem Jugendspiel, besprach sich mit meinem damaligen Trainer; der wiederum sprach mit meiner Mutter. Sie war es also, die mich gefragt hat. Ganz unspektakulär.«

»Wie alt warst du da?« Nadsch bediente sich an der Tüte, schob sich eine ganze Ladung in dem Mund und zerdrückte den Chipsberg mit der Zunge am Gaumen

Charlie kratzte sich am Kinn und sah in eine andere Richtung. Über der Tür hingen Spinnweben, musste er gleich morgen Misses Paschke auf die Nase binden. »Neun.«

Sie hielt beim Kauen inne. »Neun? So jung?«

»Jung?«, er lachte. »Das ist nicht jung. Meistens werden die Jungs schon mit sechs, sieben Jahren zu den Vereinen gerufen. Wenn einer Talent zeigt, versucht man ihn einzustellen. Von Anfang an, bevor du andere Interessen entdeckst. Es gibt zum Beispiel Kids, die können einen Ball auf der Fußspitze balancieren, die geilsten Sachen damit anstellen, haben aber null Talent zum Spiel.« Er setzte sich wieder hin. »Bei mir war es die Geschwindigkeit. Ich war wendig, nicht so groß wie die anderen. Außerdem kam ich aus dem Wedding, ich mähte einfach alle nieder, die mir im Weg standen, das hat denen gefallen.«

Wieder das hübsche Lachen. Schöne Zähne hatte sie. Ganz gerade und regelmäßig.

»Jedenfalls hat man meiner Mutter vorgeschlagen, mich auf einer Sportschule anzumelden. In Wolfsburg haben sie mich direkt genommen. Mutter musste wegen meines Talents nicht mal was drauflegen. War das Beste, was uns passieren konnte. Mein Alter war schon lange weg und wir hatten keinen Heller zu viel. Bin ich also dahin.« Er streckte sich, weit genug, dass sein Shirt hochrutschte. »War schon seltsam, nicht mehr im Wedding und so. Hab mich aber schnell dran gewöhnt. Hey, ich war neun und spielte so ziemlich den ganzen Tag Fußball. Was kann einem Jungen Besseres passieren?«

»Hast du deine Mutter nicht vermisst, die Schule, deine Freunde?« Nadsch zwischen zwei Händen voll Chips.

Charlie kräuselte die Lippen. »Denke schon. Aber das waren bloß Gefühle. Die lassen sich mit Sport unter Kontrolle bringen, das lernst du ganz schnell.« Er winkte ab wie ein alter Hase. »Das war immerhin mein Job, meine Art, Mutter was zurückzugeben. Sie war hammerstolz auf mich!« Bei der Erinnerung grinste er breit. »Hat geflennt wie ein Schlosshund, als sie mich zum ersten Mal bei den Berlinern hat spielen sehen. Allein dafür hat sich’s gelohnt, weißte?«

Sie lächelte, sagte eine Weile nichts und leckte gedankenverloren Chipsaroma von den Fingerspitzen. »Wann bist du zurückgekommen?«

Er dachte kurz nach. »Mit Achtzehn. Ich hatte vorher schon bei Wolfsburg und anschließend bei Leverkusen gespielt. Eigentlich wollte mich Mönchengladbach kaufen, aber als das Berliner Angebot kam, hab ich meinen damaligen Trainer gedrängt, mich denen zu geben. Hat geklappt.« Er hob sein Glas, prostete ihr kurz zu und leerte es.

Nadsch folgte seinem Beispiel. Für das zweite hatte sie wesentlich länger gebraucht. »Du magst die Berliner, oder?«

Charlie lachte wie ein Kind. »›Nur der Verein‹ und ›In guten wie in schlechten Zeiten‹, mit solchen Sprüchen bin ich aufgewachsen. Soziale Brennpunkte haben ihre eigene Dynamik. Das ist, was die Leute nicht verstehen. Sie finden den Wedding asozial und wenn dort das ganze Jahr über die Deutschlandfahnen draußen hängen, denken sie an Rechtsruck oder Menschen ohne Hirn. Is aber nicht so. Die Spieler sind ihre Helden, weil sie teilweise – wie ich – aus ihrer Schicht kommen. Der Fußball fragt dich nicht nach deinem Zeugnis oder wie viel Kohle deine Ollen aufm Konto haben, nicht woher du kommst und ob du auch gut deutsch sprichst. Fußball ist Fußball«, er klopfte mit der flachen Hand auf den Tisch, als könnte er damit das wohlmeinende Gefühl im Raum ersticken. »So einfach ist das.«

