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Bemerkungen zum Roman „Der Vater“

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Bemerkungen zum RomanDer Vater“


Drei Jahre lang schrieb Klepper im Verborgenen an seinem neuen Roman ‚Der Vater’. Darin bearbeitete er nicht nur anhand des Konflikts zwischen dem preußischen Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I. und dessen Sohn Friedrich II. dem Großen seinen eigenen Vater-Sohn-Konflikt, sondern entwarf im Bild eines Königs, der in allem nach Gott fragt und sich als „ersten Diener im Staat“ begreift, das Gegenbild zum Führerkult des Nationalsozialismus. Der Roman erschien im Februar 1937 im Buchhandel und wurde ein Verkaufsschlager, besonders in preußisch gesinnten Kreisen; er wurde Pflichtlektüre für Offiziere der Wehrmacht.

Andererseits erfolgte kurz nach Erscheinen des Romans am 25. März 1937 der Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, was Berufsverbot und Arbeitslosigkeit gleichkam.

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Ursula Homann referierte 2003 in Bad Herrenalb über den ‚Vater’ unter: (http://www.ursulahomann.de/JochenKleppersRomanDerVaterDieRomanbiografieDesSoldatenkoenigsAlsZeitansage/kap001.html)

Warum aber verfiel Klepper darauf, ausgerechnet einen Roman über den Soldatenkönig zu schreiben, den Begründer des preußisch-deutschen Militarismus? Inspiration und Entwicklung zu und an diesem Buch kann man ganz gut anhand seiner Tagebuchnotizen verfolgen. Zudem ist das Tagebuch auch eine gute Interpretationshilfe.

Tagebuch: 4. April 1933

„Meine alten Romanpläne sind so stark in den Hintergrund geraten – meine Sehnsucht, etwas Neues zu schreiben, ist so stark geworden, dass ich fast glaube, es bahnt sich etwas Neues an. Aber ich habe nicht die geringste Vorstellung, was es sein könnte... Es ist Gottes Sache, wie weit er einem Menschen über sich die Augen öffnen will, und von Gott aus läuft wohl da die ganze menschliche Selbsterkenntnis auf das Bewusstsein aus dafür, dass man sich geführt weiß.“

8. April 1933: „Nun warte ich auf das neue Buch. Umkreise es dauernd. Alle alten literarischen ‚Projekte’ scheinen mir ad acta gelegt. Vielleicht auch der Voltaire. Er ist mir zu kulturgeschichtlich. Meine Abscheu gegen Studien ist groß. Dauernd, dauernd umkreise ich das neue Buch.“

20. April 1933: „Ich kann eine Karriere nicht erzwingen. Ich kann einen Roman nicht erzwingen.“

Im Sommer 1933 durchstreifen die Kleppers die Umgebung Berlins, den Park von Sanssouci, das Potsdamer Stadtschloss, wo Jochen Klepper die Gemälde von der Hand des Soldatenkönigs seltsam anrühren.

Am 13. September schreibt er in sein Tagebuch: „Und dann mitten beim Abendbrot durchfährt es einen auf einmal am ganzen Körper: Das ist das neue Buch! Der Vater. Die Geschichte Friedrich Wilhelms I.“

Tags darauf beginnt er bereits mit den Vorarbeiten, obwohl er nicht einmal weiß, ob dieses Buch jemals in Deutschland erscheinen kann.

Klepper hat an dem Roman fast drei Jahre geschrieben. Nach eigenen Worten war es für ihn eine von Ängsten und Selbstzweifeln geprägte Zeit, die er nur „mit Zittern und Zagen“ und physisch angeschlagen, durchstand.

Zweifel und Anfechtungen blieben natürlich nicht aus. So stand im Zentrum der mehrjährigen Entstehung des Vater-Romans für Klepper lange Zeit die Angst, dass Gott sein unzulängliches Werk wie den keine Frucht bringenden Feigenbaum, verwerfen würde. Gerade 1935 gab es immer wieder Durststecken bei der Arbeit mit dem Buch.

Mitte Oktober 1936 kündigt die „Frankfurter Zeitung“ das Erscheinen des ‚Vater’ an. In den letzten Tagen dieses Jahres schließt Klepper endgültig die Korrekturen am ‚Vater’ ab und schreibt am 30.12.1936 „Um dreiviertel fünf Uhr nachmittags beendete ich wirklich und wahrhaftig den ‚Vater’.

Kleppers Hauptwerk ‚Der Vater’ entstand nach gründlichen und zeitaufwendigen historischen Studien. Klepper hat dafür u. a. Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ für Milieustudien zum ‚Vater’ gelesen, hat in Memoiren der großen Randfiguren Zar Peter, Karl XII. und Ludwig XIV. Bilder über die Zeit des Soldatenkönigs zu entdecken gesucht und nahm sich einige zeitgenössische Biografien über den Soldatenkönig vor von Autoren, die inzwischen längst im Orkus der Vergessenheit gelandet sind (Heyck, Rehberg, von Oppeln-Bronikowski, Karl Heidkamp). Klepper las außerdem die Memoiren der Markgräfin von Bayreuth, der Schwester Friedrichs II. In den Archiven wurde er mit nahezu 120 Bänden über Friedrich Wilhelm I. konfrontiert, auch die als unleserlich geltenden Briefe Friedrich Wilhelms I. hat er dechiffriert.

