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Kapitel 3

Melinda konnte sich noch genau an den ersten, unglaublichen Sex mit Jason erinnern, weil sie beide immer etwas ganz Besonderes für sie gewesen waren: der Sex und Jason. Er hatte sie verlassen, weil sie an Erotik nicht mehr viel Interesse gezeigt hatte und, weil er eine jüngere Frau gefunden hatte, die ihn wieder »verrückt« machte.

Melinda starrte in Erinnerungen an Jason gefangen auf das Display der Tischuhr. Er hatte Wert darauf gelegt, dass die 5:00-Uhr-Markierung auch gebührend auffällig dargestellt war. 17:00 Uhr nachmittags war genau die Zeit, zu der alle Arbeitnehmer der Verwaltung dieser Universität in New York, der Claude-Shannon-Universität, in den oft mehr, aber manchmal auch weniger verdienten Feierabend gehen konnten.

Das Betrauern des Scheiterns ihrer Ehe musste jetzt endlich ein Ende haben. Melinda nahm den edlen Bürowecker, zog die unterste Schublade ihres Schreibtischcontainers auf und legte ihn dort zu den Dingen, die sie erfahrungsgemäß nie wieder brauchen würde.

Melinda ahnte jetzt auch so, ohne Wecker und ins Auge springende 5:00-Uhr-Markierung, dass sie viel mehr Wert auf eine ausgleichende und entlastende Freizeitgestaltung sowie ein strukturiertes Leben außerhalb der Arbeitsstelle legen musste.

Melinda legte mit einem schmerzhaften Aufstöhnen ihre linke Hand auf ihre rechte Schulter. Die unzähligen Arbeitsstunden vor dem Computer rächten sich erbarmungslos. Langsam und gedankenverloren massierte Melinda ihre Schulter.

Diesen Job hatte sich Melinda durch ihre Zuverlässigkeit, ihren Fleiß und ihren angeborenen Perfektionismus, der ihren Ex-Ehemann oft zur Weißglut gebracht hatte, »erarbeitet«. Gerade befand sie sich in einer ganz heißen und arbeitsintensiven Zeit, der Budgetplanung der Universität. Grundsätzlich und mit größter Selbstverständlichkeit zogen die Verantwortlichen aus den Abteilungen ihre Mittelbedarfsplanung bis auf den letzten oder meistens sogar auf den angemahnten Nachtermin hin, nur um dann die Formularfelder mit raffinierten Bemerkungen wie »in Klärung« und »wird nachgereicht« letztlich doch unbearbeitet lassen zu können. Dann war Melindas Kreativität, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen sowie Nervenstärke gefragt, um fristgemäß mit den ihr vorgelegten Zahlenlücken ein in sich schlüssiges Gesamtbudget »zu stricken«.

Der Zeitdruck zwang sie eigentlich, sich wieder auf dieses Zahlenchaos zu konzentrieren, doch der Körper ermunterte sie zu einem herzhaften Gähnen, dem sofort ein zweites folgte. Melinda streckte sich, in der Hoffnung, dadurch ein wenig wacher zu werden. Sie wusste, dass sie sich an diesem Samstag spätabends im Verwaltungstrakt der Claude-Shannon-Universität in New York befand. Ihr Körper fühlte sich an, als hätte er in den letzten dreizehn Stunden im Büro zehn Kilogramm zugenommen: schwer, steif und dringend nach der horizontalen Liegeposition verlangend.

Kurz entschlossen lehnte sich Melinda zu ihrer Tastatur hinüber, erfasste mit der rechten Hand die Computermaus und schloss alle geöffneten Anwenderprogramme mit einem beherzten Klick auf das »X« an dem oberen Bildschirmrand. Danach fuhr sie das Betriebssystem herunter und der Computer schaltete sich mit einem halb erleichtert und halb genervt wirkenden piependen Stöhnen ab.

»Mein kleiner Eseli, jetzt darfst du dich erst einmal ausruhen. Du hast brav gearbeitet. Heu in Form von Strom bekommst du morgen wieder. Für heute reicht es, sonst verdirbst du dir noch den Magen und ich muss das morgen dann auslöffeln«, sprach Melinda mit ihrem PC. »Ich werde mir nur noch eine Erfrischung und Aufmunterung in Form einer prickelnden Cola am Automaten im Unicafé holen, ehe ich mich dann ins nächtliche Samstagsgetümmel nach Hause schleiche.« So plapperte Melinda ihre Einsamkeit weg, während sie Ordner zuklappte und Schränke mit vertraulichem Inhalt schloss. Sie ahnte nicht, welche Art der Erfrischung an diesem Abend noch auf sie wartete.

***

»Andere alleinstehende Frauen feiern am Samstagabend, flirten und tanzen auch in meinem Alter noch. Ich dagegen verbringe so viele Abende hier und nötige dich, zu arbeiten, lieber Eseli.« Wie als Antwort knackte das Plastikgehäuse des Computerbildschirms aufächzend, während es begann, sich abzukühlen.

***

»Eseli« war das Kosewort, das Melinda ihrem Computer nach drei Wochen gemeinsamer Jahresabschlussarbeit gegeben hatte. »Mein Computer ist manchmal sehr bockig, aber geduldig, unendlich arbeitswillig und braucht auch gelegentlich eine nette Streicheleinheit, wenn auch nur, um den Staub vom Bildschirm entfernt zu bekommen.« So hatte Melinda ihren Kosenamen für den PC gegenüber ihren zwei höchst amüsierten Mitarbeiterinnen begründet, die ein »Gespräch« zwischen Melinda und ihrem »Eseli« belauscht hatten.

Mach mich zu deiner Hure | Erotischer Roman

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