Читать книгу Knurr und das Amulett des Dämonenfürsten: Die Abenteuer der Koboldbande Band 6) - Jork Steffen Negelen - Страница 6

Der Herr des schwarzen Blutes

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Zur gleichen Zeit beobachtete eine finstere Gestalt das, was so eben geschehen war, mit allerhöchstem Interesse. Diese Gestalt war der Herrscher der Dämonenwelt, der höchste Fürst der Dämonen. Aufmerksam schaute er in ein großes rundes Becken, das sich bis zum Rand mit schwarzen Blut füllte. Es war das Blut jener schwarzen Kreaturen, die vor unendlich langer Zeit im Kampf gegen den Schöpfer und seine Heerscharen auf dem Schlachtfeld fielen. Die Magie dieses Blutes wurde vom Dämonenfürst Imperos immer wieder beschworen und sie zeigte ihm das, was der Herrscher sehen wollte.

Glatt wie ein Spiegel wurde dann die Oberfläche und Imperos betrachtete die Orte, die für ihn unerreichbar waren. Doch für seinen schwarzen Hexer war es leicht, überall hinzufliegen. Durch die Augen des Hexers sah der Dämonenfürst, was gerade geschah. Er hatte den Hexer unter der Bedingung freigelassen, ihm zu dienen und alles zu tun, was er von ihm verlangte. Mit seiner Hilfe konnte Imperos den Nachtaugenriesen Cromber unter seine Kontrolle bringen und ihn gegen den Prinzen Artem aufwiegeln. Durch seine Gedanken war der Hexer außerdem mit Imperos verbunden. Und so konnte der Fürst dem Hexer befehlen, Roger zu töten, als dieser versagte.

Der finstere Raum, in dem sich der Fürst befand, wurde nur durch die Glut einer Lavablase erhellt. Sie blubberte unaufhörlich in einer Ecke und verbreitete außer ihrem matten Licht auch noch einen fürchterlichen Gestank. Doch der Fürst achtete schon längst nicht mehr darauf.

Quietschend öffnete sich eine eiserne Tür und die schlanke Gestalt einer schwarzen Nymphe trat ein. Es war Aella, die von Dämonicon auf der Insel des Nebelgrundes durch das schwarze Portal geschickt wurde. Jetzt konnte sie nicht mehr so einfach gegen den Willen des Dämonenfürsten zurück und sie musste dem höchsten Fürsten der Dämonen dienen. Sie verbeugte sich vor Imperos und sprach ihn mit sanfter Stimme an. »Mein Herr und Meister. Die Gefangenen sind in die große Halle geführt worden. Willst du sie in dieser Stunde sehen? Oder sollen sie auf den Augenblick ihrer Vernichtung noch ein wenig warten?«

Imperos drehte sich um und sah verärgert zu der Nymphe. »Du dummes Ding«, fuhr er sie an. »Wer sagt dir denn, dass ich sie vernichten will? Der Tod der Gefangenen bringt mir nicht viel. Doch ihr Wissen ist groß und sie werden es mit mir teilen. Das versichere ich dir, meine schöne Aella.«

Imperos wendete sich wieder seinem magischen Becken zu und strich mit beiden Händen beinah zärtlich über die Oberfläche des Blutes.

»Schau es dir an«, sprach er zu der Nymphe und seine Stimme klang unerwartet leise. »Das Kostbarste, das ein Krieger in der Schlacht opfern kann, ist sein Leben. Doch dieses Leben wird durch das Blut gespeist, und wenn es auf dem Schlachtfeld vergossen wird, so fließt das Blut mit dem Leben davon. Ich bin einst über alle Schlachtfelder gegangen, auf denen meine dämonischen Krieger zu Tausenden starben. Ich habe ihr Blut gesammelt und ihnen im Augenblick ihres Todes in die Augen gesehen.«

Der Fürst drehte sich mit einem Ruck zu Aella um. Dann beugte er sich über sie, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. Leise sprach er weiter. »Selbst der unwürdigste Dämon hat eine Seele und ich konnte sehen, wie sie alle im Augenblick des Todes aus den Kriegern heraus stiegen und mich verwundert ansahen.«

