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Der Kutscher und Feldscher der „Isabella VIII.“ stand mit großen leuchtenden Augen am Schanzkleid der Backbordseite und sah verlangend zur östlichen Nilseite hinüber. Die Hände hatte er vor dem Bauch gefaltet, sein Mund war vor Staunen leicht geöffnet, denn das, was da in der felsigen Landschaft auftauchte, nötigte ihm wieder einmal großen Respekt ab.

Er hatte die Karte mit den Wundern Ägyptens im Kopf. Er kannte sie auswendig und hatte sich den Namen jedes Bauwerkes und Tempels genau gemerkt. Auch über die Geschichte hatte er alles zusammengekratzt, was er nur in Erfahrung bringen konnte.

Jetzt brach es fast leidenschaftlich aus ihm heraus.

„Der Tempel Amenophis’ des Dritten! Phantastisch, kolossal beeindrukkend!“

Er sprach ins Blaue hinein, und merkte nicht, daß er in seiner unmittelbaren Nähe wieder Zuhörer hatte, die seine Begeisterung nicht unbedingt teilten.

Einer von ihnen war der Profos und Zuchtmeister Edwin Carberry.

Er gähnte zu des Kutschers Worten laut und ungeniert. Dabei riß er sein Maul so weit auf, daß ein ausgewachsener Stint darin Platz gehabt hätte.

„Scheißhitze, ganz verdammte“, brummte er ungehalten.

Der Kutscher hörte das nicht, er schwärmte weiter, unberührt von Carberrys eingeflochtenen Bemerkungen.

„Ein bemerkenswerter Pharao. Was der alles geleistet hat!“

„Ein Faß eiskaltes Dünnbier würde ich jetzt aussaufen“, brummte der Profos genießerisch.

„Er hatte eine Hauptfrau, sie hieß Teje. Und als Nebenfrauen zuerst die Schwester und später auch die Tochter des Königs von Babylon. Ah, wie hieß er doch gleich?“

„Affenarsch, verdammt nochmal“, brummte Ed. „Hau ab“, sagte er zu dem Affen, der auf seine Schulter gesprungen war und jetzt keckernd davonstob.

Der Kutscher zuckte peinlich berührt zusammen und sah direkt in Eds mürrisch verzogenes Gesicht.

„Ein wenig Respekt solltest du vor diesen Königen schon haben“, sagte er vorwurfsvoll und tadelnd. „Und erst recht vor ihren einmaligen Bauwerken.“

Carberry gähnte wieder laut und ungeniert. Seine Antwort jagte dem Kutscher einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken.

„Tempel, Bauwerke“, sagte Ed. „Was ist das schon, was, wie? Ein Haufen aufeinandergetürmter Steine. Eine Rattenburg, in der verlauste Wüstenfüchse hausen! Wenn ich einen Stein auf den anderen schmeiße, kriege ich auch so ein Ding zusammen, und wenn ich das jahrelang tue, dann wird es immer größer, und eines Tages steht so ein abgelaichter Flögel wie du davor, glotzt die Steine an und schreit vor Begeisterung die Welt voll. Mann, ich möchte jetzt lieber einen Orkan unter dem Achtersteven haben, als mir ständig diesen Karpfenteich ansehen zu müssen.“

Immer wenn der Kutscher und der Profos sich am Haken hatten, versammelte sich wie rein zufällig die halbe Mannschaft auf der Kuhl, um den Wortgefechten erfreut zu lauschen.

Mitunter wurde dann auch der Kutscher ausgesprochen biestig, wenn Ed nicht das geringste Verständnis für die Bauwerke aufbrachte.

Aber aus Carberrys Sicht sah das wieder anders aus.

Gut, er hatte jetzt jede Menge Tempel und Gräber und Pyramiden gesehen, und jetzt langte es ihm. Er gehörte hinaus auf die See, wo die Wogen gegen das Schiff anrannten, wo man sich immer wieder aufs neue täglich behaupten mußte. Und deshalb stank ihm dieser Fluß mit seinen tückischen Untiefen, seinen vielen Windungen und der brüllenden Hitze. Ganz abgesehen von dem heißen Wind, der nur unregelmäßig wehte, und den kahlen Felsen oder den Wüstenstrichen, die sich endlos am Ufer entlangzogen.