Im Jahr 1938 edierte Klepper diese Briefe mit den allgemein wenig bekannten Bildern aus der Hand des Soldatenkönigs. Wichtige Impulse und weitere dichterische Inspiration für sein Werk empfing er im Frühjahr 1934 vor allem durch Reinhold Schneiders Hohenzollernbuch und durch die persönliche Begegnung mit Reinhold Schneider. (Schneider hat, nebenbei bemerkt, in „Verhüllter Tag“ seinem Freund Jochen Klepper ein Kapitel gewidmet.)

Wenden wir uns nun dem Inhalt des Romans zu:

Im Mittelpunkt des Romans (als er 1937 erschien, trug er den Untertitel „Der Roman des Soldatenkönigs“, nach 1945 hieß es „Roman eines Königs“) steht der auch heute noch vielfach umstrittene Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der oft in einem nur negativen Licht gesehen wurde, im Gegensatz zu seinem Sohn Friedrich II., den manche Leute, wie mein Lateinlehrer zu sagen pflegte, den „Großen“ nennen. „Wohl niemand käme auf den Gedanken“, schreibt Christian Graf von Krockow in seinem Buch „Die preußischen Brüder – Prinz Heinrich und Friedrich der Große“, Friedrich ein Buch unter dem Titel „Der Sohn“ zu widmen.“

Klepper indessen stellt gegen das überlieferte Bild des ungebildeten Soldatenkönigs, der seine Landeskinder prügelte, seine Interpretation des gläubigen, christlichen Königs und zeichnet den autokratischen Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) als einen pflichtbewussten, aufopferungsvollen Herrscher, der sich ganz unter das Gesetz seines Gottes gestellt hat, der sich von Gott in die Pflicht für Land und Leute genommen sieht und an dieser Aufgabe fast zerbricht.

Reinhold Schneider schrieb in seiner Rezension zu dem Buch: „Klepper hat dem König ins Herz geblickt.“ Vorangestellt ist dem Buch der Ausspruch: „Könige müssen mehr leiden können als andere Menschen.“

Zunächst erleben wir Friedrich Wilhelm als Thronfolger. Schon als Königsanwärter wird er gefürchtet. Er spricht ein grobes Deutsch und nennt alle Frauen, auch die eigene Stiefschwester, „Huren“. Er bevorzugt Reitstiefel statt elegante Schuhe, selbst im Schloss, und der Kunst ist er auch nicht gerade zugetan. Schon in jungen Jahren gilt er als „kleiner Geizhals“. Er kümmert sich um alles. Man sagt ihm nach, dass er gewalttätig, eigenwillig und beschränkt sei.

Sein Vater Friedrich I. (1657-1713) wird als willensschwach, unfromm, verschwenderisch und hoch verschuldet dargestellt. Auch die Mutter, Königin Sophie Charlotte, wird negativ gezeichnet. Sie war die „verschwenderischste, schöngeistigste aller Mütter“.

Nach dem Tod des Vaters, Friedrichs I., sorgt sein Sohn für Ordnung und Sparsamkeit und macht sich daran, die Schulden seines Landes auszurechnen. Nun beginnt das große Sparen. Dem König zur Seite steht ein einfacher Mann, der Rechnungsrat Creutz. Klepper malt auf vielen Seiten aus, wie und wo gespart wird. Das ist durchaus erhellend, fesselnd und amüsant zu lesen, und man hat den Eindruck, dass der König seinerzeit sicher mehr Geschick im Einsparen unnützer Ausgaben bewiesen hat als gegenwärtig unser Finanzminister... Der Etat des Hofes wurde auf den fünften Teil herabgesetzt, der König selbst bewilligte sich nur ein kleines Gehalt. Es gab keine königliche Tafel mehr. Kurzum, das Leben wird einfach und spartanisch.

Friedrich Wilhelm I. hatte sein Amt angetreten inmitten maßloser Ansprüche sinkender Weltreiche und verzettelter, lähmender Kriege. Nun schickt er sich an, Brandenburg zum Zünglein an der Waage in der Wirrnis Europas zu machen.

Er bemüht sich, verschleppte Kriege zu beenden, er erkämpft sich gegen Karl XII. von Schweden den Zugang zur Ostsee. Aber ansonsten gelang es ihm, Preußen zu seinen Lebzeiten aus allen großen militärischen Konflikten herauszuhalten und den Aufbau seines Riesenheeres und den der armen Ostprovinzen ungestört voranzutreiben.

