Читать книгу Vitamin D - Das Sonnenhormon. Kompakt-Ratgeber - William Grant, Jorg Spitz - Страница 8
ОглавлениеDie Sonne – Fluch oder Segen für den Menschen?
Ohne Sonne gibt es kein Leben auf der Erde! Diese Erkenntnis ist auch den meisten Menschen heute durchaus vertraut. Wissen wir doch, dass die Sonne unserer Erde die benötigte Wärme spendet und die Pflanzen aus dem Sonnenlicht die Energie für ihren Stoffwechsel beziehen. Die auf diese Weise in den Pflanzen angesammelte Energie ist nicht nur die Basis der zur Neige gehenden fossilen Brennstoffe, sondern seit Millionen von Jahren bis in die heutige Zeit die Basis der Ernährung für die Tierwelt und den Menschen.
Umso unverständlicher erscheint es, dass gerade der Mensch, die »Krone der Schöpfung«, in unserer heutigen Zeit diese segensreiche Sonne durch zahlreiche Maßnahmen bewusst oder unbewusst zunächst aus seinem persönlichen Alltagsleben weitgehend ausgeschlossen hat. Inzwischen fürchtet er sie sogar: Sonnenstrahlen gelten nicht mehr als Leben spendend, sondern als tödlich, denn sie verursachen Krebs!
Menschheit, wohin bist du gekommen?!
Unsere Geschichtsbücher belegen, dass dies nicht immer so war. Vielmehr wurde die Sonne häufig wie ein Gott verehrt. So galt im antiken Ägypten der Sonnengott Re als einer der mächtigsten Götter. Die alten Griechen verehrten Helios als ihren Sonnengott, und die Römer nannten diesen »Sol«, dessen Kult bereits auf die Zeiten der Stadtgründung Roms zurückgeht. Auch die Inkas in den Anden Südamerikas verehrten die Sonne und errichteten überall in ihrem Reich Tempel, die der Sonne geweiht waren.
In der Medizin wird seit der Antike immer wieder über die positive Wirkung der Sonne als »Heliotherapie« berichtet. Die Assyrer kannten bereits das Sonnenbaden und hatten eigene Einrichtungen dafür. Die Römer pflegten nicht nur eine hoch entwickelte Badekultur, sondern statteten ihre Häuser bereits mit »Solarien« auf den Dächern aus.
Mit dem Untergang des Römischen Reiches fand auch dessen Bade- und Besonnungskultur ein Ende. Im dunklen Mittelalter waren leichte Bekleidung oder gar nackte Körper unsittlich.
Erst die Neuzeit brachte eine Wandlung mit sich. In der Schweiz wurden 1855 die ersten Sanatorien für eine Behandlung mit Sonnenlicht eingerichtet.
Der dänische Arzt Niels Ryberg Finsen erhielt 1903 für seine Erfindung des künstlichen Sonnenlichtes den Nobelpreis. Er setzte es ein zur Behandlung von infektiösen Krankheiten wie Tuberkulose und Pocken.
Auch in der allgemeinen Bevölkerung wuchs das Interesse an der Heliotherapie. Denn im Zuge der zunehmenden Industrialisierung verlagerten immer mehr Menschen nicht nur ihren Arbeitsplatz in die Fabriken, sondern auch ihren Wohnort in die Städte. Damit verringerte sich automatisch die Möglichkeit zur täglichen Sonnenexposition. Ein Urlaub oder eine »Kur auf dem Land« bot einen willkommenen Ausgleich.
Die zahlreichen Kurorte in den Alpen, aber auch in den deutschen Mittelgebirgen, bezeugen die Wertschätzung des Mottos: zurück zur Natur! Allerdings wurden die gesundheitlichen Erfolge häufig mehr der guten Luft als der Sonneneinstrahlung zugeschrieben, sodass sich der Begriff des »Luftkurortes« entwickelte. Typischerweise finden sich jedoch fast alle Luftkurorte in einer mehr oder minder ausgeprägten Höhenlage, die automatisch eine intensivere Sonneneinstrahlung garantiert.
