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2. Kapitel

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Bill Joyce, der Besitzer des „Farewest“, warf sieh auf seinen verchromten Sessel und drückte auf den Knopf der Sprechanlage.

„Winternitz soll reinkommen!“ knurrte er.

Joyce war ein großer Mann mit dem Gesicht eines Raubvogels. Er hatte das „Farewest-Theater“ vor einigen Jahren aus einer Konkursmasse gekauft, in der Hoffnung, damit ein Geschäft zu machen. Bisher hatten sich seine Hoffnungen jedoch nicht erfüllt. Im Gegenteil. Es war ein Verlustgeschäft geworden.

Winternitz, der jetzt den Raum betrat, war sein Presseagent. Nur wenige wußten, daß Winternitz einige Vorstrafen auf dem Kerbholz hatte und stets, genau wie Joyce, einen Revolver in der Schulterhalfter trug.

„Wie steht’s?“ knurrte Joyce.

Der Agent ließ sich in einen der Drehstühle fallen und zündete sich eine Zigarette an.

„Nicht schlecht“, berichtete er. „Baldons Testament wird zwar erst morgen eröffnet, aber ich habe herausbekommen, daß er sein Theater dem College von Kent vermacht hat. Natürlich werden “die es. so schnell wie möglich verkaufen.“

„Der Laden hat einen Wert von einer Million“, sagte Joyce nachdenklich.

„Es liegt allerdings eine Hypothek darauf“, knurrte Wintemitz.

„Wie hoch?“

„Dreihunderttausend Dollar!“

Joyce spielte nachdenklich mit seinem silbernen Drehbleistift.

„Kaufen können wir es nicht, aber wir werden den Leuten von Kent einen Vorschlag machen. Wir bieten ihnen das Farewesť zum Tausch gegen das ,Baldou‘ an. Sie werden darauf eingehen. Bas ,Farewesť ist mindestens genausoviel wert. Der Boden, auf dem wir stehen, wird nach Quadratzentimetern bezahlt.“

„Okay“, sagte Winternitz. „Und dann?“

„Sie können dann das ,Farewest‘ verkaufen, möglichst an jemanden, der es abreißt und ein Bürohaus hinstellt. Wir sitzen dann im ,Baldon’ und haben den guten Ruf dieses Theaters für uns,“

„Und keine Konkurrenz vom ,Farewest‘“, grinste Winternitz. „Dunhill wird schön spucken, wenn er das erfährt.“

„Dunhill ist für uns eine große Gefahr“, erklärte Joyce. „Er darf uns auf keinen Fall zuvorkommen.“

„Wir haben einen Vorsprung von einem Tag, weil wir das Testament kennen. Den müssen wir ausnützen.“

„Deshalb fahren wir noch heute nach Kent“, erklärte Joyce und drückte auf die Sprechtaste. „Stellen Sie mir eine Verbindung mit dem College von Kent her“, befahl er seiner Sekretärin.

„Wir müssen unbedingt heute noch den Collegeausschuß zusammentrommeln“, erklärte Winternitz. „Die Sache muß so schnell wie möglich unter Dach und Fach gebracht werden. Übrigens habe ich eine Überraschung für Sie!“

„Schießen Sie los!“

„Ich kam vorhin zufällig an der Wohnung von Donelly vorbei. Sie wissen doch, das ist der Autor, der früher bei Baldon war und jetzt zu Dunhill übergewechselt ist.“

„Ja – und?“

„Einen Häuserblock weiter sah ich einen Mercedes SE stehen.“

„Wollen Sie Autovertreter werden?“

„Zufällig kenne ich den Wagen. Er gehört einem Joe Barry. Sie kennen ihn doch?“

„Oh, verdammt“, sagte Joyce. „Und ob ich den kenne.“

„Ich dachte mir sofort, daß da etwas faul ist und kehrte um.“

„Sie sind eine Träne, Winternitz, Sie wachen noch mal eines Morgens auf und stellen fest, daß Sie sich zu Tode geängstigt haben.“

Der Agent blieb ungerührt.

„Ich brauchte nicht lange zu warten. Ungefähr eine halbe Stunde später verließ Walker das Haus.“

Joyce stieß einen Pfiff aus.

„Daher weht also der Wind. Ich wette, hinter der ganzen Geschichte steckt der alte Dunhill.“

„Etwas Ähnliches dachte ich mir auch“, grinste Winternitz.

„Diese Burschen sollen sich die Finger an uns verbrennen“, sagte Joyce. „Sind Sie in der Lage, ein paar zuverlässige Leute zu engagieren?“

Winternitz dehnte seinen Körper, daß die Knochen knackten.

