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Hasards Befehle gellten über das Deck. Er war auf das Auftauchen der Karavelle vorbereitet gewesen und hatte bis zum letzten Augenblick gewartet, ob der Spanier beidrehte. Er wußte, daß derjenige als Sieger aus dem Gefecht hervorging, der die Nerven behielt.

Hasard begann zu grinsen, als er sah, daß der spanische Kapitän seinen Fehler wieder wettmachen wollte, indem er den Bug der Karavelle herumschwenkte.

„Feuer!“ brüllte Hasard.

Ferris Tucker und Al Conroy hatten auf dieses Wort gewartet. Ihre Lunten setzten die kurzen Zündschnüre der Geschütze in Brand, und dann entluden sich donnernd die Steuerbordkanonen.

Die Decksplanken der „Isabella“ erzitterten, als die schweren Lafetten zurückrumpelten und von den armdicken Brooktauen aufgefangen wurden. Pulverdampf hüllte die Männer ein.

Stenmark, der immer noch oben im Mars hockte, schrie vor Begeisterung, und als sich der Qualm ein wenig verzogen hatte, sah auch Hasard, daß die kleine Karavelle von der Breitseite der „Isabella“ förmlich zerhackt worden war. Das, was dort noch auf dem Wasser trieb, war nichts weiter als ein riesiger Sarg. Die beiden großen Masten waren wie Zahnstocher umgeknickt, nur noch der hintere Besan stand.

Die Spanier, die die Kanonen an Steuerbord der Karavelle bedient hatten, waren tot. Hasard sah ihre zertrümmerten Leichen an Deck liegen, doch er riß sich von diesem Anblick los.

Sie hatten gewußt, was sie erwartete, als sie in den Plymouth Sound eingelaufen waren.

Von der Karavelle drohte keine Gefahr mehr. Die überlebenden Spanier würden sich an Land in Sicherheit bringen, aber es war eine Frage, ob die Gefangenschaft, in die sie geraten würden, besser war als der Tod.

Hasard versuchte sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Im Pulverdampf der Küstenbatterien der beiden Stonehouse Forts sah er, wie zwei Kriegsgaleonen versuchten, in die Hamoaze einzudringen. Wahrscheinlich wollten sie die neben Fort Western King liegenden Arsenale und Docks mit ihren Kugeln beharken.

Der Seewolf fluchte unterdrückt. Die Burschen in den Forts feuerten zwar unablässig, aber die Trefferquote war äußerst gering, obwohl die Entfernung zu den Schiffen knapp vierhundert Yards betrug. Die Batterien auf Mount Edgcumbe, die Devil’s Point genau gegenüberlagen, waren noch nicht, in Aktion getreten. Hasard hätte es nicht gewundert, wenn die Schlafmützen noch nichts von dem Überfall der Spanier bemerkt hatten.

Die dritte Kriegsgaleone beschoß die Zitadelle und hatte dort schon beträchtliche Schäden angerichtet, denn nur selten wurde von dort zurückgefeuert. Neben der Galeone, die mindestens sechsunddreißig Kanonen führte, segelte die zweite Karavelle, die ihre Kanonen in die Einfahrt des Cattewater gerichtet hatte und auf die Handelsschiffe schoß, die dort vor Anker lagen.

Hasard brauchte nicht lange zu überlegen. Er gab Befehl, auf Cattewater zuzuhalten. Die Steuerbordgeschütze waren bereits wieder feuerbereit. Einen Moment fragte sich Hasard, wie die „Isabella“ wohl aussehen würde, wenn sie von einer Breitseite des mächtigen spanischen Kriegsschiffes getroffen wurde. Er schüttelte den Kopf. Er durfte nicht daran denken. Er mußte die mangelnde Feuerkraft eben durch geschicktes Manövrieren ausgleichen.

Die „Isabella“ war ein wendiges, gut zu segelndes Schiff. Das hatte sich so richtig erst herausgestellt, als sie entladen worden war. Die dreißig Tonnen Silber, die Capitan Romero Valdez im Bauch der „Isabella“ aus der Neuen Welt nach Spanien hatte bringen wollen, hatten das Schiff schwerfällig wie eine Seekuh gemacht.

