Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - In die Pfanne gehauen - Joe Barry - Страница 5

2. Kapitel

Оглавление

Über die Schwierigkeiten seiner Aufgabe gab Joe sich keinen Illusionen hin. Aber er hielt sie nicht für unlösbar. Es gab nur einen begrenzten Kreis, in dem der Täter zu suchen war, und der Mann mußte einen Grund haben, seinem Chef eins auszuwischen. Das waren handfeste Anhaltspunkte. Dazu kam, daß es sich möglicherweise nicht um einen Berufsverbrecher handelte, der Mann also keine Routine in solchen Dingen hatte, und daß er nervös war. Alles Pluspunkte für Privatdetektiv Joe Barry. Für wichtiger hielt es Joe, Grummond aus dem Gefängnis herauszuholen. Der arme Teufel steckte wahrhaftig in einer üblen Situation. Er fuhr zum Verwaltungsgebäude der Diamond Company.

Das war ein altes Gebäude am Hafen. Joe verstand, daß die Gesellschaft sich entschlossen hatte, einen Neubau zu errichten. Der Portier meldete ihn an, und ein ächzender Fahrstuhl beförderte ihn nach oben.

Im Vorzimmer empfing ihn ein bildhübsches junges Mädchen.

„Sie haben Glück, Mr. Walker. Die Erben beraten sich gerade mit ihrem Anwalt“, sagte sie.

Joe lächelte sie an.

„Hoffentlich bleibt das Glück mir treu“, sagte er.

„Hoffentlich“, lächelte sie zurück.

Gleich darauf ertönte der Summer, und eine kratzende Stimme sagte über den Lautsprecher:

„Schicken Sie ihn herein, Miß Paladinb.’“ Die Stimme klang nicht sehr sympathisch.

Joe kam durch eine schwere, gepolsterte Doppeltür und hatte anschließend dicke Perserteppiche unter den Füßen. Der Raum war dunkel getäfelt, Das Modell eines Segelschiffes hing unter der Decke. An den Wänden hingen die Bilder von Dampfern. Genauso stellte man sich das Chefbüro einer Reederei vor.

Hinter dem mächtigen Schreibtisch saß ein schwergebauter Mann mit eisengrauem Haar und Tränensäcken unter den Augen. Er blickte auf, als Joe hereintrat, und sagte eilig:

„Mr. Walker? Mein Name ist Barlowe, Dale Barlowe. Ich bin Rechtsanwalt und vertrete die Erbengemeinschaft.“ Er blickte zu der Gruppe hinüber, die sich in den schwarzen Ledersesseln neben dem Schreibtisch versammelt hatte, und sagte mit leiser Ironie in der Stimme: „Ladys and Gentlemen, das ist Mr. Walker, der berühmte Detektiv, der als Privatdetektiv Joe Barry Ihnen allen vermutlich ein Begriff ist. Mr. Walker, darf ich vorstellen: Miß Daphne Fitzgerald, die Nichte von Mr. Diamond.“

Joe deutete eine leichte Verbeugung an. Daphne Fitzgerald war eine kühle, blonde Schönheit in einem teuren Chanelkostüm. Sie sah ihn an, ohne daß ihr Blick sonderliches Interesse zeigte.

„Mr. Irwin Diamond“, sagte der Anwalt gewichtig.

Irwin war ein junger Mann, etwa Ende Zwanzig, mit einem blasierten Gesicht, eine Spur zu modisch gekleidet, um elegant zu sein.

„Ebenfalls ein Neffe von Mr. Diamond“, sagte Barlowe. „Und hier Mr. Fillmore Diamond, der einzige Vetter von Mr. Diamond.“

Von Fillmore war zuerst nichts zu sehen als ein paar lange, spitze Knie in einer khakifarbenen Hose. Fillmore lag mehr im Sessel als daß er saß; ein ungeheuer großer, dürrer Mann mit einem sonnenverbrannten Gesicht und einem rötlichen Schnurrbart. Im Mundwinkel hing eine brennende Zigarette, die den Geruch von Stallmist im Raum verbreitete.