„Keine Sorge, Bill. Ich war zehn Jahre in der Sparte und kenne in New York genügend Leute, die für ein paar Dollar ihre eigene Großmutter umbringen würden.“

Joyce rieb sich «ufrieden die Hände.

„Genau solch»Typen brauche ich. Und jetzt hören Sie gut zu. Ich habe da bereits eine Idee … “

*

Joe Barry, wie er in Fachkreisen genannt wurde, betrat das Dienstzimmer von Captain Starr und warf seinen Hut schwungvoll auf einen Haken.

„Hallo, alte Kniegeige. Wir sind wieder mal Kollegen.“

„Was du nicht sagst“, grinste Starr. „Vorläufig ahne ich nur, daß meine sorgsam gehütete Whiskyflasche in Gefahr ist.“

„Keine Sorge“, versicherte Joe und stellte eine Flasche Bourbon, die er mitgebracht hatte, auf den Schreibtisch. „Das hatte ich schon lange vor. Und bitte fasse es genauso auf, wie es gedacht ist – als Bestechung.“

„Schön“, sagte Starr und stellte die Flasche in den Schreibtisch. „Ich werde die Augen zumachen, wenn ich davon trinke. Schieß los, altes Nashorn. An welcher Fährte klebst du im Augenblick.“

„John Baldon“, sagte Joe knapp.

Starr sah ihn überrascht an.

„Willst du in die Zeitungen kommen? Im Augenblick ist das ein aktuelles Thema für die Presse.

„Sicher, ich war schon als kleiner Junge sehr eitel und trug ein Korsett.“

Joe brannte sich eine Chesterfield an und erzählte dem Captain, in wessen Auftrag er stand.

„Eine undurchsichtige Geschichte“, sagte Starr. „Wahrscheinlich kennst du schon die Vorgeschichte. Im Augenblick läuft eine Großfahndung nach Joe Corbett, der immer noch nicht auf getaucht ist. Ich weiß nicht, ob Corbett den Mord begangen hat, ob er im Auftrag eines anderen gehandelt hat oder ob er überhaupt nichts mit der Sache zu tun hat. Aber ich weiß, daß er eine absolut zweitrangige Figur ist.“

Joe nickte.

„Im Augenblick dürfte sich der Kampf um die Nachfolge von John Baldon entwickeln.“

„Genau! Normalerweise würde uns das nicht weiter stören. Aber die Leute, die da mitmischen, sind ausgesprochen verdächtige Typen. Bill Joyce vom ,Farewest-Theater‘ hat sein Geld in der Prohibitionszeit mit Alkoholschmuggel verdient, und Tony Dunhill ist ebenfalls ein recht zwielichtiger Gentleman. Früher war er in Philadelphia und besaß dort ein Theater. Als ein Konkurrenzunternehmen abbrannte, wurde er unter Anklage gestellt. Man konnte ihm damals nichts nachweisen, und er kam nach New York.“

„Die beiden könnten die Hauptakteure sein“, sagte Joe. „Aber man weiß nie, ob nicht doch noch jemand hinter ihnen steht.“ –

„Du weißt, daß ich gestern in Kent War und miterlebte, Wie John Baldon in die Luft gesprengt wurde“, sagte Starr.

„Ich nehme an, das war kein Zufall!“

„Richtig. Ich hafte erfahren, daß Dunhill Und Joyce sich zusammengetan hatten, um etwas gegen Baldon zu unternehmen. In einer Woche beginnt die neue Spielzeit, und ich fürchtete, daß sie Baldons Kulturscheune anstecken oder auf andere Art seine Aufführungen sabotieren würden. Deshalb war ich draußen, um ihn zu warnen.“

„Glaubst du, daß Joyce und Dunhill zusammengearbeitet haben, um ihn umzubringen?“

„Offen gestanden, nein. Daß Sie seine Aufführungen gemeinsam störten, kann ich mir vorstellen. Nicht aber, daß beide ihn umbrachten. Die Burschen sind gerissen genug, um ZU wissen, daß mit dem Augenblick von Baldons Ableben der Kampf zwischen ihnen losbricht“

„Wer aber hat dann Baldon ermordet?“

„Einer von beiden allein – oder ein anderer. Ich hoffe, wir erfahren mehr darüber, wenn wir diesen Corbett erst haben. Heute abend erscheint Seih Bild in Sämtlichen FernsehStationeh, Ich hoffe, das wird uns bei-der Sache helfen.“

„Er kann ja nicht spurlos verschwunden sein“, sagte Joe. „Zumindest nicht sein Wagen.“

„Seit gèstem fahnden sämtliche Polizeistationen im Umkreis von dreihundert Meilen nach diesem Chevrolet. Heute wird der Radius auf fünfhundert Meilen ausgedehnt,“

„Gibt es in der Nähe von Kent einen Fluß oder einen See, in dem man einen Wagen versenken könnte?“ fragte Walker.

