Читать книгу Keine Keyboarderin zum Küssen - Jennifer Schreiner - Страница 8
ОглавлениеProlog
Es war ein tiefsitzender Instinkt, der mich immer wieder über die Schulter blicken ließ, ein drängendes Gefühl, irgendetwas würde nicht stimmen, sich stetig und zielgerichtet näher an mich heranpirschen. Wie ein Jäger, der sich an seine Beute heranschlich, bis er sich sicher war, sie könne nicht mehr entwischen und zum letzten Sprung ansetzte, um sie zu reißen und sich einzuverleiben.
Unwillkürlich beschleunigte ich meine Schritte noch ein wenig mehr und versuchte doch gleichzeitig gegen die aufsteigende Panik in meinem Inneren anzukämpfen. Ich war diesen Weg im Laufe der letzten Jahre unzählige Male gegangen, zu jeder Tages- oder Nachtzeit und wenn man irgendwo sicher war, dann hier. Es war schließlich nur ein winzig kleiner Streifen aus Gras und Bäumen mit einem übersichtlichen Spielplatz in der Mitte. Vor und hinter mir konnte ich die Autos hören, die selbst jetzt, kurz nach Mitternacht, in der Stadt unterwegs waren. Normalerweise hätte mir das Geräusch, das dauerhafte Lärmkaleidoskop ein Gefühl der Sicherheit vermittelt – heute blieb es aus, blieb zweifelhaft und untermalte nur noch deutlicher das Geräusch, das mein laut schlagendes Herz in meinen Ohren erzeugte.
Niemand konnte sich unbemerkt an mich heranschleichen, dachte ich und blickte mich ein weiteres Mal um, entdeckte aber nur die vertrauten Umrisse der Bäume, des Abfalleimers und der Parkbank. Erleichtert atmete ich auf, nur um im selben Moment von hinten gepackt und zu Boden geschleudert zu werden. Dort, wo eben noch eine leere Grasfläche gewesen war, war wie aus dem Nichts ein Angreifer aufgetaucht. Dunkel gekleidet wie die Nacht und wie ich beim kampfbereiten Herumfahren bemerkte – gesichtslos. Seine Züge blieben verborgen hinter der Finsternis, die ihn so endgültig verhüllte, dass es beinahe ebenso unheimlich war, wie seine Attacke.
Und trotzdem kannte ich ihn, wusste wer er war, denn er besuchte mich in fast jeder Nacht, in nahezu jedem Traum, drängte sich mir auf, drängte sich in mich hinein und hinterließ mich so befriedigt, dass ich mich nach dem Erwachen förmlich nach ihm verzehrte – nach mehr.
Aber noch war ich nicht erwacht, noch befand ich mich in einem Fantasiegespinst und in akuter Gefahr. Zumindest war es das, was mir das Adrenalin in meinen Adern suggerierte und mich dementsprechend handeln ließ. Wütend und verwirrt trat ich nach dem Angreifer und versuchte auf dem Rücken nach hinten zu rutschen, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern und aufstehen zu können. Er war schneller, fing meinen Fuß ein, mit dem ich zum Tritt ausgeholt hatte und ging gleichzeitig auf die Knie, um auch das zweite Bein festzuhalten. Das zufriedene Grinsen auf seinem Gesicht konnte ich spüren, obwohl ich es natürlich nicht sehen konnte. Nur den Schatten, den die dunkle Kapuze warf, den sah ich nahezu überdeutlich, konnte ein Antlitz erahnen, dem Anblick aber nicht wirklich habhaft werden.
Eine Hand legte sich an meinen Hals, drückte mich nach unten, drückte fest genug zu, um mich zu fixieren und jede weitere Gegenwehr im Keim zu ersticken. Trotzdem versuchte ich ihn fortzuschieben, seine andere Hand mit meinen zu umschließen, aber er war stärker, der Druck an meinem Hals beinahe unerträglich. Ich konnte spüren, wie mir schwindelig wurde, während ich um Luft rang und mein Widerstand erlahmte. Am Rande meines schwindenden Bewusstseins bekam ich mit, dass mein Kleid mit einem Ruck aufgerissen wurde, die Knöpfe sprangen ab und die durch den aufklaffenden Stoff eindringende Luft ließ eine Gänsehaut über meinen entblößten Körper laufen. Der Griff um meinen Hals lockerte sich ein wenig, die Hand, die eben noch fast tödlich gewesen war, lag nun beinahe sanft auf mir. Ich wusste, die Ablenkung verdankte ich meinem Aussehen, dem Anblick, den ich ihm bot. Dem Mann, der mich Nacht für Nacht heimsuchte, wie ein böses Versprechen auf vollständige Lusterfüllung.
