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3.

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Beim Hoe Pier waren Ben Brighton, Blacky und Dan O’Flynn auf Kapitän Thomas und die Männer der „Santa Cruz“ gestoßen. Die Männer hatten schon in zwei Booten gesessen und stießen gerade von der Pier ab, als die drei von der „Isabella“ auftauchten. Sie hatten nicht lange gezögert, waren in das zweite Boot gesprungen und pullten jetzt mit den anderen auf die Kriegsgaleone zu, die nach der ersten Breitseite der „Isabella“ von der Zitadelle abgedreht hatte und nun auf die St.-Nicholas-Insel zulief.

Am Heck der Galeone krachten zwei Kanonen. Ben Brighton zuckte nicht einmal mit der Wimper, als eine Kugel gefährlich nahe neben dem Boot ins Wasser klatschte und eine große Fontäne hochstieß.

Er ärgerte sich immer noch, daß er nicht auf der „Isabella“ war. Er hatte sein Schiff genau beobachtet, und ein paarmal hatte er grimmig festgestellt, daß die Segel nicht so getrimmt waren, wie es hätte sein können.

Wieder brüllten die Kanonen auf. Ben Brighton grinste erleichtert, als er sah, wie die Stangenkugeln der „Isabella“ die Takelage des Spaniers zerfetzten. Verdammt, der Seewolf war ein Teufelskerl. So leicht machte ihm dieses Kunststück keiner nach.

Die Kriegsgaleone war jetzt bewegungsunfähig. Der Capitan und seine Offiziere schrien sich die Kehlen heiser, aber das nutzte jetzt auch nichts mehr. Das Spiel war gelaufen. Sie konnten sich ergeben oder kämpfend sterben.

Ben fluchte, als Musketen über das Schanzkleid der Kriegsgaleone geschoben wurden und die ersten Schüsse aufpeitschten. Die verdammten Dons dachten nicht daran, sich zu ergeben. Wahrscheinlich hatte man ihnen Greuelmärchen über die englische Gefangenschaft erzählt, so daß sie den Tod vorzogen.

Vielleicht taten sie sogar recht daran, denn seit die Spanier vor Jahren einmal über fünfzig Engländer auf der Plaza von Valladolid verbrannt hatten, nahmen die Greueltaten auf beiden Seiten kein Ende mehr. Wenn man sich nur entschließen könnte, Gefangene anständig zu behandeln, dachte Ben Brighton.

Er zuckte zusammen, als der Mann neben ihm zusammenbrach. Eine Kugel hatte ihn unter dem linken Schlüsselbein getroffen. Der Mann bewegte sich nicht mehr.

Ben hatte keine Zeit, sich um ihn zu kümmern. Die Boote schossen jetzt schnell auf die Kriegsgaleone zu. Das Musketenfeuer verstärkte sich, doch dann krachte die nächste Breitseite der „Isabella“ in den Rumpf des havarierten Schiffes.

An Deck der Kriegsgaleone brach die Hölle los. Viele Männer sprangen über Bord. Das Feuer, das die Fock aufgezehrt hatte, breitete sich jetzt schnell über die Back aus.

Dumpf schlug das Boot gegen den Rumpf der spanischen Galeone. Taue mit Enterhaken flogen hoch, und katzengewandt kletterten die Engländer daran hoch.

Dan O’Flynn war einer der ersten. Seine Enterpike bohrte sich einem Spanier in die Brust, der gerade seine Muskete abdrücken wollte. Schreiend stürzte der Mann zurück und preßte beide Hände auf die Wunde, aus der Blut quoll.

Blacky hieb einem anderen Spanier mit dem breiten Entermesser, das er einem seiner Kameraden einfach aus der Hand gerissen hatte, den Helm vom Kopf. Doch bevor er zum zweitenmal zustechen konnte, war der Mann über Bord gesprungen.

Innerhalb weniger Minuten hatten die Engländer sich einen kleinen Brückenkopf auf dem Achterdeck geschaffen. Spanische Soldaten drangen auf sie ein, aber die wirbelnden Messer und Piken schlugen sie zurück.

Blacky und Dan O’Flynn kämpften wie besessen. In ihrem Eifer sahen sie die „Isabella“ erst, als sie Rahnock an Rahnock neben der Kriegsgaleone lag. Ein Schrei aus vielen Kehlen brandete über das spanische Schiff, Enterhaken flogen von der „Isabella“ herüber, und an der Spitze der Männer schwang sich der Seewolf an einer Brasse herüber auf die spanische Galeone.

