Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - Jagd auf Unbekannt - Joe Barry - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеJo stieg, vor sich hinpfeifend, in seinen 190 SL und fuhr nach Hause. Bis zur Dunkelheit waren es noch vier Stunden, in denen er nichts tun konnte. Er kaufte sich unterwegs einen Stoß Zeitungen, um sich über die Revolutionen und Kleinkriege der letzten Zeit einigermaßen zu informieren.
In seiner Wohnung drehte er das Radio an, stellte die Whiskyflasche in Reichweite und legte die Beine auf den Tisch. So lag er ungefähr zwanzig Minuten, bis die Türklingel ging. Da er um diese Zeit niemanden erwartete, wunderte er sich darüber.
Er öffnete die Korridortür. Es war niemand zu sehen. Mißtrauisch blickte er sich um.
Ein plötzliches Geräusch auf der Treppe unter ihm ließ ihn nach unten sehen. Jemand hatte die Lifttür geöffnet. Ein Arm schob sich hindurch.
Dann geschah alles blitzschnell. Eine kurze, ruckartige Bewegung, und ein blinkender Metallgegenstand wurde nach oben geschleudert.
Jo brauchte nicht erst darüber nachzudenken, worum es sich hier handelte. Er hatte, als er bei der Marineinfanterie in Korea war, mehr als genug von diesen verteufelten Dingern gesehen und wußte, wie er zu reagieren hatte.
Die Eierhandgranate hatte den Boden noch nicht berührt, da schoß sein Fuß nach vorn und schleuderte sie in den Treppenschacht zurück. Dann warf sich Joe zurück. Sekundenbruchteile später erschütterte die Explosion das Haus. Kalk rieselte von den Wänden, die Treppe erzitterte.
Ohne sich zu besinnen, stürmte Barry nach unten, während der Lift mit seinem Gegner abwärtssauste. Als er den untersten Treppenabsatz erreicht hatte, hörte er das Aufheulen eines Automotors und das Geräusch eines sich mit hoher Geschwindigkeit entfernenden Wagens.
Als er die Haustür aufriß, sah er einen grauen Chevrolet um die Ecke Gun Hill Road — Wayne Avenue biegen. Er hechtete in seinen SL und jagte dem Wagen nach. An der Biegung war nichts zu sehen. Er fuhr einige Straßen weiter, ohne etwas von dem grauen Chevrolet zu entdecken. Nachdem er den Häuserblock einige Male umrundet hatte, kehrte er langsam wieder zurück.
Er war davon überzeugt, daß die Burschen irgendeinen Trick hatten, mit dem sie den Wagen verschwinden ließen. Er würde ihn herausfinden müssen. Nachdenklich blieb er vor den Trümmern des halbzerstörten Treppenhauses stehen. Die Bewohner der umliegenden Häuser waren zusammengelaufen.
Als Joe abends zurn Hafen fuhr, hatte er das Gefühl, jetzt aufdrehen zu müssen, bevor die Burschen zu dreist wurden. Er ahnte allerdings nicht, daß diese Eierhandgranate nur ein bescheidener Auftakt zu einem wilden Abenteuer sein sollte.
Er stellte den Mercedes in der Nähe der Pier 613 ab und schleuderte zu Fuß weiter. Die Pier war menschenleer. Schwarz und etwas verwahrlost lag die „Tyrrhos“ da, wie ein Seelenverkäufer aus der alten Zeit.
Fünf Minuten später war Barry an Bord.
Sein Weg zu den Laderäumen führte ihn an der dunklen Kapitänskabine vorbei. Von der Besatzung schien mit Ausnahme einiger Matrosen, die mit nacktem Oberkörper an Beck saßen und pokerten, niemand an Bord zu sein.
Die Laderäume waren mit großen, länglichen Kisten vollgestapelt. Ein kleinerer Raum enthielt flache, quadratische Kisten, in denen sich vermutlich Munition befand. Ihn interessierten jedoch vor allem die anderen Kisten.
