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John Martin Littlejohn

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Kein anderer Vertreter der Osteopathie hat es geschafft, die Osteopathie annähernd so klar und umfassend zu beschreiben wie John Martin Littlejohn, der wohl bedeutendste Vertreter der Osteopathie im 20. Jahrhundert. Ausgestattet mit einem brillanten analytischen Geist hat er Stills noch stark von der romatischen Wissenschaftssprache des 19. Jahrhunderts geprägte Philosophie der Osteopathie in die moderne Wissenschaftssprache übersetzt. Damit ist er nicht nur legitimer Erbe Stills, sondern zugleich auch die Brücke zwischen ihm und der modernen Osteopathie auch unserer Tage. Allein schon deshalb lohnt es sich, einen kurzen Blick auf die Biografie dieses außergewöhnlichen Menschen zu werfen:

John Martin Littlejohn wurde am 15. 02. 1866 in Glasgow als Pfarrerssohn geboren. Er war ein hochintelligenter und wissbegieriger, aber auch kränklicher junger Mann. Trotz bitterster Armut war das Elternhaus vom geisteswissenschaftlichem Studium erfüllt, und so begann seine sprachwissenschaftliche Ausbildung bereits mit 16 Jahren an der Akademie Colraine in Nordirland. Nach dem Studium der Theologie an der Universität in Glasgow ging er 1886 als Pfarrer nach Nordirland, um schon bald darauf wieder nach Glasgow zurückzukehren. Dort erwarb er mehrere Abschlüsse und Auszeichnungen in Jura, Theologie, Medizin, Philosophie und Soziologie und hielt 1886/​87 seine ersten Vorlesungen.

Das raue Klima und seine Konstitution hatten ihn zu einem ebenso introvertierten wie brillanten und vielseitig gebildeten Analytiker geformt. Nach einem Unfall in der Universität, bei dem er sich eine Schädelfraktur zugezogen hatte, litt Littlejohn an mehrfach täglich rezidivierenden Blutungen im Hals, die ihn zum Klimawechsel zwangen. Eine große Universitätskarriere fand damit ihr jähes Ende.


AUSZUG AUS DER FAMILIENBIBEL DER LITTLEJOHNS (1865)

Hier ist das Geburtsjahr Littlejohns auf 1865 datiert. Laut Martin Collins, einem der renommiertesten Littlejohn-Kenner, dürfte es sich aber hier um einen Fehler in der Bibel handeln, da mehrere Originaldokumente jener Zeit das Geburtsjahr auf 1866 festlegen.

1892 siedelte er mit seinen Brüdern James und William nach Amerika über und setzte seine Studien an der Columbia University in New York fort. Aufgrund seiner hervorragenden Leistungen übernahm er schon bald die Leitung des Amity College in College Springs, Iowa. Seine Beschwerden besserten sich allerdings nicht, und so kam es 1895 in Kirksville zur schicksalhaften Begegnung mit Dr. Still. Bereits wenige Behandlungen führten zur deutlichen Linderung. Da Still dringend qualifizierte Lehrer an seiner 1892 gegründeten American School of Osteopathy benötigte, bot er Littlejohn einen Posten in seiner Fakultät an. Tief beeindruckt von Stills Naturkonzept der Osteopathie willigte er ein, begann 1898 seine Arbeit, schrieb sich im gleichen Jahr später als Student ein und wurde bereits 1899 zum Präsident der Schule gewählt.

Innerhalb der Fakultät gab es jedoch schon bald einen tiefen Konflikt: Stills Anhängern galt der anatomische Zugang zur Osteopathie als heilig (lesionists). Littlejohn und seinen Brüdern schien dies zu einfach; sie betrachteten die komplexere Physiologie als Kern der Osteopathie und befürworteten auch Therapien, die den osteopathsichen Prinzipien und den Prinzipien der Natur entsprachen (broadists). Aber es ging auch um einen zeitlosen Konflikt: Die analytisch orientierten Akademiker in der Fakultät standen den der Intuition vertrauenden Nichtakademikern gegenüber. Nach massiven Intrigen entschlossen sich die Littlejohn-Brüder schließlich, Kirksville bereits 1900 wieder zu verlassen, um in Chicago das Chicago College (School) of Osteopathy zu gründen. Die Einrichtung entwickelte sich rasch zum Wissenschaftszentrum der Osteopathie.

Man vermutet, dass der inzwischen verheiratete Littlejohn mit seinem feinen Gespür für politische Entwicklungen die verheerenden Folgen des von der American Medical Association initiierten Flexner-Reports zur Eradikation der immer stärker werdenden Osteopathie, Chiropraktik und Homöopathie voraussah und daher möglicherweise sein weiteres Glück in England vorzog. Auch der schwindende Einfluss in seiner eigenen Schule mag dazu beigetragen haben.

1913 zog die inzwischen achtköpfige Familie Littlejohn nach Bagger Hall nahe London, und John Martin begann noch während der Kriegsjahre mit Krankenhausarbeit und ›Unterweisungen‹. 1917 gründete er die British School of Osteopathy (BSO) in London, und mit dem Journal of Osteopathy legte er endgültig das Fundament der Osteopathie in Europa. Aber auch in England hatte er sich schon bald den Angriffen der British Osteopathic Association und der British Medical Association zu erwehren. Ähnlich den Folgen des Flexner-Reports führte eine Kampagne der BMA 1935 zum ›Paliamentary Bill‹. Der Osteopathie wurde die Anerkennung verweigert und Littlejohn zu Unrecht als unehrenhaft bezeichnet. Der Zweite Weltkrieg tat sein übriges, und die BSO schrumpfte schon bald auf eine kleine Klinik zusammen. Schließlich verstarb der neben Still wohl wichtigste Vertreter der Osteopathie 1947 in Bagger Hall, ohne je die Früchte seiner Arbeit ernten zu können.

Osteopathie erklärt (1900)

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