Hasards Blick fiel hinüber zur Küste. Unter den Leuten, die an der Hoe Pier standen, glaubte er für einen Augenblick Ben Brighton und Blacky zu erkennen, aber er hatte keine Zeit, genauer hinzuschauen.

„Verdammt, holt die Schoten dicht!“ schrie er, als die Fock zu flattern begann.

Bei Ben Brighton wäre das nicht passiert, dachte Hasard grimmig, doch dann nahm die Kriegsgaleone, die den neuen Feind erkannt hatte, seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch.

Der Kapitän der Kriegsgaleone schien die „Isabella“ nicht für voll zu nehmen, denn er feuerte weiter auf die Zitadelle. Die kleine Karavelle allerdings stellte die Bombardierung der Handelsschiffe im Cattewater ein und wandte sich dem Gegner zu.

Fast tausend Yards lagen zwischen den beiden Schiffen – eine zu große Entfernung, um sichere Treffer anbringen zu können. Dennoch begannen die Geschütze der Karavelle zu feuern. Die erste Breitseite lag gar nicht einmal so schlecht. Zwei Kugeln zischten kurz vor dem Rumpf der „Isabella“ ins Wasser.

Hasard sah Ferris Tuckers fragenden Blick. Er reagierte nicht darauf. Wenn er Erfolg haben wollte, mußte er das Risiko eingehen, näher an den Feind heranzusegeln. Die Karavelle hatte noch die feuerspeiende Kriegsgaleone als Rükkendeckung. Hasard war auf sich allein gestellt. Die Batterien auf der Zitadelle hatten inzwischen ganz zu feuern aufgehört.

Um nicht von der Backbordbreitseite der Kriegsgaleone bedroht zu werden, hielt Hasard auf das Heck der Galeone zu. Dadurch gab er sich gegenüber der Karavelle eine Blöße, aber das gehörte zu dem Risiko, das er einging.

Er merkte, wie seine Männer unruhig wurden, obwohl keiner ein Wort sprach. Er blickte über die Schulter zurück zu den beiden anderen spanischen Kriegsschiffen. Sie hatten es nicht geschafft, in den Hamoaze einzudringen. Die Kanonen von Fort Western King hatten sie zum Rückzug gezwungen.

Hasard wollte sich gerade wieder umdrehen, als eine gewaltige Explosion eine der beiden Kriegsgaleonen vor Devil’s Point förmlich in Stücke riß. Eine Stichflamme raste in den Himmel. Spieren und Planken flogen durch die Luft. Die Masten zersplitterten, und dann sackte das Heck der Galeone innerhalb von Sekunden ab.

Die Explosion hatte auch die Spanier auf der Kriegsgaleone vor der Zitadelle in Atem gehalten. Sie hatten das Feuer eingestellt. Hasard wußte, daß der Augenblick der Entscheidung nahte, denn jetzt würde sich die Galeone der „Isabella“ zuwenden, um sie mit ihren Feuerschlünden auf den Grund des Plymouth Sound zu schicken.

Alles mußte jetzt blitzschnell gehen. Die „Isabella“ mußte ihre erste Breitseite abgefeuert haben, bevor die spanische Kriegsgaleone ihr Segelmanöver beendet hatte.

An Deck der Karavelle stiegen wieder graue Rauchwolken auf. Der Kanonendonner wehte herüber. Die „Isabella“ erzitterte. Eine Kugel war an Steuerbord in den Bug geschlagen. Ein Zischen ließ Hasards Kopf hochrucken. Er sah das Loch im Großbramsegel.

Hasard richtete den Blick stur auf die große Galeone. Er konnte und durfte sich jetzt nicht um die Karavelle kümmern. Die sechsunddreißig Geschütze der Kriegsgaleone waren der Feind, den sie ausschalten mußten, wenn sie überleben wollten.

„Hart Backbord!“ brüllte er, als die Kriegsgaleone langsam herumschwang. Die „Isabella“ beendete ihr Manöver schneller.

„Feuer!“

Ein einstimmiger Schrei stieg aus den Kehlen der Männer. Die Spannung machte sich Luft. Das Warten war zu Ende. Jetzt galt es zu kämpfen und zu siegen. Die Kanonen brüllten auf und jagten ihre tödlichen Ladungen dem Feind entgegen.

