Читать книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder, Christian Friedrich Hebbel - Страница 50

Verse unter die Kupfer des Gothaischen Kalenders vom Jahr 1772. NB. Die Kupferstiche müssen dabei in die Hand genommen werden.

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Dein Mittel wider Unzucht trüget nicht,

Zween Gürtel und ein dumm Gesicht.

N o 1

Was so ein Blättchen deckt,

Das reizet und erschreckt

Das reizbarste der Mädchen

Und furchtsamste der Mädchen

So wenig als das Blättchen.

N° 2

Nimm nur das Blättchen weg, zum Reizen oder Schrecken

Kann sicherlich nichts drunter stecken.

N° 3

Das Feuer zu dem großen Brand

Zur Fackel, mein ich, in der Hand

Hat er selbst Jupitern entwandt.

Allein die, die er so versteckt

Und gar mit einem Kräutgen deckt,

Die, fürcht ich, hat er sonst wo angesteckt.

N° 4

Bloß Feuer für den Feuerherd

Zu stehlen war der Müh nicht wert,

Dürft ich Zeus Feuerschatz bestehlen,

Ich wollte mir ein bessres wählen.

N° 5 auf den Erfinder des Feuers

Die Fackel unterm Blatt ist so verschwunden

Als hätt der Mann den Frost erfunden.

Mit diesem Schälgen kann Hygea alles heilen,

Nur Wunden nicht von Amors Pfeilen:

Denn da muß sie sich oft bequemen,

Ihr andres auch dazu zu nehmen.

Venus und Cupido, die das Gewand nach entgegengesetzten Richtungen ziehen

Gleich lös' ich euch dies Rätsel auf:

Der Mann hinab, die Frau herauf.

Die Amazone

Den alten Amazonen fehlte eine,

Und unsre neuern haben keine.

Leda

Kaum kann das arme Ledchen stehen!

Was alle lieber tun als sehen,

Geschieht ihr, oder ist geschehen.

Flora

Daß so im Hemdgen da zu stehn,

Nicht eben allen läßt, kann man an Florchen sehn.

Euterpe

Hier, sagt Euterpe, liegt mein Schmerz,

Und da will ich daß er geheilet werde:

Drum zeigt sie mit der Linken auf ihr Herz

Und mit der Rechten auf die Erde.

(Dieses Sinngedicht könnte ein sehr philosophisches Ansehn erhalten wenn man statt Euterpchen, das Mädchen läse, und ihr Zeigen auf die Erde vom Tode verstehen wollte. Der Verfasser versteht aber hier unter Erde jede ausgebreitete Decke, einen weichen Rasen pp. )

Erato

Bei so viel Heiligkeit und Andacht auf den Wangen

Da denk' ich gleich die Hure will mich fangen.

Meleager

Man hielt dich (hättst du Hosen an)

Fürwahr für einen ganzen Mann.

Baccha

Dein linker Arm und dein Gesicht

Sind allerdings die schönsten nicht,

Doch kann ich durch die Leinwand schätzen,

Die Mängel ließen sich ersetzen.

Bacchus

Dies war der Gott des Weins? So sieht beim Bauernschmaus

Ja kaum der Gott des Fusels aus.

Auf die mystische Lage der Hände in dieser und der Mediceischen Venus

Der Künstler gibt von innerm Brand

Und seiner Löschung hier geheime Winke,

Dort brennt es zwar, sagt uns die rechte Hand,

Allein hier löscht man, sagt die linke.

An den Amor

Hör Junge quäl mit Ziehn die Göttin nicht:

Sie zeigt ja Brust und Seite und Gesicht.

Mit Recht kann sie den Augen dann mißgönnen

Was wir von allen sehen können.

Die Reise nach Gotha über Wiegleben

Ihr Leute, wenn ihr reisen wollt, So nehmet erst zu Herzen, Was ihr anitzo hören sollt Von Kälte, Not und Schmerzen. Nach dem was die Geschichte spricht, Ist eine solche Klag-Geschicht Von Süden bis nach Norden Noch nie erhöret worden.

Von Langensalza kamen wir Mit sechsen angefahren. Es warn der Seelen unser vier, Die in dem Wagen waren. Von diesen fuhren rückwärts Ich Mit Johann Christel Dieterich, Vorwärts zwo junge Frauen, Nicht übel anzuschauen.