Sie legte den Kopf schief. »Nur der Verein, was?«

Fand sie irgendwie cool, glaubte er und grinste. »Richtig. Nur der Verein!« Charlie musste dringend damit aufhören, sie so anzustarren, sollte aufstehen, den Kreis verlassen, bevor er sich gegen seinen Willen schloss. »Als wir abgestiegen sind, hab ich allerdings bei Werder weitergekickt.« Endlich riss er sich los, stand auf, ging nach vorn zur Tür und wieder zurück, alles mit den Händen in den Hosentaschen. Nutzte nicht viel. Er fühlte sich noch immer wohl in ihrer Gegenwart. »Und du? Bist nicht aus Berlin, oder?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich komme aus Frankfurt.« Dann rutschte sie vom Hocker und strich sich die Kleider glatt. Ihr fielen die Hundehaare auf dem Oberteil auf, und sie begann sie einzeln abzuzupfen. »Wenn ich mich vom Acker machen soll, sag einfach Bescheid.«

Es wäre tatsächlich besser, wenn sie jetzt ging. Dann könnte er zum Sport übergehen. War dringend notwendig, seine Rübe war schon ganz weichgespült. »Wenn du nichts Besseres vorhast, kannst du gerne noch bleiben. Ich pack hier alles zusammen und dann schauen wir, was noch so geht. Hast du Hunger? Döner oder so?«

»Solange es auch Falafel gibt, bin ich dabei.« Sie lächelte.

»Vegetarierin?«

»Genau. Auch das noch!« Dann wieder die wie gemeißelte Kinnpartie erhoben, den Kopf im Nacken, die angenehme Frequenz ihrer Lachmelodie.

Er mochte Nadsch. Gefährliches Terrain. Vergleichbar mit dem gegnerischen Strafraum. Rennt man besser nicht kopflos rein. Vielleicht würde er nächste Woche diese Krankenschwester anrufen, die ihm vor ein paar Tagen ihre Telefonnummer aufgedrängt hatte.

Während das Rollgitter herunterfuhr, bohrte er nach Nadeschdas Geschichte. Ihre Eltern, beide Ärzte, hatten nicht besonders viel Zeit für ihre beiden Töchter gehabt. Nach dem Abi sei sie nach Berlin abgehauen, habe einfach ihr Sparbuch genommen und sich aus dem Staub gemacht.

»Dann bist du Ärztin?« Es war recht kühl geworden und er legte ohne darüber nachzudenken einen Zahn zu. Immer Frings hinterher, der den Weg kannte und unterwegs dringende Geschäfte verrichtete.

Nadsch konnte kaum Schritt halten. Ihre Zähne klapperten, als sie sagte, nein, sie sei bloß Krankenschwester. »Mochten meine Alten ja gar nicht.« Das anschließende Lachen kam stoßweise.

Er blieb stehen, »entschuldige, das mit deinem Wollzelt hatte ich schon wieder total vergessen«, zog seine Jacke aus und legte sie um ihre Schultern. »Zu viele Kopfbälle, weißte?« Das anschließende Lachen blieb ihm im Halse stecken. Es war der Duft. Die Quelle waren offenbar die Haare. Irgendwie süßlich und angenehm herb zugleich. Stimulierte sein limbisches System, das mit der Ausschüttung von Endorphinen nicht mehr hinterherkam. »Jetzt besser?«

Sie nickte, schaute ihn nicht an.

Diesmal passte er seinen Schritt an ihren an. Ob sie den Langen hier in Berlin kennen gelernt hätte?

Ja, sie habe eine Zeitlang in seiner WG gewohnt. Bis Daddy sie gefunden und ihr eine Wohnung gekauft habe. In Kreuzberg am Fraenkelufer. Ja genau, Bonzentochter. In ihrem feudalen Heim stehe sogar ein Klavier. Wäre ein Festessen für Sarotti gewesen.

»Wart ihr zusammen?« Hinter der nächsten Abzweigung kam schon die Metalltür in Sicht. Charlie fixierte jeden seiner Gedanken auf das mächtige Schloss. Die Schlüssel steckten in der Innentasche seiner Jacke. Er würde Nadsch berühren müssen, um sie da raus zu nehmen.