Kriege sollten künftig nur noch geführt werden, wenn es sich dabei um eine vor Gott gerechte Sache handeln würde. Der König wird als sehr friedliebend dargestellt, hat er doch erkannt, welchen Schaden Kriege anrichten, welche schlimmen Auswirkungen diese auf Land und Bevölkerung haben. Um die Kriege einzudämmen und sein eigenes Land stark zu machen, baut er ein wehrtüchtiges Heer auf. Innerhalb kurzer Zeit verfügt der König über zahlreiche neu angeworbene Truppen, nicht zuletzt dank seiner unermüdlichen Werber, die sich auch unlauterer Methoden bedienen, um junge Männer für den Soldatendienst zu gewinnen. Potsdam wird Sitz des preußischen Heeres.

Ständig wächst das Herr. Aber das genügt dem König nicht. Er führt die Wehrpflicht ein und schafft als erster Landesherr in Preußen ein Heer aus rekrutierten Landeskindern, nicht mehr als Söldnern.

„Das Heer war Schönheit, Wohlstand, Ebenmaß“ heißt es im Buch, ist der ganze Stolz des Königs sowie: „Ein wohl ausgerüstetes Heer von zweihunderttausend Mann ist die beste und einzige Bürgschaft des Friedens.“ Die Hauptsäule eines wohl eingerichteten Regiment jedoch sollte der Gottesdienst sein.

„Welcher Soldat den allerheiligsten Namen Gottes durch Beschwörung der Waffen, Festmachen oder andere dergleichen verbotene Teufelskünste und Zaubereien missbraucht, Gottes Majestät, Eigenschaften, Verdienst und Sakrament oder heiliges geoffenbartes Wort lästert, schmäht oder schändet, hat nach göttlichen und weltlichen Gesetzen sein Leben verloren“ lautet eine königliche Order.

„Die sichersten Mittel, einem Volk, einem Land, einem Königreich eine dauerhafte Glückseligkeit zu verschaffen, sind ein Heer auserlesener Soldaten und eine gute Wirtschaft der Bürger“ lautet des Königs Wahlspruch, den er aus der Antike von Xenophon bezogen hat.

Der König ist, wie gesagt, sehr friedfertig, der Krieg als solcher wird in Kleppers Roman sehr in Frage gestellt. Diese Botschaft hat man bei Erscheinen des Buches sicher noch nicht so herausgelesen wie wir es heute tun. dass er ein stark ausgeprägtes Sündenbewusstsein hat, zeigt sich in den Momenten, in denen er Todesurteile aussprechen muss. Einmal fragt er den Pastor Johann Anastasius Freylinghausen, ob „der lebendige Gott den Soldatenstand segnet, in dem es doch schließlich und immer wieder zum Vergießen von Menschenblut kommt?“

Der König hat zudem ein Herz für die Armen, schon als Kronprinz wusste er um die Elendshütten und -viertel in seinem zukünftigen Königreich, Höflinge sind ihm zuwider. Zu seinen Freunden zählt er den Alten Dessauer und Prinz Eugen, den edlen Ritter. „Fürchte Gott“ heißt seine Devise, für seine Untertanen gilt aber auch „Ordre parieren, nicht räsonieren“.

Dann wieder legt er fast demokratische Tugenden an den Tag. Sein Verhalten gegenüber ledigen Müttern ist geradezu fortschrittlich zu nennen. Der König, der sich als „Sachverwalter Gottes auf Erden“ versteht, kommt zu der Erkenntnis, dass die vormals übliche harte Bestrafung der Mütter unehelicher Kinder Gottes Schöpferwillen widerspricht. Nur Kindsmörderinnen werden bestraft. Der König erneuert die Rechtsprechung. Vieles nimmt er selbst in die Hand. Nicht wenige Richter waren bisher bestechlich, nun ruft Friedrich Wilhelm I. das Volk auf, „mitzuschaffen an dem Rechte seines Landes, mit zu wachen über Preußens Redlichkeit“. Er schafft Einrichtungen, die der Allgemeinheit zum Wohl dienen, zum Beispiel ein Pestlazarett, und gibt Anstöße zur Entstehung des Krankenkassenwesens. Er gründet ein Waisenhaus, verfasst selbst ein Lehrbuch für die Erziehung des neuen Staatsbeamten und Staatsbürgers, gibt dem Land eine neue Verfassung und führt die allgemeine Schulpflicht ein.

Durch die Abschaffung der Leibeigenschaft und der Prügelstrafe bricht Friedrich Wilhelm die verkrusteten Strukturen auf und legt die Fundamente für eine gerechtere Lastenverteilung, indem er diese gegenüber dem Adel durchsetzt, der wiederum recht unzufrieden ist, sieht er doch seine Rechte mehr und mehr bedroht. Durch Anwerbung von Fachleuten aus anderen Gebieten, Einführung neuer landwirtschaftlicher Geräte verhilft er den verwahrlosten Ostgebieten zum Aufschwung.

Gegenüber der Königin Sophie Dorothea und der wachsenden Kinderschar (14 an der Zahl), von denen viele in jungen Jahren sterben, ist er, zumindest in den Anfangsjahren, ein liebevoller Gatte und Vater.

