Читать книгу Der Sklavenwiderstand - Jochen Nöller - Страница 5

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Prolog

Der Hirsch

Informationen waren die Lebensader für den Widerstand. Jede weitere von ihnen konnte die Wende bringen.

Nachdenklich saß der weiße Hirsch auf einem klapprigen Stuhl und studierte die Kurznotiz der Spionageabteilung. Er sah auf und ließ den Blick über die unzähligen Akten wandern. Einen Widerstand zu leiten war oft eine zermürbende Angelegenheit und erforderte einiges an Papierkram: Einsatzbefehle, Spionage- und Versorgungsberichte und vieles mehr stapelten sich auf dem morschen Tisch. Allein die Koordinierung der Rekruten und der vielen Stützpunkte verlangte ihm einiges ab.

Von der niedrigen Decke tropfte es auf das Papier in seinen Pfoten und er verzog missmutig das Maul. Zwar bot ihr Kommandoposten in der Kanalisation einige Vorteile, war aber alles andere als perfekt. Es war immer feucht und es stank erbärmlich, dafür konnten sich seine Rekruten ungesehen unter Tage bewegen. Zudem waren sie hier vor ihren Feinden sicher. Hier gab es keine Menschen – und das war auch gut so. Sollte ihr Aufenthaltsort den felllosen Monstern bekannt werden, dann wäre dies wohl ihr aller Ende.

Es klopfte.

»Herein.«

Kaitou, seine rechte Pfote, betrat den Raum und salutierte. »Ihr habt mich rufen lassen, Primär?«

»Ja.« Primär, das war schon seit mehr als zwei Jahren sein Name. Alle nannten ihn so. Erst die Menschen, denen er als oberster Sklave hatte dienen müssen, dann seine Rekruten, als er den Widerstand ins Leben gerufen hatte. Seinen wahren Namen hatte er nicht mehr ausgesprochen, seit die Menschen ihm alles genommen hatten, was ihm lieb und teuer gewesen war.

Diese Monster hatten seine Untertanen abgeschlachtet und sein Schloss niedergebrannt. Nur ihn hatten sie verschont, um ihn zu verhöhnen und einen Sklaven aus ihm zu machen.

Anfangs hatte er sich noch gewehrt. Gebäude konnte man wieder aufbauen, Bewohner konnte man zeugen. Das Schlimmste, das ihm die Menschen angetan hatten, war jedoch, ihm sein majestätisches Geweih zu stehlen, welches ihn als den König der Hirsche auszeichnete.

Kaitou räusperte sich und holte den Primär zurück in die Gegenwart.

»Hat der Mensch schon Informationen ausgespuckt?«

»Nein, Primär.«

»Dann werde ich mich ab sofort selbst um unseren Gefangenen kümmern. Für dich habe ich eine andere Aufgabe.« Der Primär zog den linken Maulwinkel nach oben. »Mir liegt ein Bericht vor, nach dem der Bastard unseres verstorbenen Meisters dessen Erbe angetreten hat. Er ist in unser altes Haus eingezogen und hat sich einige Sklaven angeschafft. Ich will, dass du die Lage dort sondierst.«

Warnend hob der Hirsch einen Finger. »Dieser Einsatz dient der Informationsbeschaffung. Sollte sich jedoch eine Gelegenheit ergeben, das Monster auszuschalten und die Sklaven zu befreien, lasse ich dir freie Pfote. Geh und erstatte mir regelmäßig Bericht.«

Kaitou salutierte und machte sich auf den Weg.

Früher oder später würde dem Bastard das gleiche Schicksal widerfahren wie seiner Familie, das schwor sich der Hirsch.

Denn nur ein toter Mensch war ein guter Mensch.

Der Sklavenwiderstand

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