»Sarotti und ich?«, lachte sie, »wie soll das gehen? Abgesehen davon, dass er nicht die geringste Faszination auf mich ausübt, müsste ich mir ja einen Kran kaufen.«

Jetzt waren sie da, standen vor seiner Tür und Charlie druckste herum. Ob sie ihm wohl die Schlüssel aus seiner Jacke geben würde. Ja, richtig, da in der Innentasche.

Sie fielen gleich zweimal hin. Beim ersten Mal stießen sie mit den Köpfen zusammen. Vertrautes Gelächter. Ihm standen die Haare zu Berge. Als er den Schlüsselbund zum zweiten Mal fallen ließ, rief er laut: »Hab ihn!« bevor er auf den Boden klimperte.

Endlich war die Tür auf. Nicht die geringste Faszination. Nicht die geringste!

Frings war schon in die Küche gelaufen. Das machte es einfach, die nächsten Schritte zu planen. Napf auswaschen, Rindfleisch zerkleinern, es mit Vitaminflocken mischen. Alles ein wenig zu schnell.

Coole Wohnung! Echt? Ne alte Malerwerkstatt? Oh wow! So viele Hanteln und Stangen überall. Ob er Bodyweight trainierte?

Konnte es sich nicht nehmen lassen, ein bisschen anzugeben. Front- und Backlever, Human Flag, das übliche eben. Dabei bemerkte er, dass er das Shirt wechseln könnte. Er tat es, darauf bedacht, dass sie sein Tattoo sah. Tiefschwarzes Muster unter dem linken Rippenbogen, fein gearbeitet, halbrund der Körperform folgend. Was tat er da eigentlich?

Sie wandte sich ab. Eine Brücke könne sie machen. Ja, aus dem Stand. Nee, jetzt wär blöd. Ihr Rücken sei nicht warm. Aber Handstand. Käme vom Yoga, mehrmals die Woche, mache ihren Kopf frei.

Sie zog die Schuhe aus, wurde rot, als es beim ersten Mal nicht klappte. Dann stand sie auf den Händen, verlagerte ihr Gewicht und schaffte es sogar auf die Ellbogen und in einer schönen Biegung in den Skorpion. Beeindruckend! Charlie sagte es ihr.

Ja. Ginge doch ganz gut mit dem Rücken. Mal sehen, vielleicht schaffe sie sogar…, sie unterbrach sich und setzte vorsichtig die Füße auf den Boden, direkt vor ihren Kopf.

Er hielt den Atem an. Jetzt wurde es richtig heikel. Kantig und rund zugleich, wo sollte er hinsehen? Seine Körperfunktionen machten sich selbständig.

Gott sei Dank kam Frings, gab den Seehund. Besorgte Töne. Hatte wohl Angst, sein Mädchen könne auseinanderbrechen. Sie lachte, versuchte es wenigstens, verdreht wie sie war. Charlie war baff, als sie sich beim Rauskommen einfach von hinten nach vorne auffaltete, als sei das überhaupt nichts.

»Ich wusste gar nicht, dass man so was beim Yoga lernt«, er musste sich zwingen was zu sagen, die Löcher in seiner Abwehr waren zu offensichtlich. Wenn sie jetzt zu ihm rüberkäme, könnte er für nichts mehr garantieren.

Tat sie aber nicht. Lächelte nur und griff nach ihren Schuhen. »Hab nen tollen Lehrer. Denis. Eigentlich ist er Chiropraktiker.«

»Und ein guter Geschäftsmann«, fügte Charlie hinzu, »erst die Leute verbiegen und dann Kohle fürs Einrenken nehmen.«

Sie lachten beide. Unsicher, wie es jetzt weiterging.

Charlie klatschte in die Hände. »Wollen wir?«

Sie nickte. Streichelte den Hund. Irgendwie unschlüssig.