Dale Barlowe räusperte sich.

„Mr. Fillmore Diamond ist heute erst aus Sonoraya gekommen. Er besitzt dort eine Plantage.“

„Sonoraya — liegt das nicht irgendwo in Südamerika?“ fragte Joe.

„British Guyana“, sagte Fillmore, und die Zigarette hüpfte in seinem Mundwinkel. Er hatte eine tiefe Stimme.

„Kommen wir zur Sache“, sagte der Anwalt. „Mr. Walker, ich nehme an, Sie kommen im Auftrag von Mr. Grummond!“

„Wieso nehmen Sie das an?“ fragte Joe zurück.

„Nun — wir wissen zufällig, daß Sie Mr. Grummond heute früh im Untersuchungsgefängnis gesprochen haben.“

„Ihr Nachrichtendienst ist beachtlich“, sagte Joe.

„Das zeichnet den guten Juristen aus. Er muß die Tatsachen kennen. Was also wollen Sie von uns?“

„Ich bin ein guter Freund von Bill Grummond“, sagte Joe. „Und da ich den Eindruck gewonnen habe, daß hier ein paar Irrtümer bestehen …“

„Wollen Sie etwa das Unglück als Irrtum hinstellen?“ sagte Barlowe schneidend und warf einen raschen Blick Zu seinen Klienten, um zu sehen, ob er Eindruck machte.

Joe schüttelte den Kopf.

„Den guten Juristen zeichnet aus, daß er nichts mißversteht. Ich spreche nicht von dem Unglück, sondern von den Schlußfolgerungen, die Sie daraus ziehen. Sie behaupten, Grummond persönlich sei dafür verantwortlich.“

„Woran wohl kein Zweifel bestehen dürfte.“

„Woran aber erhebliche Zweifel bestehen“, sagte Joe. „Ich habe mich bisher nur vorläufig mit der Geschichte befaßt, aber mein Eindruck ist schon ziemlich klar. Offensichtlich liegt ein Sabotageakt vor, vielleicht verübt von jemandem, der Grummond schaden wollte und die Folgen seines Tuns nicht überblickt hat.

Barlowe machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Das sind vage Behauptungen, Mr. Walker. Wir halten uns lieber an die Tatsachen.“

Joe sagte leise, aber mit Nachdruck:

„Wenn es so ist, werde ich auch den Nachweis dafür erbringen. Was das für ihre angebliche Schadensersatzforderung bedeutet, dürfte Ihnen hoffentlich klar sein — sofern Sie neben Ihren vielen Tatsachenermittlungen auch einmal dazu gekommen sein sollten, einen Blick ins Gesetzbuch zu werfen.“

„Wenn Sie gekommen sind, um mich zu beleidigen, muß ich Sie bitten, zu gehen.“

„Von Beleidigung ist keine Rede. Ich weise nur darauf hin, daß Ihre Situation schon morgen die sein kann, daß Sie mit einer Millionenforderung in der Hand dastehen, aber als Schuldner irgendeinen armseligen Bauarbeiter vor sich haben.“

„In dem Fall habe ich dann Peeh gehabt“, sagte Barlowe lässig.

„Sie? Nein, Ihre Klienten“, sagte Joe und sah die Gruppe, die gespannt zuhörte, an.

Barlowe trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum.

„Worauf wollen Sie mit Ihrer Geschichte hinaus?“

„Sie haben Grummonds gesamtes Vermögen pfänden lassen.“

„Durch Gerichtsbeschluß!“

„Grummond sitzt im Gefängnis und kann nicht einmal die fünfzigtausend Dollar Kaution aufbringen. Ich möchte Ihnen vorschlagen, daß Sie diesen Betrag freigeben.“

„Warum sollten wir das tun?“

„Weil er ein anständiger Mensch ist, den aller Wahrscheinlichkeit nach keine Schuld an dem Unglück trifft. Sollte es aber wider alles Erwarten doch so sein …“

„Was dann?“

„Dann würde er Schadenersatz leisten. Dazu ist er aber nicht in der Lage, wenn er im Gefängnis sitzt und in der Zwischenzeit sein Baugeschäft pleite geht. Oder glauben Sie, daß eine Firma, deren Chef wegen Schulden eingelocht ist, hoch den geringsten Auftrag erhält.“

Barlowe lachte ironisch.