Gut und geräumlich saßen wir Vom Kopf bis an die Lenden, Allein der Beine zweimal vier, Die konnten wir nicht wenden: Bald wars hier gut und dort nicht recht Und bald in allen Ecken schlecht Und immer gab es Sachen Zum Weinen oder Lachen.

Da fing die Nacht vom Untergang An ihren Trost zu senden. Flugs wurden unsere Beine lang Und kurz die Komplimenten, Da drückten, stießen, drängten wir Aus allen Kräften alle vier Die Knie in Reih' und Glieder Wie Schwestern und wie Brüder.

Bei jedem Kniechen war ein Knie, Bei jedem Knie ein Kniechen: In bunter Reihe lagen sie, Wie Knie gerne liegen. Nun ward auf einmal Ach und Weh, Gespenster, Räuber, Umsturz, Schnee Mit allen Reise-Plagen Ganz aus dem Sinn geschlagen.

Leid war mirs nun, daß wir so nah An Ort und Stelle waren; Ich wäre bis Batavia Gar gerne so gefahren. Da sprach ich heimlich: Blieben wir Doch nur ein bißgen länger hier. Den Seufzer (ohne Zweifel), Den hörete der Teufel.

Kaum sagt ich bei mir: blieben wir, So warn wir schon geblieben Und leider! ward mein: länger hier Nur allzulang getrieben. Es fluchte, peitschte, senkte sich, Kurz: Damen, Dieterich und ich, Wir staken da in Sachsen Im Dreck bis an die Achsen.

Die Hexe die ich meine. Parodie

O was in tausend Zauberpracht,

Die Hexe, die ich meine, lacht!

Nun sing, o Lied, und sag's der Welt:

Wer hat den Unfug angestellt;

Daß so in tausend Zauberpracht

Die Hexe, die ich meine, lacht?

Wer schuf, zu frommem Trug so schlau,

Ihr Auge sanft und himmelblau? –

Das tat des bösen Feindes Kunst;

Der ist ein Freund vom blauen Dunst;

Der schuf, zu frommem Trug so schlau,

Ihr Auge sanft und himmelblau.

Wer hat gesotten das Geblüt,

Das aus den Wangen strotzt und glüht? –

Der Koch, den ihr erraten könnt,

In dessen Küch' es immer brennt;

Der hat gesotten das Geblüt,

Das aus den Wangen strotzt und glüht.

Wer schwefelte so licht und klar

Der kleinen Hexe krauses Haar? –

Hans Satan, der zu aller Frist

Der größte Schwefelkrämer ist;

Der schwefelte so licht und klar

Der kleinen Hexe krauses Haar.

Wer gab zu Heuchelred' und Sang

Der Hexe holder Stimme Klang? –

O die Musik ist dessen wert,

Der die Sirenen trillern lehrt;

Der gab zu Heuchelred' und Sang

Der Hexe holder Stimme Klang.

Wer schuf, o Liedlein, mach es kund

Der Hexe Brust so apfelrund? –

Der Adams Frau das Maul geschmiert

Und ihn mit Äpfeln angeführt;

Der schuf, zur Warnung sei es kund!

Der Hexe Brust so apfelrund.

Wer hat die Füßchen abgedreht,

Worauf die kleine Hexe geht? –

Ein Drechsler war es, der es tat,

Der selber Ziegenfüßchen hat:

Der hat die Füßchen abgedreht,

Worauf die kleine Hexe geht.

Und wer versah, so schlangenklug,

So Herz als Mund mit Lug und Trug? –

Er tat's, der höllische Präfekt,

Der in die Welt die Lügen heckt;

Der, der versah, so schlangenklug,

So Herz als Mund mit Lug und Trug.

Wie kommt es, daß zu jeder Frist,

April der Hexe Wahlspruch ist? –

Der Teufel, der's ihr angetan,

Tat's ihr der Hörner wegen an;

Denn wenn die Hexe standhaft wär',

Wo nähm' der Teufel Hörner her?

Den gnade Gott, den sie berückt,

Und in ihr Zaubernetz verstrickt!

Denn, nicht für meiner Sünden Pein,

Möcht' ich des Teufels Schwager sein.

