Читать книгу Schlagfertig: Ein Rockstar zum Küssen - Jennifer Schreiner - Страница 8

1 – Ein altneuer Job

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Cat hielt inne und starrte auf den Bildschirm. Der Anfang des Buches gefiel ihr gut und sie hatte schon einen ausgetüftelten Plan für das Ende. Leider fehlte ihr eine zündende Idee für den Mittelteil von »Office Escort – Die Chefsache«, weswegen sie die nächste Seite mit Stichpunkten beäugte, als wäre es die Schuld jedes einzelnen Buchstaben, dass sie selbst weder erregt noch in irgendeiner Weise motiviert war, weiterzuschreiben.

Leider wusste Cat, dass die ursprüngliche Schuld nicht bei dem Buchprojekt lag.

»Vielleicht solltest du mit dem Sachbuch weitermachen?«, schlug ihre Schwester vor und sah von ihrem Schreibtisch auf.

»Ich sollte mir eine selbsttippende Tastatur zulegen«, meinte Cat und starrte angestrengt auf den Bildschirm in der Hoffnung, ihr Gegenüber würde sich ablenken lassen.

»Ich kenne dich gut genug um zu wissen, wann du abgelenkt bist.«

»Ich bin nicht abgelenkt«, protestierte Cat und fragte sich, ab der wievielten Lüge einem eigentlich eine Pinocchio-Nase wuchs. Um auf Nummer Sicher zu gehen, probierte sie es lieber mit der Wahrheit. »Ich kann keine erotischen Romane mehr schreiben.«

»Natürlich kannst du«, wiegelte ihre Schwester ab.

»Keine, die im Office-Escort-Universum spielen.« Cat sah bekümmert auf den Monitor. Anfänge waren kein Problem und auch einzelne Szenen klappten. Aber nichts davon hatte sie in irgendeiner Weise fertigstellen können. Selbst bei Kurzgeschichten kam sie irgendwann an den Punkt, wo das Happy End einsetzen müsste – und bei dem versagte sie kläglich.

Natürlich könnte sie einfach sagen: Es ist ein Job und die Protagonisten den Job beenden lassen – und dann lebten sie getrennt voneinander bis zum Ende ihres Lebens, gestärkt und ermutigt durch ihre Begegnung.

Aber das fühlte sich nicht richtig an und war ein wenig wie schummeln. Außerdem kannte sie genug Office-Escort-Begleiterinnen, die ihr Glück gemacht hatten. Sie müsste einfach nur über die schreiben.

Cat seufzte abermals und dachte an Melissa, Claire, Joanna, aber auch an Mina und Cassie. War es denn so schwer, ihre Freundinnen und deren erotische Erlebnisse in ein Buch zu bekommen? Melissa, selbst Journalistin. hatte ihr sogar angeboten, ihr als Beraterin zur Verfügung zu stehen – und prompt ignorierte Cats Muse das Projekt komplett.

Sie sah ihre Schwester an und deutete auf all die Ordner, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten. »Ich kann mir Sachen ausdenken, aber nicht in meinem erfolgreichsten Universum verweilen.«

Ihre Schwester schwieg lange und nickte schließlich. »Wann hast du den letzten Office-Escort-Roman geschrieben?«

»Ist fünf Jahre her«, meinte Cat. Sie hatte nicht einmal lange überlegen müssen. Ihr erster Roman war auch ihr bislang letzter gewesen, nur zwei Novellen hatte sie noch fertigstellen können, bevor die Storys aus ihrem echten Arbeitsplatz einfach nicht mehr aufs Papier kommen wollten.

»War das als du glücklich warst? Verliebt?«

»Manchmal kann ich dich nicht leiden«, konsternierte Cat.

»Oder war es, als du selbst noch für den Escort gearbeitet hast?«

»Beides«, gab Cat zu.

»Du hättest viel Geld sparen können, wenn du gleich mich gefragt hättest, statt zu Therapeuten zu rennen und dich gegen Schreibblockade behandeln zu lassen.«

»Witzig!«, meinte Cat, die nicht einen Cent für Therapeuten ausgegeben hatte.

