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Träumen wie ein Kind

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Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang!

Konrad Adenauer

Jeder Mensch wird mit Träumen geboren. Ihre Hochkonjunktur haben diese in der Zeit unserer Kindheit. Als Kinder gehen wir in unseren Träumen geradezu auf – bis diese uns dann Stück für Stück aberzogen und abgewöhnt werden, bis wir sie aufgrund äußerer Umstände, Erwartungshaltungen anderer Menschen oder Sachzwängen aufgeben und vergessen. Nach einigen Jahren unseres Lebens, spätestens mit Mitte 20, sind wir endlich so weit auf Linie gebracht, unserem Leben eine „vernünftige“, das heißt möglichst berechenbare Richtung zu geben.

Dabei sind unsere Träume wertvoll. Sie wohnen noch immer in jedem von uns, und wir sollten sie entdecken und leben. Wie wäre es, neu zu träumen und unserem Herzen eine zweite Chance zu geben? Die Büchse der Kindheit nochmals zu öffnen und wieder einzutauchen in diese Zeit des unbeschwerten und hoffnungsvollen Lebens?

Es ist gar nicht so schwer. Schauen wir doch mal den Jungen im Bild genauer an. Zunächst lebt dieser in seinem Inneren etwas, das äußerlich noch nicht realisiert ist. Er trägt ein Bild der Zukunft seines Lebens mit sich. In diesem Fall das Bild, als Pilot über den Wolken zu fliegen. In seiner Vorstellung stecken Freiheit, Freude und Abenteuer – und kaum Rationalität. Seine Begeisterung für das, was er gerne tun möchte, stellt die logischen Denkmuster und das Abwägen menschlicher Möglichkeiten zur Realisierung dieses Traumes völlig in den Hintergrund. Das ist das Faszinierende an Träumen: Sie öffnen eine Dimension von Leben, die wir aus rationalen Erwägungen heraus kaum ergreifen würden. Träume sind revolutionär. Sie stellen den Status quo infrage, öffnen die Box unserer momentanen Lebenssituation und wagen es, uns in unserem bisherigen Leben herauszufordern.

Interessant ist, dass der Junge bereits ausgerüstet ist: Fliegerkappe, Brille, Schal und Pilotenjacke sitzen wie angegossen. Das hat etwas mit unseren Fähigkeiten und Begabungen zu tun. Jeder Mensch ist mit einzigartigen Stärken und Vorlieben ausgestattet. Stärken sind Dinge, die wir gut machen. Vorlieben sind Dinge, die wir gerne machen. In der Regel passen die in uns wohnenden Träume mit unserer „Ausrüstung“ zusammen. Wenn wir uns im Rahmen unserer Stärken und Vorlieben bewegen, fallen uns Dinge leichter. Wir bewegen uns in dem, was wir gut und gerne tun – das motiviert und verschafft eine gewisse Souveränität.

Und noch etwas steckt in diesem Bild vom jugendlichen Piloten: Obwohl nicht sichtbar, scheint es mir, als ob dieser Junge in wohlwollenden und liebevollen Beziehungen lebt, die ihm Geborgenheit und das feste Vertrauen geben, die Träume seines Lebens realisieren zu können. Er strahlt ein Grundvertrauen aus, das ihm Sicherheit gibt.

Dieses Bild beinhaltet viele Parallelen zu uns im Hier und Heute. In jedem von uns wartet ein kleiner Junge, ein kleines Mädchen darauf, in die Freiheit entlassen zu werden. Der Aufbruch in die freie Wildbahn – er beginnt in uns.

Dazu eine Geschichte: Ein Bauer fand eines Tages ein Adlerei und brachte dieses in den Hühnerstall. Sogleich erbarmte sich ein Huhn und nahm sich voll mütterlicher Fürsorge des neu entdeckten Schatzes an. Nach einiger Zeit des Brütens und Bemutterns war es dann so weit: Das junge Adlerküken schlüpfte und erblickte zum ersten Mal das Licht der großen weiten Welt. Von großen und kleinen Hühnern umgeben, lag die Annahme nahe, selbst ein Huhn zu sein. So lebte der kleine Adler mitten unter den Hühnern, benahm sich wie ein Huhn, fraß wie ein Huhn und hatte seine eigentliche Identität nie kennengelernt. Eines schönen Hühner-Tages aber, während er gerade damit beschäftigt war, auf dem Hof Krümel zu picken, hörte er hoch am Himmel den Schrei eines Adlers, der dort seine Kreise zog. Dieser Schrei löste etwas in seinem Inneren aus. Eine tief verborgene Identität wurde berührt und zu neuem Leben erweckt. Der kleine Adler spürte, dass er zu mehr geboren war, als unter den Hühnern ein armseliges Dasein zu fristen, ab und zu ein Ei zu legen und früher oder später im Suppentopf zu landen. In ihm stand etwas auf, das ihn dazu brachte, seine wahre Bestimmung zu entdecken. Er begann, seine Flügel zu trainieren, erst unbeholfen, mit der Zeit aber immer sicherer und souveräner. Eines Tages schließlich war es so weit: Aus dem verkappten Huhn war wieder der Adler geworden, der sich aufschwang in die Lüfte, um endlich das Leben zu leben, für das er geboren wurde.

Diese Geschichte hat viel mit unserem Leben zu tun. Wenn es um unsere Träume geht, dann muss der Zweikampf zwischen Kopf und Herz von Letzterem gewonnen werden. In diesem Sinn sollten die Träume und Wünsche der Kindheit nie nur Vergangenheit sein, sondern immer auch Teil unserer Zukunft. So wie die Kindheit mehr herz- als kopforientiert ist, braucht unser Herz auch im späteren Leben immer wieder Gelegenheiten, sich Raum zu verschaffen und gehört zu werden.

Lebe. Deinen. Traum.

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