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1. Kapitel

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Captain Tom Rowland von der Mordkommission Manhattan sah den kleinen Mann, der auf der Besucherseite seines Schreibtisches saß, fragend an.

,,Was kann ich für Sie tun, Mr. Henderson?“

„Ich befinde mich in einer unangenehmen Situation und wußte keinen anderen Ausweg, als Sie um Hilfe zu bitten. — Heute morgen erhielt ich mit der Post diesen Brief. Ich bin keineswegs sicher, daß es sich um einen verfrühten Aprilscherz handelt.“

Schweigend hatte Rowland ihm zugehört und betrachtete nachdenklich den länglichen Umschlag, den Henderson über die Schreibtischplatte schob. Dann zog er einen zusammengeflteten Briefbogen aus dem Kuvert. Der kurze Text war mit Schreibmaschine getippt. Der Captain las halblaut vor:

“Wir nehmen an, daß Sie Wert auf Ihre Gesundheit legen. Empfehlen Ihnen daher, am 10. Dezember nach Dienstschluß hunderttausend Dollar in kleinen, gebrauchten Scheinen im Fahrstuhl zu Ihrem Büro zu deponieren. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen oder die Polizei verständigen, empfehlen wir Ihnen, rechtzeitig Ihr Testament zu machen!“

Als Unterschirift trug der Brief die Zeichnung einer sich windenden Schlange mit aufgerichtetem Kopf. Offenbar war dieses Zeichen aufgestempelt worden.

„Erpressungsfälle dieser Art werden von Abteilung 13 im zweiten Stock bearbeitet, Mr. Henderson“, erklärte Rowland sachlich.

„Ja,aber . . .“

„Hier ist die Mordkommission, Mr. Henderson. Wir übernehmen den Fall erst, wenn der Erpresser seine Drohung wahrgemacht hat.“

„Das ist für mich aber reichlich spät.“

„Eben. Und deshalb müssen Sie sich in den 2. Stock bemühen.“ Tom wollte den Besucher zur Tür bringen, aber der gab nicht so schnell auf.

„Einen Augenblick, Captain! Mag sein, daß ich in der falschen Abteilung bin. Andererseits zahle ich im Jahr über hunderttausend Dollar Einkommensteuer und meine, ein Recht darauf zu haben, daß Sie mich anhören.“

„Ich hoffe, Sie verwechseln mich nicht mit dem Finanzamt“, erklärte Tom. „Wenn ein armer Schlucker ermordet wird, ist das für mich genau so ein Verbrechen wie der Mord an einem Millionär. Das nur nebenbei. Und jetzt bin ich bereit, Sie anzuhören!“

Henderson lehnte sich zurück.

„Ich habe Grund zu der Annahme, daß die in dem Brief ausgesprochene Drohung ernst gemeint ist.“

„ Wie kommen Sie darauf?“

„Ich bin im Ölgeschäft tätig, Captain. Das ist ein höchst respektabler Beruf, aber er hat den Nachteil, daß man sich eine Menge Feinde schaffen kann.“

,,Mit anderen Worten — Sie meinen, dieser Brief wäre nur eine Tarnung und mit der Absicht geschrieben, den Verdacht in eine falsche Richtung zu lenken, falls man Sie ermordet auffinden sollte?“

„Genauso ist es.“

„Haben Sie einen Verdacht, wer aus Ihrem Bekanntenkreis diesen Schrieb verbrochen haben könnte?“

„Leider nein.“

„Können Sie uns Ihre ,Feinde‘ nennen?“

„Das könnte ich, aber es würde Ihnen nicht viel nützen, da diese Leute untereinander ebenfalls verfeindet sind.“

Tom lächelte.

„Das scheint im Ölgeschäft auch üblich zu sein wie? Ihr Verdacht ist also das Ergebnis angestrengten Nachdenkens, ohne daß Sie Tatsachen anführen können.“

„Der Brief ist immerhin eine Tatsache!“

„Zugegeben. Aber Sie kommen nicht auf den Gedanken, daß hier jemand wirklich versuchen könnte, Sie zu erpressen, sondern legen sich eine ziemlich komplizierte Deutung über die Hintergründe dieses Briefes zurecht. Wenn Sie wollen, daß ich Ihnen helfe, müssen Sie es schon genauer ausdrücken. Wer, glauben Sie, steckt hinter der Sache?“ Rowland versuchte es jetzt auf direktem Wege.

