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Der Verlust des richtigen Maßes

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Der Schriftsteller Ezra Pound sagte einmal weise Worte5:

Der Untergang jeder Hochkultur beginnt mit dem Niedergang der Sprache.

Stimmt das, dann sieht es schlecht aus. Denn der Wortschatz der Schulanfänger sinkt Jahr für Jahr und bei der Grammatik schleicht sich selbst im vermeintlich Hochdeutschen ein gewisser Schlendrian ein.

Pounds apodiktischer Behauptung lässt sich immerhin einiges entgegensetzen. Nicht jede SMS muss gleich ein Stück Literatur sein, nicht jede Meinung ein geschliffen formulierter Gedanke, nicht jeder Dialog ein Anwärter für den Drehbuch-Oscar. Sprache unterliegt einem steten Wandel, der vor allem ältere Menschen schon immer gestört hat.

Doch es gibt viel drastischere Hinweise auf den Untergang unserer Kultur, sei es das Schreckgespenst des Klimawandels oder sei es dieses kleine Virus, das die ganze Welt auf den Kopf stellte, und dem vielleicht andere, gefährlichere Viren folgen werden. Es scheint jedenfalls, als würden wir sechsspännig in den Untergang fahren, die Peitsche schwingend und den Fahrtwind in den Haaren, hüa!

Was die Bibel in Genesis 11, dem Turmbau zu Babel, erzählt, scheint sich gerade zu wiederholen. Der Mensch möchte nach oben, immer weiter, immer höher, von der Erde weg, alle Grenzen durchstoßen, hinauf in den Himmel, das richtige Maß verlierend. Er möchte sein wie Gott, allwissend, allmächtig. Dumm nur, dass es dabei zum Sündenfall kommt und die Sache böse endet. Schon Homer, der früheste Dichter des Abendlandes, wusste das. Vor rund 2.800 Jahren notierte er:

Erheb sich nimmer ein Mann zu frevlem Hochmut, sondern still empfang er ein jedes Geschenk von den Göttern.

Die Kunst des richtigen Maßes

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