Starr sah ihn überrascht an.

„Das wäre eine Möglichkeit. Darauf bin ich noch nicht gekommen. Ich werde sofort dafür sorgen, daß man das nachprüft. “

Er nahm den Telefonhörer hoch und gab einige Anweisungen.

„Spätestens heute abend wissen wir, ob dein Verdacht richtig ist“, sagte er dann. „Was wirst du jetzt unternehmen?“

Joe erhob sich.

„Ich werde Bill Joyce und Tony Dunhill unter die Lupe nehmen. Mir scheint, das sind im Augenblick ausgesprochen interessante Leute.“

„Vergiß nicht, dein Schießeisen einzustecken“, sagte Antony Starr. „Ich würde die beiden nicht unterschätzen, Es kann sein, daß du Ärger bekommst, wenn sie merken, daß du deine Nase tiefer in ihre Angelegenheiten steckst als ihnen lieb ist.“

„Okay, Daddy“, sagte Joe. „Ganz wie du willst!“

*

Tony Dunhill schmetterte den Telefonhörer auf die Gabel und drückte auf den Knopf. Wenig später trat Bill Donelly ein.

„Hallo, Bill! Du machst einen zufriedenen Eindruck.

„Bin ich auch, Tony. Ich habe Joe Barry engagiert,“

Dunhill machte ein Gesicht, als hätte er einen Golfball verschluckt. Der Theatermann war klein und untersetzt. Er hatte dichtes graues Haar und einen Bartwuchs, der um elf Uhr morgens die Behauptung Lügen strafte, er hätte sich um neun Uhr rasiert. Er stammte aus Schottland, während Donelly geborener Italiener war. Beide waren typische Vertreter ihrer Heimatländer.

„Was hast du getan?“ fragte er bestürzt.

„Mir ist noch nie aufgefallen, daß du begriffsstutzig bist, ausgenommen jetzt! Ich habe Walker engagiert!“

„Bist du verrückt? Der Mann ist Dynamit!“

„Weiß ich! Mit Dynamit kann man sprengen, und das habe ich vor.“

„Ich verstehe immer noch nichts“, sagte Dunhill unwillig.

„Okay, ich will es dir erklären. Heute früh hat man versucht, mich umzubringen. Es muß jemand vom ,Farewest‘ gewesen sein. Damit war mir klar, daß es zwischen Joyce und uns jetzt hart auf hart gehen wird. In diesem Kampf wird Walker unsere stärkste Waffe sein.“

„Hoffentlich hast du recht“, brummte Dunhill skeptisch. „Ich persönlich verlasse mich lieber auf das hier!“ Er holte einen Revolver heraus.

„Jeder nach seinem Geschmack“, sagte Donelly. „Was hast du übrigens in Hinsicht auf das ,Baldon-Theater‘ unternommen?“

„Das Testament wird morgen geöffnet. Es wird dann herauskommen, daß Baldon sein Theater dem College von Kent vermacht hat.“

„Wir müssen das Theater unbedingt an uns bringen“, sagte Donelly. „Auf keinen Fall darf Joyce das Rennen machen.“

„Soviel ist mir auch klar“, sagte Dunhill mürrisch. „Aber gibst du mir das Geld? Das ,Baldon’ ist mindestens eine Million wert!“

„Immerhin liegt eine Hypothek von dreihunderttausend Dollar darauf, die wir übernehmen. Also fehlen noch siebenhunderttausend. Wir nehmen nochmals eine Hypothek von dreihunderttausend auf. Die restlichen vierhunderttausend kann ich dir beschaffen. Ich habe einen Geldgeber an der Hand, der allerdings im Hintergrund bleiben möchte.“

„Ich verstehe. Was machen wir aber, wenn wir das ,Baldon“ haben?“

„Das laß nur meine Sorge sein“, versicherte Donelly. „Ich bin überzeugt, daß der Ruf dieses Theaters allein genügt, um uns in einer Saison ein Drittel des hineingestechten Geldes einzuspielen – wenn nicht noch mehr. Außerdem habe ich bereits meine eigenen Vorstellungen, wie wir es anstellen, daß ganz New York ins ,Baldon’ strömt.“

Auf seinem sonst unbewegten Gesicht erschien ein flüchtiges Lächeln.