Der Kutscher hatte seinen Schreck überwunden und dozierte weiter: „Ach ja, Kadaschman-Enlil hieß der babylonische König.“

„Komisch“, knurrte Ed, „daß du das weißt. Bloß dein eigener Name ist dir bis heute noch nicht eingefallen.“

Die Anspielung, daß der Koch und Feldscher sich bisher immer nur als „Kutscher“ vorgestellt hatte, ließ den Kutscher kalt.

„Eines Tages wirst du ihn vielleicht noch erfahren“, sagte er gönnerhaft. „Aber stell dir vor: Dieser König heiratete außerdem noch die Schwester des Mitanni-Königs Tuschratta, und die zog mit mehr als dreihundert Mitanni-Mädchen in seinen Harem ein.“

„Na, dann war der Knabe ja wenigstens beschäftigt. Und jetzt soll ich mich für den Vortrag wohl noch überschwenglich bedanken, was?“

„Mein Gott, Ed“, sagte der Kutscher kopfschüttelnd. „Was bist du nur für ein grober Klotz! Ich will dir ja wirklich nicht zu nahetreten, aber ich glaube, dich hat die Hebamme damals mit dem Vorschlaghammer zur Welt gebracht.“

Die Umstehenden hieben sich auf die Schenkel und brüllten voller Begeisterung.

„Richtig“, sagte der Profos grinsend. „Und zwar auf einem riesengroßen Amboß. Aber dich haben sie wahrscheinlich im Hühnerstall gefunden und aus lauter Mitleid ausgebrütet. Und was kam dabei heraus? Ein kleines, mickriges, hühnerbrüstiges Rübenschwein, das heute groß am Nil herumtönt und angibt, was es alles weiß.“

Gary Andrews lachte dröhnend. Smoky fiel mit ein, Matt Davies, und schließlich lachte der ganze Chor, bis der Kutscher biestige Augen kriegte.

Zum Erstaunen aller hatte er keine geharnischte Antwort bereit, und da blieb sogar Carberry die Spucke weg, denn der Kutscher drehte ihnen den Rücken zu und starrte wieder auf den Tempel Amenophis’ des Dritten, der jetzt immer deutlicher zu erkennen war.

Die „Isabella“ quälte sich den Nil hinauf, der heiße, schwach wehende Wind brachte sie schlecht voran. Dabei war es erst morgens in aller Frühe, und es versprach wieder einmal, ein unangenehm heißer Tag zu werden.

Aus der Vorpiek drang urplötzlich lautes Gebrüll. Es wurde an das Schott gehämmert und geklopft, und arabische Stimmen brüllten wüst durcheinander.

Hasard stieß tief die Luft aus, dann nickte er Carberry zu.

„Laß die Gefangenen an Deck, Ed“, sagte er. „Aber vergeßt die erforderliche Vorsicht nicht.“

Dieses Dutzend Männer, die sie an Bord hatten, waren Grabräuber der übelsten Sorte, und sie hatten sie nicht freiwillig an Bord.

An der Pier in Theben hatte ein türkischer Offizier unter sanftem Druck den Seewolf dazu „überredet“, die Grabräuber bis zum ersten Katarakt mitzunehmen. Dort sollten sie abgeholt und weiter nach Nubien gebracht werden. Was den Kerlen dort bevorstand, wußte an Bord mittlerweile jeder.

Sie wurden in die oberägyptischen Gold- und Kupferminen verfrachtet, und damit waren ihre Tage gezählt. Von dort kehrte nur ganz selten jemand wieder zurück. Einen davon gab es an Bord, das war der Nubier Halef, ein Kerl wie aus gehämmerter Bronze, mit wildem verwegenen Gesicht, in der Gestalt dem Gambianeger Batuti ähnlich – was das Aussehen betraf –, im Charakter genau das Gegenteil.

Er war einer von denen, die sich am tollsten gebärdeten, denn der Nubier Halef hatte gute Gründe, die Reise nicht fortzusetzen. Er kannte die Gold- und Kupferminen, die unglaublichen Strapazen, die brutalen Gaffire, die pausenlos ihre Peitschen schwangen, und er kannte auch die Knochenarbeit, die kein Mensch lange durchhielt.

Ihm war die Flucht gelungen, und er hatte sich wieder auf die einträgliche Grabräuberei verlegt.

Dann, im Tal der Könige, hatten sie ihn erwischt, und seitdem befand er sich mit elf anderen Kerlen auf der „Isabella“.

Hasard lagen diese renitenten, ständig brüllenden und tobenden Kerle schwer im Magen. Er wünschte nichts sehnlicher, als sie so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

Doch noch war der erste Katarakt nicht erreicht. So schwach, wie der Wind blies, würde es wohl auch noch eine geraume Weile dauern, überlegte er.