»In dem Schrank da vorne beim Eingang findest du meine Jacken, vielleicht passt dir ja eine davon.«

Nadsch entschied sich für seine alte Levis, abgewetzte Ellbogen, keine Aufschrift, bloß ein dezenter Vereinsaufnäher vorn. War ihr zwar auch zu groß, aber im Gegensatz zur Strickjacke stand sie ihr ausgezeichnet. »Nur der Verein«, kicherte sie und strich über das Wappen. »Ist es weit bis zur Döner-Bude?«

»Hunger?«

»Das auch.«

»Was noch?«

Sie machte eine Schnute. »Na ja, ich muss mal.«

Die fehlende Tür. »Ich warte draußen. Sieh zu, dass dir der Dicke nicht hinterherrennt. Ist nicht gern alleine hier.« Er tätschelte Frings Kopf. »Bis später, Brauner!«

Schon bevor sie den Imbiss erreicht hatten, war ihr Gespräch verebbt. Anschließend hatte er sie noch zum Bahnhof begleitet. Es dauerte zwanzig Minuten, bis sie endlich Anschluss bekam. Die Zeit zog sich wie Kaugummi. Ihr war kalt, aber sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Charlie hätte sie gerne in den Arm genommen, wollte aber nicht noch mehr Öl ins lodernde Feuer gießen. Er musste nach Hause, die Turnschuhe anziehen und laufen gehen. Danach Gewichte stemmen, bis alle Gedanken an Nadsch aus seinem Kopf verschwanden.

Als er mitten in der Nacht von der sportlichen Tortur zurückkam, fühlte er sich wie ausgepresst. Sogar seine Kiefer taten weh. Wenigstens schlief er sofort ein.

Der Wecker bimmelte gefühlt eine Minute später. Beim Aufstehen ein wohlvertrautes Gastspiel aus Muskelkater und Kopfschmerz. Heiße Dusche, starker Kaffee, ein halber Liter Wasser. Keine Besserung. Er schluckte zwei Tabletten.

Draußen regnete es in Strömen und jemand hatte versucht in den Kiosk einzubrechen, war aber nicht durch das Gitter gekommen. Nur die untere rechte Scheibe der Ladentür war zertrümmert.

Er rief die Polizei. Drinnen fanden sie eine laienhaft zusammengebastelte Brandbombe. Sie hatte sich nicht entzündet, war auf dem Lottoteppich vor dem Tresen verglüht. Das Laminat darunter war an der Stelle etwas dunkler geworden.

Im Laufe des Vormittags kamen mehr Kunden als sonst. Sprach sich schnell herum, der versuchte Einbruch. Die auffällig blonde Krankenschwester mit dem großen Busen, die ihm ihre Telefonnummer gegeben hatte, saß mit aufgeworfenen Lippen über ihrem Cappuccino am Hochtisch neben der Theke. Ob er denn heute Abend schon was vorhabe?

Manchmal war das Schicksal gnädig mit den Seinen!

Am Nachmittag kam Charlie endlich zu den Anrufen, die er dringend erledigen musste. Glasermeister, Versicherung, am Schluss eine Nummer im Wedding.

Nach fünf Mal Klingeln hob ein Mann ab. Im Hintergrund dröhnten Maschinen.

»Tach Ralle, hier ist Butz, alles prächtig?«

Nach einer kurzen Gedankenpause kam das Getriebe auf der anderen Seite in Gang. »Mensch Butz, alter Schwede, dass du dich mal beim Fußvolk meldest! Wie geht’s? Brauchsten Fernseher?« Grollendes Lachen.

Charlie spielte mit. Ließ ein paar lockere Sprüche los, feixte, krähte. Ralle mochte ein Krimineller sein, aber er war auch irgendwann sein Freund gewesen. Bevor der Riese sich ne Glatze rasierte. Nicht mal aus politischen Gründen. Ralle kloppte sich einfach gerne. »Ich will es kurz machen, Dicker, ich hab hier’n Problem und ich denke, du könntest das für mich aus der Welt schaffen.«

»Lass hören.«

»Es geht um meinen Laden. Heute Nacht wollte hier jemand einsteigen und ich denke, ich weiß, wer es war.« Er erzählte die Geschichte von Attila.

Ralle amüsierte sich. »Und da sagen alle, der Ost-West-Konflikt gehört der Vergangenheit an! Wie hättest du ihn gerne? In Häppchen oder reicht die Schnabeltasse?«

»Nichts dergleichen. Ich möchte, dass du mit ihm redest. Sonst nichts. Von Mann zu Mann.«

»Und was springt für mich dabei raus?«

»Kannst meine Saisonkarte haben.« Als Ex-Mitglied der Berliner hatte er bei Heimspielen ein Anrecht auf einen Platz in der VIP-Lounge.

»Die Nieten werden ja doch wieder absteigen.«

»Nur der Verein, weißte noch?«

Ralle überlegte. »Aber lass sie auf mich umschreiben, haste gehört? Nicht wieder endlose Quengeleien wegen der Glatze, klar?«

»Haste keine Mütze?«

Sie wurden sich einig.

