Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - Drei ohne Gnade - Joe Barry - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеDrei Tage später rollte ein klapperiges Fahrzeug den steinigen Weg entlang, der von Punta aus nach Norden führte. Man sah es dem Vorkriegsbuick nicht an, das Ramblas. der Autospezialist, ihn drei Tage lang unter dem Schraubenschlüssel gehabt hatte. Das Ergebnis war, daß das Gefährt sich im unwegsamen Gelände so wohlfühlte wie eine Gemse auf dem Matterhorn.
Der rückwärtige Teil der Karosserie war abgesägt; statt dessen ragte dort ein Aufbau mit einer Plane empor.
Ramblas saß am Steuer. Manolete lag auf der Ladefläche und schnarchte. Rivera saß vorn und rauchte eine Zigarette nach der anderen.
Eine gnadenlos heiße Sonne knallte vom wolkenlosen Himmel Den Männern lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht.
Ungefähr sechzig Meilen nördlich von Punta schraubte der Weg sich in langen Serpentinen auf ein Hochplateau empor. Dahinter breitete sich ein flaches Tal aus, mit spärlichem Grün bewachsen.
Ramblas trat auf die Bremse. Dröhnend starb der Motor ab. Er wies mit der Hand geradeaus.
„Dort ist es“, erklärte er.
Im Tal vor ihnen lagen ein paar flache, weiße Gebäude. Etwas abseits von ihnen erstreckten sich große, eingezäunte Flächen, auf denen in regelmäßigen Abständen Zementklötze standen, die wie Bienenkörbe aussahen.
Die Federn des Buick ächzten. Manolete richtete sich verschlafen auf.
„Escribanos Schlagenfarm“, grunzte er. „Dort lagert genug Gift. halben Kontinent umzubringen.“
„Es würde genügen, dich umzubringen, um das Land zu verschönern“, erwiderte Rivera boshaft. Er nahm ein Zeissglas und stellte es auf die Häuser ein. Nach ein paar Sekunden murmelte er: „Der alte Escribano scheint nicht da zu sein. Ich kann seinen Wagen nicht sehen.“
„Siehst du den Wagen der Tochter?“ erkundigte Ramblas sich.
Rivera nickte.
„Ein weißer MG. Er steht auf dem Parkplatz. Demnach ist sie auch zu Hause.“
Ramblas griff nach dem Anlasser.
„Vorwärts“, sagte er. „Ich hoffe, ihr wißt, was ihr zu tun habt“
„Schon gut“, brummte Rivera und langte nach einer Maschinenpistole. die unter dem Sitz lag. Sorgfältig überzeugte er sich davon, daß die Waffe schußbereit war.
Der Buick ratterte den Weg hinunter, eine lange Staubfahne hinter sich lassend. Eine halbe Stunde später erreichten sie den Vorplatz der Farm. Ächzend schoben sie sich aus dem Buick.
Ein weißgekleideter Diener kam die Freitreppe herunter.
„Señores, was wünschen Sie?“ fragte er.
„Wir sind Scherenschleifer“, grinste Rivera ihn dreist an. „Haben Sie etwas zu schleifen? Messer, Macheten, Scheren?“
„Einen Augenblick!“ Der Diener verschwand im Haus und kam kurz darauf mit einem anderen zurück. Die beiden blieben auf der Treppe stehen und palaverten miteinander. Mißtrauisch beäugten sie die drei Männër. Dann kam der Weißgekleidete zurück.
„Nein“, sagte er. „Wir haben nichts zu schleifen.“
„Hohlkopf“, brummte Manolete. Seine Faust schoß vor. Es gab einen kurzen, trockenen Laut; der Mann kippte lautlos um.
Sein Kollege auf der Treppe öffnete den Mund, um zu schreien, aber er kam nicht dazu. Rivera brachte seine Maschinenpistole zum Vorschein und richtete sie drohend auf ihn. Im nächsten Augenblick war Manolete auf der Treppe. Mit einem einzigen rechten Haken schickte er den Mann zu Boden.
Während Ramblas sich mit einem Revolver vor dem Eingang postierte, stürmten Manolete und Rivera in das Gebäude.
„Warte hier auf mich“, rief Manolete und nhm mit ein paar Sätzen die Treppe. Oben stieß er auf einen weiteren Dfener. Seine Rechte arbeitete mit der Präzision eines Dampfhammers.
Lauernd sah Manolete sich um. Jetzt hörte er Klavierspiel. Es kam aus dem hintersten Zimmer. Er ging den Gang hinunter und öffnete die Tür.
