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ОглавлениеAbbildung 1: Soziale Arbeit als alter Baum
„Die Soziale Arbeit ist ein alter Baum mit unzähligen Jahresringen. Seine Rinde bindet sehr unterschiedliche Traditionen unter Vorspiegelung einer trügerischen Einheitlichkeit zusammen. Wir müssen uns immer wieder von neuem daran erinnern, dass die Wurzeln unseres Berufes sowohl beim Aufseher im Arbeits- und Zuchthaus und der Armenpolizei des ausgehenden Mittelalters liegen, als auch bei den Fröbelschen Spielführerinnen und den ehrenamtlichen Kindergärtnerinnen der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung.“ (Müller 1992, 52 f.)
C. W. Müller hat für die Entwicklung Sozialer Arbeit das Bild eines Baumes entworfen. Dieses Bild haben wir aufgegriffen und jeweils zu Beginn eines Kapitels, quasi als Überblick, die zu behandelnden Themen bildlich in diesen Baum eingearbeitet. Mit jedem Kapitel wächst dieser Baum (Jahresringe). Zuerst werden die Wurzeln Sozialer Arbeit bedacht, es folgt der Stamm mit den einzelnen Phasen Sozialer Arbeit, in den Ästen und Zweigen wird die Vielfalt und Vielseitigkeit Sozialer Arbeit deutlich. Die alles zusammenfassende Krone des Baumes zeigt die Gesamtheit aller Aspekte Sozialer Arbeit. So müsste man eigentlich auf die Frage „Was ist Soziale Arbeit?“ antworten: „Soziale Arbeit ist das Ganze, das in dem Bild des Baumes dargestellt wurde.“
Hilf dir selbst, sonst helfen dir SozialarbeiterInnen/ SozialpädagogInnen!
Diese 8., aktualisierte Auflage möchten wir zum Anlass nehmen, über das Ziel des Buches nachzudenken. Außerdem möchten sich die Autoren und der Verlag an dieser Stelle bei den LeserInnen für ihr Interesse bedanken.
An wen richtet sich dieses Buch?
Es gibt wohl vier Gruppen, für die dieses Buch interessant ist:
■ Allen in der Sozialen Arbeit Tätigen gibt dieses Buch einen Überblick über die Geschichte und Wurzeln Sozialer Arbeit.
■ Wer nicht in der Sozialen Arbeit tätig ist, aber SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen und ihre Arbeit kennt und schätzt, kann sich in diesem Buch über deren Berufsbild informieren.
■ Wer das Fachgebiet Soziale Arbeit studiert oder studieren möchte, für den soll dies in erster Linie ein Einführungs- und Lehrbuch sein. Studierende erwarten als Einstieg sicher keine großen theoretischen Abhandlungen, sondern eine für sie in Sprache und Form verständliche Einführung in das von ihnen studierte Berufsfeld. Den Studierenden soll das Buch einen Überblick bieten über die Inhalte ihres Studienfaches. Wem das nicht reicht, wer mehr wissen möchte, den verweisen wir auf die weiterführende Literatur oder empfehlen ein Gespräch mit einem Dozenten oder einer Dozentin. Diese werden sich bestimmt über motivierte StudentInnen freuen.
■ Und was kann dieses Einführungs- und Lehrbuch für KollegInnen sein? Wir nehmen an, dass sie aus diesem Buch das auswählen, was sie gebrauchen können. Jeder hat eine andere Vorstellung von Sozialer Arbeit, vertritt andere Theorien und Konzepte und das ist gut so. Ihnen allen in einem Buch gerecht zu werden, ist unmöglich, was sie auch wissen und nicht erwarten. Das Buch kann ihnen eine Hilfe sein, sie können Anregungen übernehmen.
Bei allen Wünschen und Erwartungen an dieses Buch möchten wir in Erinnerung bringen, worum es uns geht: Wir möchten vor allem den geschichtlichen Hintergrund Sozialer Arbeit herausarbeiten und die Studierenden für die Geschichte und die Grundlagen der Sozialen Arbeit sensibilisieren. StudentInnen, die mehr über die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit oder über neuere Theorien wissen möchten, stehen Standardwerke zur Verfügung, die sie sicherlich kennen und mit denen sie auch arbeiten.
