Читать книгу Kronprinz Wilhelm: Ein Hohenzoller auf Holzschuhen - John Dehé - Страница 7

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Einführung

Im Jahre 2013 veröffentlichte das Wieringer Eilandmuseum Jan Lont Wilhelm, kroonprins van Duitsland, Wieringer 1918–1923 (»Wilhelm, Kronprinz von Deutschland, Wieringer 1918–1923«). Das Büchlein war schnell ausverkauft und als wir beschlossen, die Geschichte des Kronprinzen nochmals nachzuzeichnen, wurde schnell klar, dass es sich dieses Mal nicht um ein Büchlein, sondern um ein Buch handeln würde – ein Buch mit vielen Bildern, um die Geschichte noch lebendiger zu machen.

Der Kronprinz war ein Mann mit vielen Gesichtern. Als er auf Wieringen ankam, war er berüchtigt als »der lachende Mörder von Verdun« – ein Augenzeuge will gesehen haben, dass das »Blut noch auf seinem Mantel« klebte.1 Er hatte außerdem einen zweifelhaften Ruf in Bezug auf seinen Umgang mit Frauen. Seine Ankunft auf Wieringen, aber auch seine Abreise sorgten für (inter-)nationale Aufregung. Als er 1923 die Insel verließ, bedauerten das die meisten Wieringer. Der Kronprinz hatte sich insgesamt als guter Nachbar herausgestellt. Diese Meinung änderte sich freilich später, als er mit den Nazis sympathisierte.

Der Kronprinz selbst schreibt seinen schlechten Ruf der Propaganda der Alliierten zu. Man neigt dazu, das zu glauben, und seine Feinde werden sicherlich zu seinem Image beigetragen haben – bis man die Geschichten über seine Exzesse und das Fehlverhalten der deutschen Truppen in Belgien und Frankreich gelesen hat. Was seinen Ruf als unermüdlicher Don Juan angeht, machte der Kronprinz kaum oder gar keinen Versuch, zu widersprechen. Er muss eingesehen haben, dass eine Korrektur dieses Bildes unmöglich war.

In Studien, Briefen, Tagebüchern, Romanen, Magazinen und Zeitungen wurde viel über den Kronprinzen geschrieben. Er wird in vielen Aufzeichnungen erwähnt, die jetzt Archivdokumente sind. Mit seinen Erinnerungen leistete auch er selbst – durch einen Ghostwriter – einen bedeutenden Beitrag zur Überlieferung seiner eigenen Lebensgeschichte. Diese Quellen haben einen sehr unterschiedlichen Charakter, manche rücken den Prinzen in gutes Licht, andere verlieren kein gutes Wort über ihn. Wir haben all dieses Material dankbar herangezogen – es zitiert, paraphrasiert und kombiniert sowie um unsere eigenen Kommentare und die anderer ergänzt.

Im Hauptteil des Buchs bleibt unsere persönliche Meinung über den Kronprinzen im Hintergrund, weil wir die Quellen für sich selbst sprechen lassen wollen, wenngleich wir es als unsere Pflicht ansahen, hier und da bereits einige Kommentare zu seinen Handlungen einzuflechten. Im Schlusskapitel ( Unser letztes Wort) verlassen wir die strenge Sachlichkeit unserer Quellen und den neutralen Ton des Buches, weil wir der Meinung waren, dass bestimmte Passagen nicht unkommentiert bleiben dürfen.

Wir hoffen, dass wir mit diesem Buch die vielen Gesichter des Kronprinzen zeigen und die relativ unbekannte Zeit seines Exils auf Wieringen einer breiteren Öffentlichkeit näher bringen können. Wir möchten uns bei allen bedanken, die zur Realisierung beigetragen haben. Besonderer Dank gilt Rob Holtjer und Kees van der Sluijs für seine Bemühungen und wertvollen Ergänzungen, genau wie Paul Moeyes, der uns beraten und unterstützt hat.

Zur deutschen Ausgabe

Aufgrund der vielen positiven Reaktionen auf unser Buch Wilhelm – een omstreden Eilandgast in den Niederlanden – die erste Ausgabe war innerhalb eines Jahres ausverkauft – haben wir uns für eine deutsche Sonderausgabe entschieden. Der Inhalt des Buches wurde behutsam an den unterschiedlichen Kenntnisstand und die unterschiedliche Interessenlage der Leser angepasst. So wurde für die deutsche Version etwa ein Kapitel über die jüngste Diskussion über die Rückgabe enteigneter Besitztümer der Hohenzollern ergänzt. Zitate aus niederländischen Quellen wurden für die deutsche Ausgabe von den Autoren übersetzt.