Er nahm seinen Kugelschreiber mit der eingebauten Taschenlampe und beleuchtete einen der Ladezettel.
„O’Brien Company“, las er. „Traktorenersatzteile“.
Mal sehen, was für Traktoren damit gemeint sind, dachte er und suchte ein Brecheisen. Es bereitete ihm einige Mühe, eine der massiven Kisten aufzubrechen. Dann hatte er es geschafft und hob den Deckel an. Er riß das gelbe Ölpapier auf und leuchtete hinein.
Sieh mal einer an, dachte er und grinste. Ein echtes Maschinengewehr. Er beugte sich darüber und untersuchte die Waffe genauer.
Es war ein deutsches MG 42, jenes Maschinengewehr, das seit dem Krieg von allen Ländern der Erde nachgebaut wurde. Schwarz schimmerte der gut geölte Lauf.
„Bestimmungsland Dominikanische Republik“, laa er.
In diesem Augenblick hörte er hinter sich ein Klicken, das sich wie das Entsichern eines Revolvers anhörte. Seine Hand fuhr zur Schulterhalfter, aber es war schon zu spät.
Die Deckenbeleuchtung flammte auf, und eine Stimme mit starkem spanischem Akzent sagte:
„Geben Sie sich keine Mühe, Privatdetektiv Joe Barry, Sie haben nicht mehr Chancen als ein Ventilator gegen einen Wirbelsturm.“
Langsam drehte sich Joe um.
„Hübsch die Hände hoch“, kommandierte die Stimme. „Und das Gesicht zur Wand. Glauben Sie nicht, bei uns einen Ihrer faulen Tricks anbringen zu können.“
Jo wandte sein Gesicht wieder zur Wand. Er hatte genug gesehen. Einen massigen Körper mit einem Kopf, der von einem Walroß zu stammen schien.
Jetzt ertönten Schritte hinter ihm. Jemand tastete ihn nach Waffen ab und nahm seine Automatic weg. Dann durfte er sich umdrehen.
Der Mann, der ihn angesprochen hatte, grinste ihn breit an. Sein schwarzer Bart gab ihm das Aussehen eines fetten spanischen Kneipenwirtes.
„Ich bin José“, stellte er sich vor und deutete auf die beiden anderen Männer, die Barry jetzt entdeckte. „Das da sind Carlos und Tony. Carlos ist Spezialist für Sprengungen, und auch Tony ist Spezialist. Er spielt besser mit der Maschinenpistole als auf dem Klavier.“
„Eine begabte Gesellschaft seid ihr“, grinste Joe und verbeugte sich leicht. „Ich bin Spezialist im Gangsterfang.“
„Das reinste Spezialistentreffen“, sagte der Dicke und kam langsam auf Barry zu. Er grinste breit. Immer noch hielt er einen großkalibrigen Revolver auf Barry gerichtet.
„Und nun zum geschäftlichen Teil.“
„Ich bin ganz Ihrer Ansicht“, sagte Joe. „Wie wär’s aber, wenn Sie vorher Ihre Taschenflak wegstecken.“
„Das ist uns zu riskant“, meinte José und blieb dicht vor Barry stehen. „Wir kennen Ihren Ruf und wissen, daß wir Ihnen besondere Ehre schuldig sind.“
Er grinste auch noch, als seine Faust vorschoß. Joe konnte nur eine schwache Abwehrbewegung machen und nicht verhindern, daß ihn der Schlag mit voller Wucht unter das Kinn traf.
Mit lauerndem Blick beobachtete ihn der Dicke wie eine Kreuzspinne ihr Opfer, um das sie ihr tödliches Netz werfen will. Einen Augenblick taumelte Joe, aber während es noch so aussah, als fiele er zu Boden, schlug er zu. Seine Faust bohrte sich in den Magen Josés. Fast gleichzeitig landete er einen linken Aufwärtshaken am Kinn des Dicken, der diesem den Kopf nach hinten riß. Dann ging er noch mit einem Volltreffer hinterher.