Wir hoffen, dass dieses Buch auch weiterhin interessierten LeserInnen eine gute Einführung in die Thematik der Sozialen Arbeit sein kann und dass die neu formulierten Prüfungsfragen eine gute Lernhilfe bieten, um das erworbene Wissen zu vertiefen.
Wie ist dieses Buch gegliedert?
Das 1. und 2. Kapitel zeigen den geschichtlichen Zusammenhang von Sozialarbeit/Sozialpädagogik auf. Dies ist unmöglich, ohne den historischen Prozess, der sie hervorgebracht hat, zu begreifen. Wenn ich nicht weiß, woher ich komme, welche Wurzeln meine – auch berufliche – Identität hat, kann ich auch nicht wissen, wohin ich gehen soll. Es werden die geschichtlichen Wurzeln von Sozialarbeit und Sozialpädagogik nachgezeichnet.
Das 3. Kapitel gibt Hilfestellung bei der Erklärung, was Sozialarbeit/Sozialpädagogik/Soziale Arbeit eigentlich ist. Sind Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Soziale Arbeit identisch? Gibt es Unterschiede? Wie soll man das Verhältnis der Berufszweige Sozialarbeit und Sozialpädagogik zueinander sehen? Es geht um die Konvergenz von Sozialarbeit und Sozialpädagogik zur Sozialen Arbeit.
Das 4. Kapitel behandelt Theoriemodelle. Es existiert eine Vielfalt von Theorieansätzen Sozialer Arbeit. Einige Theoriemodelle werden ausgewählt und vorgestellt.
Das 5. Kapitel legt das Eigentliche und Typische Sozialer Arbeit dar. Die Frage nach den Zielen, Aufgaben und Methoden Sozialer Arbeit muss gestellt und beantwortet werden. Es geht um die Frage nach dem Berufsbild Sozialer Arbeit.
Das 6. Kapitel stellt die Entwicklung der Berufsausbildung vor, erklärt, wie Soziale Arbeit organisiert ist und was man über die Verberuflichung wissen sollte.
Das 7. Kapitel fasst alle Überlegungen der einzelnen Kapitel zur Sozialen Arbeit im Überblick zusammen und gibt Antwort auf die Frage: Was ist Soziale Arbeit?
In der Fachliteratur werden die Begriffe Sozialpädagogik, Sozialarbeit, Soziale Arbeit z.T. recht willkürlich benutzt. Wenn wir aus Büchern zitieren, kommt es vor, dass dieser „Wortsalat“ auch hier Eingang findet. Eigentlich müsste es konsequent nur „Soziale Arbeit“ heißen.
Warum soll ich die Berufsgeschichte Sozialer Arbeit studieren?
Warum soll man die Frage nach Sozialarbeit/ Sozialpädagogik/Sozialer Arbeit mit einem Rückblick in die Geschichte unserer Profession beginnen? Warum beginnen wir nicht gleich damit, die gegenwärtigen Herausforderungen Sozialer Arbeit in Angriff zu nehmen? Der Grund liegt nicht darin, dass viele Bücher diese Art des Einstiegs wählen, sondern weil es von großer Wichtigkeit ist, dass SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen, die sich mit ihrem Berufsbild identifizieren wollen, sich der historischen Wurzeln ihres Berufes bewusst sind. Dies bedeutet: Wir müssen für die Entwicklung einer spezifischen Berufsidentität erst einmal zurückblicken, um überhaupt vorwärts gehen zu können. Eine komplexe Gegenwart kann ohne historische Rückgriffe gar nicht verstanden werden. Gegenwart und Zukunft(sgestaltung) ist ohne das Verständnis vergangener prägender Epochen nicht denkbar.
