Читать книгу Fälle und Lösungen zum Öffentlichen Recht - Joachim Wolf - Страница 45
|41|4. Kritik Hillgrubers am BVerfG
ОглавлениеIn Übereinstimmung mit dem BVerfG bestimmt Hillgruber den Gegenstand des Rechtsstreits dahin, dass sich das italienische G-Unternehmen auf eine Verletzung deutscher Grundrechte „im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten“ Urheberrechts beruft. Das BVerfG hatte dies in die Worte gefasst, dass der BGH durch die Annahme, das Recht der Europäischen Union lasse im Bereich des Urheberrechts keinen Umsetzungsspielraum zu, Bedeutung und Tragweite der Grundrechte des Grundgesetzes verkannt habe.
Hillgruber hält dem BVerfG entgegen, dass es sich nicht näher mit der Rechtsposition und Argumentation des EuGH in dem für den Fall einschlägigen urheberrechtlichen Vorabentscheidungsverfahren auseinandersetzt habe. Beide Gerichte – der EuGH wie das BVerfG – hätten den Fehler gemacht, den Anwendungsbereich der Verträge des Europäischen Unionsrechts abstrakt statt konkret zu bestimmen. Für das BVerfG wie für den EuGH sei der Anwendungsbereich des Unionsrechts schon deshalb eröffnet, weil „unionsrechtlich (teil)harmonisiertes Urheberrecht“ in Rede stehe. Das sei deswegen eine unzulässige „abstrakte“ Argumentation, weil der Anwendungsbereich der Verträge damit schon auf die sekundärrechtlichen Harmonisierungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten in den einschlägigen Richtlinien gestützt wird, anstatt nach dem „konkreten“ Umfang der im jeweiligen Mitgliedstaat tatsächlich erfolgten Umsetzung der Richtlinie im nationalen Recht zu fragen. Nur dieser letzte Schritt habe einen integrationsrechtlichen Rechtseffekt. Nur er führe zur Ersetzung nicht harmonisierten nationalen Rechts durch nunmehr allgemein und einheitlich in der Europäischen Union geltende Rechtsvorschriften. Es liege auf der Hand, dass nur dieser letzte Harmonisierungsschritt unionsrechtlich in den Anwendungsbereich der Verträge führt, von dem Art. 18 AEUV spricht.
Der Kritik Hillgrubers an den vom EuGH wie vom BVerfG verkannten Anforderungen an die Umsetzung Europäischen Unionsrechts in nationales Recht ist ohne Einschränkung zu folgen. Was das Verhältnis von Europäischem Unionsrecht und nationalen Grundrechten betrifft, wofür dieser Fall steht: Hier geht es um die Basics.