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EINLEITUNG

Das Gespräch hatte etwas Verstohlenes an sich, so als unterhielten wir uns über irgendetwas furchtbar Unanständiges. Diese Unterredung hinter vorgehaltener Hand fand hinten in einem Gottesdienstsaal statt, nachdem ich dort gerade gepredigt hatte. Gewappnet mit Teetassen und leckeren Plätzchen, war ein älteres Ehepaar auf mich zugekommen und hatte mich „auf ein Wort“ gebeten, mit derselben Formulierung, die Phil Mitchell aus EastEnders meistens gebraucht, wenn er im Begriff ist, jemanden umzubringen. Ich fürchtete um meine Kniescheiben.

Anfangs machten die beiden sehr ernste Gesichter, und ich machte mich schon zumindest auf einen „in Liebe“ mitgeteilten Kommentar gefasst (von der Sorte, wie ich sie schon hin und wieder zu hören bekommen habe – mein Wunsch in solchen Situationen ist immer, mich mit einem Hechtsprung in Sicherheit zu bringen). Während des Abends hatte ich reichlich Geschichten erzählt, auch humorvoller Natur. Ob sie darüber empört waren? Hatte ich ihren Zorn erregt mit meinem hingeworfenen Spruch über miesepetrige Christen, die ich die „gefrorenen Erkorenen“ nannte, die „den Herrn kennen, aber trotzdem noch Weizenkleie brauchen“? Auch ein paar provozierende theologische Fragen hatte ich gestellt – nicht so radikal, dass ich Gefahr gelaufen wäre, als Ketzer verbrannt zu werden, aber doch vielleicht heftig genug, um die eine oder andere heilige Kuh zu verschrecken.

Als das Ehepaar näher kam, beruhigte mich der Ausdruck in ihren herzlichen, funkelnden Augen. Selbst wenn sie sich beschweren wollten, würden sie es auf freundliche Art tun. Doch statt mir die Leviten zu lesen, waren sie gekommen, um mir zu sagen, wie sehr sie den Gottesdienst im Allgemeinen und meine Predigt im Besonderen genossen hatten. Ich seufzte erleichtert. Ich weiß, konstruktive Kritik ist dem Wachstum förderlich, aber deswegen muss ich ja keinen Spaß daran haben. Und hin und wieder laufe ich gestrengen Seelen in die Arme, die erst dann munter werden, wenn sie anderen ihre Irrtümer nachweisen können. Da sind mir freundliche Worte stets viel willkommener.

„Jeff, vielen Dank für die Predigt“, flüsterte die Frau. Ihr Mann nickte und steuerte im selben gedämpften Tonfall eine rhetorische Frage bei. „Meine Güte, was haben wir uns amüsiert, was?“, sagte er. Ob die beiden wohl Angst hatten, der Gemeindesaal wäre verwanzt? Plötzlich merkte ich, dass die beiden sich beim Sprechen nach allen Richtungen umschauten, so als rechneten sie damit, gleich von der Gedankenpolizei verhaftet zu werden. Was mochte es mit dieser Heimlichtuerei auf sich haben? Waren sie im Begriff, mich zu fragen, welche Bibelübersetzung ich benutze, um mir dann unter der Hand Cannabis zu verkaufen?

„Gelernt haben wir auch eine Menge“, sagte die Frau, wie um geflissentlich klarzustellen, dass sie den Inhalt ebenso zu schätzen wussten wie die Witze. „Es war richtig erfrischend – es tut so gut, wenn es in der Kirche zur Abwechslung mal um das wirkliche Leben geht.“

Wir unterhielten uns noch ein paar Minuten lang, und als sie sich schließlich verabschiedeten und davongingen, murmelte ich ein Dankgebet für diese liebenswerten, aufmerksamen Leute, die extra zurückblieben, um mir ein paar bestärkende Worte zu sagen. Dann jedoch kamen mir ein paar Fragen in den Sinn, die ich nicht wieder abschütteln konnte. Wie Mückengebrumm summten sie gut und gern eine Stunde lang zwischen meinen Ohren hin und her. Das ist jetzt Monate her, und sie nagen immer noch an mir.

