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2 – Falkenjagd

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»Jetzt!« schrie Nathalie.

Doch ich brauchte ihre Aufforderung nicht mehr, denn ich war schon aufgesprungen und stürmte aus der Hütte.

»Nach links!« ordnete Nathalie an.

Ohne zu Zögern folgte ich ihrer Vorgabe – und dann nahm ich die Beine in die Hand. Ich wollte auf keinen Fall in einem dieser Stasisfelder enden.

Ich hatte schon einige Meter zurückgelegt, da wurde es hinter mir plötzlich sehr laut, als Tarid und Viktor die Verfolgung aufnahmen. Es klang ganz so, als ob sie die Hütte in ihre Einzelteile zerlegen würden.

»Schneller! Schneller!«

Ich ersparte mir eine geharnischte Antwort und verdoppelte vielmehr meine Anstrengungen, stürmte wie wild durch den düsteren Wald. Meinen gestrigen Vorsatz, heute auf jede sportliche Aktivität zu verzichten, konnte ich damit in den Wind schießen.

Dabei achtete ich eigentlich nicht darauf, wie viele Zweige und Äste auf mich ein prügelten. Es war mir komplett egal. Hauptsache, ich entkam diesen beiden durchgeknallten Psychopathen.

»Du musst ein Versteck für uns finden«, verlangte Nathalie ungeduldig, während ich mir die Lunge aus dem Leib keuchte.

Doch das war leichter gesagt als getan. Im dem Zwielicht, das hier herrschte, konnte ich kaum etwas erkennen, zumal bei dem hohen Tempo, mit dem ich durch das Unterholz brach. Und schon verfing sich mein linker Fuß in einer abstehenden Wurzel.

Mit einem gequälten Aufschrei stürzte ich vornüber in ein dichtes Gebüsch, durchbrach es mit lautem Krachen und fiel Saltos schlagend einen kurzen, aber steilen Abhang hinunter. Mit einem gehörigen Platschen landete ich in eiskaltem Wasser. Ein nicht allzu breiter Bach hatte hier sein Bett in den Waldboden gegraben.

Prustend sprang ich wieder auf die Beine und sprintete weiter den Bachlauf entlang. Kurz darauf bemerkte ich im letzten Moment den finsteren Überhang rechts von mir. Mit einem mächtigen Satz hechtete ich die steile Böschung hinauf und drückte mich in die pechschwarze Kuhle, die sich darunter befand.

»Versteck!« keuchte ich mühsam um Atem ringend.

»Sehr gut!« lobte mich Nathalie.

Mit einem Mal kribbelte es an meinem ganzen Körper, als wenn tausend Ameisen über die Haut krabbeln würden, während ich weit entfernt das Bersten von Zweigen hören konnte. Tarid und Viktor pflügten ohne Rücksicht durchs dichte Unterholz. Immer unerträglicher wurde dieses Kitzeln und Kribbeln. Es war, als ob ein schwacher Strom durch mich hindurch fließen würde, der sich immer mehr steigerte.

»Was machst du?« kicherte ich leise.

Doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen bemerkte ich, wie eine dunkle Gestalt vor mir aus dem Boden wuchs, immer größer wurde und entfernt meine Statur annahm. Völlig unerwartet sprang die seltsame Erscheinung zurück in den Bach, preschte ohne inne zu halten los und verschwand aus meiner Sicht.

»Was war das?« flüsterte ich.

»Psst!« machte Nathalie ungehalten.

Trotzdem hörte ich ihr an, wie erschöpft sie war.

»Ich erkläre es dir später«, fuhr sie fort. »Jetzt mach dich so klein wie du kannst, schließe deine Augen, halte die Luft an und bewege dich keinen Millimeter.«

Ohne zu überlegen, tat ich wie geheißen. Kurze Zeit später konnte ich hören, wie unsere Verfolger mit stampfenden Schritten im Bachbett an unserem Versteck vorbei rannten.

Unwillkürlich duckte ich mich noch tiefer in die flache Kuhle und hoffte inständig, dass ich mit der Dunkelheit verschmolz und diese mich vollständig verbarg. Angestrengt lauschte ich den sich rasch entfernenden Geräuschen.