Der König und sein Volk bleiben indes von Schicksalsschlägen nicht verschont. „Ein unheimliches Sterben unter den Regimentern war angebrochen (481), „durch Potsdam ging ...der Würgeengel“, Teuerungswellen kamen über das Land.

Intrigen, Emporkömmlinge und Günstlinge, die sich überschätzen, machen Friedrich Wilhelm I. oft das Leben schwer. Immer wieder findet er unzuverlässige Berater, was ihn wiederum tief verletzt. Der König führt die Briefzensur ein, als er glaubt, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange sei. Schuld an diesem Gerücht ist der Abenteurer Michael Clement, der ihm gefälschte Briefe vorgelegt und ihn in große Unannehmlichkeiten gegenüber den europäischen Höfen gebracht hat. Den König schmerzt dies besonders, weil er Clement persönlich vertraut hatte.

Am Ende beugt sich der Rebell vor der Königsmacht als Inbild göttlicher Majestät und ist bereit, den Frevel, die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht zu haben, mit dem Tode zu sühnen. Denn Clement erkennt schließlich, nachdem er zum Tode verurteilt ist, Größe und Tragik des Königtums an: „Könige, Majestät, Könige im Glauben, sind wandelnde Gleichnisse unter den Menschen, sind Hüter der heiligen Ordnung Gottes, für die er sich in seinem Sohne hingab. Haushalter seiner Geheimnisse sind die Könige der Erde – auch dort, wo sie morden.“ Der König aber fragte sich: „Was hatte Gott mit einem Menschen vor, den er vom Rebellentum zu solcher Demut vor der Ordnung führte?“

Könige sind, heisst es an einer Stelle: „Sachverwalter des Glaubens auf Erden“. „Ihr Wandel sei voller Gleichnisse; Tod und Leben, Gnade und Gericht und alle Ordnung sei in ihre Hand gegeben.“ Zu dieser Ordnung gehören freilich auch Folter und Hinrichtungen.

Frevler, die wie der Abenteurer Clement die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht haben, müssen mit dem Tode sühnen, und daher darf der König nicht wie ein Privatmann einfach vergeben. Er wird darüber schwer krank. Den Prediger Roloff, der von seiner Gemeinde skeptisch betrachtet wird, aber sozusagen als gewissen des Königs hier auftritt, dem es schwer fällt, „den Menschen die Botschaft von Gottes Gnaden zu bringen, denn vor dem frohen Boten stand das Kreuz“ – wählt sich der König zum Hofprediger. Er steht dem König an den existentiellen Stationen des Königslebens bei.

Die Beziehung des Königs zu Roloff und anderen Geistlichen (Pater Bruns) findet Klepper vorgezeichnet in der Bibel, in der Beziehung König und Prophet: Saul / Samuel 1. Sam 9-15, David / Nathan 2. Sam 12, Ahabs / Elia 1. Könige 17, Jerobeus II. / Amos 2. Sam 12, Ahas / Jesaja 7.

Wie ein roter Faden zieht sich durch Kleppers Roman von Anfang an das tiefe Unverständnis der Königin Sophie Dorothea gegenüber ihrem Mann – und vor allem für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem König und dem Kronprinzen, dem späteren Friedrich dem Großen, der unbedingt eine männliche Erziehung erhalten soll, obwohl seine Neigungen in eine ganz andere Richtung tendieren.

Mit psychologischer Einfühlsamkeit schildert Klepper die Gefühlswelt Friedrichs, der zwischen Vater und Mutter geradezu zerrieben wird, denn auch die Mutter nimmt Einfluss auf seine Erziehung und das durchaus nicht im Sinne ihres Mannes.

Als dies dem König bewusst wird und er entdeckt, dass Friedrich der Kronprinz Schulden gemacht hat, dass sich in der Bibliothek des Sohne kein Neues Testament befindet, wird Friedrichs Musikunterricht eingeschränkt, die „geliebten französischen Romane“ weggeschlossen, der Sohn wird stattdessen auf die Jagd geschickt und hart angefasst. Durch diese Erziehungsmethoden gewinnt der König nicht unbedingt das Herz seines Sohnes.

Vater und Sohn entfernen sich immer mehr voneinander und sind am Ende geradezu tödliche Feind geworden.

Der König selbst wird immer strenger und verhärtet sich. Er lässt sich sogar zu Tätlichkeiten hinreißen, schlägt seine Untertanen, prügelt sie, wenn es sein muss, auch mal mit dem Stock, selbst den Kronprinzen traktiert er auf diese Weise. Gleichzeitig steigert sich seine Schwermut ins Unerträgliche. Als er entdeckt, dass der Sohn das Land verlassen wollte, er nennt es desertieren, will er den Sohn sogar hinrichten lassen. Am liebsten hätte er auch seine älteste Tochter, die in Friedrichs Pläne eingeweiht war, vors Gericht gestellt. Eine Mitwisserin Friedrichs wird öffentlich ausgepeitscht und Leutnant von Katte, ein enger Vertrauter des Prinzen, zum Tode verurteilt und unter dem Fenster des Thronfolgers hinrichtet. „Aber da war kein Zorn in ihm, und er war nur vom Schmerz übermannt.“