„Im Augenblick dürfte das Hauptproblem sein, Joyce auszuschalten. Und ich wette, daß er im Augenblick dasselbe mit uns vorhat“, sagte Dunhill.

Donelly zog eine silberne Zigaretten schachtel aus der Tasche und entnahm ihr eine Zigarette.

„Wie du es anstellst, ihn auszuschalten, überlasse ich dir“, sagte er. „Die Hauptsache ist, wir bekommen das ,Baldon‘. Dann laß mich nur machen, und du wirst sehen, wir machen das Geschäft unseres Lebens.“

„Okay“, sagte Dunhill. „Willst du wissen, was ich vorhabe?“

„No“, erwiderte Donelly und gähnte. „Ich will mein Gewissen rein erhalten. Bis später, Bill!“

*

Joe Barry war der Ansicht, daß der direkte Weg in diesem Fall der aus sichtsreichste war. Er fuhr also ins „Farewest“, als er Starr verlassen hatte.

Das Theater lag gegenüber dem Prachtbau des „Baldon“. Das „Baldon“ stammte aus den Gründerjahren und war außen reich mit Erkern, Säulen und anderen Verzierungen überladen. Das „Farewest“ dagegen war ein moderner Bau, wenn er auch schon seine dreißig Jahre hinter sich hatte. Ein paar Häuser weiter lag das „Dunhill“, das sich im unteren Stockwerk eines Hochhauses befand.

Joe parkte den Wagen und ging durch eine enge Gasse zum Bühneneingang des „Farewest“. Diese Gäßchen wurden immer seltener am Broadway. Sie sind eng und dunkel, mit Abfällen, Papier und Schmutz übersät. Zu beiden Seiten ragen die grauen Fassaden von Hochhäusern in den Himmel. Feuerleitern kleben daran.

Er trat unter die Markise des Gebäudes, die vor der heißen Augustsonne Schutz bot. Einen Augenblick blieb er vor der Programmtafel stehen, auf der noch der Titel des letzten Stückes stand: „Der Weg nach oben.“

„Mit dem Titel hat er sich ein bißchen übernommen“, brummte Joe, der sich daran erinnerte, daß dieses Stück die Premiere nicht überlebt hatte.

Er machte die Tür zum Bühneneingang auf und trat herein. Ein älterer Mann in der Portiersloge sah von seiner Zeitung auf, als Joe eintrat.

Mißtrauisch musterte er Walker. Er war seit dreißig. Jahren hier, und es gab in New York nicht viel Theaterleute, die ihm unbekannt waren. Walker aber wußte er offenbar nicht unterzubringen.

„Was wollen Sie?“ brummte er.

„Ich möchte Mr. Joyce sprechen!“

„Ausgeschlossen, Mister. Das hier ist ein Theater und kein Vereinslokal. Außerdem ist gerade Probe.“

„Schon gut“, sagte Joe und ging an ihm vorbei, ohne sich um das Gezeter zu kümmern, das der Alte hinter ihm anstimmte. Er kam durch mehrere Türen und geriet schließlich an den Garderoben vorbei, in den Zuschauerraum.

Der große, ovale Raum war verdunkelt. Nur das helle Licht einiger Scheinwerfer war auf die Bühne gerichtet. Eine Gruppe von Schauspielern bewegte sich dort und probte eine Szene aus dem Theaterstück, das Joyce zu Beginn der neuen Spielsaison herausbringen wollte und das, wenn man der Flüsterpropaganda glauben durfte, ein Versager sein würde. Joe blieb stehen und sah der Probe eine Weile zu.

Einige Reihen vor ihm saßen zwei Männer. Einer davon mußte Joyce sein. Sie unterhielten sich leise beim Schein einer abgeblendeten Lampe.

Joe waren die Schauspieler unbekannt. Doch dann entdeckte er zu seiner Überraschung Virginia Reston zwischen ihnen. Sie war eine bekannte Schauspielerin, die während der letzten Jahre einige erfolgreiche Filme in Hollywood gedreht hatte. Joe hatte nicht erwartet, sie hier zu finden.

Vermutlich war sie der Rettungsanker. Ihr Name allein bürgte für ein volles Haus, ganz gleich, was gespielt wurde.

Nachdem Walker viermal hintereinander denselben Text gehört hatte, kannte er die Szene gut genug, um sich dem eigentlichen Zweck seines Kommens zuzuwenden. Er ging den Mittelgang hinunter und setzte sich sich neben die beiden Männer.

Ein verblüfftes Raubvogelgesicht sah ihn an.