Hinterher konnte ich nicht mehr sagen, wie lange ich mucksmäuschenstill so dagelegen hatte, aber irgendwann drohten mir die Lungen zu bersten und ich musste gierig nach Luft schnappen. Tief sog ich die würzige Waldluft ein.

»Soweit so gut«, ließ sich Nathalie vernehmen. »Fürs erste hätten wir sie abgeschüttelt.«

»Das hast du echt klasse gemacht«, flüsterte ich. »Danke!«

»Bedanke dich erst bei mir, wenn wir aus dem Refugium heraus sind«, wehrte Nathalie ab. »Noch haben wir es nicht geschafft.«

»Wie geht es jetzt weiter?« wollte ich wissen, denn ich wollte nicht noch länger hier untätig herum liegen und auf die Rückkehr von Tarid warten.

»Jetzt zeichne einen Kreis um dich herum«, verlangte Nathalie. »Den musst du dann noch mit verschiedenen Symbolen versehen.«

Das kam mir bekannt vor.

»Verwandeln wir uns etwa?«

»Ja.«

»Und in was?«

»Lass dich überraschen. Und nun mach. Wir haben nicht ewig Zeit.«

»Na gut«, seufzte ich und kniete mich hin. »Warum kannst du das nicht selber machen?«

»Weil ich mich dann erst zurück verwandeln muss«, erklärte sie. »Und das würde Tarid verraten, wo wir sind.«

»Wie?«

»Musst du das jetzt unbedingt wissen?«

»Nein.«

»Gut. Und jetzt zeichne den verdammten Kreis, denn wenn du dich nicht endlich beeilst, werden wir sehr bald in noch größeren Schwierigkeiten stecken als jetzt schon.«

»Was meinst du?« konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, während ich mit dem Finger versuchte einen einigermaßen perfekten Kreis in die weiche Erde zu ziehen.

»Dein Doppelgänger hat nur eine sehr begrenzte Lebensdauer und wird sich demnächst auflösen. Und was glaubt du, werden die beiden tun, wenn sie bemerken, dass wir sie damit an der Nase herumgeführt haben?«

»Sie werden zurückkommen und alles gründlichst absuchen.«

»Genau! Daher sollten wir keine Zeit verschwenden. Hast du den Kreis endlich fertig?«

»Ja.«

»Gut. Dann male jetzt ein Pentagramm auf ihn.«

»Ein was?«

»Ein Pentagramm – einen fünfzackigen Stern.«

»Warum sagst du das nicht gleich?« beschwerte ich mich.

»Oh, Mann, dafür haben wir jetzt wirklich keine Zeit«, zischte Nathalie. »Tarid und Viktor werden schon sehr bald hier aufkreuzen – und dann sollten wir verschwunden sein. Zeichne jetzt einfach.«

»Und wo?«

»Rechts von dir, exakt auf der 3-Uhr-Position.«

Sofort machte ich mich ans Werk.

»Fertig!«

»Jetzt musst du einen Drudenfuß auf die 9-Uhr-Position zeichnen.«

»Einen was?«

»Drudenfuß!« seufzte Nathalie frustriert. »Er gleicht dem Pentagramm, steht aber auf der Spitze.«

»Okay«, murmelte ich und zog die Linien in den Schlamm.

»Erledigt.«

»Klasse. Jetzt noch das Symbol für Unendlichkeit auf der 6-Uhr-Position.«

»Meinst du die liegende Acht?«

»Exakt!«

Auch dieses Zeichen malte ich auf die entsprechende Stelle auf den Kreis.

»Fertig.«

»Sehr gut. Jetzt fehlt nur noch ein Zeichen«, meinte sie sichtlich ungeduldig. »Das ist nicht so leicht zu erklären. Erinnerst du dich noch an das letzte Zeichen, das ich Samstagnacht in der Gasse beim Club auf den Kreis gezeichnet habe?«

»Vage.«

»Na immerhin«, stöhnte sie. »Genau dieses musst du jetzt noch auf der 12-Uhr-Position zeichnen.«

»Das muss ich zuerst einmal so aufzeichnen, damit ich es mir besser vorstellen kann.«

»Tu das«, verlangte sie, »aber außerhalb vom Kreis – und beeile dich!«

»Ich mach ja schon«, knurrte ich leicht genervt.

