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Vorwort

3,5 Milliarden Jahre – dieses unvorstellbar langen Zeitraums bedurfte es, um die heutige, scheinbar unerschöpfliche Vielfalt der Organismen in einem einmaligen historischen Prozess hervorzubringen. Der enorme Reichtum von verschiedenartigen Lebensformen ist ohne Zweifel das eindrucksvollste Ergebnis der biologischen Evolution. Auch wenn wir mit etwa 1,7 Millionen beschriebenen Arten weit davon entfernt sind, die lebende biologische Vielfalt auch nur annähernd vollständig zu kennen, sollte nicht vergessen werden, dass gegenwärtig nur etwa 1 % aller Arten lebt, die jemals existiert haben. Das Schicksal der übrigen 99 % der Arten aufzudecken, ist die Aufgabe der Paläontologie, die sich als Wissenschaft mit den Lebewesen der Vorzeit beschäftigt. Der einmalige Prozess der Evolution der Organismen und damit der Entstehung und Dynamik der Biodiversität wird durch die Überreste vergangener Organismen als Fossilien dokumentiert, die wie in einem erdgeschichtlichen Archiv in Gesteinsablagerungen eingebettet sind.

Der Fossilbericht bringt oft erstaunliche Lebensformen ans Tageslicht, die heute nicht mehr existieren und in manchen Fällen unsere Vorstellungskraft sprengen, wie etwa die Dinosaurier oder die bizarren Gliederfüßer aus dem Kambrium. Fossilien liefern uns aber auch Hinweise auf dramatische Veränderungen der ehemaligen Umwelt, wie z. B. Klimawandel, starker Vulkanismus oder Veränderungen der ozeanischen Strömungsmuster, die im Extremfall zu großen Massenaussterben und tief greifenden, globalen Veränderungen ganzer Ökosysteme geführt haben. Angesichts der gegenwärtigen, vom Menschen verursachten Veränderungen des Klimas und der gesamten Biosphäre sind diese Informationen auch für unsere eigene Zukunft von großer Bedeutung. Schließlich liefert uns der Fossilbericht einen konkreten zeitlichen und räumlichen Rahmen für die Entwicklung der Biodiversität und er gibt Auskunft über langfristige Ablaufformen und Muster der Evolution, die aus der Untersuchung der lebenden Organismen allein nicht erschlossen werden können.

Die Aufdeckung dieser historischen Entwicklungen und der ihnen zugrunde liegenden Prozesse kann freilich nicht direkt an den Fossilien beobachtet werden. Erst durch ihre sorgfältige Interpretation, z. B. im Rahmen von evolutionsbiologischen, stammesgeschichtlichen, ökologischen, genetischen oder geologischen Hypothesen können Fossilien die Rekonstruktion der Entwicklung der organismischen Vielfalt ermöglichen und wesentliche Beiträge zur Evolutionsforschung liefern. Dieser Anspruch an eine theoriegeleitete, biologisch orientierte Analyse der Fossilien wird oft unterschätzt, was nicht zuletzt gerade im deutschen Sprachraum mit der traditionell engen Anbindung der Paläontologie an die Geowissenschaften und die vorwiegend stratigraphische Nutzung paläontologischer Daten zu tun hat. Letztere spiegelt sich auch in klassischen paläontologischen Lehrbüchern wider.

Die moderne paläontologische Evolutionsforschung, die ihren Anfang vor etwa 40 Jahren in der sogenannten „Paläobiologischen Revolution“ in Amerika nahm, hat sich zu einer hochgradig interdisziplinären Wissenschaft entwickelt. Sie ist sehr stark von Theorien abhängig und setzt Kenntnisse aus vielen Bereichen der Biologie, wie etwa Zoologie, Botanik, Ökologie, Genetik, Physiologie, Entwicklungsbiologie und natürlich Morphologie, Evolutionsbiologie und Phylogenetik, voraus. Aber auch andere Fächer wie Chemie, Astrophysik oder Klimatologie liefern wesentlich Impulse und selbstverständlich sind die Geowissenschaften nach wie vor eine wichtige Säule paläontologischer Evolutionsforschung.

Dieses breite Spektrum von Wissensgebieten macht es jedem, der an Fossilien und der Evolution interessiert ist, ob von Berufs wegen oder aus persönlichem Interesse, nicht ganz einfach den Überblick zu behalten und die vielfältigen Entwicklungen auf allen Gebieten zu verfolgen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Literatur zur paläontologischen Evolutionsforschung sehr breit in Büchern und Zeitschriftenaufsätzen verstreut und zum allergrößten Teil auf Englisch verfasst ist. In dem vorliegenden Buch habe ich deshalb versucht, die paläontologische Evolutionsforschung einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. Dem Naturliebhaber und Fossiliensammler soll es eine etwas tiefer gehende Sicht auf die Bedeutung von Fossilien für die Rekonstruktion der Geschichte des Lebens ermöglichen. Das Buch wendet sich aber auch an Lehrer, Schüler und Studenten der Geo- und Biowissenschaften, die sich im Rahmen ihrer Ausbildung mit Paläontologie und Evolutionsforschung befassen und tiefer in die Materie eindringen möchten. Um diesen Zugang zu ermöglichen, enthält jedes Kapitel relativ umfangreiche Literaturzitate, wobei auf die Aktualität und Zugänglichkeit der Publikationen, soweit es möglich war, besonders geachtet wurde.