Wie kommt es, dass es manchen Leuten so seltsam und ungewöhnlich vorkommt, in der Kirche lauthals zu lachen? Und wenn die Beschäftigung mit dem wirklichen Leben eine willkommene „Erfrischung“ ist, wovon reden diese lieben Leute dann die ganze übrige Zeit?

Zum Glück leben wir in einer Zeit, in der es in der Kirche immer selbstverständlicher wird, dass in ihren öffentlichen Äußerungen Humor und Geschichten vorkommen und dass ein Prediger sich verwundbar zeigt, statt sich zu präsentieren wie Superman, nur ohne die blauen Strumpfhosen. Und dennoch gibt es immer noch viel zu viele Christen, die es merkwürdig finden, am Sonntagmorgen ohne frömmelnden oder weltfremden Jargon von den Dingen des Montagmorgens zu sprechen. Es gibt immer noch Gemeinden, in denen man angeguckt wird, als hätte man Herpes, wenn man zugibt, hin und wieder mal Zweifel zu haben, und in denen die „Zeugnisse“ immer ein Happy End haben müssen. Und es gibt Christen, die nur mit einem Glauben etwas anfangen können, der immer die Antworten liefert, aber mit hartnäckigen Fragen seine Not hat.

Womit wir bei diesem meinem vierten Buch in der Serie meiner Gedankenspaziergänge über das Leben sind, Der Lucas ist los. Anfangs hatte ich meine Bedenken, was diesen Titel angeht, weil er sich anhört, als hätte man mich von der Leine gelassen wie einen bissigen Hund. Loslassen kann man auch eine Salve von Beleidigungen. Außerdem hört sich Der Lucas ist los gefährlich ähnlich an wie Hau den Lucas. Vielleicht lässt der Titel an einen außer Rand und Band geratenen Verrückten denken. Eine Schimpftirade würde keiner lesen wollen.

Aber was das angeht, kann ich Sie beruhigen. Ich möchte Sie mit diesem Buch zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken bringen, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Wenn ich mich auf diesen Seiten über irgendetwas beschwere, dann werde ich der Versuchung widerstehen, das in eine Gardinenpredigt ausarten zu lassen, und mir ist völlig klar, dass ich selbst ein Teil des Problems bin. Aber Der Lucas ist los ist ein guter Titel, denn ich lasse mich nicht in jene Zwangsjacke aus Etikette, Höflichkeit oder Fadheit stecken, die in der Kirche so oft zu finden ist.

Vielleicht wird es vorkommen, dass ich in diesem Buch Dinge offen ausspreche, die Sie im Stillen auch schon gedacht haben. Vielleicht äußere ich auch eine Ansicht, mit der Sie überhaupt nicht einverstanden sind. Das ist wunderbar. Wir gehören zur Gemeinde Jesu Christi, nicht zu einer Sekte. Meinungsverschiedenheiten gehören zum Lernprozess. Jeder von uns könnte sich irren. Vielleicht lassen Sie sich anregen, über etwas noch einmal neu nachzudenken, oder vielleicht bringen Sie sich mit Tränen in der Öffentlichkeit in Verlegenheit, wenn Sie manche der nun folgenden Worte lesen. Ich möchte Ihnen auf diesen Seiten ein paar umwerfende Leute vorstellen; selbst mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich mich an sie erinnere.

Aber wie auch immer Ihre Reaktion ausfällt, ich hoffe, dass dieses Buch etwas Neues in Ihnen loslässt – einen Hunger nach mehr echtem Gespräch über den Glauben, ein Verlangen nach handfestem Vertrauen, das Sie durch einen ganzen Wald voller Fragezeichen steuern kann, und vielleicht sogar eine tiefere Liebe zu Gott und diesen seltsamen Leuten, die ihm nachfolgen – zu uns.

Und wer weiß? Vielleicht macht das Ganze ja auch noch Spaß.

Herzlichst,

Jeff Lucas


Der Lucas ist los!

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