Ferris Tucker und Al Conroy trieben die Männer an, die hinter den Kanonen standen und durch den beißenden Qualm nicht erkennen konnten, ob ihre Kugeln ins Ziel gestoßen waren.

Der Seewolf ließ kein Auge von der Kriegsgaleone. Er hatte die aufsteigenden Pulverwolken am Heck der Galeone gesehen und wartete jeden Moment auf den Einschlag der Kugeln. Doch nichts geschah. Nicht einmal das Eintauchen der Kugeln ins Wasser hatte er gesehen.

Die Kriegsgaleone schien ihr Manöver unterbrochen zu haben. Hasard kniff die Augen zusammen, um mehr erkennen zu können. Und dann sah er, daß Conroy und Tucker ganze Arbeit geleistet hatten.

Die Kugeln der „Isabella“ waren ins Zwischendeck eingeschlagen und hatten unter den spanischen Geschützmannschaften gewütet. Die Zähne an der Backbordseite des Kriegsschiffes waren stumpf geworden.

Die Männer auf der „Isabella“ arbeiteten wie die Verrückten. Hasard schrie ein paar Befehle zu Carberry hinüber, und wenig später schwenkte die „Isabella“ von der Kriegsgaleone fort. Die Männer, die gedacht hatten, sie würden jetzt der Kriegsgaleone den Rest geben, blickten erstaunt zum Quarterdeck hoch. Doch als sie Hasards unbewegliches Gesicht sahen, wußten sie, daß der Seewolf wieder einmal seinem Namen gerecht werden wollte. Er setzte alles auf eine Karte.

Er wollte die lästige Wespe, die unablässig ihre Kanonen auf die „Isabella“ abfeuerte, ausschalten. Dabei mußte er der Kriegsgaleone seine Backbordseite zeigen, aber Hasard hoffte, daß bei den Dons Zustand herrschte und sie nicht in der Lage waren, ihre Backbordkanonen in Aktion zu bringen.

Die Karavelle reagierte zu spät. Wahrscheinlich hatte der Capitan nicht damit gerechnet, daß sich der Engländer einfach vom stärkeren Feind abwenden und auf den schwächeren stürzen würde.

Die Karavelle wollte abdrehen, doch da schlug die „Isabella“ bereits zu. Die Kartuschen schleuderten Stangenkugeln und Langgeschosse zum Spanier hinüber, die die Spieren und die Takelage der Karavelle einfach hinwegfegten. Es sah aus, als sei jemand mit einer riesigen Sense über das Schiff gefahren.

Nur Sekunden, nachdem die Breitseite abgefeuert war, fuhr die „Isabella“ eine enge Halse. In dieser Zeit schafften es Conroy und Tucker, die Geschütze erneut zu laden.

Die Männer schrien vor Begeisterung. Jetzt hatten sie den übermächtig erscheinenden Gegner in der Klemme. Und der Seewolf hatte nicht die Absicht, den angeschlagenen Feind zu schonen.

„Die erste Breitseite in die Spieren, Ferris!“ schrie er.

„Aye, aye!“ brüllte der Schiffszimmermann zurück, der sich mit Al Conroy, dem Geschützführer von der „Isabella“, so gut verstand, als seien sie ein jahrelang eingespieltes Gespann.

Die „Isabella“ schob sich langsam an die Kriegsgaleone heran, die jetzt ihr Heil in der Flucht suchte und zwischen der St.-Nicholas-Insel und Bottlenose Point das freie Meer erreichen wollte.

Hasard beobachtete, wie an Bord des spanischen Schiffes hektisch gearbeitet wurde. Der Spanier war vom Jäger zum Gejagten geworden. Er war angeschlagen, und das ließ ihn gefährlich werden.

Die Heckkanonen der Kriegsgaleone wurden abgefeuert, und im ersten Moment glaubte Hasard, die Schüsse gelten der „Isabella“. Doch dann sah er das hochaufspritzende Wasser. Die Spanier hatten auf zwei Boote gezielt, die auf die Galeone zugepullt wurden. Hasard erkannte John Thomas und Ben Brighton.

Der Seewolf hätte gern noch ein paar Minuten gewartet, bis er auch gleicher Höhe mit der Kriegsgaleone gewesen wäre. Doch er mußte schon jetzt handeln. Die Gefahr, daß die nächsten Kugeln eines der beiden Boote treffen könnten, war zu groß.