Mit einem jähen Akkord brach das Spiel ab. Isabel Escribano, die Tochter des Schlangenzüchters, fuhr herum.
Sie war etwa zwanzig Jahre alt. Ihre grünen Augen. die seltsam zu ihrem Aaar kontrastierten, weiteten sich entsetzt.
„Tut mir leid, Señorita“, grinste Ma nolete. „Ich muß Sie mitnehmen.“
Mit einem Satz sprang das Mädchen auf. Sie versuchte, ihren Revolver zu erreichen, der auf dem Fensterbrett lag. Aber Manolete war schneller. Er umschlang sie und hob sie auf.
„Nicht so wild“, brummte er. „Wir werden uns noch aneinander gewöhnen müssen.“
Sie wehrte sich verzweifelt, aber plötzlich erstarrte sie. Durch die Halle peitschten Schüsse.
Auf der Treppe kam ihnen Rivera entgegen, die rauchende Maschinenpistole in der Hand.
„Beeil’ dich“, sagte er nervös.
Draußen hatte Ramblas den Wagen bereits angelassen. Als sie einstiegen, wurde oben ein Fenster geöffnet und ein Gewehrlauf herausgeschoben. Rivera reagierte blitzschnell. Er riß die Maschinenpistole hoch. Ein langer Feuerstoß zuckte aus dem Lauf.
Das Gewehr oben verschwand, Glas klingelte nach unten.
Der Motor des Buick heulte auf. Kies spritzte unter den Rädern weg, als der Wagen mit einem Satz ansprang und davonjagte. Auf der Ladefläche lag Rivera. Unablässig feuerte er.
Die wenigen Kugeln, die ihnen nachgeschickt wurden, verfehlten ihr Ziel.
Als die kopflose Dienerschaft endlich auf den Gedanken kam, die Polizei in Punta anzurufen, stellte sie fest, daß das Telefon tot war. Die Kabel waren durchschnitten.
Keiner wagte es, die Verfolgung aufzunehmen oder nach Punta zu fahren.
So waren die Kidnapper längst über alle Berge, als eine Stunde später Miguel Escribano, der Besitzer der Schlangenfarm, zurückkehrte.
Escribano tat alles menschenmögliche, um seine Tochter wiederzufinden. Er raste nach Punta und alarmierte die Polizei. Suchkommandos wurden gebildet; alle Straßen abgesperrt und kontrolliert; berittene Patrouillen drangen bis in die entlegensten Dörfer vor und stellten Nachforschungen an. Sogar ein Armeehubschrauber kam aus Mexico City und suchte das Gelände nach dem Buick ab.
Die Fahndung war ergebnislos. Da erinnerte Escribano sich einer Adresse, die ihm ein Geschäftsfreund im benachbarten Texas einmal gegeben hatte.
Er jagte ein Telegramm nach New York City, Bronx. Dort, in der- Gun Hill Road 234, wohnte der Mann, auf den er seine letzte Hoffnung setzte.
Joe Barry, genannt Kommis sar X.
*
Die Maschine der Panamerican setzte sanft auf der Piste auf und rollte aus. Die Passagiere schnallten sich los.
Als Joe Barry die Tür erreichte, prallte er zurück. Die Hitze draußen traf ihn wie ein Schlag. In New York war es kühl gewesen, als er abflog.
Er schloß sich den anderen Passagieren an, die im Gänsemarsch auf die Zollabfertigung zumarschierten.
„Etwas zu verzollen?“ erkundigte der Beamte sich.
„Zwei Pfund Heroin, ein pornographisches Buch und zwei Pistolen“, gab Joe bereitwillig Auskunft.
Der Beamte malte kopfschüttelnd sein Kreidezeichen auf den Handkoffer, den Joe als einziges Gepäck mit sich führte. Amerikaner, dachte er. Müssen immer ihre Witze reißen.
In der modernen Halle des Flughafens sah Joe sich um. Er brauchte nicht lange zu warten. Ein kleiner, dicker Mann schälte sich aus der geschäftig hin- und herflutenden Menge und steuerte Joe an.
„Mr. Walker?“ erkundigte er sich.
„In Person“, erklärte Joe.
Der Kleine streckte ihm die Hand hin und atmete erleichtert auf.
