Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - In die Enge getrieben - Joe Barry - Страница 6
3. Kapitel
ОглавлениеImmer noch wartete Jo Walker. Er war den Gangstern in die Falle gelaufen weil er nicht damit gerechnet hatte, daß sie zu zweit gekommen waren.
Die Schritte auf dem Dach entfernten sich. Jo hörte das Klappen einer Dachluke. Dann näherten sich wiederum Schritte.
Jo konnte auf der Feuerleiter nach oben klettern, dann gab er eine Zielscheibe ab die selbst der schlechteste Schütze nicht verfehlen konnte.
Mehr Aussicht auf Erfolg hatte er, wenn er nach unten kletterte und versuchte, durch eines der Fenster ins Innere des Gebäudes zu gelangen.
Plötzlich kamen die Schritte näher. Ein Mann beugte sich über den Dachrand und starrte Jo an.
„He“, rief er, „ist das ’ne neue Sportart, was Sie da treiben?“
Es war der Hausmeister. Vermutlich war er wegen des Lifts nach oben gekommen und hatte den zweiten Gangster verscheucht.
Jo atmete auf.
„Warum nicht?“ fragte er zurück. „Bin vom Zirkus und muß in Form bleiben.“
„Kommen Sie ’rauf“ sagte der Hausmeister und schwang drohend einen großen Schraubenschlüssel.
„Typen wie Sie sind mir immer verdächtig.“
„Kann ich Ihnen nachfühlen.“ Jo folgte der Aufforderung. „Was haben Sie mit mir vor, Meister?“
„Ab zur Polizei!“ Der Mann hielt sich in sicherer Entfernung vom Dachrand. Walker wies sich aus.
„So einer sind Sie“, staunte der Hausmeister. „Was in aller Welt treiben Sie denn auf unserer Feuerleiter?“
„War hinter zwei Gangstern her. Einer ist entkommen aber der zweite, der mich beschoß müßte Ihnen eigentlich begegnet sein.“
„No ist er nicht. Ich entdeckte, daß eine Dachluke offenstand. Da kletterte ich nach oben und sah mich um.“
„Und Sie konnten natürlich nichts Verdächtiges sehen.“
„Erraten. Das heißt, ich sah den Hut hier liegen. Mir kam der Gedanke, es könnte sich um einen Selbstmörder handeln. Deshalb sah ich nach. Ich konnte nicht wissen, daß Sie auf der Feuerleiter herumturnen. “
Sie stiegen wieder nach unten. Die Fahrstuhltür war immer noch offen.
„Möchte wissen wo der Fahrstuhlführer steckt“, wunderte sich der Hausmeister.
„Ich kann’s mir denken“, meinte Jo und entfernte das Stück Holz, das unter der Fußleiste der Lifttür klemmte. „Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, dann suchen Sie, bis Sie ihn finden.“
„Was soll das heißen?“
Der Lift raste nach unten.
„Das soll heißen, daß der Mann vermutlich bewußtlos in irgendeinem Winkel des Hauses liegt. Er wird Ihnen dankbar sein, wenn Sie ihn schnell finden. Und noch etwas. Wenn Sie ihn gefunden haben, rufen Sie im Police Center an, lassen sich mit Captain Rowland verbinden und erzählen Sie ihm dann alles.“
„Aber . . .“
„Kein ,Aber‘ — an die Arbeit! Zeit ist Geld.“
Jo nickte dem Alten freundlich zu und verschwand im Erdgeschoß in einer Telefonzelle.
Eine Viertelstunde später trafen einige Beamte aus Rowlands Abteilung in dem Gebäude des Transportunternehmers ein. Jo brachte sie zu Forside, instruierte sie kurz und machte sich dann auf den Weg. Er war neugierig, wie weit Tom inzwischen gekommen war.