Er sah furchterregend aus mit dem breiten, hocherhobenen Entermesser und dem Dolch, den er zwischen den Zähnen hielt.

Fast ein Dutzend Spanier erwarteten ihn mit blitzenden Degen. Wie ein Berserker war der Seewolf zwischen ihnen. Er riß seine Pistole hervor und feuerte sie zweimal ab. Die ersten beiden Spanier sanken auf die Decksplanken. Ihre Uniformen färbten sich rot von ihrem Blut.

Hasard hieb sich förmlich eine Gasse in die Spanier. Er hatte Ben Brighton und Dan O’Flynn auf dem Achterdeck gesehen, und er wollte sich zu ihnen durchschlagen.

Die Gasse hinter Hasard wurde blitzschnell von den folgenden Engländern ausgefüllt. Matt Davies wütete mit seinem Eisenhaken, Batuti wirbelte sein Entermesser über dem Kopf und brüllte jedesmal wild, wenn er es auf einen Spanier niedersausen ließ.

Smoky kämpfte Seite an Seite mit Carberry und dem Segelmacher Patrick Evarts, während Ferris Tucker mit den anderen Leuten eine zweite Bresche in die Leiber der Spanier schlug, die sich mit dem Mut der Verzweiflung wehrten.

Ein ohrenbetäubendes Krachen übertönte den Kampflärm auf der spanischen Kriegsgaleone, und Sekunden später war das Bersten von Holz und die furchtbaren Todesschreie von Menschen zu hören.

Al Conroy, der an Bord der „Isabella“ zurückgeblieben war, hatte aus der Drehbasse auf der Back eine Kartätsche mitten zwischen die Spanier in der Kuhl gefeuert.

Der Kampf stockte ein paar Herzschläge lang. Alle Männer, Spanier wie Engländer, starrten entsetzt auf das blutige Massaker, das die Kartätsche angerichtet hatte. Mindestens fünf Spanier lagen tot auf den Decksplanken. Zwei Dutzend waren mehr oder weniger schwer verwundet. Ein Soldat starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seinen blutigen Armstumpf.

Eine laute Stimme hallte über das Achterdeck. Ben Brighton forderte die Männer der Kriegsgaleone auf Spanisch auf, die Flagge zu streichen.

Alles starrte nach oben zum Achterdeck, wo sich der Capitan mit seinen Offizieren verschanzt hatte. Hasard schob sich unbemerkt weiter an den Niedergang heran, der hinauf zum Achterdeck führte. Er glaubte nicht daran, daß der Spanier aufgeben würde. Wahrscheinlich war der Capitan einer von den blaublütigen Holzköpfen, die meinten, nicht mehr leben zu können, wenn sie einmal eine Niederlage erlitten hatten.

An ihre Leute dachten diese Kerle zuletzt. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, daß sie ihr Leben für die Ehre ihres Capitans opferten.

Die Spanier hatten nicht den Hauch einer Chance mehr. Ihr Schiff brannte. Die Back war in lodernde Flammen gehüllt. Fast hundert schwerbewaffnete Engländer befanden sich jetzt an Bord ihres Schiffes, und von Land legten jetzt mehr als ein Dutzend Boote ab, jedes mit einem Pulk Soldaten, die mit Musketen bewaffnet waren.

Die Stimme des Capitans gellte über die Decks.

Hasard verstand die Worte nicht, die er rief, aber er erkannte ihren Sinn. Er sah, wie ein paar Spanier ihre Waffen fester packten.

Mit ein paar Sätzen hatte Hasard den Niedergang geentert. Eine Pistolenkugel zischte haarscharf an seinem rechten Ohr vorbei. Mit einem kurzen Hieb traf Hasard den Schützen quer über die Brust. Gurgelnd stürzte der Mann auf die Planken.

Hasard warf einen Blick hinüber zu Ben Brighton, der sich an der Reling in Igelstellung verschanzt hatte.

„Wir holen uns den Capitan!“ schrie Hasard.

Die zusammengedrängten Engländer schienen zu explodieren. Hasard hatte kaum ausgesprochen, da stürmten sie mit wildem Geschrei auf die Spanier zu.

Die Soldaten wurden überrumpelt. Ehe sie ihre Lanzen und Piken anheben konnten, waren die Engländer über ihnen.