„Ich weiß es nicht.“ Henderson biß nicht an. „Die Möglichkeit, daß mich jemand wirklich erpressen will, schließe ich deshalb aus, weil es viel reichere Leute gibt als mich. Damit bleibt nur noch eine einzige Erklärung, meine ich.“

Der Captain malte Figuren auf einen Löschbogen.

„Und darauf sind Sie ganz allein gekommen?“ fragte er ironisch. „Ein kriminalistisches Genie, wie? Sie können also nichts zu diesem Brief sagen, haben keine Ahnung, wer ihn geschickt hat und ob er ernst gemeint ist oder ob sich jemand einen schlechten Scherz mit Ihnen erlaubt. Sie glauben nur, daß ein böser Konkurrent Sie auf besonders raffinierte Art und Weise aus dem Weg räumen will. Müssen Sie ein reines Gewissen haben!“

„Ich bin im Ölgeschäft“, wiederholte Henderson schlicht.

Rowland stand auf.

„Warten Sie auf mich. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“

Er verließ das Büro, fuhr mit dem Paternoster in den zweiten Stock und betrat das Zimmer von Detektivsergeant Farell.

„Hallo, Mike!“ Tom gab dem Beamten den Brief. „Sehen Sie sich das hier an und sagen Sie mir dann Ihre Meinung dazu.“

Farell nahm den Brief und las ihn durch.

„Von der Sorte gibt es unzählige, Captain. Ich würde die Sache nicht übermäßig ernst nehmen. Warten wir ab, ob etwas geschieht.“

„Zuerst war das auch meine Meinung Mike.“ Rowland strich sich nachdenklich über das Kinn. „Aber etwas gibt mir zu denken.“

„Machen Sie’s nicht so spannend.“

„Der Gummistempel. Sehen Sie sich die Schlange an.“

„Ist gestempelt. Sieht ein Blinder.“

„Sie sind ein kluger Junge, Mike! Aber könnte man aus dem Vorhandensein des Stempels nicht schließen, daß der Erpresser noch mehr solche Briefe abzuschicken gedenkt?“

„Auch das wäre in dieser Branche ein alter Hut.“

„Ich nehme den klugen Jungen zurück, Mike. Merken Sie immer noch nicht, worauf ich hinauswill? Wenn meine Theorie stimmt, besteht höchste Lebensgefahr für Henderson; denn um eine derartige Serie von Erpressungen mit Erfolg zu starten, ist ein Mord als Abschreckung nötig. Die Leute, die in Zukunft derartige Briefe erhalten werden, sollen ein warnendes Beispiel vor Augen haben, damit sie zahlen. Ist das klar?“

„Klingt recht gewagt.“

„Was heißt ,gewagt‘“, sagte der Captain wegwerfend. „Allein die Aufforderung, die hunderttausend Dollar im Fahrstuhl zu deponieren, beweist das. Sie kann gar nicht ernst gemeint sein. Nichts ist leichter, als einen Fahrstuhl zu überwachen.“

„Ihre Theorie in allen Ehren“, knurrte Farell, „aber ich sehe noch nicht ein, warum wir von der Mordkommission uns darum kümmern sollen. Wenn mich meine Erinnerung an den Dienstplan nicht trügt, ist das ein klarer Fall für die Abteilung 13.“

„Dachte ich auch erst. Aber Henderson hat in einem Punkt recht: Für ihn käme jede Hilfe zu spät, wenn wir abwarten wollten, bis der Erpresser seine Drohung wahrmacht.“

Farell machte eine abwehrende Handbewegung.

„Bevor Sie weitersprechen, will ich Ihnen sagen, daß ich heute abend eine Verabredung habe, die — hm — ziemlich wichtig ist. Falls Sie jemanden brauchen, wenden Sie sich besser an die Abteilung 13.“

„Tut mir leid“, blieb der Captain stur, „aber ich möchte, daß Henderson einen Polizeischutz bekommt, der wirklich imstande ist, einen Überfall zu verhindern, und da weiß ich, was ich an Ihnen habe, Mike. Sie werden Henderson bewachen! Um Mitternacht lasse ich Sie ablösen, und morgen vormittag haben Sie dienstfrei. Ist das ein faires Angebot?“

„Immer ist es der kleine Sergeant, der Ihre Katerideen ausbaden muß“, grollte Mike, der sich als alter Hase in der Mordkommission allerhand herausnehmen konnte.

„Miserable Disziplin hier!“ stellte Tom Rowland fest und verließ das Büro.

Er hatte keine Ahnung, daß die Ereignisse bereits alle Sicherheitsmaßnahmen überholt hatten.