Der König hatte in seinem Sohn „den Gefährten in der Schwere des Amtes“ gesehen, er hatte versucht, ihn in die erkannte Gottesordnung zu zwingen. Die Flucht war Ausbruch aus dieser Ordnung, die Strafe ihre Wiederherstellung. Davon handelt vor allem das Kapitel „Der Gott von Geldern“. Hier hat Klepper den ansonsten in strenger Konsequenz und historischer Verantwortung nachgezeichneten Lebensweg Friedrich Wilhelms I. verlassen. Am 19.August 1937 schreibt er an die befreundete Familie Meschke: „Der Gott von Geldern ist für mich die einzige Lösung gewesen, Theologie in Epik umzuwandeln und in der Bildersprache zu bleiben, das irre Herumfahren auf dieser Reise ist historisch, die Begegnung mit dem Gott von Geldern aber Erfindung, an der ich schwer laborierte.“

Klepper schildert, wie Friedrich Wilhelm in Geldern während eines Gottesdienstes auf die Pièta des schmerzensreichen Vaters stößt, deren Anblick ihn „ins innerste Herz“ trifft. Der Vater hält den toten Sohn auf den Knien, der sich im Gehorsam opferte, den der Vater aus Liebe geopfert hat.

Angetan von den „Leiden des ewigen Vaters“ wendet sich Friedrich Wilhelm an den Gemeindepastor, der sein Anliegen jedoch genau so wenig begreift wie die daraufhin um Rat gefragten Kantoren und Lehrer. Einzig der Erzbischof von Köln erfasst, „was in dem König vorgegangen war“ und gibt ihm den Rat: „Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber lass deine Seele nicht bewegt werden, ihn zu töten.“ Doch beim König vollzieht sich noch keine innere Wandlung, für ihn ist der Sohn schuldig geworden, weil er desertieren wollte. Dazu kommt noch ein weiteres „Verbrechen“, das den Vater wohl am meisten trifft. Es ist der „Hochverrat, der an seinem Herzen verübt worden war. „Er ist für mich tot“, sagt der König. Die Oberhofmeisterin von Kameke warnt ihn: „Bis jetzt taten Sie sich etwas darauf zugute, ein gerechter, frommer König zu sein, und dafür segnete Sie Gott. Nun wollen Sie ein Tyrann werden – fürchten Sie sich vor Gottes Zorn. Opfern Sie Ihren Sohn Ihrer Wut; aber seien Sie dann auch der göttlichen Rache gewiss.“

„Unabänderlich ist das Gesetz“, sprach der König, „und um der ewigen Ordnung willen muss es bestehen; denn alle Ordnung spiegelt Gottes ewiges Maß.“ „Einer muss um der verletzten Ordnung willen sterben.“

Um der Gerechtigkeit und der Ordnung willen ist der Preußenkönig bereit, seinen Sohn zu opfern, so wie einst Abraham seinen Sohn Isaak.

Der in der Bibel lesende König – Klepper arbeitet die Bedeutung der Heiligen Schrift für den König immer wieder klar heraus – meint aus der Schrift entnehmen zu müssen, das zur Wiederherstellung der „verletzten Ordnung“ ein Opfer von ihm gebracht werden müsse. Seine Krone war ihm zur Dornenkrone geworden und sein Zepter zum Kreuz. Der König meint, es sei besser, dass ein Mensch stirbt, als dass die Justiz aus der Welt komme. Das Kriegsgericht entzieht sich indessen der Aufgabe, den Sohn zum Tode zu verurteilen und hinrichten zu lassen. Es ist der von Gott gegebene Auftrag an die Könige, dass sie das staatliche Recht in dieser Welt hochhalten, glaubt der König lange Zeit und erkennt dann doch, nach vielen Qualen und inneren Kämpfen, dass Gott sein Opfer nicht wollte. Durch den Versuch, seinen Sohn nach seinem Bilde zu formen, hatte er seinen Königsauftrag, Diener Gottes zu sein, aus den Augen verloren. Ganz allmählich wird dem König bewusst, dass er zu weit gegangen war, er ist „zu Tode erschrocken“, als er merkt, dass er versucht hat, sich mit Gott zu messen, statt ihm zu dienen. Er erkennt: Der König ist nicht Gott, und die Ordnung ist zuletzt nicht sein Werk, sondern Abbild, irdisches Gefäß und bleibt offen für Gottes unbegreifliche Freiheit, Neues zu schaffen.“

„Gott ließ sich nichts abtrotzen. Gott allein vermochte Menschen zu machen nach seinem Bilde.“

Später heisst es: Der König richtete seinen Sohn nicht, er betete für seinen Sohn.“ Ganz deutlich wird der Wandel des Königs: Am Anfang des mit „Der Gott von Geldern“ überschriebenen Kapitels lässt Klepper den Preußenkönig über seinen Sohn sagen: „Er ist für mich tot. Ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen, als das Gericht über ihn einzusetzen.“ Am Ende dieses Kapitels aber steht ein Gebet.