„Willkommen in Mexiko. Ich bin Miguel Escribano.“ Er wies auf einen großen, hageren Burschen mit dunklem Gesicht, der ihm gefolgt war. „Das ist Juan Armandos“, stellte er den Mann vor. „Mein Gehilfe. Er ist mir unentbehrlich, gewissermaßen meine rechte Hand.“
Joe schüttelte auch ihm die Hand. Mit einem raschen Blick musterte er den Mexikaner. Was er sah, gefiel ihm nicht. sonderlich. Ein verschlagenes Gesicht mit unruhig hin- und herhuschenden Augen.
Escribano brachte ein weißes Seidenluch zum Vorschein und fuhr sich damit über die schweißnasse Stirn.
„Wir sind dreihundert Meilen gefahren, um rechtzeitig hier zu sein“, erklärte er. „Gehen wir etwas trinken. Dort drüben ist die Bar. Die Fahrt nach Punta wird anstrengend.“
„Einverstanden.“ Joe nickte. Sie steuerten auf die Bar zu, deren riesige Spiegelglasscheiben den Blick auf das Flugfeld freigaben. Gleich darauf hatte jeder einen Whisky-Soda vor sich.
Joe zündete sich eine Zigarette an.
„Nun, Mr. Escribano“. sagte er, „haben Sie irgend etwas Neues erfahren?“
Der kleine Farmer zuckte ratlos die Schultern.
„Nichts, Mr. Walker. Die Kidnapper sind mit Isabel spurlos verschwunden. Wenn ich daran denke, daß meine Tochter in der Hand von Verbrechern ist, könnte ich wahnsinnig werden!“
„Ich kann Sie gut verstehen“, nickte Joe. „Aber dieser Fall kommt mir merkwürdig vor. Kidnapping bedeutet, daß sie erpreßt werden sollen. Hat sich bisher noch niemand bei Ihnen gemeldet?“
„Niemand!“
„Wann wurde Isabel entführt?“
„Vor einer Woche!“
„Eine Woche!“ Joe schüttelte den Kopf. „Könnten Sie sich ein anderes Motiv denken, als daß man von Ihnen Geld verlangen will?“
„Ich zermartere mir seit einer Woche über diese Frage das Gehirn“, erwiderte Escribano mit einer verzweifelten Geste. „Es gibt kein anderes Motiv. Sehen Sie, ich betreibe eine Schlangenfarm. Das ist ein fast konkurrenzloses Unternehmen. Ich verdiene nicht schlecht dabei. Feinde habe ich nicht — jedenfalls weiß ich keine Was anderes als Geldgier könnte das Motiv sein?“
„Die Polizei ist verständigt?“
„Natürlich. Seit einer Woche fahndet sie im Großeinsatz nach den Kidnappern.“
„Dieser Fall widerspricht allen Regeln“, sagte Joe nachdenklich „Normalerweise versuchen Kidnapper, so rasch wie möglich ihr Geld zu bekommen, da sie wissen, daß jeder Tag die Gefahr einer Entdeckung vergrößert. In diesem Falle aber scheinen sie sich Zeit zu lassen.“
„Vielleicht wollen sie warten, bis sich die Aufregung gelegt hat. Vielleicht war es ein Fehler von mir, die Polizei zu verständigen.“
„Nein! Bei Kidnapping legt sich die Aufregung nicht nach ein paar Tagen. Im Gegenteil. Es gibt nur wenige Dinge, die die Polizei so aufmöbeln wie Menschenraub.“
„Aber hier in Mexiko…“
„Auch in Mexiko!“ unterbrach Joe ihn. Er drückte seine Zigarette aus und erhob sich. „Ich schlage vor, wir verlieren hier keine Zeit mehr. Bedenken Sie, daß jede Minute, die wir nutzlos verplaudern, die Zeit verlängert, die Ihre Tochter in der Gewalt der Gangster zubringen muß.“
Juan, der dunkelhäutige Mexikaner, erhob sich, geschmeidig und wachsam.
„Ich gehe und hole den Wagen“, sagte er. Er sprach ganz gut Englisch, wenn auch mit starkem Akzent.
Als er eben die breite Glastür erreicht hatte, erschütterte ein dumpfer Schlag das Gebäude. Gläser klirrten auf den Tischen und irgendwo splitterte Glas. Das Rollen der Explosion ließ die Menschen erstarren.
Dann spritzte alles aufgeregt durcheinander.
Joe betrachtete sein Glas, das vom Tisch gefallen war, und sah dann Escribano an.
„Wenn ich’s nicht genau wüßte“, sagte er langsam, „würde ich sagen, wir sind in Cuba oder so …“
*
Am Ausgang hatte sich eine Menschenmenge angesammelt. Joe arbeitete sich hindurch und stieß auf ein paar Polizisten, die die Menge zurückdrängten. Joe hatte seine eigenen Methoden, mit Polizisten umzugehen. Er hatte keine Schwierigkeiten, durch die Absperrung auf den Parkplatz zu kommen.