Vor dem Paternoster traf er seinen Vorgesetzten, Distriktsanwalt Brown. Er blieb einen Augenblick stehen und unterhielt sich mit dem Attorney. Dabei wandte er dem Paternoster den Rücken zu. Plötzlich machte Brown ein erstauntes Gesicht.

Tom wandte sich um ― und hielt die Luft an.

In einer Kabine des Paternosters lag ein Mann. Ehe sie noch etwas unternehmen konnten, war die Kabine bereits nach oben verschwunden. Aber es war kein Gespenst gewesen. Sie hatten beide den Mann gesehen.

Tom klappte den Mund wieder zu. Während der Attorney zum Sicherungskasten lief und den Paternoster stoppte, betätigte Rowland die Alarmanlage. Sekunden später waren alle Ausgänge des Police Centers gesperrt. Bewaffnete Cops polterten über Treppen und Gänge. Das Gebäude glich einem aufgescheuchten Ameisenhaufen.

Brown keuchte kurzatmig hinter dem Captain die zwei Treppen hoch. Sie liefen den Gang entlang und erreichten den Paternoster, wo sich bereits neugierige Angestellte des Centers und einige Uniformierte eingefunden hatten.

Rowland drängte sich vor und beugte sich über die regungslose Gestalt. Dann richtete er sich langsam wieder auf und sah den Distriktsanwalt an. Was er befürchtet hatte, war eingetroffen.

Der Tote war Henderson. Aus einer Stichwunde im Nacken lief noch Blut.

Um die gleiche Zeit schlenderte ein Cop zum Ausgang des Police Centers.

„Wo brennt’s denn?“ erkundigte er sich bei seinen Kollegen, die dort Posten standen.

„Keine Ahnung“, sagte einer. „Sieht so aus, als wäre jemand vor einer Vernehmung ausgekniffen. “

„Na, der Bursche wird nicht weit kommen.“ Der Cop grinste und passierte unangefochten den Ausgang. Er ging quer über den Parkplatz, bis er die breite Avenue erreichte.

Ein Wagen rollte langsam heran und blieb vor ihm stehen. Ohne Hast öffnete der Cop die Tür und schwang sich hinein. Dann rollte der Wagen in nördlicher Richtung davon.

Kein Mensch hatte den kleinen Zwischenfall beobachtet.

Bereits zehn Minuten nach dem grausigen Fund im Paternoster hatte Rowland herausgefunden, daß sein Mitarbeiter kurz nach ihm das Büro verlassen hatte. Er war ungefähr fünf Minuten fort gewesen. Als er zurückkam, war Henderson nicht mehr da.

„Der Mörder muß ihn herausgelockt haben“, schnaubte Tom.

„Er kann unmöglich das Gebäude verlassen haben“, meinte Attorney Brown und wischte sich mit einem großen weißen Taschentuch den Schweiß von Stirn und Nacken. „Der Mord muß Sekunden, bevor wir ihn entdeckten, geschehen sein. Der Paternoster wird schließlich laufend benutzt. Die Ausgänge wurden sofort gesperrt. Der Mörder hält sich noch im Haus auf, das ist meine Überzeugung.“

„ Jemand muß ihn doch zusammen mit Henderson gesehen haben“, knurrte Rowland und machte sich an die undankbare Aufgabe, nach diesem möglichen Zeugen zu fahnden.

Er hatte schneller Erfolg, als er zu hoffen wagte. Eine Raumpflegerin meldete sich. Sie trocknete sich die Hände an der Schürze ab und legte in gepflegtem New Yorker Slang los:

„Also ich war gerade auf dem Gang und kratzte die Kaugummi vom Boden ab, die unsere vornehmen Besucher fallen lassen, da kam doch der Gent da in Begleitung eines Cops aus dem Zimmer der Mordkommission. Hatte den Burschen noch nie hier oben gesehen — den Cop, meine ich. Scheint ja auch nicht gut auf den Mister aufgepaßt zu haben, denn sonst wäre der wohl nicht tot.“

Rowland entließ die Frau, dann aber machte er seiner Empörung Luft.

„Nicht zu glauben! Diese Dreistigkeit ist nicht zu überbieten.“

Er telefonierte mit der Reception des Center und ließ sich einen der Wachhabenden an den Apparat holen.

„Ist bei euch ein Uniformierter vorbeigekommen, nachdem Alarm gegeben war?“ erkundigte er sich.

„Wenn Sie so einen großen Burschen mit ’nem Sportabzeichen meinen, den habe ich passieren lassen“, lautete die Antwort.

