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Vorwort

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Der vorliegende Band versammelt sechs bisher unveröffentlichte Vorträge des deutschen Philosophen und Mainzer Hochschullehrers Joachim Kopper (* 31. Juli 1925 in Saarbrücken; † 17. April 2013 in Mainz) aus den Jahren 2008 bis 2013. Sie erscheinen im ersten Band der Gesamtausgabe der Werke Joachim Koppers, die auf 13 Bände angelegt ist. Die Herausgeber danken der WBG Darmstadt sehr herzlich dafür, dass sie Koppers Werk in der WBG academic-Ausgabe zugleich in Buchform, als eBook und im kostenfreien Open Access zugänglich macht, um bestmögliche Verfügbarkeit in der deutschen und internationalen Wissenschaftswelt zu gewährleisten. Auch gilt unser Dank den Inhabern der Rechte am Werk, die mit der freundlichen Überlassung der Abdruckrechte das Zustandekommen der Gesamtausgabe ermöglichen.

Die zahlreichen Buch- und Aufsatzpublikationen, die in dieser Ausgabe neu und möglichst vollständig herausgegeben werden sollen, sind größtenteils schwierig und kompliziert. Daher möchten die Herausgeber einen kleinen Band an den Anfang der Ausgabe stellen, der besonders geeignet ist, einen ersten Zugang zu Koppers Denken zu eröffnen, richtete sich doch die Vortragsreihe ausdrücklich an ein größeres Publikum, ohne dabei philosophische Fachkenntnisse vorauszusetzen.

Relativ kurze Zeit nach der Papstwahl Anfang 2005 erschien Anfang 2007 der erste Teil von Joseph Ratzingers Buch „Jesus von Nazareth“. Die besondere Situation brachte es mit sich, dass dieses theologische Werk auf das Interesse einer breiteren, überkonfessionellen Öffentlichkeit stieß. So ergab es sich, dass der Erbacher Hof zu Mainz, die Akademie des Mainzer Bistums, an Joachim Kopper mit der Bitte herantrat, das Buch und sein Anliegen aus der Sicht eines Philosophen und Lutheraners zum Jahresbeginn 2018 zu besprechen und vorzustellen. Aufgrund der positiven Resonanz entstand hieraus eine Reihe religionsphilosophischer Vorträge, in denen Kopper an insgesamt sechs Terminen, jeweils im Abstand von einem Jahr, über Meister Eckhart, Spinoza und Kant sowie zum Thema der Ausgestaltung des christlichen Denkens in der Philosophie des Mittelalters und der Neuzeit sprach. Den letzten Vortrag hielt er im März 2013, kurz vor seinem Tod im April desselben Jahres.

Kopper sprach stets völlig frei, gestützt lediglich auf Zitate aus den Werken der behandelten Philosophen bzw. aus der Bibel. Der freie Vortrag war durch die persönliche Ansprache besonders gut geeignet, die Zuhörer in die abstrakte Materie des Nachdenkens über Religion und Glauben einzuführen. Dabei ist es für den Leser erstaunlich, dass die erst nachträglich verschriftlichten Vorträge in allen Punkten durchdacht sind und dass der Zeitrahmen von jeweils einer Stunde (der gelegentlich von anschließenden Fragen oder Anmerkungen aus dem Publikum etwas erweitert wurde) recht genau eingehalten wurde. Diejenigen, die einen näheren Einblick in Koppers Arbeitsweise hatten, wissen, dass diese Leichtigkeit und Unbefangenheit des Vortrags das Resultat einer jeweils sehr intensiven, wochenlangen Vorbereitung war, die insbesondere auf der wiederholten Lektüre der betreffenden philosophischen Texte und auch der biblischen Texte des Alten und Neuen Testaments bestand. In diesem Zusammenhang verwies Kopper stets auf das Ungewohnte und Neue der Worte Jesu, die wir als das Wort Gottes zu verstehen haben. Daher stand für ihn, bei aller Betonung der Bedeutsamkeit des 1. Buches Mose und der alttestamentarischen Propheten, die intensive Beschäftigung vor allem mit den Texten des Neuen Testaments im Vordergrund der Reflexion und Meditation des jüdischen und christlichen Denkens.

Die persönliche Ansprache und die freie Rede, die die Zuhörer in den Gedankengang mit einbezog, machte dabei jedoch die Herausgabe in Schriftform besonders schwierig. Zunächst musste der gesamte Text, mit den darin vorgetragenen Zitaten, möglichst wörtlich transkribiert werden, wobei die gelegentlich geringe Qualität der Tonaufzeichnung durchaus ein Problem darstellte. Als noch schwieriger erwies sich die anschließende Bearbeitung des erfassten Materials, wussten die Herausgeber doch, dass Joachim Kopper, wenn es darum ging, zunächst nur mündlich Vorgetragenes dann auch in Schriftform zu veröffentlichen, zumeist eine umfassende Neubearbeitung vornahm. Im Rahmen der Veröffentlichung der sechs Vortragstexte sollte zum einen der erfrischende Stil des freien Vortrags möglichst erhalten bleiben; zum anderen galt es, einen Text zu erstellen, der ein Mindestmaß an Anforderungen hinsichtlich der formalen Korrektheit und wissenschaftlichen Genauigkeit, die man von philosophischen Texten erwartet, aufweist. Dabei entschieden wir uns im Zweifelsfalle dafür, Joachim Koppers Worte möglichst nicht oder nur sehr wenig zu modifizieren, wohlwissend, dass der Autor in einer schriftlichen Äußerung zum selben Thema in vielen Fällen andere Worte gewählt hätte. Zur Wiedergabe einer besonderen Betonung oder Hervorhebung haben wir Fettdruck gewählt, längere Zitate oder bestimmte Termini sind kursiv gesetzt.