Aella wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als der viel größere Fürst noch näher rückte und mit seiner rechten Hand über ihre Wangen strich. »Sie wussten nicht sofort, wo sie waren«, flüsterte Imperos und ein hässliches Grinsen huschte über seinen Mund. »Da habe ich beschlossen, ihre Magie für mich zu nutzen und ihre Seelen zu fangen. Sie dienen mir seit dem als Geister und sie werden niemals frei sein. Durch die Seelen und durch das Blut der gefallenen Dämonenkrieger wurde ich noch mächtiger und selbst der Schöpfer kann mir diese Macht nicht nehmen.«

Aella kannte diese Macht nur zu gut. Ihre eigene schwarze Magie hatte sie durch die Macht des Dämonenfürsten erlangt, und jedes Mal, wenn sie diese Magie anwendete, zahlte sie einen hohen Preis. So wurde sie eine schwarze Nymphe, die ihre Lebensenergie Stück für Stück an die Dämonen verlor. Vor allem Imperos war es durch diesen Handel gelungen, außerhalb seines Reiches viele Wesen zu seinen Dienern zu machen. Der schwarze Hexer, der für ihn den Riesen Roger getötet hatte, war einer dieser Diener.

Die Nymphe stieß die Tür auf, als sie sah, dass sich der Dämonenfürst zu ihr umdrehte und nach einem großen Stab griff. Dieser Stab schien aus einem glänzenden Kristall gefertigt worden zu sein. Er änderte seine Farbe, wenn Imperos ihn berührte. Seine schwarze Haut glänzte sofort, denn der Stab erstrahlte für einen Moment und sein Licht erhellte dem Fürsten den Weg. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ er den düsteren Raum mit dem Blutbecken und ging den breiten und hohen Gang entlang, der ihn zu einer großen Halle führte. Dort stand sein Thron aus schwarzem Marmor und dort warteten auch die Gefangenen.

Aella eilte voraus und rief den Dämonenkriegern zu, die vor der großen Halle Wache hielten, das sie das Tor zur Halle weit öffnen sollten. Imperos betrat diese Halle mit schnellen Schritten und setzte sich mit einer Leichtigkeit auf seinen Thron, die ihm seine Gefangenen bestimmt nicht zugetraut hätten. Er betrachtete die fremden Wesen, die vor ihm standen und es vermieden, ihn anzusehen. Die Gestalt des Fürsten sah furchterregend aus. Sein Körper schien nur aus Muskeln zu bestehen und der lange Rock, den er trug, konnte nur schlecht die stark behaarten Beine verbergen. Der Kopf des Fürsten wirkte kantig und der Anfang seiner langen gebogenen Nase ragte zwischen den beiden finsteren Augen hervor. Auf diesem Kopf wuchsen neun Hörner von beachtlicher Größe. Jeder wusste, was das zu bedeuten hatte. Es war das Zeichen von Imperos Machtanspruch. Er war der oberste der neun Dämonenfürsten.

Aella stellte sich neben den Thron hin. Sie zeigte mit einem kleinen Stock auf einen der Gefangenen. »Dieser Kerl heißt Albanarius«, erklärte sie dem Fürsten. »Er ist ein gefährlicher Magier und der Anführer des Zirkels der Nekromanten. Sein Wissen über die weiße Magie ist enorm.«

Imperos sah sich den Magier mit finsterer Miene an. Er gab ihn einen Wink und als Albanarius einfach stehen blieb, trieben ihn zwei Dämonenkrieger mit ihren Peitschen bis zum Thron ihres Herrn. Der Magier fiel durch die Wucht der Schläge auf die Knie, doch er wollte sich gleich wieder erheben. Aella packte ihn mit einer Hand am Bart und zerrte ihn wieder nach unten. »Bleib auf deinen Knien«, fauchte sie Albanarius an. »Du stinkender Nekromant hast kein Recht, vor dem zukünftigen Herrn der Welt zu stehen.«

Stöhnend sackte der Magier auf seine Knie zurück. Die schwarze Nymphe schien diesen Anblick zu genießen und sie sah triumphierend zu Imperos. Dann ließ sie Albanarius los und stellte sich wieder neben den Thron hin.