»Der Typ wird die Füße ab jetzt stillhalten, das verspreche ich dir. Und wenn nicht, sag mir Bescheid.«

»Werd ich machen.« Er bedankte sich und legte auf. Wohl war ihm dabei nicht. Aber wenn er keinen Stress mehr haben wollte, musste er die Heimatkarte spielen. Attilas Problem.

Edel, einer der Kleingärtner aus der Kolonie neben der Gontermann und der einzige Bayern München-Fan in Charlies Kreisen, brachte gegen sechs ein Brett in der Größe der kaputten Fensterscheibe vorbei. Das Fräulein Barbara hätte ihm von dem Einbruch erzählt, ob er denn sonst noch etwas tun könne.

Der Kiez war schwer in Ordnung, konnte man gar nicht anders sagen!

Charlie war gerade mit dem Abdecken der kaputten Scheibe fertig, als ihn ein weißes Hündchen ankläffte. Gleich daneben sah er das Fundament der endlosen Säulen, die ihm so gut gefielen.

»Kommt das in dieser Gegend häufiger vor?« Ihre Stimme klang rauchig, tiefer als erwartet.

»Sieh an, die neue Nachbarin!«, Charlie setzte sein gewinnendes Lächeln auf und erhob sich.

Die Blonde trug einen edlen Trainingsanzug in Lila mit passenden Laufschuhen und Sonnenbrille. Die blonden Haare waren zu einem tiefen Pferdeschwanz zusammengebunden, die Lippen in einem Pastellton nachgezogen. Auch die Hundeleine war lila.

»Freut mich, Sie kennenzulernen, mein Name ist Charlie Butz.« Wer ficken will, muss freundlich sein.

Sie verzog leicht den Mund, schaute seine Hand an, als wolle sie prüfen, ob sie auch sauber war, und schlug schließlich ein. »Monika Fink.« Ihre Finger waren kühl wie ihre Erscheinung. »Weiß man schon, wer es war?« Die Frage als Pflichtübung. Das Hündchen knurrte.

Charlie kratzte sich am Kopf. »Nö. Und ich denke auch nicht, dass man es herausfindet.« Er zeigte in den Laden. »Wollen Sie einen Kaffee?«

Monika Fink schüttelte den Kopf. »Nein danke, ich hatte schon einen.« Und zu dem Hündchen, »komm jetzt, Lilly.« Die weiße Töle hatte sich heiser gebellt. Sie hörte erst auf, als Frau Fink sich zu ihr hinunterbeugte und sie vom Boden aufsammelte.

Frings lag ungerührt auf seinem Platz vor der Theke, wo es keinen rotgelben Lottoteppich mehr gab, und schlief.

»Wissen Sie, wo ich hier in der Nähe Hundefutter kaufen kann? Bitte keinen Discount-Müll.«

Er zuckte die Schultern. »Ich kaufe immer frisches Fleisch beim BARF-Laden Richtung Marienfelde. Ist aber nicht gerade in Laufweite.« Warum nahm sie nicht endlich die Brille runter? Er wollte ihre Augen sehen!

Monika Fink verzog schon wieder die Lippen. »Ich denke, dann lass ich lieber was schicken. Danke, Herr Butz.« Sie nickte kurz, drehte sich um und ging mit dem Hund auf dem Arm davon.

»Wenn Sie mal Lust auf einen ganz besonderen Kaffee haben…«, rief er hinterher, lachend.

Sie hob zur Antwort eine Hand und winkte. Die würde schon noch auftauen.

Entgegen aller Vermutungen der Pornoindustrie kannte Charlie keinen, der darauf stand, beim Sex von einer Bestie verschlungen zu werden. Vor allem nicht von einer, die ihren Lippenstift quer über seinen Körper schmierte. Bevor die Braut seinen Schwanz in einen Clown verwandeln konnte, schaffte Charlie es, die Bälle neu zu verteilen. Die Nummer war nicht unbedingt eine seiner Bestleistungen. Es dauerte gefühlte acht Stunden, bis sie endlich kam oder wenigstens so tat. Er selbst hatte Mühe zum Abschluss zu kommen. Am Ende gelang es, weil er an Nadeschdas Skorpionbrücke zurückdachte.