»Möchtest du darüber reden?«

»Nein.«

»Wieso glaube ich dir nicht?«

»Der einzige Mensch, mit dem ich darüber reden möchte, ist seit fünf Jahren für mich nicht zu sprechen.«

»Das Arschl…«, ihre Schwester verstummte, als Cats jüngster Pflegesohn die Tür öffnete und von einem zum anderen strahlte. »Ich soll euch sagen, dass das Essen fertig ist.«

»Prima!« Cat strahlte zurück. »Ich liebe Muttertag, wenn die Kinder für einen arbeiten und kochen!«

»Verbrannte Waffeln und schlechter Kaffee, wir kommen«, rief ihre Schwester und sprang auf, um ihren Sohn Jake zu holen. Damit kam sie Cat zuvor, die immerhin schon einmal den Kinderstuhl auf die Veranda trug, die ihre Pflegekinder liebevoll und mit Hilfe ihrer drei Gäste vorbereitet hatten.

»Du bist die Beste«, lobte ihre Schwester, als sie das Kleinkind platzierte und sich den doch nicht verbrannten Waffeln widmete, während Cat das kleine Raubtier fütterte.

»Weiß ich doch!«, grinste Cat und unterdrückte im nächsten Moment einen lauten Fluch. Wieso klingelte das Telefon immer, wenn sie entspannte oder aß?

»Ich geh schon?!«, schlug ihre Schwester vor, aber Cat war bereits aufgesprungen. »Hallo?«

»Hallo, ich bin es«, meldete sich eine männliche Stimme. »Wie geht es dir?«

Cat überlegte einen Augenblick, aber die Stimme klang unbekannt.

»Wer ist ich?«, fragte sie irritiert. Ihr Anschluss war eine Geheimnummer, die nur wenige, ausgewählte Leute kannten.

Cat sah ihre Schwester an, aber die zuckte mit den Schultern.

»Wenn du das nicht weißt, wer dann?«, lachte der unbekannte Mann am anderen Ende der Leitung.

»Ich glaube, Sie haben sich verwählt«, meinte Cat, die in Gedanken die Liste aller Männer durchgegangen war, die ihre Nummer hatten. Es waren genau drei – und der Fremde war keiner von ihnen.

»Glaube ich nicht, Catherina.« Er klang so amüsiert, dass ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief. Sie atmete tief ein und versuchte es mit Geduld. »Okay, und wer sind Sie?«

»Rate!«, forderte ihr Gesprächspartner.

Cat legte auf und drehte sich zum Tisch, nur um sich mit der geballten Aufmerksamkeit konfrontiert zu sehen. Vier Kinder, ihre Mütter, Cats Schwester und Jake starrten sie an. Das Telefon klingelte abermals. Und es stand außer Frage, dass es sich um denselben Anrufer handelte.

»Ja«, meinte Cat genervt, als sie abermals abnahm und ins Innere des Hauses und außer Hörweite ging.

»Catherina, weißt du es wirklich nicht oder ist es gerade ungünstig?«, erkundigte sich der Mann. Jetzt klang er weniger amüsiert als verwirrt, was Cat den kurzen Anflug eines unguten Gefühls vergessen ließ. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, dass sie es leid war, mit sich spielen zu lassen. »Wer sind Sie und warum bringen Sie nicht einmal ein Mindestmaß an Höflichkeit auf und melden sich vernünftig?!«

»Höflichkeit war noch nie meine Stärke!«, meinte der Mann, ohne auf ihren Gesamteinwand einzugehen.

»Mark?«, fragte Cat ungläubig und ihr Blick wanderte nach draußen, zu den drei Frauen. Das durfte doch nicht wahr sein!

»Komisch, mit diesem Stichpunkt kann sie sofort etwas anfangen.« Mark schnalzte missbilligend mit der Zunge und sofort hatte sie den Gesichtsausdruck des Sängers vor Augen. So, als wäre ihre letzte Begegnung erst gestern gewesen.

Cat atmete tief durch und versuchte das Bild vor ihrem inneren Auge zu vertreiben. Es war unwillkommen und würde sie nur ablenken. Außerdem hatte sie eine Ewigkeit gebraucht, um nicht mehr an ihn zu denken.

»Was kann ich für dich tun?«, meinte sie und hoffte, dass er ihre Gefühlte nicht aus ihren Worten heraushören konnte.

»Wie geht es dir?«

»Ganz gut«, log sie und unwillkürlich hob sie ihre Hand an die Nase, während ihre Schwester die Augen verdrehte und sie mit einer Handbewegung ins Haus scheuchte, damit sie und die Kinder in Ruhe essen konnten.

»Müsstest du mich jetzt nicht fragen, wie es mir geht?«, tadelte Mark.

»Du rufst mich doch nicht an, um Smalltalk zu treiben?«, tadelte Cat zurück.