Ich beugte mich etwas nach vorne und versuchte das Symbol zu rekonstruieren. Nach einigen vergeblichen Testläufen fand ich endlich die Lösung – und jetzt kam es mir auch verdammt bekannt vor.

»Oh«, entfuhr es mir ungläubig. »Das ist ja das Zeichen auf dem Buch der Schatten.«

»Was?« verlangte Nathalie zu wissen. »Ich kenne kein Buch der Schatten.«

»Glaub ich dir«, wiegelte ich ab und erklärte es ihr, während ich das Symbol auf den Kreis malte.

»Aaahhh, ja«, dehnte Nathalie zweifelnd. »Hast du's jetzt endlich?«

»Noch eine Sekunde – fertig!«

»Sehr gut«, meinte sie und zwickte mich ins Ohr. »Jetzt knie dich bitte in die Kreismitte und rühre dich nicht mehr vom Fleck. Ich werde jetzt nämlich dein süßes Ohr verlassen und den Zauber wirken.«

»Dann verrate mir doch jetzt bitte, in was für ein Tier du uns verwandeln willst.«

»In Falken.«

»Cool«, entfuhr es mir. »Ich wollte schon immer mal fliegen.«

»Wie schön für dich – und jetzt sei endlich still.«

Es kitzelte ein wenig, als sie kurz darauf geschwind aus meinem Ohr krabbelte. In diesem Augenblick durchbrach das laute Knacken eines Astes die Stille des Waldes.

Beeile dich!, forderte ich sie in Gedanken ungeduldig auf und lauschte auf weitere Geräusche.

Schwach vernahm ich ein leises Plantschen im nahen Bach. Das musste entweder Tarid oder Viktor sein, die auf der Suche nach mir zurückkamen. Hoffentlich gelang Nathalie unsere Verwandlung, bevor sie mich entdeckten.

Doch ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen, denn als nächstes tauchte Nathalie nackt vor mir auf, eine bläuliche Kuppel umschloss uns und dichter Nebel hüllte uns ein.

Im nächsten Augenblick rasten auch schon schwache Schmerzwellen durch meinen malträtierten Körper. Im Nu löste sich der Bach, der Wald und alles um uns herum in Nichts auf. Ich war total erleichtert, als nach wenigen Sekunden die Qualen nachließen und schließlich ganz verschwanden.

Und dann bemerkte ich, dass sich meine Umgebung radikal verändert hatte – alles war größer, riesiger und ich konnte alles viel schärfer und deutlicher erkennen als zuvor. Das düstere Zwielicht des Waldes war verschwunden und hatte einem fast lichtdurchfluteten Tag Platz gemacht.

Neben mir raschelte es leise. Mit schief gelegtem Kopf beäugte ich die anziehende Gestalt eines Raubvogels neben mir.

»Wir sollten jetzt eindeutig verschwinden«, stellte Nathalie klar, als ein erneutes Klatschen vom Bauch laut zu uns herüber schallte.

»Das sollten wir«, stimmte ich ihr nur zu gerne zu.

Nathalie hopste etwas zur Seite und breitete ihre schlanken Schwingen aus. Ich schüttelte kurz meine Flügel und folgte ihrem Beispiel jetzt doch etwas zögerlich, da ich keine Ahnung hatte, wie ich damit fliegen sollte – obwohl ich mich schon tierisch darauf freute, pfeilschnell durch die Lüfte zu sausen und die Freiheit des Fliegens zu genießen.

Nathalie nickte mir kurz zu, als ich mich neben ihr aufstellte. Dann kauerte sie sich auf den Boden und sprang mit einem Satz in die Luft, flatterte wie rasend mit den Flügeln und schoss schließlich wie ein Pfeil dicht über dem Boden dahin.

Sofort tat ich es ihr gleich, obwohl ich nur Sekunden zuvor noch meine Bedenken hatte. Ohne Probleme hob ich vom Boden ab und mit einem leisen, freudigen Krächzen folgte ich ihr.

Ich flog!

Und wie ich flog!

Was war das für ein unbeschreibliches Gefühl. Ich war ganz berauscht davon. Aus purer Lebensfreude stieß ich einen durchdringenden Schrei aus, der von Nathalie sofort erwidert wurde. Es war mir gänzlich egal, ob Tarid und Viktor uns hörten.

Das war einfach nur cool!