Der Capitan brüllte wie ein Wahnsinniger. Er fuchtelte mit seinem Toledodegen in der Luft herum. Ans Kämpfen dachte er nicht. Dazu hatte er schließlich seine Leute. Er schrie seine Offiziere an, und zögernd gingen diese in Abwehrstellung.

Hasard hatte sich in die Wanten des Besanmastes geschwungen, nachdem er drei weitere Soldaten aus dem Weg geräumt hatte. Einer der Offiziere hatte ihn entdeckt und die Pistole auf ihn angelegt. Doch bevor er abdrücken konnte, sirrte Hasards Messer durch die Luft und blieb mit zitterndem Griff in der Brust des Mannes stecken. Der Offizier drehte sich um seine Achse. Seine Hände griffen haltsuchend um sich und packten den Ärmel des Capitans.

Kreischend versuchte sich der Don von dem tödlich Verwundeten zu lösen. Schließlich wußte er sich nicht anders zu helfen, als ihn mit dem Knauf seines Degens von sich zu stoßen.

Die anderen Offiziere hatten alles beobachtet. Hasard sah den Haß in ihren Augen blitzen – Haß auf ihren Capitan, der ihnen auf diesem Schiff die Hölle bereitet hatte. Niemand von ihnen erhob noch einen Arm. Ungehindert konnten Ben Brighton, Kapitän Thomas und Dan O’Flynn bis zum Capitan vordringen.

Hasard schwang sich aus den Wanten hinunter und federte in den Knien ab, als er auf den Decksplanken landete. Die Offiziere ließen sich widerspruchslos von Blacky und Dan O’Flynn entwaffnen.

Plötzlich war es still auf dem Schiff. Nur noch das Prasseln des Feuers auf der Back und das Knattern des zerfetzten Lateinersegels am Besan waren zu hören. Die spanischen Soldaten hatten den Kampf aufgegeben, nachdem sie sahen, daß die Offiziere die Waffen gestreckt hatten. Jetzt waren alle Augen auf den Capitan gerichtet, der mit bleichem Gesicht an der Reling lehnte und den goldenen Toledodegen dem schlanken, schwarzhaarigen Engländer entgegenstreckte.

Alles wartete auf den Befehl des Capitans, die Flagge zu streichen, doch der Spanier schwieg verbissen. Sein Gesicht färbte sich langsam rot, denn einer seiner Offiziere hatte ein Wort ausgespuckt, das ihn zu beleidigen schien.

Hasard war auf der Hut. Es genügte ein kleiner Schritt zur Seite, um der vorstoßenden Klinge des Toledodegens auszuweichen.

Der Capitan keuchte. Schweiß stand ihm in dicken Perlen auf der Stirn. Er griff sofort wieder an, doch auch diesmal war der Seewolf schneller. Er ließ sein Entermesser fallen und fing den Degen, den ihm Dan O’Flynn zuwarf. Die Klinge schwang hoch und wehrte in letzter Sekunde einen Hieb des Spaniers ab.

Hasard sah, daß der Capitan seine Angst verloren hatte. Er mochte ein Feigling sein, aber jetzt hatte er sich entschlossen, zu kämpfen. Er wußte, daß es nur zwei Möglichkeiten für ihn gab: zu siegen oder zu sterben. Niemals würde er dem jungen Engländer den Triumph gönnen, ihn gefangenzunehmen.

Hasard unterschätzte den Capitan nicht. Der Mann war ein guter Fechter. Wenn ihm vielleicht auch die Kondition fehlte, er beherrschte jedenfalls alle Tricks, die einen guten Fechter ausmachten.

Es war nicht Hasards Natur, abzuwarten, bis der andere angriff. Er wollte die Entscheidung. Er wollte der Angreifer sein und den anderen in die Enge treiben, bis es keinen Ausweg mehr für ihn gab.

Der Spanier zerrte mit der Linken einen Parierdolch aus der verzierten Scheide an der Hüfte. Er ließ sich von Hasards Scheinangriffen nicht täuschen, sondern wartete mit zusammengepreßten Lippen auf seine Chance.