Als Gnadengabe Gottes empfängt der König seinen Sohn zurück und sieht in ihm erneut den vorbestimmten Nachfolger.

Die Versöhnung zwischen Vater und Sohn bahnt sich an, als der Kronprinz in den Oderbruch kommt und überrascht ist, wie weit das Werk des Vaters dort gediehen ist, weil er die besten seiner Beamten dorthin geschickt hat.

Durch kleine Episoden und Begegnungen wird dem Kronprinzen nach und nach klar, dass sein Vater kein Unhold ist, dass der Vater ihn liebt und ihn auf das schwere Königsamt vorbereiten möchte.

Die Veränderung beim Kronprinzen liegt in dem Satz, den er dann ausspricht: „Ich hatte bisher nie geglaubt.. dass mein Vater die geringste Regung von Liebe für mich hätte. Nun bin ich davon überzeugt. Kurz, der Teufel selbst muss ins Spiel kommen oder diese Aussöhnung ist ewig.“

Es dauert allerdings eine geraume Zeit, bis Friedrich in dieser Weise zu seinem Vater findet, aber dann ist mir das Beisammensein der beiden gar zu harmonisch geschildert. In der Realität hat der spätere Friedrich II. sicherlich immer noch einen Stachel im Herzen gegen seinen Vater gehabt. Hören wir noch einmal von Krockow: „Friedrich ist wirklich und lebensbestimmend vom Kampf mit dem Vater geprägt worden. Noch der weltberühmte König und Feldherr wurde in seinen Träumen wieder und wieder von der prägenden Gestalt, vom gespenstischen Über-Ich des Vaters heimgesucht, der Rechenschaft verlangte.“

Erwähnt werden muss auch, dass der König Emigranten aufgenommen hat für seine menschenarmen Länder im Osten, vor allem die aus dem Salzburgischen vertriebenen Ketzer.

Litauen wird das neue Kanaan. Auch ihnen, den bedrängten Salzburger Glaubensbrüdern, will der König Fürst und Vater sein. Die Begegnung Friedrich Wilhelms schildert der Autor in einem friedvollen Bild. Der Herrscher fährt den Flüchtlingen entgegen und stimmt das Lied an: „Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not.“ – „Der König sang in die Ewigkeit, und einen Augenblick war er, vor allem Volk singend, doch allein vor Gott mit seinem Königslied.“ Zum Schluss heisst es: „Es war alles voller Bibel!“ Später folgten auch noch böhmische Exulanten.

Klepper bedient sich in seinem Roman einer bilderreichen Sprache. Er dachte in Bildern, das Bildgestalten spielt bei ihm im künstlerischen Schaffen wie im religiösen Erlebnis eine zentrale Rolle im Gegensatz zur kalten gedanklichen Abstraktion. Auch dem König wird alles zum Bilde.

Warum von den Bildern solche Wirkung auf ihn ausgeht, weiß Klepper wie alle fundamentalen Erscheinungen seines Lebens nur biblisch-theologisch zu erklären: Der Grund der Welt ist dem unmittelbaren Einblick des Menschen verschlossen. Doch durch das Bild kommt er dem Geheimnis näher. Durch die Bildhaftigkeit der Bibel rückt für Klepper alle biblische Verkündigung in die Nähe der bildlich gestaltenden Dichtung und alle Dichtung in die Nähe der biblischen Verkündigung. „..ich bin glücklich, in Bilder auflösen oder umprägen zu dürfen, was als Theorie zu kalt und diffizil wäre.“ (17.10.1933) Auch im Leben und im Denken des Soldatenkönigs spielen Bilder eine große Rolle. Er malt selbst und ist ein Gemäldesammler. Das Ungenügen des Königs reibt sich an der Vorläufigkeit und Unzuverlässigkeit der menschlichen Erkenntnis. Ganz selten ist in seinem Leben das Bild des reinen gegenwärtigen Glücks. Eines der wenigen Beispiele dafür ist seine Begegnung mit den Salzburger Exulanten. („Er stand inmitten...“ S.748)

Am Ende ist der Rastlose, Taterfüllte, Nimmermüde mit zweiundfünfzig Jahren ein siecher Greis, verbraucht, vom Tode gezeichnet. („Mein Gott, ich sterbe zufrieden…“)

Hier wird die Parallele zwischen dem alttestamentlichen König David und dem preußischen Monarchen Friedrich Wilhelm I. sehr deutlich. Beide schließen ihr Leben mit dem versöhnten Blick auf den von Gott bestimmten, würdigen und gesetzten Nachfolger. Darin besteht die Erfüllung ihres Regentendaseins.

Es besteht aber auch eine Parallele zwischen Salomo und Friedrich; beide gewannen den Glanz ihrer Herrschaft auf dem Grund, den die Väter geschaffen hatten.