Der Fürst beugte sich ein wenig vor und sprach mit ruhiger Stimme. »Es war nicht meine Absicht, euch als meine Gäste hier, in meinem Reich zu begrüßen. Doch mein Sohn Dämonicon war wohl der Meinung, dass ich mich ein wenig langweile. Nun, wie dem auch sei, ihr seid nicht freiwillig hier. Und deshalb darf ich euch wohl als meine Gefangenen betrachten. Meine Dienerin Aella wird euch persönlich bewachen und ich werde mich nach und nach mit jedem von euch unterhalten. Ihr kennt viele Geheimnisse und ihr werdet sie bald mit mir teilen. Das verspreche ich euch allen. Selbst der Kleinste von euch wird mir erzählen, was er alles über die weiße Magie und die magischen Orte der Welt weiß.«

Albanarius versuchte, den stechenden Augen des Dämonenfürsten standzuhalten. Doch er spürte, wie die schwarze Magie von Imperos langsam in seinem Kopf eindrang und ihm eine Frage stellte, die er nicht beantworten wollte. Eine unheimliche Stimme wurde im Kopf des Magiers immer lauter und ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den ganzen Körper.

»Sagst du es mir?«, fragte die Stimme. »Wie kann ein Dämon einen Drachen töten? Sagst du es mir?« Laut stöhnend brach Albanarius zusammen und er blieb leblos vor dem Thron liegen.

»Schafft sie weg!«, herrschte der Fürst seine Dämonenkrieger an. »Ich werde mich später um dieses Pack kümmern!« Obwohl Imperos nicht mit einem schnellen Erfolg gerechnet hatte, war er über Albanarius Widerstand verärgert. Für einen Moment sah er zu, wie die Krieger ihre Peitschen schwangen.

»Es ist so, wie du es mir schon bei deiner Ankunft gesagt hast«, sprach er zu der Nymphe, als die Gefangenen den Saal verlassen hatten und in ihren Kerker zurückgetrieben wurden. »Sie wollen mir nicht freiwillig helfen und dieser alte Magier ist ein zäher Mann. Ich konnte in seinen Kopf eindringen, doch er hatte seine Gedanken vor mir verborgen. Selbst die größten Schmerzen wird er ertragen, nur um mir sein Wissen zu verweigern.«

Aella stimmte Imperos Worten zu. »Die Träger der weißen Magie sind stark und in vielen Kämpfen erprobt. Es wird einige Zeit dauern, bis wir sie zermürbt haben. Doch sie werden reden, denn sie wollen leben. Ich habe die Wachen angewiesen, ihnen nur das Nötigste an Nahrung zu geben. Der Hunger ist eine Waffe, die für uns kämpfen wird. Wenn ihre Gier nach Brot größer ist als ihr Kampfgeist, werden wir sie besiegen.«

Imperos erhob sich von seinem Thron und strich sich über seine breite Brust. Aella bemerkte, dass der Fürst ein Band aus Dämonenleder um seinen Hals trug. An diesem Band hing ein Wolfskopf aus schwarzem Marmor. Die Nymphe war erstaunt, dass Imperos sein mächtigstes Amulett angelegt hatte. Sie hatte es noch nie zuvor an seinem Hals gesehen, doch sie wusste, dass es ein Geschenk war. »Was machen wir nun mit diesem Pack?«, fragte sie den Fürsten und sie sah ihn abwartend an.

»Wir gehen zurück zu meinem Blutbecken. Ich will unbedingt wissen, ob mein Hexer seine Aufgaben erfüllt. Morwes ist ein vorzüglicher Diener und er hat einige Eigenschaften, die ich an ihm schätze.«

Aella folgte dem Fürsten zum Blutbecken. Die Neugier war in ihr erwacht und sie wollte wissen, was es in dem Becken zu sehen gab. Zugleich trieben die Dämonenkrieger ihre Gefangenen zurück in den Kerker. Für Gordal war der Weg am schwersten. Er musste den leblosen Albanarius tragen. Da er den schweren Mann nicht so einfach heben konnte, zog und zerrte er ihn hinter sich her. Dabei musste er selbst rückwärtsgehen und bekam immer wieder die Peitschen der Krieger zu spüren. Völlig erschöpft kam er mit dem Magier als Letzter im Kerker an. Dieses Gefängnis war nicht mehr als eine riesige Grotte. Ein kleines Bächlein, das aus den rissigen Wänden hervor sprudelte, spendete Wasser und stillte so wenigstens den Durst der Gefangenen. Doch der Hunger blieb, auch wenn die Dämonenkrieger ab und zu etwas hartes Brot und einen Topf mit dünner Suppe brachten.