José stürzte zu Boden. Barry versuchte, ihm im Fallen den Revolver wegzunehmen, aber im selben Augenblick sauste ein Totschläger mit voller Wucht auf seinen Kopf. Er verspürte einen jäh aufflammenden Schmerz, dann wurde ihm schwarz vor den Augen.
*
Als Barry wieder erwachte, lag er auf dem Achterdeck des Schiffes. Seine Hände und Füße waren mit soliden Schiffstauen gefesselt. An dem Stampfen der Maschinen und den Bewegungen des Schiffes erkannte er, daß sie sich auf hoher See befanden.
Um ihn herum herrschte geschäftiges Treiben. Männer in olivgrünen Khakianzügen und Kubanbärten waren damit beschäftigt, Kisten zuzunageln und in die Laderäume zu transportieren. Es waren dieselben Kisten, die Joe am Abend zuvor gesehen hatte.
Eine Weile blieb er regungslos liegen. Er erkannte José, der zusammen mit Carlos an der Reling stand. Die Stimme Josés klang gequetscht. Unwillkürlich mußte Joe grinsen.
„Diesmal hat O’Brien einwandfreie Ware geliefert“, hörte er José sagen. „Deswegen bleibt jedoch die Tatsache bestehen, daß seine letzte Munition nichts taugte. Das haben zehn unserer Leute mit ihrem Leben bezahlt. O’Brien wird dafür büßen müssen.“
„Ganz meine Ansicht“, sagte Charlos. „Einen ersten Erfolg haben wir schon erzielt. Daß wir die ,Tyrrhos’ gekapert haben, kostet diesen verdammten Gringo mindestens eine Million. Ganz zu schweigen von der Ladung.“
„Hoffentlich schickt er uns nicht die Bullen auf den Hals“, sagte José.
„Keine Sorge“, lachte Carlos. „Damit würde er sich nur ins eigene Fleisch schneiden. Übrigens, was macht eigentlich unser Gefangener? “
Er trat auf Barry zu und stieß ihm mit dem Fuß in die Seite.
„Bin schon wach“, erklärte Joe und richtete sich auf. Sein Kopf schmerzte immer noch höllisch. Er zwang sich zu einem Grinsen.
„Wie geht’s eurem Häuptling, Carlos? “ fragte er. „Seine Stimme klingt leicht lädiert.“
José trat auf ihn zu.
„Werde nicht frech, Barry“, zischte er wütend. „Du nimmst dir zuviel heraus. Offenbar verkennst du die Situation, in der du dich befindest. Ich an deiner Stelle wäre ein wenig bescheidener. Oder macht es dir Spaß, von einem Haifisch verspeist zu werden? “
Jo machte ein ungläubiges Gesicht.
„Sie scherzen, José. Das kann nicht Ihr Ernst sein. Sie werden doch nicht die einfachsten Regeln des Anstands verletzen wollen? “
José wandte sich an Carlos.
„Der Bruder weiß genau, daß wir etwas von ihm wollen, sonst würde er nicht so den großen Mann markieren. Ich habe dir ja gleich gesagt, daß er eine harte Nuß ist.“
Joe, der damit eine Vermutung bestätigt fand, lehnte sich behaglich zurück.
„Bevor ich mir eure Vorschläge anhöre“, sagte er lässig, „verlange ich, daß man mir die Fesseln abnimmt. Ferner wünsche ich ein anständiges Frühstück, Whisky und Zigaretten — Chesterfield, selbstverständlich.“
Einen Augenblick sah es so aus, als wolle sich José auf ihn stürzen, aber dann beherrschte er sich.
„Na schön“, sagte er. „Aber wenn du verdammtes Großmaul nicht auf unsere Vorschläge eingehst, verfüttere ich dich eigenhändig an die Haifische. Dann kannst du über deine Frechheit nachdenken.“