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Von Parati nach Sao Paulo, Montag, 02. Dezember

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An der Straßenecke gönne ich mir Kaffee und Brötchen zum Frühstück. Für die Inhaberin des Eckimbisses an der Straße sind $R 40 (etwa € 12) ein Problem, weshalb dieses mit der Hilfe von mehrerer mit Wechselgeld unterstützender Personen zu lösen ist.

Um 9 Uhr geht es mit einem wundervollen Bus los – erst durch den gebirgigen Küstenurwald, dann durch gerodetes, allgäuähnliches Gelände weiter bis wir nach etwa fünf Stunden die Betonsilhouette von Sao Paulo erreichen.

Mit der Metro gelange ich rasch in die Innenstadt und finde in der Kernstadt schnell ein günstiges Hotel. Danach mache ich mich zu Erkundungen auf. Angekommen auf dem höchsten Gebäude „Ed. Italia“ sieht man die kompakten und dicht gedrängten Hochhäuser bis ans Ende des fernen Horizontes.


In den Schluchten dieses Betongebirges hasten die Leute ameisengleich und rastlos umher. Der tosende Lärm scheint nie zu enden. Jeder Quadratmeter ist genutzt. Zwischen den Ebenen der Hochhäuser vernetzen sich Malls. Imbissstände, Banken, Geschäfte ohne jede Unterbrechung; dazwischen Straßenhändler, Sandwichmänner, die Plakate auf Brust und Rücken für Dies und Jenes tragen, Prospektverteiler, doch nirgends ein Straßencafé, nirgendwo ein Platz der Idylle, eine Insel der Ruhe. Ich vermisse Restaurants zum Hinsetzen, zum Wohlfühlen. Ja, ökonomisch betrachtet benötigt der Stehimbiss weniger Quadratmeter Fläche für den schnellen Umsatz als ein gemütliches Restaurant. Die winzigen Tische der kleinen, stickigen Imbiss-Restaurants im Innern eines Gebäudes müssen ebenfalls umgeschlagen werden, weshalb es ein Verweilen bei einem Glas Wein und der Musik einer Band in dieser Stadt nicht einmal in einer der Fußgängerzonen anzutreffen ist. Hier ist der Umtrieb perfekt, die Rastlosigkeit zwischen Beton.

Sao Paulo scheint mir in der Innenstadt sauber und sicher zu sein. Am Eingang jedes Hochhauses sitzt ein Mann des Sicherheitsdienstes mit dem Hinweis: „Vor Betreten bitte ausweisen“, denn wer sollte sonst die vielen Nutzer und Bewohner der meist 25 bis 35-stöckigen Hochhäuser kennen?


Abends ziehen die Geschäfte ihre Blechrollos zu und es kommen künstlerische Graffitis zum Vorschein. Die Straßenhändler raffen ihre Sachen zusammen und einige derjenigen, die auf der Straße leben, packen in einem Winkel den Karton, die Decke oder gar das Igluzelt aus, um die Nacht zu verbringen.

Nach einem Bier am Straßeneck beim Hotel im tosenden Verkehr gehe ich schlafen und sinniere dabei, ob die Zukunft der wachsenden Städte die kompakte Hochhausstruktur Sao Paulos sein wird, mit wenig Landschaftsverbrauch, kurzen Wegen, weniger Transportstrecken oder eher die Variante von Mexico City mit ausufernd flächiger Bebauung bei Vermeidung von Slums oder eher die Variante von Lima oder Rio mit riesigen Stadtrandgürteln, die unkontrollierbare Elendsviertel darstellen, in denen die meisten Leute der Bevölkerung hausen. … dann vielleicht doch eher das Konzept von Sao Paulo, wenigstens als gedankliches Ausgangsmodell?

Sao Paulo ist bemerkenswert: geschätzte 21 Millionen Einwohner, 20 Millionen Fußgänger pro Woche (!) in der Innenstadt, 4 Flughäfen und wichtigster Verkehrsknotenpunkt Südamerikas mit Hubschrauber-Taxis zwischen den Hochhäusern.

Brasilien - ein Reisebericht

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