Mitten in der Grotte ragte ein schwarzer Kristall aus dem Boden. Er spendete ein mattes Licht, sodass die Gefangenen in seiner Nähe etwas sehen konnten. Berühren durfte ihn niemand, denn die finstere Magie des Kristalls würde jeden zurückschleudern und ihm große Schmerzen zufügen. Einer der Minitrolle war zu neugierig gewesen und hatte es gewagt. Noch immer spürte Nummer Elf die Kraft der Magie und den heftigen Aufprall auf den harten Boden der Grotte.

Artur beträufelte das Gesicht von Albanarius mit dem Wasser des Bächleins und stellte mit Erleichterung fest, dass der Nekromant wieder zu sich kam. Als er die Augen aufschlug, huschte ein Lächeln über das Gesicht des Koboldes. Alle gefangenen Freunde standen um Albanarius und Artur herum und bei jedem war die Erleichterung groß.

»Dein Widerstand hat dir viel Kraft gekostet«, sprach der Kobold. Einige der Minitrolle nickten eifrig und der Bergboss reichte dem Nekromanten seinen Helm. Der war mit Wasser gefüllt und das belebte Albanarius sofort.

»Wie kann es sein, dass an einem so finsteren Ort ein so leckeres Wasser zu finden ist?«, rief der Nekromant. Er wischte sich mit dem linken Ärmel seines Mantels den Bart ab. Die Frage des Magiers war wohl nicht sehr ernst gemeint und einige Minitrolle kicherten auch. Er gab dem Bergboss seinen Helm zurück und versuchte aufzustehen. Das gelang ihm nur mit viel Mühe und Gordals Unterstützung.

Als es dem Nekromanten ein wenig besser ging, rief er alle Gefangenen zusammen. Er ließ sich auf dem felsigen Boden nieder und sah in die Gesichter seiner Freunde, die sich rings um ihn herumsetzten. Sie waren schmutzig und die Kleidung einiger Kobolde zeigte schon die ersten Löcher.

»Es fällt mir immer mehr auf, dass niemand von uns hier im Dämonenreich die weiße Magie benutzen kann«, begann er zu sprechen. »Wir sind schmutzig -wir haben Löcher in den Sachen und Hunger in den Bäuchen. Das alles war früher kein Problem. Ich konnte noch nie mit einer Nähnadel umgehen und zur Jagd bin ich nicht gut zu gebrauchen. Jedes Wildschwein würde sich über mich totlachen, wenn ich meinen Zauberstab vergessen hätte.«

Hier und da kicherte einer der Minitrolle leise, doch dann war es sofort wieder still und Albanarius sprach weiter. »Wir befinden uns hier in einer trostlosen Lage. Ich kann mir gut vorstellen, was bald geschehen wird. Imperos wird uns der Reihe nach holen lassen. Er kann in jeden Kopf eindringen und niemand kann sich dagegen wehren. Von mir wollte er heute wissen, wie er die Drachen töten kann.«

Sofort war es mit der Ruhe vorbei. Plötzlich redeten alle durcheinander und Flüche und Verwünschungen wurden laut. Artur sprach schließlich die Frage aus, die jedem der Freunde brennend interessierte. »Wie um alles in der Welt kommen wir aus diesem Loch heraus? Es muss doch einen Weg geben, den wir alle gehen können.«

»Er hat absolut recht!«, rief der Hauptmann der Minitrolle. »Dieser Mistkerl Dämonicon ist doch auch von hier abgehauen! Er ist seinem Vater entwischt und zu uns in die Welt gekommen. Das sollte uns auch gelingen, und ich bin mir sicher, dass wir es auch ohne Magie schaffen werden.«

Den Worten ihres Hauptmanns stimmten die Minitrolle sofort zu. Gordal verschaffte sich mit lauter Stimme Gehör und bat um Ruhe. Dann zeigte er zu Ohle, dem kleinsten und jüngsten der Koboldbande und er stellte ihm eine Frage. »Als sie uns hier bei unserer Ankunft alle magischen Dinge und unsere Waffen abgenommen haben, da sagtest du zu mir, dass du deine Laterne bald wiedersehen wirst. Wie willst du das schaffen, mein kleiner Freund?«

Ohle erhob sich und lächelte, wie es seine Art war. Dann antwortete er, indem er seine Arme ausbreitete und seine Laterne herbeirief. »Du schönstes aller Lichter, komm herbei, ich rufe dich.«

