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Ein „Tastenficker“ in Leipzig
ОглавлениеPromis auf der Buchmesse sind nichts Besonderes. Doch am Samstag, dem 14. März 2015, war zumindest in meinen Augen eine außergewöhnliche Persönlichkeit in meiner Heimatstadt zu Gast. Die Berliner Band „Rammstein“ macht gerade eine kreative Pause. Diese Zeit nutzte Keyboarder „Flake“ alias Christian Lorenz, um seine Autobiografie „Der Tastenficker – An was ich mich so erinnern kann“ in Leipzig vorzustellen.
„Tastenficker“ wurden im Osten die Keyboarder genannt. Flake ist wohl der bekannteste unter ihnen. Es war ein Erlebnis ihn einmal außerhalb der Musik-Bühne kennen lernen zu dürfen. Auch wenn das Geschehen nur von kurzer Dauer war. Die Konzerte seiner Band Rammstein begeistern Fans weltweit und sorgen für ausverkaufte Hallen. Auf der Bühne gibt „Flake“ den Kasper, derjenige, der in den Kessel gesteckt und vom gebürtigen Leipziger Sänger Till Lindemann über die Bühne getrieben wird. Aber wie ist „Flake“ privat?
Das fängt damit an, dass „Flake“ natürlich nicht das ist, was 1966 in der Geburtsurkunde stand. Aber was willst du machen, wenn du als Kind dermaßen stotterst, dass du deinen eigenen Namen nicht aussprechen kannst, weil du in Wahrheit Christian Lorenz heißt, doch jedes Wort, das mit einem K-Laut anfängt, ist eine unüberwindbare Hürde. Du legst dir also in deinen Kindertagen einfach einen anderen zu. Den von dem Wikingerdorf aus der Trickfilmserie „Wickie und die starken Männer“. Christian „Flake“ Lorenz, geboren 1966, wuchs in Berlin – Prenzlauer Berg auf. In den 80er Jahren spielte er in der Punkband „Feeling B“, bevor er 1994 bei „Rammstein“ einstieg.
Eine kleine Kostprobe aus seiner Autobiografie gab er am späten Samstagnachmittag am vollbesetzten Messestand, so erfuhren ich und die Anwesenden, dass er aus einem Haushalt kommt, wo grundsätzlich nie über Gefühle gesprochen wurde, und dass er mit seinen Jungs von Rammstein insbesondere in den Augen der älteren Generation eigentlich nur Krach macht. Unbekannt war mir bis dato, dass er ursprünglich Arzt werden wollte, was ihm jedoch in der DDR verwehrt blieb, weswegen er aber von den Fans und seinen Bandkollegen trotz alledem „Doktor Lorenz“ genannt wird. Des Weiteren gestand der schmächtige, normal wirkende, uneitle Mann mit der großen Brille, dass sein bisheriges Leben von Ängsten geprägt sei. Schon seit der Kindheit hatte er Furcht vor Verkehrsmitteln, vor Menschen, vor Krankheit, Dunkelheit und – Achtung – vor lauten Geräuschen. Das passt ja super zu einem Rockmusiker! Dazu kamen Flugängste, was besonders hinderlich bei Langstreckenflügen war. Über seine Anfänge als Musiker, seinem Handel mit Oldtimern und amerikanischen Straßenkreuzern bei dem er viel Geld verlor – all dies und noch viel mehr beschreibt er in seiner lockeren, selbstironischen Autobiografie. Ein Weg vom spillrigen Streberkind zum immer noch spillrigen Keyboarder der weltweit bekannten deutschen Band.
„Flake“ Lorenz der sich gern an seine Zeit im Osten, der DDR erinnert. Seine Sicht auf die Dinge nachzeichnet ohne jemanden vorschreiben zu wollen, wie er zu leben hat.
„Der Tastenficker – An was ich mich so erinnern kann“ erschienen im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. Ein sehr empfehlenswertes Buch nicht nur für Musikfreunde und Kenner, da diese Autobiografie nicht von Schweinereien im Backstage Bereich erzählt.