„Ihre Argumentation läßt sich sehr einfach zusammenfassen. Erstens habe ich die Äpfel nicht gestohlen, zweitens waren sie unreif und drittens bezahle ich sie.“

„Sie sind bemerkenswert witzig.“

„Und sie verkennen, daß wir nicht schuld daran sind, daß Grummond im Gefängnis sitzt. Er hätte das Seil nicht verschwinden lassen dürfen.“

„Er war es nicht.“

“Da bin ich anderer Ansicht. Warum waren seine Fingerabdrücke an der Tür? Warum ist der Schlüssel verschwunden, zu dem nur er Zugang hatte?“

„Das spricht ja gerade für ihn, daß alle Indizien auf ihn weisen. Wäre er es gewesen, hätte er es geschickter angefangen.“

„Nun, ich verkenne nicht, daß ein richtiger Verbrecher es geschickter angefangen hätte. Aber Grummond ist ja gar kein Verbrecher — er ist nur ein Mann, der grob fahrlässig gehandelt hat und dafür bezahlen muß.“

Joe zuckte die Achseln.

„Ihre Einstellung kenne ich zur Genüge, Mr. Barlowe. Was sagen Ihre Klienten dazu?“

„Meine Klienten haben mich gebeten, sie zu beraten, und ich nehme nicht an, daß sie sich meinem fachlichen Rat verschließen werden.“

Fillmore Diamond tauchte aus der Tiefe seines Sessels empor.

„Quasseln Sie nicht soviel, Barlowe. Was Mr. Walker uns vorschlägt, ist Quatsch. Es gibt nicht den geringsten Grund, diesem Grummond einen Gefallen zu tun.“

Joe sah ihn aufmerksam an. Fillmore sah aus wie der Bösewicht in einem Wildwestfilm. Ein Netz von Falten überzog sein gegerbtes Gesicht mit den tiefliegenden, leblosen Augen. Ihm fehlte nur der schwärze Hut.

„Mir scheint, Sie haben nicht aufmerksam zugehört“, sagte Joe.

„Und mir scheint, Sie haben noch nicht begriffen, daß Sie hier als störend empfunden werden“, sagte Fillmore.

Barlowe grinste breit.

„Sie sehen selbst, Walker, Ihr Besucl ist unerwünscht.“

Joe nickte und erhob sich. An der Tür wandte er sich noch einmal um. Sein Blick wanderte über die Gesichter der Anwesenden. Nein, sympathisch wirkte der ganze Verein nicht — am ehesten noch Daphne. Aber ihre marmorne Schönheit spiegelte auch kein Gefühl wider.

„Eine dritte Version haben wir noch nicht erwähnt“, sagte Joe. „Die erste ist: Fahrlässigkeit von Grummond. Die zweite: Sabotage eines Bauarbeiters. Die dritte wäre Mord. In dem Fall wäre danach zu fragen, wem Jack Diamonds Tod einen Vorteil bringt. Sie sind die gesetzlichen Erben, Ladys and Gentlemen. Halten Sie sich das vor Augen. Good bye.“

*

Verärgert verließ Joe das Gebäude. Seine letzte Bemerkung war ein Schuß ins Blaue gewesen. Beim Anblick dieser innerlich jubilierenden Erbenschar hatte er nur mit Mühe an sich halten können, nicht noch mehr zu sagen. Diese Leute waren allesamt durch Jack Diamonds Tod zu vielfachen Millionären geworden und benahmen sich wie die Racheengel, die ihre einzige Aufgabe darin erblickten, Bill Grummond fertigzumachen.