Jetzt war ihm klar, was geschehen war. Am Rande des Parkplatzes schwelten die Trümmer eines Autos. Verbogene Eisenteile ragten bizarr in die Luft. Vereinzelte Flammen schlugen noch aus dem Wrack. Ein beißender Geruch in der Luft.
Joe sog ihn ein. Plastiksprengstoff, dachte er. Das Einmaleins des modernen Feuerwerkers. Er drängte sich durch die umherhastenden Polizisten und ging näher an den Wagen heran.
Es war ein neuer Chevrolet gewesen. Die vordere Sitzbank war restlos zerfetzt, während die Bodenwanne die Explosion verhältnismäßig gut uberstunden hatte.
Damit war klar, um was für eine Sprengladung es sich gehandelt hatte. Sie bestand aus einem Stahlmantel, der magnetisch unter die Bodenwanne geheftet worden war und nach oben nur einen schwachen Verschluß hatte. Über dem Sprengstoff war noch eine Ladung scharfkantiger Stahlstücke gewesen. Dadurch war die ganze Wucht der Explosion nach oben — auf die Sitzbank zu — gerichtet worden. Der Stahlschrot hatte alles zerfetzt.
Wäre der Wagen besetzt gewesen, hätten die Insassen die Explosion kaum überlebt. Joe vermutete, daß die Ladung mit einem Zeitzünder gekoppelt gewesen war. Es gab wesentlich wirkungsvollere Zünder, die mit dem Motor gekoppelt waren und erst dann losgingen, wenn wirklich jemand im Wagen saß …
„Madonna!“ Eine Stimme riß Joe aus seinen Gedanken. Neben ihm stand Escribano. Seine Lippen waren bleich und zitterten.
Noch ehe Joe die Frage stellte, wußte er die Antwort.
„Ist das etwa Ihr Wagen, Mr. Escribano?“ Joe brach ab. Nach ein paar Sekunden fuhr er fort. „Regen Sie sich nicht zu sehr auf. Wir können es als Beweis dafür nehmen, daß die Gangster noch ein gewisses Interesse an Ihnen haben.“
„Oder an Ihnen, Senor Walker“, sagte Juan, der Begleiter des Schlangenzüchters, ruhig.
Joe musterte ihn.
„Wenn das zutrifft, wäre ich nicht einmal unzufrieden. Solange die Gangster etwas unternehmen, besteht auch die Gefahr, daß sie einen Fehler machen.“
„Ich habe den Wagen vor der Abfahrt genau durchgesehen“, sagte Juan. „Die Straßen sind nicht besonders gut bei uns, verstehen Sie? Es war keine Sprengladung daran. Sie muß also hier angebracht worden sein, hier auf dem Parkplatz.“
„Mit einem Zeitzünder, der zu früh losging“, ergänzte Joe. „Es sind immer wieder die kleinen Zufälle, die die großen Entscheidungen herbeiführen.“
Er unterbrach sich, denn ein Polizeiqffizier trat an sie heran. Er hatte wohl Escribano als Wagenbesitzer erkannt.
Der Farmer wurde ein paar Stunden auf dem Polizeipräsidium verhört. Es kam nichts dabei heraus.
In der Zwischenzeit besorgte Juan einen Mietwagen, einen offenen Chevy.
Die Sonne stand schon tief am Himmel, als sie Mexico City in nördlicher Richtung verließen.
*
Nach einigen Stunden Fahrt bogen sie von der Asphaltstraße auf eine staubige Landstraße ab, die sich am Rand eines Tales mit geringer Steigung höherschlängelte. Tief unter ihnen lag das ausgetrocknete Bett eines Flusses.
Seit einiger Zeit folgte ihnen ein Wagen. Joe drehte sich mehrmals um. Drei Männer saßen in dem Wagen.
Escribano schien nichts zu merken. Er döste vor sich hin. Juan, der am Steuer saß, pfiff leise eine Melodie, während er sich bemühte, den Schlaglöchern auszuweichen.
Auf der serpentinenreichen Strecke verringerte sich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen. Sie ließen jetzt eine Staubwolke hinter sich, die den anderen Wagen fast völlig einhüllte. Trotzdem blieb er ihnen dicht auf den Fersen.
Plötzlich warf Joe sich blitzartig zur Seite und riß Escribano mit nach unten.