Bedingt durch die Entwicklung der Antibiotika – als hochwirksame Medikamente gegen infektiöse Krankheiten – verloren die Sanatorien in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wieder an Bedeutung in der Medizin. Geblieben ist jedoch die Vorstellung von einer »gesunden Bräune« durch die Sonne.
Mit dieser Auffassung wird allerdings ein Nebeneffekt der Sonneneinstrahlung – nämlich der Schutz vor zu viel Sonne durch Pigmenteinlagerung (»Bräunung«) – zum Hauptzweck des Sonnenbadens gemacht. Leider wird dabei allzu häufig die allgemeingültige Warnung von Paracelsus, einem Altmeister der Medizin, nicht beachtet: »Allein die Dosis macht das Gift!«
Nicht die Sonne ist das Problem, sondern unser Umgang mit ihr.
Chemiekonzern Körper
Wenn wir die Wirkungsweise der Sonnenstrahlen auf unseren Körper verstehen wollen, müssen wir wissen, wie unser Organismus grundsätzlich funktioniert. Viele Menschen machen sich darüber kaum Gedanken und nehmen die vielfältigen, höchst komplizierten Körperfunktionen als selbstverständlich hin. Diese Haltung kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben! In der Tat ist unser Körper ein wahrer Chemiegigant!
Das »Unternehmen« verfügt über 50 Billionen komplett ausgerüstete chemische Fabriken, nämlich die Körperzellen. Bekanntlich können Fabriken jedoch nur so lange arbeiten und etwas produzieren, wie sie über genügend Material verfügen.
Und es genügt nicht irgendein Rohstoff, sondern es werden spezielle Materialien benötigt, je nachdem, was die Fabrik herstellt. Und diese Ausgangsstoffe müssen konstant zur Verfügung stehen, sonst stoppt die Produktion. Genau die gleichen Voraussetzungen gelten auch für die Zellen in unserem Körper.
Den benötigten Nachschub erhalten wir vor allem über die Nahrung. Sie muss sämtliche Substanzen enthalten, die der Körper für den ständigen Betrieb seiner Zellen braucht und nicht selbst herstellen kann. Dabei hat der im Deutschen übliche Begriff »Lebensmittel« eine doppelte Bedeutung: Zum einen kann er aussagen, dass es sich um »lebendes« Material handelt. Und in der Tat haben die Menschen, bevor ihnen das Feuer zum Kochen zur Verfügung stand, ihre Nahrung roh verzehren müssen. Für viele Menschen heute ein unvorstellbarer oder gar ekliger Gedanke! Der rohe Zustand der Nahrung hat jedoch eindeutig den Vorteil, dass keinerlei Inhaltsstoffe durch die Zubereitung verloren gehen oder verändert werden. Wir werden auf die Bedeutung der Ernährung für unsere Gesundheit im Laufe des Buches immer wieder eingehen.
Die zweite Interpretation des Begriffes »Lebensmittel« geht dahin, dass wir dieses Material für den Erhalt unseres eigenen Lebens benötigen. Und auch dieser Gedanke ist vielen Menschen fremd oder verloren gegangen. In der Regel isst man heute irgendetwas, weil man Hunger oder auch nur Appetit auf etwas hat, aber nicht um dem Körper das zuzuführen, was er für den Stoffwechsel dringend braucht!
Da der Zellstoffwechsel viel komplizierter und dennoch effektiver abläuft als die Produktion in einer Fabrik, kann die Zelle in der Regel vorübergehende Defizite in der Zufuhr ausgleichen. Auf Dauer geht dies jedoch nicht. Dann wird die Funktion der Zelle beeinträchtigt und natürlich auch die des jeweiligen Organs, zu dem diese Zelle gehört. Der Körper wird krank!