Kurzer Überblick über die Kapitel

Kapitel 1: Der Kronprinz, 1882–1918

Ein Porträt des Kronprinzen muss mit seiner Jugend anfangen, seiner Ausbildung im In- und Ausland, den Erfahrungen, die er dort gesammelt hat, den ersten Liebesaffären.

Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbrach, versuchten die Niederlande, sich aus dem Krieg herauszuhalten. Auch wenn dies gelang, bekamen die Niederlande den Krieg zu spüren. Mobilisierung, Nahrungsmittelknappheit, die Ankunft vieler Flüchtlinge, Unsicherheit auf See und die Rationierung aller Arten von Nahrungsmitteln haben das Leben für vier Jahre verändert – auch auf Wieringen.

1918 flohen dann der deutsche Kaiser und sein Sohn in die »sicheren« Niederlande. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den militärischen und politischen Hintergrund und das Chaos in Deutschland. Auch die Flucht des Kronprinzen selbst wird ausführlich besprochen. Das Bild, das wir während des Ersten Weltkriegs vom Kronprinzen bekommen, ist weitgehend von alliierter Propaganda geprägt. Propaganda als Waffe im Kampf wird in diesem Kapitel ausführlich behandelt und mit zahlreichen Bildern illustriert.

Kapitel 2: Verbannung auf Wieringen, 1918–1923

Dieses Kapitel beschreibt die Ankunft des Kronprinzen auf Wieringen und seinen Aufenthalt dort. Er selbst erzählt davon in seinen Erinnerungen, daneben gibt es die Berichte zahlreicher Journalisten, die die Insel besuchten. Wir lesen, wie er das Vertrauen der Menschen auf der Insel gewinnt, seine Zeit verbringt, Freunde findet und ins Gerede kommt.

In England, aber insbesondere in Frankreich wurde die Auslieferung des Kronprinzen gefordert, den man als Kriegsverbrecher ansah. Die niederländische Regierung weigerte sich. Mithilfe von Freunden startete der Kronprinz eine Charmeoffensive, um seine Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen. Das Verfassen seiner Erinnerungen war Teil davon.

In einer heimlich vorbereiteten Aktion »floh« der Kronprinz im November 1923 nach Deutschland, sehr zum Zorn des Kaisers und der alliierten Mächte. In den Niederlanden waren die Meinungen geteilt. Auf Wieringen hatte man das Gefühl, dass der Frieden zurückgekehrt war. Zwar hatte der Kronprinz Wieringen im November 1923 verlassen, aber er würde in den folgenden Jahren nicht vergessen werden. Er kam einige Male auf die Insel zurück, Bücher über ihn wurden veröffentlicht, sogar ein Musical war ihm gewidmet. Zudem führte eine Diskussion über ein »Kronprinzenmuseum« zu erheblichen Spaltungen auf der Insel.

Kapitel 3: Der Ex-Kronprinz, 1923–1951

Obwohl der Kronprinz versprochen hatte, Abstand zur Politik zu halten, engagierte er sich bald nach seiner Rückkehr nach Deutschland wieder. Die Monarchisten sahen in ihm den idealen Reichspräsidenten. Zuerst hoffte er auf Unterstützung der Nazis, um die Monarchie wiederherzustellen, aber dieses Ziel blieb unerreichbar. Desillusioniert zog er sich in ein einfaches Haus in Hechingen zurück, wo er einsam starb.

Kapitel 4: Der Hohenzollern-Streit

In den letzten Jahren hat die Gemüter erhitzt, dass die Hohenzollern seit der Wiedervereinigung weitgehend hinter verschlossenen Türen mit dem deutschen Staat über die Rückgabe des Familienbesitzes verhandeln, der nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg insbesondere in der DDR enteignet worden war. Dreh- und Angelpunkt der juristischen Sachlage ist dabei die Frage, ob Familienmitglieder dem nationalsozialistischen oder dem kommunistischen System »erheblichen Vorschub« geleistet haben. Wäre das der Fall, kann die Rückerstattung verweigert werden. Ausschlaggebend dafür ist die Rolle, die der Kronprinz im Vorfeld und während des Zweiten Weltkriegs spielte – insbesondere die Zeit nach dem Tod des Kaisers 1941, in der Wilhelm auch offiziell das Familienoberhaupt war. Die Meinungen darüber, wie seine Rolle einzuschätzen ist, sind tief gespalten.

Kronprinz Wilhelm: Ein Hohenzoller auf Holzschuhen

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