Auch jetzt war seine Berührung fast liebevoll, einnehmend und besitzergreifend, aber eher wie etwas, was ihm rechtmäßig zustand und was er nur zu gerne zelebrierte – gerne noch länger zelebrieren würde, es aber in Anbetracht der Umstände nicht tat.
Als lese er meine Gedanken, wandte er sich einmal zu den vorbeifahrenden Autos auf den naheliegenden Straßen um, deren Lärm laut in mein Bewusstsein drang. Nah und unendlich fern, wie eine verlockende Rettung, die nur knapp außerhalb meiner Reichweite lag. Fast so in der Nähe wie das Versprechen auf Erfüllung, das plötzlich von den Fingerspitzen ausging, die über meine nackte Haut glitten, unter den Stoff meines BHs strichen und meine Brustwarzen neckten, zwirbelnd, drückend und ziehend. Ich stöhnte leise auf und verfluchte mich selbst für diesen einladenden, zustimmenden Laut, konnte aber fühlen, wie auch der Rest meiner Libido reagierte. Die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen konnte ich nicht leugnen, war genau das geile Stück, für was mich der Mann gehalten haben musste, wollte ihn, wollte ihn auf mir, in mir und wollte es genauso, wie er gewillt war, es mir zu geben.
Wieder stöhnte ich, als er sich vorbeugte und seinen Mund auf meinen Nippel presste, das empfindliche Stück einsaugte und mit Zungenschlägen verwöhnte und gleichzeitig seine freie Hand zwischen meine Beine gleiten ließ, unter meinen Slip. Wie von selbst fanden seine Finger meine Öffnung, verteilten die Feuchtigkeit und drangen in die warme Hitze. Sein Daumen umspielte meine Klit, während sich mein Becken ohne mein Zutun hob und ihn förmlich einlud, seine Erforschung zu vertiefen. Eine Einladung, die ich nicht laut aussprechen musste, die er verstand und einen Finger in mich stieß.
Ein weiteres Stöhnen fing er mit seinem Mund ein, seine Zunge war in mir, bevor ich mich eines Besseren besinnen konnte, nahm mich in Besitz, so wie es seine Finger taten, sie reizte mich, lud mich zu einem Spiel ein, das ich nicht kontrollieren konnte oder wollte und aktivierte einen Urtrieb in meinem Inneren, der doch längst schon von der Zivilisation, der Moral oder dem Anstand unter Kontrolle gehalten werden sollte.
Als er endlich in mich eindrang und mich sein Schwanz vollständig ausfüllte, so sehr, dass es trotz des Vorspiels und meiner Feuchtigkeit beinahe schmerzhaft war, war ich erleichtert – und wie von Sinnen. Jeder Anstand war vergessen, lag irgendwo zwischen zerfetzten Regeln und zerbrochenen ethischen Gesetzen und ich bestand nur noch aus dem Wunsch zu kommen, mir zu nehmen, was mir zustand: den Moment der vollkommenen Erfüllung.
Wie von Sinnen bewegte ich mich unter dem Mann, der doch mich besitzen wollte, sich nehmen wollte, was er nie erfragt hatte – und doch war nun er derjenige, der mehr gab, als er nahm und ich war nicht gewillt, aufzuhören, ihn entkommen zu lassen, kam und erhob mich auf den Wellen der Lust, höher und höher stieg ich in den Himmel, zerfunkelte in tausend Farben, verglühte um ihn herum, in einer vielköpfigen Explosion und zerstob in allen Richtungen.
Schlagartig setzte ich mich auf, die Bettdecke fest an meine schweißnasse Brust gepresst, die Arme schützend vor meinem Oberkörper gekreuzt. Mein Atem ging hektisch und immer noch konnte ich das Blut in meinen Adern rauschen hören, berauscht, berauschend.
Obwohl ich sofort wusste, dass es wieder nur ein Traum gewesen war, sah ich mich in meinem Schlafzimmer um. Meine gemischten Gefühle aufgrund der vorhandenen absoluten Männerfreiheit schob ich auf das Adrenalin, das immer noch durch meine Blutbahn zirkulierte und meine Erregung, die trotz des Traumorgasmus nicht nachgelassen hatte.
Verdammt! Ich warf einen Blick auf die Uhr und entschied mich dafür aufzustehen. Vier Stunden Schlaf. Schon wieder.
Mit einer inneren Leere, die erst am nächsten Abend durch die Vorfreude auf das Einschlafen gefüllt werden würde, tappte ich in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine ein. Inzwischen war ich dauerspitz und fühlte mich wie eine läufige Hündin. Außerdem ließ sich diese Form der Geilheit längst nicht mehr durch meine zahlreichen One-Night-Stands befriedigen. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde ich noch den nächsten Journalisten anspringen und flachlegen, der mir eine Frage zu meinem Liebesleben stellte – oder es mir gleich live auf der Bühne besorgen.