Mit Vorliebe hat Klepper in die verschiedensten Partien des Vater-Romans Spiegel und Spiegelmotive verwoben. Durch Spiegel wie durch Bilder lässt sich die Wirklichkeit nicht nur vermehren, sondern auch ergründen.

Der Spiegel erscheint im ‚Vater’ vor allem als Sinnbild der Selbstbetrachtung eines Menschen, und zwar im doppelten Sinne der Selbsttäuschung und der Selbsterkenntnis. (S. 919, hier deutlicher Bezug zu 1. Korinther 13,12. Der König spricht die Worte aus der Bibel als wären es die eigenen.)

Sterbestunde. Lied von Paul Gerhardt, nicht ohne Humor, während der Choral singt, „...nackend wird’ ich auch hinziehen“, schlägt der Sterbende noch einmal die Augen auf und sagt: „Nein, das stimmt nicht... das ist nicht wahr. Ich werde in meiner Montur begraben.“

„Durch alle Qualen geht der Vater in den Frieden des Erlösten ein. „Gottes Vaterhände lagen über seinem Haupte.“ Wilhelm Kahle fügt in seiner sehr religiös (katholisch) ausgerichteten Literaturgeschichte der „Deutschen Dichtung“ hinzu: „Gott hämmert ein Herz, das ist der Sinn dieses religiösen Romans, der Geschichte als Feld göttlichen Wirkens sieht.“

* * *

Religiöse Fundierung

Kleppers Roman vom Soldatenkönig ist zweifellos eines der bedeutenden Zeugnisse sogenannter christlicher Literatur aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dem Autor ging hier es um eine Darstellung des irdischen Geschehens im Hinblick auf die göttliche Ordnung. (Für oberflächliche Betrachter trägt der Roman nur ein historisch konkretes Gepräge. Er ist aber ein religiöser Roman, auch wenn sich Klepper eng an die historische Realität gehalten hat.) Der Schriftsteller wollte seinen Roman literarisch und theologisch gewertet wissen. Klepper hat das Bemühen des Königs, die Herrschaft auf dem Boden der Frömmigkeit zu begründen und auf Gott zu bauen, immer wieder ganz klar herausgestellt.

Wie in seinem Tagebuch setzt der Schriftsteller, der in der Geschichte den Weg ins Gericht Gottes zu erkennen glaubte, auch in dem streng komponierten Roman über jedes Kapitel ein Bibelwort. Er will, wie er selbst bekennt, „Dichtung als Bibelexegese“ und lässt sein Dichten mit allem, was dazugehört, auch mit der Bilder schaffenden Fantasie, vom Wort Gottes ausgehen.

Klepper dichtet mit dem Wortschatz und dem Sprachgut der Bibel und versteht sich in seinem Sein als Dichter als Knecht des göttlichen Wortes. Er hat sich mithin in den Dienst des göttlichen Wortes gestellt.

Hat man sein Tagebuch gelesen, wird man auch aufmerksamer für bestimmte Bruchstellen seiner eigenen Konfessionen, die der Dichter in seinen Vater-Roman behutsam, wenn auch spärlich eingearbeitet hat. Kleppers Bruder Erhard entdeckte, als er den Roman las, eine Ähnlichkeit zwischen ihrer Mutter und der Königin Sophie Dorothea. Klepper griff natürlich auch bei der Gestaltung des Vaters auf eigene Leiderfahrungen zurück.

Indem er diesem Schicksal nachspürt, der Tragödie des von den Seinen unverstandenen Vaters, der sich leidend und büßend Gott unterwirft, sublimiert Klepper besondere Erfahrungen seines eigenen Lebens: die Trauer um den Vater, den er nicht zu lieben vermochte und der nun fern von ihm dahinsiecht. Klepper hat hier zweifellos sein eigenes Kindheitstrauma vom gefürchteten Vater zu bewältigen versucht.

Am 9. August 1935 notiert Klepper in sein Tagebuch: „...die Last des Buches drückt mich sehr, und die Liebe zu Friedrich Wilhelm kann nichts daran ändern.“ (Eine nachgetragene Liebe zum eigenen Vater à la Peter Härtling?)

1934 schreibt Jochen Klepper in sein Tagebuch kurz vor dem Tod des Vaters: „Vater und ich sind uns ja eine der schwersten Prüfungen gewesen, die Gott uns auferlegt hat, und was Sünde und Gnade, Führung Gottes ist, haben wir in großen Erregungen und Leiden aneinander erfahren. Es ist das einzige Mal, dass ich im Leben die Bitte des Vaterunsers ganz begriffen habe, im jahrelangen Prozess: „Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern.“

Zudem sind in manchen Gedanken und Überlegungen des Königs auch die ganz persönlichen Gedanken und Überlegungen des Autors enthalten. Vor allem wenn der König über Gottes verschlungene Wege und über Gottes Beziehung zu sich selbst nachdenkt, wird man an Tagebuchaufzeichnungen von Klepper erinnert.