„Hast du sonst noch etwas herausbekommen?“
„Natürlich. Die beiden Drohbriefe wurden auf holzfreies Papier geschrieben das über alle Woolworth-Läden ausgeliefert wird. Verkaufte Stückzahl: höchstens einige Milliarden. Die Schrift stammt von einer Underwood-Schreibmaschine älteren Kalibers, die auch nicht gerade selten ist. Fingerabdrücke fanden sich keine. Der erste Brief wurde in Queens aufgegeben, der zweite am Port Authority Bus Terminal.“
„Der dritte auch“ sagte Jo und legte den Brief, den Forside erhalten hatte, auf den Tisch. „Damit können wir nichts anfangen.“
„Immerhin füllen die Untersuchungsergebnisse den Aktenordner“, meinte Tom. „Und jetzt? Ich habe mir heute früh den Burschen vorgeknöpft, der den Artikel im ,Guardian‘ geschrieben hat. Ohne Ergebnis.“
„Mit anderen Worten, alter Junge du bist mit deinem Latein am Ende.“
„Noch nicht ganz. Ich habe einen Mann auf den Reporter angesetzt, der ihn diskret beschattet. Könnte ja sein, daß wir auf diese Weise weiterkommen. Twinnings und Forside behalten natürlich Polizeischutz. Twinnings will übrigens bald nach Europa fliegen um dort seinen Steckschuß im Arm auszueheilen. Dann bleibt uns nur noch Forside. Auf ihn konzentriert sich jetzt alles.“
„Der Erpresser hat bisher keinen Cent kassiert, aber dafür einen Mord auf sich geladen“ sagte Jo nachdenklich.
„Und deshalb wird er alles daran setzen, Forside auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. Und jetzt zu dir altes Schießeisen. Was hast du inzwischen herausgebracht?“
„Zunächst einmal bin ich mir über die Gewohnheiten des Erpressers klargeworden. Er stellt die Falle, bevor er seinen Brief abschickt. Wenn das Opfer dann nicht zahlt, schlägt er zu bevor die Polizei eingreifen kann. Bei Henderson und Twinnings haben wir es gesehen. Der Trick mit der Polizeiuniform ist zwar nicht mehr neu, aber er hat gewirkt.“
„Und bei Forside?“
„Hat er sich etwas Ähnliches ausgedacht!“ Jo berichtete von dem Zwischenfall im Bürohaus des Unternehmers. „Mein Pech war, daß ich etwas zu spät schaltete. Das Gesicht des Fahrstuhlführers kam mir bekannt vor, aber als ich auf Rocco kam, war er über alle Berge. Jedenfalls stand fest, daß der Bursche den Auftrag hatte, Forside umzubringen, sowie er den Lift benutzte.“
Das Läuten des Telefons unterbrach ihn. Rowland meldete sich.
„Wer sagen Sie? Der Hausmeister?“ Er lauschte eine Weile und nickte dann. „Gut, wir kümmern uns darum!“
Er sah Jo an.
„Der echte Fahrstuhlführer lag gefesselt und ohne Uniform im Keller.“
„Um darauf zu kommen mußte man kein Hellseher sein.“
Tom sah Jo erwartungsvoll an.
„Bist du sicher, daß es sich bei dem falschen Liftboy um unseren Freund Rocco handelte?“
Jo nickte. „Völlig sicher.“
Rowland pfiff durch die Zähne und bediente den Schalter seines Sprechgerätes.
„Die Akte Lou Pietrangelo“. sagte er. „Aber schnell!“
„Der gute alte Lou“, murmelte er. „Wenn dein Rocco derselbe ist, den ich meine, steckt Lou dahinter. Vielleicht ist das endlich eine Möglichkeit, ihm das Genick zu brechen.“
Rowlands Assistent brachte ein umfangreiches Aktenbündel angeschleppt.
Tom nahm das Paket grinsend in Empfang.
„Alles Straftaten, die Pietrangelo zugeschrieben werden. Nichts davon konnte bewiesen werden. Ein gerissener Bursche dieser Lou.“
Er blätterte die Akte durch und zog ein Foto heraus.
„Ist das dein Mann?“
„Genau.“
Rowland drehte das Foto um.