Der Profos ging nach vorn, in Begleitung von Smoky, Shane und Ferris Tukker, denn den Burschen war nicht zu trauen, das hatten sie schon bewiesen.

Der Kutscher riß sich seufzend vom Anblick des Tempels los und brachte den Kessel voll Hirsebrei an Deck, der für die Gefangenen bestimmt war. Das Essen, das die Seewölfe morgens kriegten, verschmähten die Burschen und sahen es verächtlich an.

Carberry öffnete das verriegelte Schott zur Vorpiek. Hinter dem Niedergang stand Smoky, einen Radschloßdrehling in der Hand. Big Old Shane hielt in seinen mächtigen Fäusten eine Spillspake und schien nur darauf zu warten, daß einer der Kerle frech wurde.

Der Profos selbst hielt das Entermesser in der Faust, und sein narbiges Gesicht sah so grimmig aus, daß es nicht ratsam schien, sich mit ihm anzulegen.

Der breitschultrige, muskelbepackte und schweißtriefende Nubier Halef trat als erster aus der Vorpiek. Er maß Carberry mit einem schnellen Blick, in dem unbändiger Haß lag, und entblößte seine Zähne zu einem schaurigen Grinsen.

„Benimm dich anständig, Freundchen“, sagte der Profos ganz sanft, und dieser sanfte Klang in der Stimme verhieß absolut nichts Gutes.

„Sei ganz friedlich, sonst klopf ich dich zu Dattelmus.“

Natürlich verstand der Nubier kein Wort, aber er begriff ungefähr, was dieser narbige Riese damit ausdrücken wollte.

Schleichend wie eine schwarze Raubkatze bewegte er sich zum Niedergang, gefolgt von den anderen.

Nur einer verhielt sich nicht ruhig, ein Kerl in einem abgerissenen, löcherigen und schmutzigen Nachthemd, wie der Profos die Kaftans, Burnusse und Djelabas zu bezeichnen pflegte. Er brüllte und schrie Schimpfworte in seiner Sprache, drohte dem Profos mit der Faust und fluchte wild.

Als das Fluchen kein Ende nahm, griff Carberry zu. Er erwischte den Kerl an seinem langen schwarzen Spitzbart und drehte ihn zu einem Knebel zusammen, bis dem Grabräuber das Wasser in die Augen schoß. Ed zog ihn am Bart noch weiter herunter, dann schlug er ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. Es war nur das, was der Profos als Fliegentatscher bezeichnete, aber es langte auch für eine fünf Fuß große Fliege.

Ed hörte Zähne aufeinanderklappern, dann ein winselndes Geheul, und im nächsten Augenblick lag der Kerl fast ohnmächtig auf den Planken.

„So, du verwanzter Nilpanscher“, sagte er. „Hier wird nicht geflucht, dafür bin ich zuständig und sonst niemand. Merk dir das, du wandelndes Nachthemd.“

Er riß den Kerl wieder hoch und beförderte ihn weiter zum Niedergang hinauf.

Dort blinzelten die Burschen mit zusammengekniffenen Augen in das grelle Sonnenlicht. Der Nubier sah sich langsam nach allen Seiten um, entdeckte dann aber, daß einer der Giaurs eine Drehbasse auf die Meute gerichtet hielt und die anderen ebenfalls bewaffnet waren. Noch war also seine Zeit nicht reif, überlegte er. Zuerst mußten sie diese Kerle in Sicherheit wiegen.

Einem anderen Mann warf er einen warnenden Blick zu und sagte etwas zu ihm. Daraufhin schüttelte er schnell den Kopf.

„Hast du verstanden, was er sagte?“ fragte der Seewolf seinen Sohn Hasard.

„So ungefähr, Dad, Sir. Er sagte, der andere solle sich benehmen, sie könnten jetzt keinen Ärger brauchen. Die letzten Worte habe ich nicht mehr ganz mitgekriegt.“

„Das wundert mich eigentlich bei den Kerlen“, sagte der Seewolf nachdenklich. „Merkwürdig, daß sie plötzlich so friedlich sind.“

„Oder sich nur so friedlich geben“, sagte Dan O’Flynn. „Damit wollen sie uns in Sicherheit wiegen.“

„Sehr wahrscheinlich“, räumte Hasard ein. „Nun, wir werden schon auf diese Burschen aufpassen.“

Er sah wieder zum Profos hin. Der Kerl mit dem schwarzen Spitzbart gab immer noch keine Ruhe. Sein Gesicht war von Haß, Wut und Schmerz verzerrt, und er legte sich tatsächlich noch einmal mit dem Profos Edwin Carberry an. Wahrscheinlich hatte er seine Lektion noch nicht richtig gelernt.