Ein Raunen wurde bei den Minitrollen laut, als tatsächlich Ohles Laterne erschien und er sie in seine Hände nahm. Glücklich lächelnd sah er zu Albanarius und hielt ihm das leuchtende Stück vor die Nase. »Ich weiß nicht, ob euch das mit euren Sachen auch gelingt, doch ihr solltet es versuchen. Ansonsten wäre da noch ein kleines Loch in der Wand. Es ist ganz hinten in einer der dunklen Ecken. Die Mäuse nutzen es, und wenn ihr es ein wenig vergrößert, so passt bestimmt schon bald der dickste Minitroll hindurch. Und wenn die Herren Magier, die sich so gern mit ihren Zauberstäben schmücken, sich ab heute in der Handzauberei üben würden, so könnten sie schnell die schwarze Magie übertölpeln.«

Zähneknirschend gab Albanarius dem kleinen Ohle recht. »Es stimmt schon – wir Nekromanten verlassen uns lieber auf die Kraft unserer Zauberstäbe. Doch um deinen guten Rat anzunehmen, mein lieber Ohle, ist es vielleicht noch nicht zu spät. Ich hatte da mal vor vielen Hundert Jahren ein schönes Zauberbuch vom großen Magier Meerland in den Händen. Das habe ich gelesen und Meerland hat darin aufgeschrieben …«

»Ach ne, was hat er denn aufgeschrieben?«, fuhr der Hauptmann den Nekromanten an. »Du hast doch bestimmt schon längst die Hälfte vergessen. Ohle, Bebo und Vinus sind jedenfalls absolut gute Handmagier und sie haben einen entscheidenden Vorteil.«

»Soso, und welcher Vorteil wäre das?«, fragte Albanarius und er beugte sich zu dem kleinen Hauptmann herunter. Er sah den Minitroll mit funkelnden Augen an und zog seine Augenbrauen eng zusammen, wie er es oft tat, wenn seine gute Laune dahin war.

»Na das liegt doch auf der Hand«, erklärte der Hauptmann unbekümmert. »Sie leben noch und sie sind unsere Freunde. Also solltest du die Handmagie von ihnen lernen, du eingebildeter Hohlkopf.«

»Was sagst du da?!«, ereiferte sich Albanarius »Ich bin also für dich nur ein Hohlkopf, du frecher …!«

»Schluss jetzt!«, beendete Gordal mit lautem Ton die Unterhaltung der beiden ungleichen Freunde. »Wir haben noch eine Menge Arbeit zu erledigen. Da sollten wir zusammenhalten und uns nicht streiten.« Der Elf stellte sich vor Albanarius auf und sah in grimmig an. »Ich werde gleich mit der Vergrößerung des Mäuselochs beginnen. Es wäre sehr gut, wenn du dir überlegst, wie wir aus diesem unterirdischen Reich herauskommen. Und wir sollten unseren Freund Cylor nicht vergessen.«

»Ja genau, den sollten wir auch noch suchen«, mischte sich Snobby ein. Der Kobold fuchtelte wild mit den Händen herum und schimpfte laut los. »Er ist wohl bei seiner Ankunft hier irgendwo falsch abgebogen. In diesen blöden Höhlen muss der Kerl irgendwo stecken. Der kann sich doch nicht so einfach in Luft aufgelöst haben. Was wir brauchen, ist eine Karte von dem Reich der Dämonen. Und eine Sache interessiert mich außerdem noch brennend.«

Snobby rückte seinen Zylinder zurecht und breitete dann die Arme aus, als er seine Frage stellte. »Wo sind denn die anderen acht Dämonenfürsten abgeblieben? Ich habe nur den Imperos gesehen. Der Rest der Sippschaft ist wohl gerade in der Küche abgeblieben?«