Eine Gewehrkugel klatschte in das Blech des Kofferraumes. Das Schußgeräusch selbst wurde durch das Mahlen des Motors überdeckt.
Wieder knallte es. Eine Kugel durchschlug die Windschutzscheibe. Von der Einschlagstelle her zog sich, ein Netz feinster Sprünge quer über das Glas. Mit einem Schlag war die Scheibe undurchsichtig geworden.
Juan trat auf die Bremse und brachte den schlingernden Wagen dicht vor dem Abgrund zum Stehen. Fast gleichzeitig tauchte er nach unten weg. Keinen Moment zu früh, denn es knallte schon wieder.
„Was ist los?“ fragte Escribano mit schreckverzerrtem Gesicht.
„Kleiner Überfall“, brummte Joe und hob vorsichtig den Kopf. Der andere Wagen stand etwa fünfzig Meter hinter ihnen mit laufendem Motor. Als es dort orangerot aufblitzte, tauchte Joe wieder nach unten weg. Die Kugeln pfiffen wirkungslos durch die Luft.
Joe brachte seine Automatic in die Höhe und drückte ab. Der Schuß hatte nur moralische Wirkung.
„Die Banditen haben Gewehre“, knurrte Joe. „Damit treffen Sie noch eine Fliege bei uns.“
„Wir haben auch welche“, erklärte Escribano. „Juan, wo hast du die Gewehre? Ich habe dir doch befohlen, welche mitzubringen! Juan!“ Er wandte sich an Joe. „Es wird ihm doch nichts passiert sein?“
„Vorsicht!“ Joe zog Escribano nach unten. Es knallte wieder hinter ihnen. Die Kugeln kamen jetzt als Streifschüsse auf das Kabriolet und sirrten als Querschläger weiter.
„Dem Fahrer ist nichts passiert“, sagte Joe.
„Verdammt, wo hat der Bursche nur die Gewehre?“ fluchte Escribano.
Der Fahrer, der sich auf den Wagenboden gepreßt hielt, hob etwas den Kopf.
„Die Gewehre sind im Kofferraum, Senor Escribano“, erklärte er endlich. Gleich darauf verzog er sch wieder, weil es von neuem knallte.
„Das reinste Schützenfest“, brummte Joe und erwiderte das Feuer.
„Die Gewehre sind im Kofferraum“ ächzte der Fahrer.
„Sehr gut, Senor! Sie werden also die Freundlichkeit haben und aussteigen, um mir die Gewehre zu holen. Ich warte hier!“ sagte Joe ironisch. Er richtete sich langsam auf. Immer noch hielt der Wagen dicht hinter ihnen. Joe hob die Automatic und drückte mehrmals ab. Die Windschutzscheibe des anderen Wagens zersplitterte ebenfalls.
„In dieser Hinsicht wäre der Ausgleich wieder hergestellt“, brummte er und brachte sich vor dem wütenden Gegenfeuer in Deckung.
„Ich möchte nur wissen, was wir tun können“, jammerte Escribano.
„Wir müssen versuchen, den Kofferraum von innen zu erreichen!“ Joe hatte schon die Rückenlehne abgenommen.
Es ging leichter, als er erwartet hatte. Die dünne Trennwand hinter dem Sitz ließ sich mit den Füßen eintreten. Dann zog Joe eine Winchester heraus.
Als er sich vorsichtig damit aufrichtete, erlebte er eine Überraschung. Die Verfolger hatten inzwischen gewendet und jagten in wildem Tempo davon. Joe schickte ihnen ein paar Kugeln hinterher, dann war der andere Wagen hinter einer Biegung verschwunden.
„Pech gehabt“, knurrte Joe enttäuscht. „Die Burschen wollten uns entweder nur erschrecken, oder sie hatten Angst. Wie steht’s mit dem Wagen, Juan?“
Der Mexikaner war schon draußen und überprüfte alles.
„Der linke Hinterreifen hat dranglauben müssen“, meldete er. „Sonst sieht alles ganz gut aus. Es wird nur etwas zugig werden.“
„Bei der Hitze ist das kein Unglück.“
Joe half ihm, den Reifen zu wechseln. Dann lösten sie das Glas aus dem Rahmen der Windschutzscheibe heraus.
Als Joe wieder im Wagen saß, wandte er sich an Escribano, der mit verstörtem Gesicht hinten saß.
„Wenn’s Ihnen auch anders vorkommt, Señor, aber bisher haben wir uns ganz gut gehalten.“
Zwei Stunden später trafen sie in Punta ein.