„Jetzt reicht’s mir aber“, hörte er Ed sagen. „Wenn du fusselbärtiger Flohträger jetzt nicht ruhig bist, dann setzt es was mit der Neunschwänzigen. Das ist dieses liebliche Mädchen hier.“

Er zog die Neunschwänzige von der Nagelbank und hielt sie dem Fusselbärtigen unter die Nase.

Der Nubier Halef sagte wieder etwas, diesmal in etwas schärferem Tonfall. Daraufhin schwieg der Kerl für eine Weile.

Der Kutscher brachte den Kessel mit Hirsebrei an Deck, hatte auch etwas Hammelfleisch darunter gemengt und das Ganze nach arabischer Art scharf gewürzt.

Carberry zog den dampfenden Kessel weiter bis zur Kuhlgräting. Sein großer Daumen zeigte abwärts, was so viel heißen sollte, daß die Kerle sich gefälligst hinsetzen sollten.

Die hölzernen Löffel, die der Kutscher ihnen reichte, beachteten sie nicht. Sie langten mit den Fingern in den heißen Hirsebrei, drückten ihn zu Kugeln zusammen und schoben sich die Klumpen dann gierig in den Mund.

„Jedem das Seine“, meinte der Kutscher und blickte zu Smoky hinüber, der die Grabräuber aus schmalen Augen musterte und keinen einzigen Blick von ihnen ließ.

Schon nach den ersten Bissen sahen die Planken der Kuhl aus, als hätte hier eine Hammelherde gewütet. Carberry und Smoky sahen es mit immer größerem Mißfallen.

Die kohlschwarzen Augen des Nubiers musterten unter halbgeschlossenen Lidern jeden einzelnen Mann der „Isabella“, huschten weiter über die Decks und registrierten jede Bewegung.

Der Mann war äußerst gefährlich, das wußten sie alle. Er verfügte über ähnliche Bärenkräfte wie Batuti, denn die harte Arbeit in den Bergwerken hatte ihn zu einem Kerl aus Eisen werden lassen und seine Kondition überhaupt nicht geschwächt.

Die Kerle ließen absichtlich Hirsebrei auf die Planken fallen, damit es schön klebte und sie die Seewölfe ein wenig provozieren konnten. Und wie unabsichtlich verwischten sie das klebrige Zeug dann zu einem feuchten Papp.

Ben Brighton verließ das Achterdeck. Der gedrungen wirkende Erste Offizier und Stellvertreter Hasards wirkte freundlich und nett, und in seinem Mundwinkel stand sogar ein Lächeln. Jedenfalls sah das für diejenigen so aus, die ihn nicht kannten. Die Grabräuber kannten Ben noch nicht näher, aber sie schlossen seine Bekanntschaft recht überraschend schnell, und da erst begannen sie zu ahnen, was es mit diesem schiefen Grinsen auf sich hatte.

„Immer wenn diese Kerle fressen“, sagte Ben zum Profos, „ich sage ganz bewußt fressen, denn sie essen nicht, dann sieht das Deck hinterher so aus wie ein lange nicht mehr ausgemisteter Saustall. Und dieser Kerl mit dem Rattenbart setzt sich jetzt auch noch genau mit dem Achtersteven in den Brei und drückt ihn platt. Du wirst es diesen Kerlen nachher beibiegen, Mister Profos, wie die Planken hinterher auszusehen haben.“

„Darauf kannst du dich verlassen, Mister Brighton“, knurrte der Profos grimmig. „Ich kann sie auch einzeln mit der Visage in den Trog stecken, bis sie satt sind.“

Der Fusselbärtige, der den Stunk angefangen hatte, sah Ben aus tückischen Augen an. Dann griff er mit einer Hand in den Hirsebrei, stopfte sich etwas davon in den Mund und ließ den Rest achtlos auf die Planken fallen. Wie unabsichtlich stützte er sich dann mit der Hand darauf.

Der Profos griff zur Neunschwänzigen, aber Ben war näher an dem Fusselbärtigen dran, und so packte er mit der Hand dessen mageres Genick. Aus seiner Hockstellung drückte er den Grabräuber nieder, bis sich dessen Rückgrat wie ein Papyrusrohr durchbog und seine Zähne die Planken berührten.