Über einer kleinen Lichtung stiegen wir rasch in die Höhe und ließen den bedrohlichen Wald endlich hinter uns. Über den Bäumen flogen wir ein paar enge Kreise, um uns zu orientieren.

Dabei entdeckte ich den kaum benutzten Pfad, auf dem mich Tarid zu der versteckten Hütte geführt hatte. Instinktiv scherte ich aus und folgte ihm, ohne Nathalie darauf aufmerksam zu machen.

»Hey!« rief Nathalie hinter mir her. »Wo willst du denn hin?«

Durch den brausenden Wind, der an meinen kleinen Ohren vorbei strich, konnte ich sie nur undeutlich verstehen.

»Zur Pforte«, schrie ich ihr zu.

»Welche Pforte?« wollte sie wissen, als sie mich eingeholt hatte und neben mir herflog.

»Durch die, durch die mich Tarid so unsanft in ihre Heimstatt gezerrt hat«, erklärte ich. »Das da ist der Weg dorthin.«

Dabei deutete ich mit dem Schnabel nach unten.

»Aha«, machte sie. »Was glaubst du wohl, wo sie dich als erstes suchen werden?«

»Am Tor?«

»Genau«, trumpfte sie auf. »Denn sobald sie deine Kleider und den Zauberkreis finden, können sie sich ausrechnen, was wir getan haben.«

»Verdammt!« fluchte ich. »Das war meine Lieblingsjacke!«

»Tja«, meinte sie etwas mitleidig. »Die wirst du jetzt wohl abschreiben müssen.«

Doch das nahm ich ihr nicht so ganz ab. Sicherlich amüsierte sie sich mal wieder nur köstlich auf meine Kosten. Dennoch würde ich mich wohl oder übel damit abfinden müssen, auch wenn mein Herz an der Jacke hing.

»Na gut«, lenkte ich etwas niedergeschlagen ein. »Was sollen wir dann machen?«

»Das ist relativ simpel«, erwiderte sie. »Wir müssen nur eine andere Pforte finden.«

»Und wo?«

»Das weiß ich auch nicht«, gestand sie.

»Aber du hast doch zweifelsohne schon eine Idee, wie wir das anstellen sollen, oder? Wir können unmöglich das ganze Refugium abfliegen.«

»So in etwa«, entgegnete sie. »Ich denke, wenn wir richtig hoch aufsteigen und uns von dort oben etwas umsehen, werden wir schon einen Hinweis darauf entdecken. Irgendwo müssen sich ja die anderen Tore befinden. Zudem sind wir in dieser Höhe nicht so leicht zu entdecken.«

»Und wie willst du die Pforte überhaupt überwinden, wenn wir sie erreichen?« sprach ich einen Punkt an, der mir schon eine Weile Kopfzerbrechen bereitete.

»Das sollte kein so großes Hindernis sein«, winkte sie ab. »Alle Pforten funktionieren auf die gleiche Art und Weise. Zudem hat jeder Clan einen eigenen Code für Notfälle, der jedes Tor ihrer Heimstatt öffnet und den normalerweise nur das Clanoberhaupt kennt.«

»Und woher kennst du ihren Code?«

»Tanja hat ihn mir mal verraten.«

»Ach so«, machte ich verständnislos. »Und wenn sie die Pforten blockieren?«

»Dann funktioniert der Code trotzdem«, wiegelte sie ab und verschwand mit kräftigen Flügelschlägen im strahlenden Blau des Himmels über dem Buschland.

Obwohl ich in den beiden Tagen sportlich derart aktiv war – oder vielleicht trotz – hatte ich Mühe, ihr zu folgen. Die Muskeln in meinen Schultern schmerzten schon jetzt. Trotz allem bemühte ich mich darum an Nathalie dran zu bleiben.

Da es zudem kaum Luftströmungen oder eine Thermik gab, die das Fliegen etwas erleichtert hätten, stellte dies eine reine Kraft- und Willensanstrengung dar. Dessen ungeachtet genoss ich dieses unglaubliche Erlebnis in vollen Zügen.

Rasch hatten wir eine ausreichende Höhe erreicht und begannen enge Kreise zu ziehen. Dabei konnte ich meinen strapazierten Muskeln eine kleine Auszeit gönnen. Doch der Blick in die Tiefe entschädigte mich für alles. Er war glattweg atemberaubend.