»Na, heute sehen wir aber entspannt aus, der Herr!«, feixte Barbara, »wohl zu viel mit der Blonden geflirtet, was?«

»Was meinst du?« Er wusste genau, wovon sie sprach, nur wo sie die Geschichte so schnell aufgeschnappt hatte, war ihm ein Rätsel.

Im Laufe des Vormittags war nämlich Monika Fink vorbeigekommen und hatte wieder keinen Kaffee getrunken. Dafür heulte sie ihm vor, wie lange die Hundefutter-Lieferung dauere und dass sie rein gar nichts mehr für ihren ›sweet little Darling‹ zuhause habe.

Charlie bemühte sich, die Dame nicht auf den Nahkauf am Ende der Straße aufmerksam zu machen. Stattdessen bot er ihr etwas aus seinem Vorrat an. »Liegt allerdings bei mir zuhause im Kühlschrank, wenn Sie kurz Zeit haben, hole ich es.« Offenbar hatte er Teile seines Hirns in der Wohnung der Krankenschwester liegen lassen.

Monika Fink war ehrlich überrascht. In ihre Miene kam kurz Leben. »Das würden Sie für mich machen?« Jetzt nahm sie sogar die Brille runter.

Schneekönigin. Ihre Augen waren fast farblos blau, umrahmt von unnatürlich dicht schwarzen Wimpern ohne eine Spur von Make-Up. Wahrscheinlich künstlich. Ihn fröstelte. »Klar, warum nicht? Um diese Zeit ist es sowieso still hier.«

Sie bedankte sich, setzte sich in ihrem teuren Outfit an einen der Tische vor der Tür; Zeitungs- und Coca-Cola Reklame im Rücken. Das Hündchen nahm sie auf den Schoß.

Als er zurückkam, rauchte sie eine lange, dünne Damenzigarette. Zwanzigerjahre Flair, wenn auch leicht einstudiert.

»Nun tu doch nicht so, alter Schwerenöter!«, lachte Barbara spitz, »was wollte die Dame denn hier und noch interessanter, wieso warst du nicht da?« Ganz Ohr verschwand sie nach hinten, um ihre Jacke ab- und die Putzfimmelschürze anzulegen.

Charlie wand sich. Dann erzählte er die Story.

Barbara war zurückgekommen. »Du sagst immer ›sie‹, hat sie dir ihren Namen nicht verraten?«

Er bückte sich seufzend nach zwei Kisten Leergut und trug sie in die Küche. »Monika heißt sie. Monika Fink.«

»Monika Fink!«, Geschnatter und Gequieke. »Ich finde ja, sie sieht eher wie Kat Nowak aus. Kannste dich an die noch erinnern?« Sie begann die Zeitschriftenregale zu entstauben.

Konnte Charlie nicht.

»Katarina Nowak, das Ku’damm Model überhaupt. Mensch Butz, du als Berliner müsstest die doch kennen!«

Tat er aber nicht.

Barbara ließ das Wischen sein und schwang sich auf den Tresen. »Während sonst überall die Nachkommen von Schiffers und Evangelistas von den Werbewänden strahlten, hatte Berlin sein eigenes Model. Kat Nowak. Die neue Marlene wurde sie genannt. Immer eher leicht bekleidet.«

Charlie gab sich desinteressiert und machte ein alkoholfreies Bier auf. Er würde später noch seine Jungs trainieren. Barbara bekam ein echtes.

Sie nahm einen Schluck. »Irgendwann hat sie diesen englischen Fotografen kennengelernt, keine Ahnung wie der hieß. War schon früher immer mit Models zugange«, sie schwang das Tuch großzügig im Kreis. »Da dachte sie dann wohl, groß rauszukommen und ist ihm in die weite Welt gefolgt. Seitdem hat aber niemand mehr was von ihr gehört. Soweit ich weiß, hat sie einen Sportler geheiratet«, jetzt hoppte sie vom Tresen, das Tuch hub sie Charlie gegen die Schulter, »nen Fußballer vielleicht?«, verschlagenes Grinsen, »aber da hab ich mich schon nicht mehr so für Models interessiert«, mit beiden Armen deutete sie einen dicken Bauch an.

»Und du glaubst, Monika Fink sei eigentlich Kat Nowak?«

»Genau das glaube ich, Butz!«, kreischte Barbara, einen ihrer Acryl-Fingernägel auf ihn gerichtet, »und wer könnte das leichter herausfinden als du?«

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