Die geschichtliche Entwicklung der Sozialarbeit/ Sozialpädagogik/Sozialen Arbeit ist Grundlage für ein berufliches Selbstverständnis. So wie andere Berufe, etwa die Medizin oder Jura, grundlegende Positionen im Rückgriff auf ihre Geschichte bestimmen (Humanmedizin auf Paracelsus, Jurisprudenz auf das römische Recht etc.), hat auch die Sozialarbeit/Sozialpädagogik/Soziale Arbeit eine hochinteressante und wechselhafte Entwicklung hinter sich.
„Es ist unmöglich, eine Institution ohne den historischen Prozess, der sie hervorgebracht hat, zu begreifen.“ (Münchmeier 1992, 372)
Der Rückgriff auf die Geschichte in ihren verschiedenen Entwicklungslinien soll deutlich machen, dass Soziale Arbeit einerseits aus ihrer Geschichte heraus zu verstehen ist, andererseits z.T. mit den gleichen Worten neue Inhalte verbunden sind, was zu zahlreichen Missverständnissen führt. Es sollen Leitlinien herausgearbeitet werden, anhand derer aufgezeigt werden kann, wie die Profession in ihren unterschiedlichen Entstehungsepochen zu begreifen ist. Armenpflege/Fürsorge (Erwachsener) und Jugendfürsorge haben zwar vergleichbare geschichtliche Wurzeln, entwickeln sich jedoch mit dem ausgehenden Mittelalter zu eigenständigen fürsorgerischen Einrichtungen, was in den ersten beiden Kapiteln kurz skizziert werden soll. Die Darstellung erfolgt unter Bezugnahme auf Persönlichkeiten und Orte. Selbstverständlich hätte man auch eine andere Einteilung vornehmen können. Es geht um die markanten Stufen einer langfristigen Entwicklung kommunaler bzw. staatlicher Armenpflege- und Fürsorgepolitik im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse.
Der geschichtliche Verlauf der zunächst ehrenamtlichen sozialen Tätigkeitsbereiche durch öffentliche Armenpflege und Fürsorge hin zu einer eigenständigen Profession kann in folgende Zeitabschnitte eingeteilt werden:
1. Armenfürsorge für Erwachsene bzw. Kinder im Mittelalter (um 12.–13. Jh.) und zu Beginn der Neuzeit (14.–16. Jh.)
2. Erwachsenenfürsorge bzw. Jugendfürsorge im Zeitalter der Industrialisierung (18.–19. Jh.)
3. Wohlfahrtspflege für Erwachsene bzw. Jugendwohlfahrtspflege für Kinder vor dem Zweiten Weltkrieg
4. Nach dem Zweiten Weltkrieg: Bundesrepublik Deutschland: Armut und Hilfe (seit 1945)
Erklärung von Zeichen und Symbolen
Einige Textstellen sind mit Zeichen/Symbolen versehen, die einer schnelleren Orientierung dienen sollen. Hier ihre Erläuterung:
Zu Beginn eines Kapitels geben wir anhand einer Grafik in Form eines Baumes einen zusammenfassenden Überblick über die Themen des jeweiligen Kapitels.
Reflexionsfragen: Immer, wo Sie dieses Zeichen sehen, werden Reflexionsfragen formuliert, die der Leser zunächst für sich beantworten soll.
Merksatz: Wichtige Inhalte sollen leicht zu erkennen sein. Sie sind eingerahmt und durch dieses Zeichen markiert.
Zusammenfassung: Am Ende einer Ausführung werden die wichtigsten Überlegungen jeweils noch einmal zusammengefasst.
Praxisbeispiele: Jedes Kapitel enthält Praxisbeispiele. Am Schluss eines Kapitels wird mithilfe von Lösungsvorschlägen noch einmal näher auf diese eingegangen.
Weiterführende Literatur: Am Schluss eines Kapitels finden sich Hinweise auf Weiterführende Literatur.
Lernfragen: Anhand der Fragen können die LeserInnen ihren Wissensstand überprüfen. Die Lernfragen mit dazugehörigen Antworten stehen als Online-Zusatzmaterial bereit. Dieses wird auf den jeweiligen Buchseiten unter www.utb-shop.de und www.reinhardt-verlag.de zum Download zur Verfügung gestellt.
Donaueschingen / Freiburg, Herbst 2021
Johannes Schilling und Sebastian Klus