„Roberto Candini, geboren 1920 in Neapel, bekannt unter dem Spitznamen Rocco, insgesamt dreizehnmal vorbestraft, zuletzt 1959 aus Fort Leavenworth entlassen und seitdem in Lou Pietrangelos Diensten. Im Herbst 1960 wegen Mordverdacht unter Anklage gestellt, aber freigesprochen. — Davon, daß er Fahrstuhlführer geworden ist, steht hier nichts.“
„Damit wissen wir so ziemlich alles!“
„Es wird eine Kleinigkeit sein, einen Haftbefiehl für ihn zu bekommen. Aber das nützt wieder nichts, denn Rocco handelt nur im Auftrag von Pietrangelo, und dem können wir wieder nichts beweisen.“
„Das wird eine verdammt harte Nuß werden.“
„Allerdings. Pietrangelo ist einer der gerissensten Gangster in New York. Dazu kommt noch, daß er in den Unterweltskreisen respektiert wird. Er gilt als einer der letzten ,Großen‘ aus den dreißiger Jahren, hat massig Geld und wahrscheinlich mehr Einfluß, als wir beide für möglich halten. Ich habe schon mindestens fünfmal versucht, ihn zu fassen. aber nie Erfolg gehabt. Er hat einen ausgezeichneten Anwalt, John Brabam. Schon mal davon gehört?“
„Natürlich. Wer kennt denn nicht die Schlagzeilen: ,Sensationeller Freispruch. Brabam zieht die Geschworenen auf seine Seite‘.“
„Na also. Dann weißt du, wo wir stehen. Wir haben es mit den mächtigsten Leuten der Unterwelt zu tun,“
Jo stellte fest, daß er in bezug auf Lou Pietrangelo nicht auf dem laufenden war. Natürlich wußte er über den Burschen Bescheid, aber es fehlten ihm Details. So beschloß er, sich umzuhören. Der geeignete Mann für Informationen aus der Unterwelt war Roul Parker.
Es war nicht leicht, den weisen Mann von Manhattan am hellichten Tag aufzutreiben. Jo verschwendete 5 Dollar Trinkgelder, bis er Parker endlich in einer Spielhalle in der 58. Straße fand.
„Hallo, Roul!“ sagte Jo. „Bist du neuerdings unter die Automatenmarder gegangen?“
„Hab’ ich nicht nötig“, sagte er und verzog sein Schimpansengesicht. „Ich komme auf ganz legale Weise an den Zaster heran.“
Das war für Jo das Stichwort.
„Okay, kommen wir zum Geschäft. Ich bin bereit, dem Mann fünfzig Dollar zu zahlen, der mir alles über Lou Pietrangelo erzählt.“
Roul wiegte bedächtig den Kopf.
„Ich habe dich schon oft im Kampf mit schweren Brocken gesehen, Jo, und kenne deine Methoden. Sie sind erstklassig. Die von Lou sind es auch. Und er hat eine Menge Vorteile auf seiner Seite. Mit anderen Worten, wenn es in diesem Fall Wetten gäbe, würde ich zwei zu eins gegen dich setzen.“
„Eine Chance die fünfzig Dollar zu verdoppeln.“
„Okay“. meinte Roul seufzend. „Dann sage ich dir, daß Lou seit einer Woche in irgendeiner Angelegenheit schwer aktiv ist. Was es genau ist, weiß ich nicht.“ Das stimmte natürlich nicht, aber dieser Punkt wurde nicht weiter berührt. „Lou scheint mit seinen eigenen Leuten in Schwierigkeiten gekommen zu sein. Man spricht davon, daß demnächst einiges geschehen wird.“
„Und?“
„Morgen abend gibt Lou in seinem Lokal in der 44. Straße eine große Party.“
„Im Starlet-Club?“
„Genau. Eine Menge Freunde vom lieben alten Lou werden dort aufkreuzen.“
„Party“ knurrte Jo. „Was hilft mir das?“
Roul sah ihn nachdenklich an.
„Willst du einen Rat von mir annehmen? Dann geh auf die Party. Lou ist ein impulsiver Mensch, und wenn du ihn überrumpelst, wird er bestimmt nichts gegen dich unternehmen. Rausschmeißen werden sie dich wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht erfährst du dabei etwas.“
„Okay.“ Jo schob einen Fünfzigdollarschein über die Theke. „Ich will mir’s überlegen.“
„Vergiß deine Kanone nicht“, ermahnte ihn Parker.
„Natürlich, Papa. Du bist heute wieder rührend besorgt um mich.“ Jo schlenderte hinaus auf die Straße und überlegte.
Er beschloß, dem Rat des ,weisen Mannes’ zu folgen.