Natürlich ist es unmöglich, das gesamte Forschungsfeld in seiner ganzen Breite zu behandeln und dabei gleichzeitig noch sämtliche Grundkenntnisse zu vermitteln. Ein gewisses Maß an Vorkenntnissen, die sich aber in übersichtlichen Grenzen halten, wird deshalb vorausgesetzt. Nicht alle Themen sind zudem im gleichen Maße einer populären Darstellung zugänglich. So erfordert z. B. die Behandlung der Stammesgeschichtsforschung eine präzise Terminologie, die zu Beginn etwas kompliziert erscheint, aber in der modernen Phylogenetik gleichsam zum Alltag gehört. Wegen der Menge des Stoffes musste ich schließlich eine Auswahl an Themen treffen, die natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Um diese Defizite möglichst gering zu halten, wird deshalb im letzten Kapitel ein Ausblick auf eine Reihe moderner Forschungsgebiete gegeben, die sich zukünftig als besonders fruchtbar erweisen könnten.

Fossilien sind aber nicht nur Objekte des Studiums und der Erkenntnis, sondern sie besitzen oft auch einen hohen ästhetischen Wert und faszinieren z. B. durch ihre ungewöhnliche Form oder ihre oft überraschend gute Erhaltung. Diesem Aspekt wurde durch die Einbindung von Originalaufnahmen Rechnung getragen, die immer wieder auch die Schönheit von Fossilien als einmalige Naturobjekte zum Ausdruck bringen sollen. Soweit es in den Bildunterschriften nicht anders angegeben ist, stammen alle abgebildeten Fossilien aus der Sammlung des Goldfuß-Museums des Steinmann-Institutes der Universität Bonn.

Wenn es mir schließlich gelingen sollte, den Lesern etwas von der Faszination moderner paläontologischer Forschung zu vermitteln, sie zu begeistern und zur weiteren Beschäftigung mit Fossilien anzuregen, wäre sicherlich das wichtigste Ziel des Buches erreicht.

Danksagung

Mein ganz besonderer Dank gilt dem langjährigen Mitarbeiter des Steinmann-Institutes Herrn G. Oleschinski, der die fossilen Objekte mit großer Professionalität und sicherem ästhetischen Gespür auf höchstem Niveau fotografisch in Szene gesetzt hat.

Viele Anregungen und Hinweise zu verschiedenen Themen in diesem Buch verdanke ich der langjährigen Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen, die meine eigenen Überlegungen auf vielfältige Weise bereichert haben. Besonders danken möchte ich dabei: Dr. C. Bartels, Bochum; Prof. Dr. C. Brauckmann, Clausthal-Zellerfeld; Prof. Dr. D. E. G. Briggs, Yale; Prof. Dr. E. N. K. Clarkson, Edinburgh; Prof. Dr. M. S. Engel, Lawrence; Prof. Dr. P. D. Gingerich, Ann Arbor; Dr. M. Glaubrecht, Berlin; Dr. D. Grimaldi, New York; Prof. Dr. W. v. Koenigswald, Bonn; Prof. Dr. M. Langer, Bonn; Prof. Dr. T. Litt, Bonn; Dr. H. Lutz, Mainz; Prof. Dr. T. Martin, Bonn; Prof. Dr. M. Sander, Bonn; Prof. Dr. K. P. Sauer , Bonn; Prof. Dr. J. Schneider, Freiberg; Prof. Dr. D. Waloszek, Ulm; Dr. T. Wappler, Bonn; Dr. S. Wedmann, Frankfurt a. M.; Prof. Dr. W. Wichard, Köln; Prof. Dr. R. Willmann, Göttingen sowie Dr. M. Wuttke, Mainz.

Für die Bereitstellung von zusätzlichem Bild- und Fossilmaterial bin ich folgenden Kolleginnen und Kollegen zu großem Dank verpflichtet: Dr. C. Bartels, Bochum; Dr. G. Bechly, Stuttgart; A. Bergmann, Bonn; Dr. E. Gröning, Clausthal-Zellerfeld; Dr. J. Haug, Ulm; Dr. S. Kaiser, Bonn; N. Knötschke, Münchehagen; Prof. Dr. W. v. Koenigswald, Bonn; G. Kühl, Bonn; H. Lutz, Mainz; P. Maihöfer, Gmünd; Prof. Dr. T. Martin, Bonn; PD Dr. M. W. Rasser, Stuttgart; Prof. Dr. M. Sander, Bonn; Dr. B. Schoenemann, Bonn; R. Schulte, Bonn; Dr. A. H. Staniczek, Stuttgart; Dr. G. Tröster, Göttingen; Dr. T. Wappler, Bonn; Dr. S. Wedmann, Frankfurt a. M. sowie Prof. Dr. R. Willmann, Göttingen.

Folgenden meiner Bonner Kollegen und meiner Mitarbeiter danke ich für die kritische Durchsicht einzelner Kapitel: A. Bergmann; Prof. Dr. W. v. Koenigswald; G. Kühl; Prof. Dr. M. Langer; Prof. Dr. T. Martin sowie Prof. Dr. M. Sander.

Der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt, danke ich dafür, dass dieses Buch erscheinen konnte. Herr Dr. R. Aschemeier als Programm-Manager, Frau C. Martin als Lektorin und das Grafikbüro schreiberVIS, Seeheim, in Zusammenarbeit mit Thurid Wadewitz sind mit viel Geduld und Verständnis auf meine Wünsche und Vorschläge eingegangen.

Nicht zuletzt möchte ich an dieser Stelle meiner Frau Dagmar und meinen Söhnen Kilian und Jonas meinen Dank dafür aussprechen, dass sie mir geduldig die zusätzliche Zeit für die Arbeit an dem Buch gewährt haben.

Bonn, September 2010Jes Rust
Fossilien

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