Ich konnte fast das gesamte Gelände der Heimstatt überblicken. Trotz der großen Höhe konnte ich alles sehr gut erkennen. Restlos scharf. Da erst erinnerte ich mich, über welch hervorragende Augen Raubvögel verfügten.

Genau unter mir im Zentrum thronte, wie eine Spinne in ihrem Netz, eine mächtige Trutzburg, die das Zuhause des Raben-Clans sein musste. Sie machte allerdings einen ziemlich schäbigen und nicht gerade sehr einladenden Eindruck auf mich.

Umgeben war sie von einer weitläufigen Steppe, durch die sich ein verzweigtes Netzwerk von Wegen und Pfaden zog. Die Graslandschaft wurde von kleineren Buschgruppen durchbrochen, die die einzigen Farbtupfer im einheitlichen Braun darstellten.

An den Rändern des Refugiums erhoben sich teilweise dunkle Wälder, ähnlich dem, aus dem wir geflohen waren. Die meisten Wege und Pfade verschwanden unter deren Blätterdach.

»Die ist ja bis jetzt nur minimal geschrumpft«, wunderte sich Nathalie.

»Wie meinst du das?«

»Soweit ich mich erinnern kann, hatte die Zuflucht des Raben-Clans einen Durchmesser von ungefähr 10 Kilometer«, erklärte sie. »Jetzt schätze ich diesen auf etwa acht.«

»Und dann schieben die schon solch eine Panik?« stieß ich hervor.

»Na ja, du musst verstehen, dass es zu Anfang ein schleichender Prozess ist, der sich mit der Zeit dann erheblich beschleunigt. Ich schätze, in circa sechs Monaten hat sich die Heimstatt völlig aufgelöst.«

»Und dann stehen sie auf der Straße?«

»So in etwa, wenn sie bis dahin kein neues Refugium erschaffen haben oder bei einem befreundeten Clan Unterschlupf finden.«

»Welche Konsequenzen hat das für uns?«

»Dass die Auswahl an Toren immer noch sehr groß ist«, bemerkte sie und studierte alles ganz genau.

»Und das bedeutet?«

»Dass wir uns auf unser Glück verlassen müssen«, erklärte sie. »Da ich nicht weiß, wohin jedes einzelne Tor führt, ist es letztendlich egal, für welches wir uns entscheiden. Ich hoffe nur, dass wir eins erwischen, das zurück in die Stadt oder deren Nähe führt.«

»Wie meinst du das?«

»Nun«, fing sie mit ihrer Erklärung an. »Nicht jede Pforte endet irgendwo in der Stadt. Sie können in der Außenwelt sehr weit auseinander liegen. Oder hast du vielleicht gedacht, dass unsere Heimstätten nur auf ein enges Gebiet begrenzt sind.«

»Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht«, gestand ich. »Somit könnten wir also überall auf der Welt auftauchen, weitab von unserem Zuhause?«

»Na ja, nicht auf der ganzen Welt, aber schon in einem großen Gebiet«, schränkte sie ein.

»Na klasse!« seufzte ich. »Das könnten ja dann Hunderte von Kilometern sein.«

Die Aussicht, eine solch große Strecke bei meiner schlechten Kondition noch zurücklegen zu müssen, wenn wir die falsche Pforte auswählten, heiterte mich nicht gerade auf. Die Chancen standen verdammt gut, dass uns dieses Schicksal erwartete.

»Nicht ganz diese Dimensionen, aber du hast es im Grunde erfasst.«

»Du kannst einem wirklich Mut machen!« beschwerte ich mich.

»Jetzt lass mal nicht den Kopf hängen«, bemühte sie sich mich aufzumuntern. »Es wird schon schiefgehen.«

»Dein Wort in Gottes Ohr.«

»Vertrau mir«, forderte sie mich auf. »Doch jetzt haben wir genug geredet. Lass uns endlich von hier verschwinden und einem dieser Wege folgen.«

»Nach dir«, gab ich ganz den Gentleman.

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Noch ehe ich ausgesprochen hatte, legte sie die Flügel etwas an und ließ sich langsam tiefer sinken. Dabei folgte sie einem ziemlich gut erkennbaren Pfad, der von der Trutzburg zum Rand der Zuflucht führte.

Sieben Schwestern - Seranas Rache

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