Drum gnade Gott, den sie berückt,

Und in ihr Zaubernetz verstrickt!

Die Champagner-Bouteille im Kühlfaß

So lang' ich fest steh', steht mein Herr;

So bald ich tanze, tanzt auch er;

Kaum tauml' ich um und lege mich,

So taumelt Er und legt auch Sich.

An die liederliche Thais

Wie jetzt bei dir Reiz und Gesundheit stehen,

Kannst du an deinem Spiegel sehen:

Glanz, Gold und Bänder äußerlich,

Und – und Quecksilber innerlich.

Als der Wirt zum goldnen Fisch zum Schild einen Regenbogen wählte

Ha, ha! Herr Wasserschenk, bereut Er seine Sünden?

Nun wird sein Wein bald wieder Käufer finden:

Weil man aus seinem Regenbogen schließt,

Daß nun die Flut vorüber ist.

Opim und Nachbar Seip

Komm, schönste Hälfte, sagt Opim,

Und meint damit sein Weib:

Sehr recht, denn halb gehört sie ihm

Und halb dem Nachbar Seip.

Noah der Stifter der zweiten Sündflut

Der Wasserflut entging der brave Mann,

Und baute drauf den Weinstock an,

Und öffnete dadurch den Quell der zweiten Flut,

Die mehr als jene erste tut.

Der Seelenarzt zu N. an seine Gemeinde

Den ganzen Tag, hör' ich, sei unter Euch die Frage:

Ob Ich auch Selbst das tue, was ich sage?

Nein! – Ich als Seelenarzt treib's, wie's ein Doktor treibt:

Kein Doktor in der Welt verschluckt, was er verschreibt.

Thraso und der Astronom, ein Einfall des Shakespear

Thraso: Wars nicht unterm feurigen Mars, da mich meine Mutter gebar?

Astronom: Zu dienen, ja unter dem Mars, zur Zeit, da er rückgängig war.

Dusch-Cantate auf dem obersten Altane abzupauken

(Eigentlich freilich auf Pauken gesetzt, es geht aber auch auf Gießkannen).

Brennt, ihr Kometen!

Schallt, ihr Trompeten!

Tönet, ihr Flöten!

Dampfet, Pasteten!

Steiget, Raqueten! Da Capo.

Schnarrt, Bratenwender!

Weht, goldne Bänder,

Vom hohen Geländer!

Jauchzt Völker und Länder,

Fertig ist, fertig ist, fertig ist der Kalender!

Echo vom Johannis-Turm Kalender! Kalender! Kalender!

Grabschrift auf einen wichtigen Mann

Beim Grab des Herrn von Degenband

Da weint' niemand und lacht' niemand;

Was aus der Seel' ward nach der Hand,

Das weiß niemand und fragt niemand.

Als einige glaubten von dem Verfasser Pedanten gescholten zu sein

So oft ich auf Pedanten schalt,

Glaubt ja nicht, daß es euch mit galt.

Denn wen ich soll Pedanten nennen,

Den muß ich für gelehrt erkennen.

An Herrn Tischbein

Gib was du willst mir in die Hand,

Buch oder Kiel, zeigt nur der Kopf Verstand.

Trostgründe für Clemens wegen dem Tode Theodors

Ach, guter Clemens, schweig mit deiner Klage still,

Denn Tempel und Parnaß verlor an ihm nicht viel.

Auf die Weiber in Göttingen, die Schleier um sich hängen, die nur das Gesicht bloß lassen

Bedeckt nur das Gesicht, und glaubet meinen Lehren:

Wer euch bis dorthin mißt, der wird euch ganz entbehren.

Auf ebendieselben, worunter einige sehr häßlich waren

Nur das Gesicht bedeckt, läßt dort aus Eifersucht

Athen die Frauen gehn.

Göttingen läßt aus gleicher Eifersucht

Nur die Gesichter sehn.

Auf die Montgolfieren

Der Brite, stolz und schwer,

Beherrscht das Meer;

Der Franzmann, leicht wie Duft,

Die Luft.

Auf einen gewissen Herrn der sehr glücklich einen Narren nachmachen konnte

An einen Komödianten

Ich zweifle ob du je den Narrn nachahmen lernst

So wie dein Freund es kann, denn der ists oft im Ernst.