An einer Stelle im Roman heißt es: „...er fühlte sein Leben von einem harten dunklen Griff durchstoßen. Aber er glaubte, er sei die Hand Gottes; und darum musste sie ertragen sein.“ So ähnlich dachte auch Klepper über seine Situation. Derartige Sätze findet man in seinem Tagebuch zuhauf wie: „Mir kann nur noch Gott helfen“, oder „Es konnte nur Gottes Befehl sein“.

Manchmal dachte der König, Gott müsse ihm in all den Leiden, Widerständen und Wirren der Arbeit ein sichtbares Zeichen geben, das ihm half.“ „Aber dies eben ist Gottes Zeichen“ – der König entsann sich eines Wortes des toten Roloff-, „dass er seine Knechte durchhalten, wagen und erdulden lässt im Aussichtslosen und im Unerkennbaren.“ Vielleicht liegt das Zeichen Gottes darin, dass er kein Zeichen gibt. Diese Überlegung stellt auch Klepper in seinem Tagebuch an und er lässt den König ebenso denken.

Die Herrschaft von Gottes Gnaden kann nach Kleppers Ansicht nicht bestritten werden, sofern sich ihr Träger seiner Rolle als Diener Gottes voll bewusst ist. Denn allein der Glaube, nicht der Glanz seiner Machtentfaltung verschafft dem Herrscher seine hervorragende Würde.

Klepper hat hier eine Gestalt der Vergangenheit vergegenwärtigt, um an ihr anschaubar zu machen, was Glauben konkret bedeutet, aber auch was politische Verantwortung vor Gott bedeutet. Er hält seiner Zeit einen Spiegel vor.

„Herr, lass uns wieder einen König sehen,

bevor die Welt die Könige vergisst.

Denn sonst vermögen wir nicht zu verstehen,

nach welchem Maß man deine Ordnung misst.“

So lautet der Beginn eines Gedichtzyklus' aus den Vorarbeiten zum „Vater“.

„Bald wird sich das Jahrtausend wieder neigen,

und Gottes neue Stunde bricht herein.

Wird dann der König seinen Thron besteigen

und deine Ordnung bei den Völkern sein? …

Die Völker stehen ganz erstarrt in Waffen,

und der gilt viel, der neuen Tod erdenkt.

Auch wenn sie Sicheln zu den Schwertern schaffen,

bleibt dennoch nur der Untergang verhängt...

Nur wer das Kreuz sieht, hat von fern verstanden

die Heiligkeit im irdischen Gericht.

Wenn Könige dein Golgatha nicht fanden,

so fanden sie auch ihre Throne nicht.“

Rita Thalmann schreibt hierzu in „Jochen Klepper: Ein Leben zwischen Idyllen und Katastrophen“, dass Klepper in den Jahren zwischen 1935 und 1937 zu der Überzeugung gelangt sei, „dass für Deutschland und auch die anderen Völker Europas nur ein durch Leiden und Sühne für vergangene Irrtümer geläutertes Königtum die verlorene göttliche Ordnung zu verkörpern vermag, obwohl er weiß, dass die noch bestehenden Monarchien in Europa diesem Ideal nur wenig entsprechen.

Offensichtlich hing Klepper an Kaiser- und Königtum. Er korrespondierte mit dem ehemaligen Kaiser Wilhelm II. und war stolz auf Antworten aus dem Hause Doorn. Am 27. Januar 1939 schreibt er in sein Tagebuch: „...80. Geburtstag des Kaisers. Ein halbes Jahrhundert wäre er nun Kaiser. – Es geht einem durch und durch.“

Klepper war kein Mann der Demokratie. Mit Kritik hatte er nichts im Sinn, er war auch kein Mann des Widerstands, wäre er nicht zufällig mit einer Jüdin verheiratet gewesen, hätte er im 3. Reich sicher nicht, vermuten viele seiner Biografen, allzu viel auszustehen gehabt; für ihn waren Nation, Vaterland, Heimat unantastbare Begriffe, lange Zeit aber auch die Obrigkeit.

Am 6. August 1937 findet sich im Tagebuch folgende Bemerkung: „...im übrigen hat Römer 13 gültig zu bleiben.“ Diese Stelle aus dem Römerbrief lautet: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott, wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.“ (Römer 13,1,) Und an anderer Stelle vom 6.08.1937 in seinem Tagebuch: „Es bleibt bei Römer 13, dem Gehorsam gegen eine mir auch noch so entgegengesetzte Obrigkeit,

Aber am 15. Dezember 1938 zeigt ein Tagebucheintrag eine deutliche Distanz zum unbedingten Obrigkeitsdenken: „Ihlenfelds und meine Einstellung wieder völlig gleich. Auch ihm ist nun die Obrigkeit zertrümmert.“

Im „Vater“ wird auch ein Loblied auf preußische Tugenden gesungen, wie Pflichterfüllung, Genügsamkeit, Gottesfurcht und Staatstreue. Klepper erweist sich in diesem Roman als Verehrer eines vom soldatischen Pflichtgefühl geprägten Preußens. Klepper und seine Frau haben sich, obwohl sie aus Schlesien nach Berlin gezogen sind, als Preußen gefühlt.

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Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs

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