»Nein, ich rufe wegen eines Jobs an. Aber Ruben hat wohl eine neue Handynummer«, gab Mark zu.

Cat biss sich auf die Unterlippe, bevor sie meinte: »Der Office-Escort hat immer noch dieselbe Adresse und Nummer wie vor zwanzig Jahren, und Ruben auch.« Sie fügte nicht hinzu »im Gegensatz zu mir«.

Und dafür hatte sie einen Friedenspreis verdient, denn immerhin hatte sie seit ihrem letzten Zusammentreffen dreimal die Adresse geändert und viermal die Telefonnummer. Sie hatte Mark zwar immer entsprechende Informationen zukommen lassen, aber nie eine Antwort erhalten.

Ihr Mund wurde trocken, als sie daran dachte und in ihrem Hals konnte sie einen langsam wachsenden Kloß spüren. Seit einer Ewigkeiten herrschte Funkstille zwischen ihnen und jetzt, wo sie eben mit ihrer Schwester von ihm gesprochen hatte, um mit ihm abzuschließen, tauchte er auf, wie ein böser Geist aus der Vergangenheit, und wollte da weitermachen, wo sie aufgehört hatten?

»Wen wolltest du buchen?«, fragte sie mit belegter Stimme.

»Ist ein Witz, oder?«, meinte er und schwieg. Cat presste die Lippen aufeinander und wappnete sich und ihr Herz gegen das, was unweigerlich kommen würde. Und es kam in Form von Marks Bitte: »Ich brauche dich!«

»Ich bin raus«, informierte Cat und betete still um innere Stärke.

»Seit wann?«

»Seit fünf Jahren.« Seit sie aufgehört hatte auf ihn zu warten, dachte sie, würde sich aber lieber die Zunge abbeißen, als das zuzugeben.

»Warum?«, erkundigte er sich sanft.

»Nennen wir es geänderte Lebensumstände«, wiegelte Cat ab. Ihr Leben ging Mark nichts mehr an. Dafür hatte er selbst Sorge getragen.

»Trotzdem treffen wir uns in einer Stunde und trotzdem wirst du den Job annehmen«, meinte er.

»Bestimmt nicht! Ich arbeite nicht mehr für den Office-Escort – und für dich ebenfalls nicht mehr.«

»Der Escort ist mir ziemlich egal. Aber ehrlich …?« Mark klang ungläubig. »Du wirst vertragsbrüchig?«

»Du hast mich fünf Jahre lang nicht gebraucht, wieso jetzt?« Cat konnte spüren, wie ihr Schutzwall bröckelte und ballte die Hände zu Fäusten.

»Sechs«, korrigierte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. So als wüsste sie den Zeitraum nicht selbst nur zu genau. Stattdessen beschloss er ungewohnt dominant: »Ich hol dich in einer Stunde ab!«

»Nein.« Cats Gedanken rasten. Schließlich seufzte sie schicksalsergeben »Heute Abend habe ich für eine Stunde Zeit. So gegen 19 Uhr. Wo bist du? Ich komm hin.«

»Bis dahin werde ich von Journalisten belagert sein«, protestierte Mark. Aber er klang eher erleichtert, denn wirklich besorgt.

»Hat dich nie gestört«, wandte Cat trotzdem ein.

»Ich bin älter geworden und weiser«, lachte der Sänger und erntete ein Schnauben.

»Ich bin im Hilton – in derselben Suite wie immer?« Obwohl Mark ihr einen Fakt präsentierte, machte er eine Frage daraus. So, als sei er sich immer noch nicht ganz sicher, ob sie weitere Einwände oder Bedingungen vorbringen würde.

»Und wieso ahne ich, dass das keine Frage ist, sondern du die Suite schon längst gebucht hast?«, erkundigte sie sich und überlegte, wie sie bloß immer wieder in dieselbe Situation gelangen konnte. War sie wirklich zu blöde, um bei ihrem »Nein« zu bleiben?

»Weil du mich kennst«, lachte Mark und legte auf.

Cat starrte den Hörer an. Sie kannte ihn? Da konnte sie ja nur noch lachen!Sie kannte ihn nicht. Nicht mehr. Seit sechs Jahren nicht mehr.

Die ehemalige Office-Escort-Begleiterin dachte nach und korrigierte sich: Wohl eher noch nie.

Aber natürlich kannte Mark sie. Denn natürlich hatte er gewusst, dass sie kommen würde!

Schlagfertig: Ein Rockstar zum Küssen

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