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Er hat ihr eine gelangt. Am Frühstückstisch seh ichs. Sie versteckts nicht mehr. Weiß nicht, ob das eine Verbesserung ist. Das nächste mal muss ich was dagegen machen. Ich bin alt genug. Oder zerstöre ich damit unsre Familie? Vielleicht ist es gar nicht so schlimm für sie. Sie ist ja noch hier. Und naja, 95 % ihrer Interaktionen verlaufen gewaltfrei, manchmal schlägt sie auch zurück.

Samstag morgen. Physik. Ich berechne dies und das. Der Wind weht Schneeflocken gegen mein Fenster. Ich schmeiss das Physikbuch in die Luft. Es landet offen und der fette Mann mit Zwirbelschnauzer von Seite 64 schaut mich fordernd an: „Bitte berechnen Sie...“, sagt er.

Ich mal ihm einen Penis ins Gesicht. Bitte berechnen Sie … diesen Penis, vervollständige ich den Satz. Ich krieg mich nicht mehr. Ich grunz wie ein Schwein, benetze das Buch mit Spuckefäden. Scheiße, fällt mir ein, das war mit Kulli. Das kann man nicht mehr weg radieren... Das war schon drin, werd ich sagen. Herr Geyer wird mir glauben.

Ich geh spazieren, zieh meine Halbschuhe an, die sich bald mit gelb gefärbtem Schnee füllen. Jeder Schritt sticht. Ich geh zum Waldsee. Kein Schwanz hier. Das Eis ist wohl zu dünn, um Schlittschuh zu laufen. Mal austesten. Meine profillosen Schuhe gleiten über das gefrorene Wasser. Es knackt hier und da, aber geht noch. Nur am Rand krach ich ein. Aber bloß bis zum Knöchel. Da isn Fisch. Im Eis gefroren. Ich leg mich auf den Bauch, hämmer mit den Fäusten drauf, bis sie blutig sind. Hol mir nen Stein. Das Eis bricht. Ich hack das Vieh frei. Ein schönes Tier! Ich nehm ihn in die flache Hand, dreh mich ein paar mal um meine eigene Achse und schmetter ihn über den See. Er gleitet auf dem Eis, wie eine prima Donna.

Ein Schlitten, das wärs jetzt. Ich steh oben, am steilen Abhang. Eltern schieben ihre wie bekloppt kreischenden Bälger an, die dann wie Geschosse den Berg runter rasen. Ich leg mich ausgestreckt, parallel zum Abhang in den Schnee.

„Was machstn du da?“ Fragt einer von den Knirpsen.

„Schieb mich“, sag ich. Der Kleine schaut mich fragend an.

„Na los doch“, sag ich. Er lacht und schubst mich. Ich kuller den Berg runter. Unten brummt mein Kopf. Ich steh auf. Meine Hände zittern, ich glaube ich erfriere.

Zu hause schütte ich den geschmolzenen Schnee aus meinen Schuhen ins Klo, leg sie auf die Heizung. Runter mit den Socken, meine Füße stechen. Die Zehen sehen aus wie ein paar Blaubeeren. Ich halt sie unter warmes Wasser, bis sie wieder Farbe kriegen, lass mir ein Bad ein. Ich hol mir einen runter, mein Sperma schwimmt in der Badewanne und ergibt mystische Formen, wie beim Bleigießen.

Wir essen zu abend, ich hab keinen Hunger.

„Wie war dein Spaziergang?“ Fragt meine Mutter.

„Erquickend“, sage ich.

Mein Vater grunzt, knallt sich ordentlich die Pick Salami rein, spült mit Bier nach. Er hat Hunger, heute war Arbeit. Als Sozialarbeiter macht er die Arbeitslosen fertig. Sozialarbeiter sind die Schlimmsten, sind mindestens genauso verrückt, wie die Psychologen, haben aber auch noch nen ausgewachsenen Minderwertigkeitskomplex dazu, weil sie zu dumm für ein Psychologiestudium sind.

„Wie läuft Schule?“ Will er wissen. Ich guck verlegen auf den Boden

„Gibt es da denn ein nettes Mädchen?“ vermutet meine Mutter und lacht mich an.

„Genau! Wie wärs mal mit ner Frau, oder bist du ein Homo?“ Ich wünschte, ich wär einer, dann könnt ichs ihm rein drücken.

„Ich bin satt“, sag ich.

„Wie sagt man?“ Fragt mein Vater.

„Danke für das Essen“, ich verzieh mich, hör die beiden gackern, sie mögen sich wieder.

Draußen spring ich auf gefrorenen Pfützen rum, bis sie einbrechen und das Wasser über das Eis läuft. Ne rum sträunende Katze kriegt nen Schneeball in die Fresse. Miau miau sagt sie und verschwindet in der Dunkelheit. Ich leg mich unter eine Baumgruppe, geschützt vor Blicken rauche ich meine letzte Zigarette. Den kalten Gestank an meinen Händen wasche ich im Schnee ab, öffne dann leise die Tür, zieh mich aus, leg mich in mein Bett und schlafe ein.

Schtraworski

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