„Können Sie den Mann beschreiben?“

„Schlecht! Wer prägt sich schon das Gesicht eines Kollegen ein? Aber ich will’s versuchen.“

Zwanzig Minuten später hämmerten die Fernschreiber eine vage Personenbeschreibung an alle Stationen. Die Angaben des Cops, ergänzt durch die von Lucy, der Putzfrau, waren nicht viel wert. Immerhin wußte Rowland jetzt, wie das Ganze über die Bühne gegangen war.

„Der Bursche hat sich eine Uniform besorgt und ist Henderson gefolgt. In dem Augenblick, als die Luft rein war, hat er mein Büro betreten und Henderson aufgefordert, mitzukommen. Im Paternoster brachte er ihn zwischen zwei Stockwerken um, stieg aus und verließ in aller Ruhe das Center.“

„ Und jetzt“, ergänzte Attorney Brown düster, „fahnden wir nach einem Mann, dessen Hauptmerkmale Polizeiuniform und ein Sportabzeichen sind. Wird ein Spaß werden, Captain!“

Ein Spaß wurde es nicht. Am folgenden Tag erhielt ein Mann namens Twinnings einen Brief.

Twinnings las ihn durch und ließ sich telefonisch mit dem Police Center verbinden. Er war im Krieg Regimentskommandeur gewesen, war mehrfach wegen Tapferkeit ausgezeichnet worden und bekleidete jetzt einen hohen Posten in einem Waschmittelkonzern. Keine Sekunde nahm er die in dem Brief ausgesprochene Drohung ernst. Er wollte den Brief der Polizei übergeben. Damit war für ihn der Fall ausgestanden.

Captain Rowland nahm das Gespräch entgegen.

„Beschreiben Sie das Zeichen am Ende des Briefes!“ forderte er den Industrieboß auf.

„Es ist eine Schlange, eine Klapperschlange, wie ich vermute. Sie scheint aufgestempelt zu sein. Kennen Sie das Zeichen?“

„Und ob! Der Erpresser ist kein Witzbold, Mr. Twinnings, falls Sie das etwa annehmen sollten.“

„Was soll ich denn tun? Zahlen etwa? Fällt mir nicht im Traum ein. Der Gangster verlangt zweihunderttausend Dollar von mir. Ich würde ihm nicht einen Cent geben.“

„Kann ich verstehen, Mr. Twinnings, aber Sie haben es mit einem Mann zu tun, der vor einem Mord nicht zurückschreckt. Bleiben Sie in Ihrem Büro und lassen Sie niemanden an sich heran. Ich schicke sofort einige Beamte als Leibwache zu Ihnen.“

„Ist es wirklich so ernst, Captain?“ Der Industrieboß schien noch immer unbekümmert.

„Noch ernster“, erwiderte Rowland und hängte ein.

Twinnings lief erregt auf und ab. Die letzten Worte Rowlands hatten ihn nun doch beunruhigt. Er fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, zu zahlen. Aber gleich darauf verwarf er diesen Gedanken wieder. Er hatte dem Tod schon oft und unter ungünstigeren Umständen gegenübergestanden. Schließlich würden ihn Polizisten beschützen. Was sollte da schon passieren?

Er ging zu seinem Schreibtisch und durchwühlte mehrere Schubladen, bis er seine Pistole fand. Er überprüfte gerade das Magazin, als der Summer auf seinem Schreibtisch ertönte.

„Was ist?“

„Zwei Polizeibeamte sind hier, Mr. Twinnings. Sie sagen, sie werden erwartet.“

„Herein mit ihnen!“

Gleich darauf öffnete sich die dunkle nußbaumgetäfelte Tür. Ein uniformierter Cop und ein Mann in Zivil traten ein.

„Hallo, Mr. Twinnings! Ich bin Polizeiinspektor Miller, und das ist Sergeant Williams. Wir wurden von Captain Rowland geschickt.“

„Ich weiß“, sagte Twinnings. „Nur ist mir nicht recht klar, was Sie vorhaben. Wollen Sie sich hier häuslich niederlassen und mich auf Schritt und Tritt verfolgen?“

Der Polizeiinspektor lächelte nachsichtig.

„Wir hoffen, Sie bald von Ihren Sorgen befreien zu können, Mr. Twinnings. Vor einer halben Stunde glückte uns die Festnahme eines Mannes, der stark verdächtig ist, unter anderem auch den Brief an Sie geschrieben zu haben. Um ihn überführen zu können, ist es notwendig, daß Sie Ihre Aussage im Präsidium fixieren.“

„Ich habe doch nur den Brief“, wandte Twinnings ein. „Mehr als da drin steht, könnte ich Ihnen doch nicht erzählen.“

„Trotzdem muß es sein. Der Captain braucht verschiedene Angaben über Ihre Bekannten, Ihren Umgang und so weiter. “

„Okay.“ Twinnings zuckte die Achseln und ging mit.