Die nunmehr zur Lektüre erstellten Vortragstexte stehen und sprechen für sich; sie verlangen – so lautete Joachim Koppers oft geäußerte Ansicht – neben dem Interesse für die jeweils angesprochene Thematik, kein Vorwissen. Daher möchten wir in dieser Vorbemerkung auch nur in aller Kürze auf das inhaltliche Anliegen des Denkens von Joachim Kopper eingehen. Er selbst verstand sein philosophisches Denken auch als ein Denken, das Besinnung und Glauben miteinander verbindet, so wie es am Anfang des Markusevangeliums heißt: „Die Zeit ist erfüllet und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße (besinnt Euch) und glaubt an das Evangelium.“ Buße, verstanden als Besinnung, als geistige Ein- und Umkehr und Glaube an das alleinige Geschehen des Willens Gottes kennzeichnen demnach seit Christi Zeit das religiöse Bewusstsein aller Menschen. Mit Jesus und seiner Verkündigung des Reiches Gottes hat sich das Wort Gottes selbst in die reale Geschichte eingebracht, worin Joachim Kopper das Hauptanliegen des Jesusbuchs von Papst Benedikt XVI. sieht. Koppers „Meditation des Christlichen in der Philosophie“, auf der sein ganzes philosophisches Denken gründet, hebt hervor, dass sich das religiöse Selbstverständnis des Menschen, so wie es in der Weiterentwicklung und Erfüllung der jüdischen Religiosität zustande kam, in den Worten Christi endgültig Ausdruck gegeben hat. Die Welt und ihre Zeit gelten hierin nicht mehr für sich, als eigenständig gegebene Größen. Insbesondere die Zeit gilt, nach Jesu Worten, nicht mehr als Ordnung des Werdens und Vergehens, sondern als Modus der Erfüllung des jüdischen Denkens und Glaubens in der unmittelbaren Gegenwart des Reiches Gottes. In und durch die Verkündigung Christi geht die Welt als das Gegenwärtigsein Gottes in seinem Willen hervor; hiervon sprechen die Predigten Meister Eckharts, insbesondere die Armutspredigt, von welcher Kopper in seinem Vortrag zu Meister Eckhart hauptsächlich handelt. Das Denken Immanuel Kants spielt in allen Vorträgen eine zentrale Rolle. Zugleich ist seiner Religionslehre, der Lehre von der intelligiblen unsichtbaren Kirche, einer der Vorträge gewidmet. Im Vortrag zu „Leben – Sünde. Gesetz – Freiheit“ geht das kantische religiöse Denken als Selbstvergewisserung des jüdisch-christlichen Denkens, das Kopper stets als Einheit angesehen hat, hervor. Kant hat dem durch die Worte Christi umgewandelten menschlichen Selbstverständnis in philosophischem Denken Ausdruck gegeben: „Gott, die Welt, und Ich, der Mensch ein Weltwesen selbst, beide verbindend.“ In der philosophischen Besinnung ist die Welt aus dem Wort Gottes und als das Wort Gottes, als das Geschehen des Willens Gottes, begriffen. Im Zeugnis der Evangelien spricht Jesus insbesondere auch von Tod und Auferstehung; in und als das bleibende Vergangensein, als Erinnerung (in und an das „War“ des Wortes, in Entsprechung zum Prolog des Johannesevangeliums), geht das hinfällige menschliche Dasein als das Offenbarsein des unbezüglichen göttlichen Willens hervor. Die Nichtigkeit der Kreatur kennt keinen direkten Bezug zur göttlichen Ewigkeit des „War“, und dennoch fühlen und erfahren wir, so Spinoza, dass wir ewig sind.

Die Vorträge stellen im Gesamtwerk Joachim Koppers etwas Besonderes dar, indem sie das Eintreten in die Besinnung nahe bringen, wie sie dem Vortragenden selbst eigen und auch philosophisches Anliegen war. Bei aller Schwierigkeit konnten die damaligen Hörer sein Denken in seiner unmittelbaren Tiefe und Lebendigkeit mit vollziehen. Wir hoffen, dass es uns gelingt, dies nun auch durch die Lektüre der vorliegenden Texte zu ermöglichen und auf diese Weise den Charakter dieses ungewöhnlichen Philosophierens wiederzugeben und zu erhalten.

Lutz Baumann, Margit Kopper, Margit Ruffing

Sechs Vorträge

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