Joe kannte Bill viel zu gut, um nicht zu wissen, daß Bill sich niemals einer Verpflichtung entziehen würde, wenn sie ihn wirklich traf. Deshalb glaubte er ihm auch, daß das Seil einwandfrei gewesen war, und deshalb würde er nicht eher ruhen, bis er den Verantwortlichen gefunden hatte.

Er fuhr nach New Rhode hinaus, wo Bill Grummond sein Verwaltungsgebäude und sein Lager hatte. Vor dem Gebäude parkte ein Polizeiwagen, und im Büro traf er auf einen alten Bekannten: Leutnant Myers von der Mordkommission. Myers zog die Brauen bis zur Hutkrempe empor, als er Joe erblickte.

„Nanu, was treibst du denn hier, Lauser?“

„Ich spiele ein bißchen Konkurrenz“, grinste Joe.

„Arbeitest du für Grummond?“

„Grummond ist ein alter Freund von mir. Insofern bin ich euch eins voraus. Ich glaube ihm, was er sagt, und nehme es als Tatsache, mit der ich arbeiten kann.“

„Die Polizei hat zum Glück keine Freunde“, sagte Myers. „Wir halten uns an die objektiven Tatsachen, und die sprechen eindeutig gegen deinen Freund. Ich sitze seit zwei Tagen hier und habe jeden Angestellten seiner Firma verhört.“

„Und?“ fragte Joe.

„Es gibt nur die eine Erklärung, daß er das Seil selbst gestohlen hat. Niemand sonst hatte einen Schlüssel zu der Baracke. Die Experten aber haben festgestellt, daß das Schloß mit dem Schlüssel und nicht etwa mit einem Dietrich geöffnet wurde. Ein Dietrich hätte Kratzspuren hinterlassen, die nicht festgestellt wurden. Grummond hatte einen Schlüssel.“

„In seinem Schreibtisch, und der ist verschwunden.“

„Richtig!“

„Was ist mit der Möglichkeit, daß jemand den Schlüssel geklaut hat.“

Myers schüttelte den Kopf.

„Abwegig. Das Schreibtischfach seinerseits war mit einem Zahlenschloß versperrt, und niemand kannte die Kombination. Ich meine, das spricht eindeutig gegen die Theorie mit dem Saboteur. Dazu kommt, daß es nach meinen Ermittlungen niemanden gibt, der Grummond gehaßt hätte — etwa ein zu Unrecht entlassener Arbeiter.“

„Es gibt keinen, den ihr kennt.“

„Das dürfte ungefähr dasselbe sein.“

„Es gibt aber doch etwas, was für die Theorie mit dem Saboteur spricht“, sagte Joe. „Das bist du selbst, Ron. Du bist von der Mordkommission, und Grummond werft ihr wohl keinen Mord vor, oder?“

Myers grinste.

„Jetzt wirst du spitzfindig, Privatdetektiv Joe Barry. Ich habe den Fall bekommen, weil immerhin die Möglichkeit bestand, daß Sabotage vorliegt und in dem Fall womöglich Mord in Frage gekommen wäre. Aber ich meine, das können wir ausschließen.“

„Hast du herausgefunden, wo das Seil jetzt ist?“

„Wir haben eine Haussuchung durchgeführt, aber ohne Ergebnis. Weiß der Kuckuck, wo Grummond es versteckt hat. Notfalls erheben wir auch ohne dieses Beweisstück Anklage gegen Grummond.“

„Hoffentlich geratet ihr nicht an einen tüchtigen Verteidiger. Der zerreißt euch mit eurem Beweismaterial in der Luft.“

Myers grinste.

„Wir können auch verlieren.“

„Und dabei einen Mann ruinieren“, sagte Joe grimmig.

„Beweise mir, daß meine Theorie falsch ist.“

„Das werde ich tun“, sagte Joe. „Verlaß dich darauf.“

Privatdetektiv Joe Barry - In die Pfanne gehauen

Подняться наверх