Der Nekromant sah den aufgebrachten Snobby verdutzt an. »Du weißt es also noch gar nicht«, begann er zu erzählen. »Als die Dämonen ihre letzte Schlacht gegen den Schöpfer und seine Heerscharen verloren hatten, wurde das Dämonenreich mit Felsen und Steinen eingeschlossen. Nie wieder sollte ein Dämon in die Welt der weißen Magie eindringen. Imperos war vorsichtig genug, um der Versuchung zu widerstehen, denn er wagte nie einen Ausbruch. Doch die anderen acht Fürsten wollten den Aufstand gegen den Schöpfer fortsetzen. Also suchten sie sich einen Weg, um ihr Reich zu verlassen. Sie fanden den Schacht eines Brunnens, der so tief war, dass er bis in ihr Reich gelangte. Damit sie in unsere Welt kommen konnten, begingen sie eine furchtbare Tat. Sie erschlugen alle Dämonen, die in der letzten Schlacht vor den Drachen und den Riesen zurückgewichen waren. Sie beschuldigten diese Krieger der Feigheit und erklärten, dass durch sie die Schlacht verloren wurde. Mit dem Blut dieser Dämonen füllten sie dann den Brunnenschacht. Ihre schwarze Magie verhindert seit dem, dass dieses Blut den Brunnen verlassen kann. Als Imperos davon erfuhr, hat er die acht Fürsten, die ohne ihn weiter kämpfen wollten, hart bestraft. Er nahm ihnen ihre Macht, indem er ihnen ihre Hörner aus ihren Köpfen riss und sie in ein besonderes Verlies brachte. Dort hören sie seit dieser Zeit immer wieder die Schreie und die Verwünschungen der Dämonen, die sie selbst getötet haben. An magische Ketten gefesselt warten sie auf den Augenblick ihrer Freiheit. Dazu muss Imperos ihnen ihre Hörner wiedergeben. Doch das wird er erst tun, wenn er selbst in unsere Welt eindringen will. Vorher muss er sich noch mit den sieben Söhnen des Schöpfers verbünden. Und dafür braucht er wahrscheinlich seinen Sohn Dämonicon.«

Snobby rückte sich wieder seinen Zylinder zurecht. »Ich verstehe«, sprach er leise, so als wollte er nur zu sich selbst reden. »Dämonicon hat mit diesen Söhnen des Schöpfers schon einmal ein unheilvolles Bündnis geschmiedet.

Doch dann haben die sieben Alten den Kampf aufgegeben und sind verschwunden. Und wir stecken nun mitten drin, in diesem Kampf um Macht und Magie. Und das auch noch in einem Reich, in dem der oberste Fürst sogar über das Blut seiner Untertanen herrscht.«

»Genau so ist es«, fügte der Hauptmann hinzu. »Und damit wir weiter kämpfen können, müssen wir aus diesem Verlies heraus kommen. Gordal ist schon zu dem Mäuseloch gegangen und deine Brüder versuchen gerade, die Handmagie hier im Dämonenreich anzuwenden. Sie wollen einen Blitz herbeizaubern.«

Snobby nickte nur und ging ebenfalls zu dem kleinen Loch, durch das wirklich nur die Mäuse passten. Gordal kniete davor und wollte mit einem großen Stein das Loch so erweitern, dass wenigstens einer der Minitrolle durchschlüpfen konnte.

Snobby tippte den Elf an der Schulter an und nahm seinen Zylinder vom Kopf. »Mit dem Stein schaffst du es nie«, erklärte er Gordal. Der Fels ist so hart, dass du hier in hundert Jahren noch hämmerst und klopfst. Geh zur Seite und schau dir an, was man alles mit einem Hut alles machen kann.«

Der Elf stand auf und trat verwundert zu Seite. Mit staunen sah er zu, wie Snobby seinen Zylinder beschwor. Kleine Blitze schossen aus ihm heraus und fuhren in den Felsen hinein. Ein einzelner Blitz wirkte nicht besonders stark, doch ihre Anzahl war es, die nach und nach den Felsen bröckeln ließen und so das Mäuseloch vergrößerten.

»Meine Magie steckt in meinem Spazierstöckchen und in meinem Hut«, erklärte Snobby dem begeistert dreinschauenden Elf. »Sie haben nur die Hälfte meiner Kräfte erwischt, als mir die Dämonen mein Stöckchen nahmen.«

Gordal rieb sich die Hände und sah zu dem kleinen Hauptmann. »Noch einen kleinen Augenblick. Dann seid ihr Minitrolle an der Reihe. Ihr müsst unsere Sachen finden und unseren Freund Cylor. Doch seid vorsichtig, wenn ihr in den vielen Gängen umherschleicht. Hier sind die Krieger wachsam, denn sie schlafen niemals.«

Der Hauptmann sah sich das Loch an und grinste frech wie immer, als er sich zu dem Elf umdrehte. »Für uns Minitrolle ist es gerade groß genug. Ich schicke die vier besten Späher, um unsere Flucht vorzubereiten«, erklärte er. »Sie sind wahre Meister, das verspreche ich dir.«

Knurr und das Amulett des Dämonenfürsten: Die Abenteuer der Koboldbande Band 6)

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