Geburtstagslied für den Sohn Wilhelm

Blauaugigt' Gesichtchen!

Guck, ach! welche Lichtchen!

Guck, guck: Eine, Zweie

Und übers Jahr, No wei –

So sind es Ein, zwei, drei!

Was fällt den Leuten ein?

Es soll wohl gar mein Burz-Tag sein?

Ja, ja er ists,

Geschwisterchen wißts,

Stürzt lustig und munter

Die Treppen hinunter!

Auf der Welt ist kein Spaß

Ohne blitzblauen Hintern und Grind auf der Nas'.

Laßt die Tee-Tassen rasseln und die Trink-Gläser klingen!

O! gingen! O! gingen! O! gingen!

Seht wie ich trinke! Es fließt mir so nett

Bei Tag in den Magen, wie des Nachts in das Bett.

Nun Wilhalmchen, komm,

Leb lange frisch, trocken und fromm.

Und iß (man wird nur einmal geboren)

Dir heut einen Schnurrbart bis hinter die Ohren.

Echo, das ist,

Repetier-Arie (Mit Trompeten Schwärmer und Raketen)

In der Welt ist kein Spaß

ohne blitzblauen Hintern und Grind auf der Nas'

Nett

ins Bett,

– Nur einmal geboren –

Schnurrbart bis hinter die Ohren,

Ein Leben das den Schnurrbart entbehrt

Ist keine Steckluladel wert

Leben ohne Bärt'

keine Stecknadel wert!

Vivat.

Ode an mein Vaterland

O könnt ich dich, mein Darmstadt, wieder küssen,

Wo nie ein Schneider mir die Ruhe wehrt

Und wo beim eignen Wein mich nie in meinen Schlüssen

Ein Conto stört,

Wo mich, gleich weit vom Geizen und vom Borgen

Kein steiles Glück und nicht Verachtung drückt,

Wo Amor nie, straft er mich gleich mit Sorgen,

Pedellen schickt.

Zum Schluß

Ew. Wohlgeboren schicke hier

Das gestern Abend versprochene Bier.

Obs gut ist kann voraus nicht wissen

Hätt erst draus selber trinken müssen.

Aus einer Flasche Gestalt und Gesicht

Erkennt mans Bieres Güte nicht. NB.

So wie sie da im Keller stehen,

Sie sich wie Eier ähnlich sehen.

Nach diesem Hieb auf Herrn Lavater

Setz ich ein paar Trink-Regeln her.

Champagner bessert man mit Schütteln

Allein das Bier verdirbt vom Rütteln.

So wies dem Trinker Ruhe gibt

Just so es selbst die Ruhe liebt.

Und kommt es einmal ins Gezitter

So schmeckt's von oben bis unten bitter.

Ist zwar an sich nicht ungesund

Betrübt nur gar sehr Zung und Mund.

Auch stellen Sie's nicht bein Ofen hin.

Warum? Es ist ein Mob'le drin.

Im Kalten ruht es sonder Zweifel,

Im Warmen springts wie 1000 Teufel.

Denn eine Bouteille Burton-Ale

Ist Glas und Bier wie Leib und Seel,

Und manchen, der die Seel vertragen,

Hat oft der Leib maustot geschlagen.

Es tobt alsdann wie Nit'r und Sulphur

Man könnt's wohl nennen fließend Pulver.

Ferner eh' man sich zum Trinken rüst't

Der Korkzieh'r wohl die Hauptsach ist.

Denn ohne diesen gehts nicht raus

Und käm mit Gabeln das ganze Haus.

Ratio? die läßt sich nicht verstehn

Ohn in Mathesin neinzugehn:

NB. Die Korke bestehen insgemein

Aus einem Kegel, diese aus zwein, Die mit den abgestumpften Spitzen An einem Stück zusammen sitzen, Dadurch bekomm'n sie die Figur Praeter propter von einer Sand-Uhr Eben so ist die Flasche gegossen Daraus wird dann nun folgendes geschlossen: 1. Daß der Kork erst dichter werden muß, Aus diesem gibt sich ein zweiter Schluß: 2. Daß, gäbe der Kork nicht endlich nach, Man ziehen könnt bis an jüngsten Tag.

Zum Schluß wünsch' guten Appetit

Und schick den Jungen fort damit.

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang

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