„Friß ruhig weiter“, sagte er trokken und griff mit der anderen Hand nach einem Tampen. „Ich habe es satt, mich von euch provozieren zu lassen. Damit du es dir besser merkst, werden wir jetzt mal das nubische Tampentänzchen spielen.“

Diesmal staunte sogar der Profos, und er konnte es Ben nicht verübeln, daß der jetzt in Rage geriet. Ihn selbst juckte es auch schon lange in den Fäusten, und er bedauerte lebhaft, daß Ben ihm die Arbeit abnahm.

Ben Brighton zog dem gehässigen Burschen blitzschnell hintereinander fünf Schläge mit dem Tampen über. Der Kerl schrie und winselte, und nach der Prozedur sah er nicht viel anders aus, als hätte ihn der Profos mit der Neunschwänzigen behandelt. Das nubische Tänzchen begann er anschließend, als Ben ihn losließ. Er hüpfte durch die Kuhl, rutschte in dem verschmierten Brei aus und landete mit dem Achtersteven in dem Hirsebreikessel.

„Guten Appetit“, wünschte der Profos trocken. „Nachher werdet ihr oberägyptischen Kanalratten das Deck schrubben, das verspreche ich euch, und die Planken werden so weiß wie Mehl sein, ihr Rübenschweine, das verspreche ich euch ebenfalls.“

„Laß die Kerle jetzt trinken, Ed“, sagte Ben, „und anschließend können sie auf den Abtritt gehen. Du achtest mir darauf, daß er sauber bleibt, Smoky, und daß die Burschen ihn nachher auch wieder reinigen.“

Der Decksälteste fluchte leise und schickte drohende Blicke zu den geduckt dastehenden Grabräubern.

„Mann“, sagte er entrüstet, „ich bin doch nicht der oberägyptische Fäkalien-Verwalter von diesen Halunken.“

„Die Kerle reinigen alles selbst“, sagte Ben. „Du kannst ihnen ja die Ohren langziehen, wenn sie aufsässig werden.“

Es war ein Kreuz mit diesen Kerlen, und sie hofften nur, sie so schnell wie möglich loszuwerden, doch das würde sicher noch eine Weile auf sich warten lassen.

Trotz der Prügel ging der Ärger weiter, als Carberry die Kerle zum Wasserfaß dirigierte. Zwar hielt sich der Fusselbärtige jetzt etwas zurück, dafür wurde ein anderer aufsässig, ein Kerl, der so dreckig aussah wie die Gräber, in denen er nachts heimlich herumgebuddelt hatte.

Carberry schöpfte das Trinkwasser mit der Kelle in einen Krug, der reihum gereicht werden sollte, denn an die Kelle sollte keine dieser „verlausten Grabräuberschnauzen“ gelangen, wie er verkündete.

Der Dreckige verweigerte das Wasser, sah Ed tückisch an, beugte dann den Kopf vor und spie verächtlich in den Krug. Er hatte den Mund noch nicht richtig geschlossen, da sorgte Carberry dafür, daß er ihn schloß, und er tat es auf seine Weise. Er holte aus und verpaßte dem Drekkigen ein mächtiges Ding auf die Ohren.

Für den aufsässigen Grabräuber wurde die Welt in Watte gepackt. Das Rauschen der Bugwelle hörte schlagartig auf, jedes noch so laute oder leise Geräusch erstarb, und die anderen bewegten nur noch die Lippen, ohne daß er einen Ton hörte. Gleichzeitig wurde es auch dunkel um ihn, denn die Maulschelle setzte seinen Körper blitzschnell in Bewegung, und er segelte schneller als die „Isabella“ unter vollem Preß. Am Schanzkleid blieb er benommen liegen.

„Dieses Rübenschwein“, sagte Ed zu Smoky, „wird nachher den Abtritt säubern. Nimm ihn dir ganz besonders gut vor, Smoky.“

„Dafür wird bestens gesorgt, Ed.“

Da die meisten der Kerle Nilwasser verlangten, gab es keine weiteren Probleme mehr, denn davon hatten sie genug.

Carberry warf immer wieder dem hünenhaften Nubier einen Blick zu, doch der verhielt sich ausgesprochen still und fast sittsam.

Und er scheuerte auch mit einem Fleiß zusammen mit den anderen die Planken, daß Ed nicht mehr so richtig wußte, wie er mit dem Kerl dran war.

Das war jedoch nur die Ruhe vor dem Sturm, denn mit den Kerlen sollte es noch viel mehr Ärger geben.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 254

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