Er gab Ferris Tucker ein Zeichen, und dann sprachen die Geschütze der „Isabella“ ein weiteres Mal. Wirbelnde Eisenkugeln fuhren aus den Feuerschlünden und rissen die Takelage des Spaniers in Fetzen.

Hasard sah, wie Splitter durch die Luft flogen und Spieren und Stengen auf das Deck des Kriegsschiffes krachten. Der Großmast knickte in der Mitte ab und senkte sich nach Steuerbord. Noch wurde er von den Wanten gehalten, aber das nutzte dem spanischen Capitan nichts mehr. Sein Schiff war manövrierunfähig geworden. Er war dem Feind hilflos ausgeliefert.

Wenn Hasard geglaubt hatte, dieser Treffer würde die Spanier zur Aufgabe zwingen, so hatte er sich“ getäuscht. Fast unmittelbar auf die fürchterliche Breitseite der „Isabella“ antworteten ein paar Kanonen, die die Spanier wieder klar zum Schuß hatten.

Der Jubelschrei der Engländer erstickte in ihren Kehlen. Entsetzt starrten sie auf die Stelle im Schanzkleid, wo die Kugel der Spanier eingeschlagen war. Zwei Männer lagen bewegungslos in ihrem Blut, das den ausgestreuten Sand dunkel färbte. Einer von ihnen hatte keinen Kopf mehr, und Hasard fragte sich, ob es einen von seinen Männern erwischt hatte. Er versuchte seine Männer zu zählen, doch dann gab er es auf. Er mußte etwas tun, um das Entsetzen der Leute in andere Bahnen zu lenken.

„Männer!“ schrie er. „Gebt es den Tintenfischfressern!“

Ein einziger Wutschrei stieg in den heller werdenden Morgenhimmel. Ferris Tucker gab knappe Befehle, die beiden Toten wegzuschaffen, und dann jagte er wieder eine Breitseite zur Kriegsgaleone hinüber. Diesmal hatte er tiefer gehalten, und die Eisenkugeln wüteten auf dem Deck des spanischen Schiffes.

Jetzt erst sah Hasard Batuti, der die ganze Zeit an der ersten Kanone gestanden hatte, mit seinen Brandpfeilen auftauchen. Mit einem Langbogen schickte er die ersten auf die Reise. Er setzte das Focksegel in Brand.

Pfeil auf Pfeil zischte jetzt zu den Spaniern hinüber, die alle Mühe hatten, die Flammen zu löschen.

Die „Isabella“ war nur noch hundert Yards von der Kriegsgaleone entfernt. Hasard sah, wie sich die beiden Boote dem spanischen Schiff näherten. Sie würden noch vor der „Isabella“ bei der Galeone sein.

„Fertigmachen zum Entern!“ rief er. „Wir werden den Dons zeigen, was es heißt, sich mit einem Engländer anzulegen!“

Er warf noch einen Blick zur letzten kampfbereiten Kriegsgaleone der Spanier hinüber, aber sie schien nicht darauf erpicht zu sein, in den Kampf einzugreifen. Es ärgerte Hasard, daß er ein Schiff entkommen lassen mußte, aber vielleicht war es ganz gut so, wenn es jemanden gab, der berichtete, was geschah, wenn spanische Schiffe es wagten, einen englischen Hafen anzugreifen.

Er packte sein Entermesser fester. In der linken Hand hielt er die sächsische Pistole mit den zwei Ladungen, die er einem bretonischen Piraten abgenommen hatte. Er blickte hinunter zu den Männern, die gleich an seiner Seite kämpfen würden.

Da waren Ferris Tucker und Smoky, dessen Gesicht vom Pulverdampf geschwärzt war. Batuti ließ seine weißen Zähne blitzen und schwang ein Krummschwert über dem Kopf. Matt Davies mit seinem Eisenhaken war da, und von der Crew der „Marygold“ sah er Carberry, den Profos, Patrick Evarts, den Segelmacher, und Mac Pellew, den Koch, der jetzt noch grimmiger dreinschaute als sonst.

Hasard vermißte Dan O’Flynn mit seiner gekürzten Pike. Zu gern hätte er ihn und Ben Brighton an seiner Seite gesehen. Aber vielleicht waren die beiden schon vor ihm an Bord des Spaniers.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/I

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