Sie fuhren mit dem Lift hinunter. Unten stiegen sie in einen Polizeiwagen. Der Cop setzte sich ans Steuer, während der Inspektor neben Twinnings im Fond Platz nahm.

Sie fuhren die Park Avenue hinunter und bogen dann rechts ab. Als sie sich dem Holland Tunnel näherten, wurde Twinnings mißtrauisch.

„Entweder Ihr Sergeant kennt den Stadtplan nicht oder . . .“ Er brach ab.

Der angebliche Polizeiinspektor hielt plötzlich eine Automatic in der Hand, die er Twinnings in die Seite bohrte.

„Haben Sie endlich kapiert?“

Twinnings wurde blaß.

„Sie sind gar nicht von der Polizei?“

„Erraten! Es war ein großer Fehler von Ihnen, die Polizei anzurufen. Wir trafen ungefähr fünf Minuten vor den echten Polizisten ein. Ja, in unserem Beruf muß man schnell sein.“

„Banditen!“ fluchte Twinnings. „Was habt ihr vor?“

„Wir wollen versuchen, Sie zu überzeugen, daß es besser wäre, zu zahlen. Den ganzen Ärger hätten Sie sich ersparen können, aber Sie wollten ja unbedingt den Helden spielen. Keine falsche Bewegung, Twinnings — sonst knallt’s!“

Sie näherten sich der Einfahrt zum Tunnel. Fieberhaft überlegte Twinnings. Er hatte kaum eine Chance, den Gangstern zu entkommen. Seine einzige Hoffnung war sein Revolver, der in der Brusttasche steckte. Aber vorläufig war da nicht heranzukommen.

Unangefochten passierten sie die Einfahrt, und dann jagte der Wagen durch den von gleißenden Neonröhren erleuchteten Schacht des Tunnels.

Wenig später stieg die Fahrbahn wieder an. Im dichten Verkehrsstrom erreichten sie New Jersey. Der Fahrer trat auf die Bremse und brachte den Wagen vor einer roten Ampel zum Stehen.

Aus den Augenwinkeln sondierte Twinnings die Lage. Der Gangster neben ihm war für einen Augenblick unaufmerksam. Twinnings mußte es riskieren.

Seine Faust schoß hoch und schlug seinem Aufpasser die Automatic aus der Hand. Gleichzeitig fuhr seine Linke vor.

Twinnings hatte früher viel geboxt, aber sein linker Haken war im Laufe von zwanzig Jahren eingerostet. Außerdem behinderte ihn der schwere Wintermantel.

Der falsche Cop am Steuer fuhr herum und fingerte an seinem Revolver herum, während die Männer im Fond des Wagens kämpften. Twinnings sah ein, daß er auf diese Weise nur verlieren konnte. Er riß die Tür auf und sprang hinaus.

Hinter ihm knallten Schüsse. Er spürte einen Schlag am rechten Oberarm und ließ sich zu Boden fallen. Gleich darauf schob sich ein Mülltruck zwischen ihn und den Polizeiwagen.

Während ringsum der Verkehr stockte und die Menschen zusammenliefen, rappelte Twinnings sich mühsam auf. Am liebsten hätte er dem davonjagenden Polizeiwagen eine Kugel nachgeschickt, aber die Gefahr, Straßenpassanten zu treffen, war zu groß. Deshalb ließ er es bleiben und ging langsam auf den Streifenwagen zu der bereits zur Stelle war.

Wenige Minuten später setzte die Großfahndung nach den Gangstern ein. Nach einer halben Stunde wurde der Polizeiwagen in einer Seitenstraße gefunden, von den Insassen fehlte jede Spur.

Die Experten von der Spurensicherung nahmen sich sofort das Fahrzeug vor. Sie stellten fest, daß der Wagen am Morgen in Brooklyn gestohlen und mit Plasitikfolien und einer Rotlichtattrappe als Einsatzwagen hergerichtet worden war. Fingerabdrücke waren keine zu finden.

Der zweite Schlag der Erpresser war danebengegangen. Aber genau wie beim erstenmal gab es außer einer höchst vagen Personenbeschreibung keine Anhaltspunkte für die Fahndung.

Privatdetektiv Joe Barry - In die Enge getrieben

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