Hasard verzichtete auf jede Tändelei. Er griff an. Die Klinge seines Degens fauchte durch die Luft und klirrte gegen den Toledodegen des Gegners. Immer schneller folgten seine Ausfälle aufeinander. Der Spanier hatte Mühe, die Angriffe abzuwehren. Er fand keine Zeit, selbst einen entscheidenden Stoß anzubringen. Er stieß einen spitzen Schrei aus, als Hasard seine Klinge gefaßt hatte, sie blitzschnell rotieren ließ und dann kräftig hochriß.

Der Capitan konnte die Waffe nicht mehr halten. Der Toledodegen wurde aus seiner Faust gerissen, flog durch die Luft und fuhr mit der Spitze in den Besanmast. Dort blieb er stecken. Der schwere Korb pendelte hin und her.

Mit zwei Schritten war Hasard neben dem Besanmast und schnitt dem Capitan den Weg zu seinem Degen ab. Es wurde Zeit, daß dem Kampf ein Ende bereitet wurde. Das Feuer hatte bereits aufs Hauptdeck übergegriffen, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann es die Pulverkammern der Kriegsgaleone erreichte und sie samt aller Männer an Bord in die Luft flog.

Der Capitan hatten seinen Parierdolch mit beiden Händen gepackt.

Hasard schüttelte den Kopf.

„Geben Sie auf, Capitan“, sagte er.

Der Spanier spuckte aus, und bevor Ben Brighton und Kapitän Thomas eingreifen konnten, hatte er sich den Dolch bis zum Heft in die Brust gestoßen.

Einen Moment stand er schwankend da, die Augen weit aufgerissen.

„Viva España!“ rief er, dann quoll Blut aus seinem Mund, und er stürzte nach vorn auf die Decksplanken.

Hasard war einen Augenblick benommen. Damit hatte er nicht gerechnet. Er zollte seinem Gegner Anerkennung, indem er sich leicht vor dem Toten verbeugte. Doch dann gab er Ben Brighton den Befehl, das Schiff räumen zu lassen.

Inzwischen waren die Boote mit den Soldaten heran. Sie nahmen die gefangenen Spanier in Empfang. Hasard ging mit seinen Leuten und den Männern von Kapitän Thomas auf die „Isabella“ zurück, die sich sofort von der Kriegsgaleone entfernte.

Hasard beobachtete die geblähten Segel der letzten spanischen Galeone, der die Flucht aus dem Plymouth Sound zu gelingen schien. Ihre Takelage war zwar mächtig zerrupft, aber sie lief noch genügend Fahrt, um ihren Verfolgern entrinnen zu können.

Hasard überlegte, ob es Sinn hatte, den Spanier zu verfolgen, doch dann schüttelte er den Kopf. Die Galeone hatte einen zu großen Vorsprung. Außerdem war der Besanmast der „Isabella“ zur Hälfte zerstört, und am Hafen wartete sicher Francis Drake, der bereits angedeutet hatte, daß eine neue Aufgabe auf die Schiffe seines Geschwaders wartete.

Als die „Isabella“ in die Mill Bay glitt, hatte das Feuer auf der spanischen Kriegsgaleone die Pulverkammern erreicht. Hasard blickte zurück und sah, wie das große Schiff auseinanderbarst. Die Boote mit den Gefangenen hatten das Ufer erreicht, so daß niemand mehr zu Schaden kam.

„Zum Teufel, Killigrew“, sagte John Thomas neben Hasard. „Der Herr möge mich davor bewahren, daß wir uns mal als Feinde gegenüberstehen!“

Hasard hatte richtig vermutet. Kapitän Drake hatte die Schlacht im Plymouth Sound von der Zitadelle aus verfolgt. Immer wieder hatte er den Kopf geschüttelt über soviel Leichtsinn, und dennoch konnte er dem jungen Killigrew seine Achtung nicht versagen. Er tat in den entscheidenden Augenblicken immer genau das Richtige.

„Ein bissiger Seewolf“, murmelte er. „Einer mit Mut, Verstand und Glück, die Mischung, die einen großen Mann auszeichnet.“

Francis Drake wartete nicht ab, bis die Galeone der Spanier in die Luft flog. Er wollte an den Piers der Mill Bay sein, wenn die „Isabella“ anlegte. Er hatte schon gesehen, daß die „Marygold“ und die „Santa Cruz“ beschädigt worden waren, aber er würde schon dafür sorgen, daß schnell neue Masten herbeigeschafft wurden. In zwei Tagen sollten die drei Schiffe auslaufen und Soldaten nach Irland bringen, die eine geheime Mission zu erfüllen hatten.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/I

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