„Wer, zum Teufel, sind Sie? Was wollen Sie hier?“

„Ich kann Ihre Neugier verstehen!“ Joholte seine Lizenz heraus und hielt sie dem Mann hin. „Ich nehme an, Sie sind Mr. Joyce.“

„Der bin ich“, sagte der Mann und wies auf seinen Nachbar. „Das hier ist mein Presseagent, Mr. Winternitz.“

Mißtrauisch musterte der Theaterbesitzer den Besucher.

„Wollen Sie mir einreden, Sie intereissieren sich für Kunst, Mr. Walker?“

„Nicht nur. Ich interessiere mich auch für die Leute, die möglicherweise etwas mit dem Mord an John Baldon zu tun haben.“

Wie ein Boxer beobachtete er die Wirkung seines Schlages.

Joyce fixierte ihn kühl.

„Ich schätze, da sind Sie an der falschen Adresse, Mister!“

Wintemitz schaltete sich ein.

„Ich schlage vor, wir besprechen das oben in Ihrem Büro, Mr. Joyce. Mr. Walker scheint der irrigen Ansicht zu sein, wir hätten etwas mit diesem Mord zu tun, und ich bin dafür, daß wir ihm diesen Irrtum ausreden.“

„Einverstanden“, sagte Joyce und erhob sich.

Sie verließen den Zuschauerraum und stiegen die Treppe empor. Das Büro von Joyce lag an der Vorderseite des Theaters, Die breiten Schiebefenster zeigten auf die Straße. Gegenüber konnte man das „Baldon“ sehen.

„Nun, Mr. Walker, wie kommen Sie auf diese Schnapsidee?“

Joe stellte sich ans Fenster Und sah hinüber zum „Baldon“.

„Heute morgen“, sagte er, „wurde auf Bill Donelly ein Mordanschlag verübt. Er befand sich dort drüben. Sie können den Raum mit der zersplitterten Fensterscheibe von hier aus gut erkennen. Die, Kugel, die die Scheibe zerschlug, galt ihm, und sie wurde von hier aus abgefeuert!“

Winternitz trat mit zusammengekniffenen Augen auf Walker zu.

„Sind Sie wahnsinnig! Wollen Sie etwa behaupten, wir hätten auf Donelly geschossen?“

„Lassen Sie den Revolver stecken“, sagte Walker ruhig. „Sie sind in den letzten Jahren etwas aus der Übung gekommen. “

Er hielt plötzlich eine Automatic in der Hand. Widerstrebend schob Winternitz seinen Revolver in die Schulterhalfter zurück. Joe ließ ebenfalls seine Automatic wieder verschwinden.

„Wozu die Aufregung, Wintemitz?“ fragte er kühl. „Ich habe nicht behauptet, daß Sie oder Mr. Joyce geschossen haben, sondern nur festgestellt, daß der Schütze sich im ,Farewest Theater’ befunden haben muß.“

„Könnte er nicht auf der Straße gewesen sein?“ wandte Joyce vermittelnd ein.

„Unmöglich, Abgesehen davon, daß die Gegend hier reichlich belebt ist, hätte in diesem Fall die Kugel in die Decke des Raumes einschlagen müssen. Sie steckte aber in der Wand.

„Was wollen Sie damit sagen?“

Joe ließ den Theatermanager darüber im unklaren. Der Zweck seines Besuches war erfüllt: Er hatte Joyce und Winternitz kennengelernt und hatte sie mit seinen vagen Andeutungen beunruhigt. Alles Weitere mußte er abwarten.

„Das wäre vorläufig alles“, sagte er gelassen. „Ich wollte Sie nur kennenlernen, da wir sicher noch miteinander zu tun haben werden.“

Er ging zur Tür und wandte sich noch einmal um.

„Es ist möglich, daß die Polizei in Kürze hier auftaucht. Ich an Ihrer Stelle würde mir jetzt schon eine glaubhafte Geschichte überlegen. – So long, Mr. Joyce.“

Er ging die Treppe zum Bühnenausgang hinunter. Die Probe war inzwischen beendet, und die Schauspieler verließen mit ihm das Theater.

Joe blieb einen Augenblick auf der Straße stehen und sah sich um. Soeben verließ Virginia Reston das Theater. Sie sah sich einen Augenblick suchend um und lief dann auf ein Taxi zu, das am Straßenrand parkte. Joe beobachtete, wie sie einstieg und das Taxi anfuhr. Plötzlich machte er eine überraschende Entdeckung, und diese Entdeckung veranlaßte ihn, zu seinem Flitzer zu rennen und mit oft geübten Handbewegungen den Wagen in Rekordzeit zu starten.

Privatdetektiv Joe Barry - Alles nur Theater

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